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Familienbande V: Vermächtnisse

von Dawn

Kapitel 20

Intensivstation
Freitag
20:47 Uhr


Alles brach über ihm zusammen, die Substanz seiner täglichen Existenz zerbröckelte und regnete in großen Stücken um ihn hernieder. Und Skinner konnte nur daneben stehen und der Zerstörung zusehen.

Wieder auf der Intensivstation lag Mulder weiß und still wie der Tod inmitten von Schläuchen und Kabeln die seinen Körper daran erinnerten zu funktionieren. Grey hielt die schlaffe Hand seines Bruders zwischen seinen und drückte sie gegen seine Stirn. Keine Masken und Handschuhe, die unausgesprochene Bedeutung war klar. Es konnte nicht mehr lange dauern...

Skinner lehnte sich gegen die Wand, etwas Stabiles, Solides in all dem Chaos. Mulder wandelte auf der Linie zwischen Leben und Tod, die Masse in seinem Hirn übte nunmehr größeren Druck aus als sein empfindliches Gewebe im Hirn aushalten konnte. Scully war noch immer nicht zurück, in den Händen von einem Monster, dem sogar die Grundlage für ein menschliches Gewissen oder Mitgefühl fehlte. Und Grey war auf dem besten Weg zu implodieren, innerlich unter dem Gewicht seines Kummers und seiner Hilflosigkeit kollabierend. Es konnte nicht mehr lange dauern...

Brewers Finger berührten seinen Ärmel und rissen ihn aus seinen Gedanken. Brewer selber glich eher einem Schatten seiner normalerweise freigeistigen Persona, seine Krawatte nur blasse Streifen, die Schultern, die sonst locker hingen, verkrampft, die Augen... resigniert. Skinners Lungen traten in Streik, der Sauerstoff blieb ihm fast im Hals stecken.

„Mr. Skinner, das ist das Letzte, worüber ich sprechen will, aber...“

„NEIN.“

Er sah, dass Brewers Augen sich weiteten und er unwillkürlich einen Schritt zurück trat ob seiner militärischen Härte im Ton und seufzte. „Sie müssen es nicht sagen, Dr. Brewer. Es ist ja offensichtlich. Wie lange?“

Brewer strich sich übers Kinn, seine Finger kratzten über die Bartstoppeln und Skinner war dankbar ehrliches Mitgefühl in seinem Gesicht zu sehen. „Schwer das genau zu sagen.“ Respekt blitzte auf. „Er ist ein Kämpfer. Aber trotz unserer besten Bemühungen steigt der intrakaraniale Druck weiter. Wir werden ihm weiterhin Mannitol gegen die Entzündung geben und das Dilantin scheint die Krampfanfälle in Schach zu halten. Aber das sind nur Maßnahmen gegen die Symptome. Irgendwann wird der Druck auf ein unerträgliches Niveau steigen und...“

Skinner massierte sich den Nasenrücken. „Ich verstehen.“

Dr. Bewer drehte sich um und hielt inne. „Dr. Scully?“

„Momentan ist es uns nicht möglich mit Agent Scully zu kommunizieren.“, antwortete Skinner und dachte was *das* für eine Untertreibung war.

„Verstehe. Nun, wenn sie Sie kontaktiert...“ Er brach ab, sichtlich unwohl. „Ich würde vorschlagen, Sie sagen ihr, dass Sie kommen sollte. Bald.“

Skinner beobachtete wie Brewer sich Mulders Bett näherte und sich leise mit Grey unterhielt als er sanft aber gründlich seinen Patienten untersuchte. Er erkannte eindeutig den Moment, wo Brewer ihm die Prognose mitteilte – Greys Körper zuckte, sein Kopf sank auf das Bettgitter und seine Schultern zitterten. Skinner drehte sich auf dem Absatz rum, die Zähne zusammengebissen, die Fäuste geballt.

„Mr. Skinner?“

Die Schwester war jung und blond und unscheinbar, und Skinner wünschte sich Elenas einzigartige und angriffslustige Art der Fürsorge.

„Ja?“

„Hier ist ein Anruf für Sie, Sir. Sie können ihn gleich hier entgegen nehmen.“

Er hielt sich den Hörer ans Ohr und unterdrückte den Impuls Kim wegen der Störung an die Kehle springen zu wollen, als er die Uhrzeit bemerkte.

„Skinner.“

„Spreche ich mit Assistant Director Walter Skinner? Vom FBI?“

Seine Ungeduld ließ ihn knurren. „Ja. Wer ist da?“

„Sir, ich bin Dr. Amy Chin. Ich bin Ärztin unten in der Notaufnahme. Ich rufe an wegen einer Ihrer Agenten... einer Dana Scully? Es war mir nicht möglich ihre Mutter oder Fox Mulder, die beide als ihre Notfallkontakte gelistet sind, zu erreichen. Ich habe mit Ihrer Assistentin gesprochen und sie gab mir diese Nummer. Ich muss wohl nicht sagen, dass ich kaum erwartet hätte Sie zwei Stockwerke über mir zu finden.“

Skinners Gehirn saugte sich an dem Namen Dana Scully fest. Der Rest von dem was die Ärztin sagte verschwamm.

„Agent Scully ist da?“, fragte er eifrig.

„Nein. Das heißt, sie *war* hier, hat sich aber selber entlassen. Ich rufe an, weil Agent Scully ihre Schlüssel hier vergessen hat und aus Besorgnis über ihren Zustand.“

„Was stimmt nicht? Ist sie verletzt?“

Dr. Chin war es offensichtlich gewohnt mit besorgten Freunden zu sprechen, denn sein Ton beeindruckte sie nicht. „Nein. Aber sie hatte ein sehr starkes Betäubungsmittel verabreicht bekommen und ihr Verhalten, als sie aufwachte war... seltsam.“

„Inwiefern?“

„Zuerst war sie verwirrt, aber das war zu erwarten. Ein Grund weshalb ich versuchte sie zum Bleiben zu bewegen war, dass diese Mittel einige Stunden brauchen um vom Körper abgebaut zu werden. Sie wird bis dahin etwas verwirrt und unsicher sein.“

„Ich versteh nicht – Sie sagten gerade, das wäre normal. Was beunruhigt Sie so?“

Dr. Chin zögerte, bevor sie vorsichtig vorstieß; sie wollte Scully nicht in eine unbequeme Situation mit ihrem Boss bringen. „Sie wurde fast hysterisch als sie ihren Blazer nicht finden konnte. Als wir ihn ihr gaben gewann sie sofort ihre Fassung wieder – in extremer Weise. Sie bestand darauf, dass sie an einem wichtigen Fall arbeite und nicht zur Beobachtung bleiben könne. Mir gefallen diese Stimmungsschwankungen nicht, denn sie könnten auf eine mögliche, unentdeckte Kopfverletzung hinweisen.“

Skinner nahm die Beschreibung der Ärztin in sich auf, sein Hirn arbeitete auf Hochtouren. Scullys Panik wegen der Jacke – könnte Mulders Heilmittel sich darin befinden? Es würde sicherlich ihre untypische Erregung und den plötzlichen Kontrollgewinn erklären. Auf einmal bemerkte er die schwangere Pause als Dr. Chin auf seinen Antwort wartete.

„Wann hat sie sich selber entlassen?“

„Erst vor 10 Minuten, höchstens 15. Aber sie sagte nicht wo sie hin wollte.“

„Ich weiß wo sie hin ist.“, erwiderte Skinner grimmig. „Vielen Dank für Ihre Sorge, Dr. Chin. Es wird jemand kommen und die Schlüssel abholen. Ich werde mich um Agent Scully kümmern.“

Als er aufgelegt hatte suchten seine Augen nach einer Schwester und fanden Blondie.

„Wenn Mr. McKenzie nach mir fragt sagen Sie ihm bitte, dass ich etwas Wichtiges holen muss und sofort wieder da bin.“, wies er sie angespannt an.

Der Aufzug erreichte die dritte Etage nur langsam. Skinner trommelte mit den Fingern auf sein in Wolle gekleidetes Bein und starrte die Etagenanzeige an, als ob es davon, nur aufgrund seiner Willenskraft, schneller ginge. Er sprintete in den Flur Richtung Mulders altem Zimmer und verlangsamte seine Schritte als seine Augen auf das helle Kupfer von Scullys zerzausten Haaren fiel. Sie stand gegen das Glas gepresst außerhalb des leeren Zimmers, eine Hand in den Rahmen gekrallt um ihre zitternden Beine zu entlasten. Sogar aus der Distanz konnte Skinner ihr herzerweichendes Schluchzen hören. Eine Schwester näherte sich ihr vorsichtig, eine Hand zum Trost ausgestreckt, aber Skinner joggte los und winkte sie zurück. Hart schluckend legte er seine eigene Hand auf Scullys Schulter.

„Scully.“

Sie war so sehr in ihrem Kummer gefangen, dass ihr alles egal war und sie ihren Tränen freien Lauf ließ. „Es war alles umsonst. Ich bin zu spät und ich war noch nicht einmal bei ihm als er mich am meisten brauchte.“

Skinners Finger verkrampften sich als er sie zu sich umdrehte und den Kopf schüttelte. „Scully nein.“

„Es stimmt doch!“ Scully entzog sich seinem Griff, ihre Augen auf das leere Bett gerichtet. „Ich hab ihn im Stich gelassen! Wozu ist das jetzt noch gut?“

Sie kramte in ihrer Tasche, zog ein schmales, schwarzes Etui hervor und öffnete es. Skinners Augen weiteten sich als er das zerbrechliche Glasfläschchen sah. Scully nahm es achtlos in die Hand und wischte sich mit dem Handrücken die Tränen fort.

„Das ist der Grund weshalb ich ihn nicht berühren konnte, ihn nicht noch einmal in meinen Armen halten konnte. Es sieht kaum so aus als ob es dass Wert ist, oder, Sir?“

Ihre Finger legten sich rau um das Fläschchen und ihr Arm zuckte.

„Scully. NEIN!“ Skinner griff ihr Handgelenk, fürchtete, dass sie in ihrem Schmerz die wertvolle Flasche auf den Boden pfeffern würde. „Er lebt, Scully. Er ist in einem sehr schlechten Zustand aber er hält durch.“

Scullys Gesicht verlor seine Animation und sie wankte, krallte sich an Skinners Ärmel fest als er sie stützte. „E... Er lebt?“, flüsterte sie mit der Stimme eines kleinen Mädchens welches sich fürchtet das Gehörte zu glauben. „Aber das leere Zimmer, ich dachte...“

„Er ist wieder auf der Intensivstation. Heute Nachmittag sind die Kopfschmerzen unerträglich geworden und er hatte wieder Fieberkrämpfe. Brewer hat ein neues CT gemacht, die Masse hat sich fast verdoppelt.“

Sie gingen schellen Schrittes zu den Aufzügen und Skinner betrachtete Scully verstohlen, nahm die verknitterte Kleidung, die blasse Haut und die dunklen Augenringe wahr. Trotz Dr. Chins Bedenken schien Scully jedoch einen klaren Kopf zu haben. Sie bemerkte, dass er sie betrachtete und schaffte es etwas zu lächeln.

„Mir gehts gut, Sir. Wirklich.“

Schweigend standen sie im Aufzug, er wollte sie nach Informationen ausquetsche, fragen, wie genau man sie behandelt hatte und was sie durchgemacht hatte aber seine Lippen konnten die Worte nicht formen und Scullys Körpersprache zeigte deutlich, dass sie nicht darüber sprechen wollte. Als die Türen sich zu öffnen begannen quetschte sie sich durch und flog den Gang entlang und Skinner musste sich beeilen mit ihr Schritt zu halten. Als er Mulders Kabine erreichte umarmten sie und Grey sich gerade fest. Skinner stopfte die Hände in die Tasche und hielt sich zurück, um ihnen diesen Moment zu erlauben.

„Wir haben schon geglaubt du würdest nicht kommen.“, sagte Grey und ließ sie los um sich über die Augen zu wischen.

„Ich bin hier. Und ich habe das wonach wir gesucht haben.“, entgegnete Scully, beugte sich vor um einen Kuss auf Mulders Lippen zu drücken und ihre Finger durch sein Haar gleiten zu lassen. „Hey Mulder. Haste mich vermisst?“

Die Worte bebten, waren nicht fähig die ganze Liebe, die sie hineinsteckte, zu halten. Scully drückte ihm einen weiteren Kuss auf die Wange und murmelte ihm was ins Ohr. „Ich habs, Mulder. Lass dich jetzt ja nicht gehen, nicht, wenn wir so nah dran sind.“

„Dr. Brewer sagte es ist unwahrscheinlich, dass er das Bewusstsein wieder erlangt, Dana.“, sagte Grey leise. „Sie geben ihm Morphin und eine heftige Dose von etwas das Dilantin heißt.“

„Das ist gegen die Krampfanfälle.“, erwiderte Scully, ihre Stimme versagte vor lauter Gefühlen.

Greys Worten zum Trotz begann Mulders rechte Hand zu zucken, gefolgt von einem leichten Neigen des Kopfes. Seine Atmung verschnellerte sich und er stöhnte, ein leises, gequältes Geräusch. Scully legte ihm einen Finger auf die Lippen und streichelte seine Stirn als seine Lider flatterten und versuchten, sich zu öffnen.

„Shhh. Es ist okay, Liebster, du musst nicht aufwachen.“, summte sie. „Ich bin jetzt hier und ich habe Medizin, die dich gesund machen wird.“

Ihren Rat missachtend, wie immer, zwang er seine Augen halb auf und richtete sie auf ihr Gesicht. „Scully.“

Sie hatte schon immer seine Fähigkeit bewundert so viel durch nur ihren Namen zu sagen. Heute hörte sie Schmerz, Kummer, Furcht und vor allem überwältigende Erleichterung. Scully lächelte, das vollständige, uneingeschränkte zur Schau stellen ihrer Zähne von dem sie wusste, dass es im viel bedeutetee, und umfasste sein Kinn.

„Hi du. Es wird auch langsam Zeit, dass du mich begrüßt.“

Mulders Hand suchte nach ihrem Ärmel und packte ihn in einem überraschend festen Griff. „Hättest das nicht tun sollen. Okay?“

Ihr Daumen liebkoste seine Wange. „Mir gehts gut, jetzt wo ich hier bei dir bin.“

Er versuchte sich gegen sie zu lehnen, schnappte aber nach Luft und verzerrte schmerzerfüllt das Gesicht. Eine Träne lief seine Wange herunter und verschwand im Kissen. „Mach dass es aufhört, Scully“, stöhnte er. „Mach, dass es aufhört. Ich kann nicht...“

Ein Zittern lief durch seinen gesamten Körper und seine Augen verdrehten sich. Scully sprang hoch, befürchtete, dass er einen weitere Krampfanfall hatte, aber er fiel nur schlaff ins Bett zurück.

„Gibs ihm jetzt, Dana“, bat Grey. „Er kann das nicht mehr ertragen.“

Scully nahm das Fläschchen und starrte nervös auf die goldfarbene Flüssigkeit. „Ich wollte es eigentlich erst im Labor analysieren. Ich habe keine Ahnung was darin ist oder was es mit ihm machen wird.“

„Er hat unerträgliche Schmerzen, Dana, und *er wird sterben*. Mir ist gerade scheißegal was darin ist, es ist die einzige Chance die ihm bleibt.“, fauchte Grey.

„Also wäre es dir lieber, dass ich riskiere, dass er durch meine eigene Hand umkommt?“, schnappte Scully. „Was ist mit deinen Ratschlägen passiert die den Handel mit dem Teufel betreffen? Bist du jetzt schon so weit, dass du dem Raucher vertraust, dass er seinen Teil des Handels eingehalten hat?“

„Das ist Vergangenheit. Wir. Haben. Keine. Wahl! Brewer sagte, dass ein Aneurisma ihn jeden Moment töten könnte, falls der Überdruck in seinem Kopf es nicht vorher tut. Wenn du die Verantwortung nicht tragen willst, dann gib es mir und zeig mir was ich tun muss.“

„Das verstehst du nicht, er könnte...“

„Er hat Recht, Scully.“

Skinner überraschte sie, sie waren beide so in ihr Argument vertieft und hatten seine stille Gegenwart verdrängt. Er trat vor und stellte sich zwischen sie.

„Ihr beide habt die tiefsten Gefühle für ihn und wollt beide das Beste für ihn. Wenn ihr euch jetzt wie Zweijährige zofft hilft ihm das wenig.“

Scully und Grey sahen sich reumütig an, beide betroffen von der Wahrheit.

„Tut mir Leid, Dana.“, sagte Grey. „Ich weiß, dass ich kein Arzt bin. Aber ich kann es nicht mehr ertragen ihn so zu sehen.“ Seine Stimme wurde zu einem Flüstern. „Ich könnte es nicht ertragen ihn zu verlieren.“

Scully verschränkte ihre Finger in seinen. „Mir tut es auch Leid. Ich hab einfach nur Angst, Grey. Das hier ist alles oder nichts.“

„Scully, abgesehen von dem Fall das Labor würde es als Gift identifizieren, würde es wirklich einen Unterschied machen was die Analyse bringt?“, fragte Skinner. „Für mich sieht es so aus als ob es auf den sogenannten Sprung ins Ungewisse ankommt.“ Er schüttelte den Kopf. „Ich kann nicht glauben, dass ich das gerade gesagt habe.“

„Muss ne X-Akte sein“, murmelte Grey.

Unwillkürlich drehten sich alle drei zu dem Mann im Bett herum. Scully stieß einen zittrigen Atemstoß aus und ging zum Schwesternzimmer.

„Wo gehts du hin?“, fragte Grey und runzelte die Stirn.

„Ich bereite mich darauf vor zu springen.“, sagte Scully trocken. „Bin gleich wieder da.“

Skinner beantwortete Greys verwirrten Blick mit einem Achselzucken und die zwei Männer warteten schweigend bis Scully einen Moment später zurück kehrte und die Plastikhülle von einer Spritze entfernte. Sie schnipste die Kappe herunter und steckte die scharfe Spitze in das Fläschchen. Ihre Hände zitterten als sie den Kolben zurück zog um die Spritze zu füllen. Sie steckte das leere Fläschchen in ihre Tasche, nahm ein antiseptisches Tuch und warf es Grey zu.

„Wisch damit über die Haut an seinem Hals, genau über der Arteria Carotis.“, leitete sie ihn bestimmt an.

„Seinem Hals?“, fragte Grey zweifelnd.

„Tu’s einfach.“

Grey nahm das Tuch und war dabei es über die Haut seines Bruders zu reiben als Schwester Blondie ihren Kopf in die Kabine steckte.

„Was genau glauben Sie das Sie da tun? Das ist Dr. Brewers Patient, Sie können ihm nicht einfach etwas ohne seine Einwilligung spritzen!“

Scully warf ihr einen kühlen Blick zu, und wies sie dann zurecht. „Eigentlich bin *ich* Mr. Mulders hauptsächlicher Arzt. Und jetzt gehen Sie weg.“

Blondie schnappte verärgert nach Luft. „Sie stehen nicht auf der Akte. Dr. Brewer...“

Skinner trat vor, nahm sie beim Arm und schob sie bestimmt Richtung Schwesternzimmer. „Warum rufen Sie nicht einfach Dr. Brewer an? Wir werden hier warten.“

Die autoritäre A.D. Stimme wirkte Wunder und die verärgerte Schwester zog sich zurück, schlug den Weg zum Telefon ein und murmelte etwas vor sich hin. Scully blickte Skinner an und zog eine Augenbraue hoch, lehnte sich dann wieder über Mulder. Der Alkohol von dem antiseptischen Tuch glitzerte noch auf seiner Haut und sie drehte seinen Kopf sanft nach rechts um besseren Zugang zu der Arterie zu haben. Sie legte eine Hand über sein Herz, schloss die Augen und bewegte lautlos die Lippen. Skinner brauchte einen Augenblick um zu verstehen dass sie betete.

Scully öffnete ihre Augen und biss sich auf die Lippe. „Ich weiß nicht, was passieren wird“, gab sie zu. „Aber jetzt gehts los.“

Skinner sah halb fasziniert, halb angewidert zu wie sie die Nadel in Mulders Hals stach und langsam den Kolben drückte. Als alle Flüssigkeit aus der Spritze heraus war, zog sie sie wieder heraus, steckte die Kappe wieder drauf und ließ sie in ihre Tasche fallen.

Der ganze Vorgang dauerte ungefähr zehn Sekunden, aber die Reaktion war beinahe ohne Verzögerung. Etwas Schwarzes und visköses lief von unter Mulders geschlossenen Augenlidern und aus seinen Nasenlöchern. Aber es lief nicht in einem gleichmäßigen Strom, sondern wand sich in kleinen Teilen die Seite seines Gesichts herunter als ob er ebenholzfarbene Tränen weinen würde. Scully hielt die Luft an und wich unwillkürlich zurück, bevor sie ihre Kontrolle wieder erlangte und sich vorsichtig näherte und die jetzt bewegungslose, ölige Substanz begutachtete.

„Fasst ihn nicht an“, befahl sie und verschwand im Flur um kurz darauf mit einem sterilen Plastikbecher und einem Holzspatel wieder zu kommen. Während sie vorischtig den Spatel dazu benutzte das Öl in den Becher zu kratzen, verzog sie die Lippen. Die Oberflächenspannung war so, dass es intak blieb und keine Spuren auf Mulders Haut hinterließ. Scully verschloss den Becher und drehte sich zu Skinner um.

„Sir, wir müssen das ins Labor zur Analyse geben, und es sollte behandelt werden wie ein biologisches Gefahrgut.“

„Ich werde sofort einen Kurier anfordern.“, sagte Skinner grimmig. Er nahm den Becher und ging um das Telefon zu benutzen an einem aufgeregten Dr. Brewer vorbei.

Brewer stürmte in die Kabine und blinzelte als er Scully sah, die wieder neben Mulder am Bett saß und seinen Hand hielt. Seine Augen suchten die Umgebung ab, huschten über die Ausrüstung und Mulders reglose Gestalt.

„Willkommen zurück, Dr. Scully.“, grüßte er letztendlich, das Lächeln auf seinem Geischt schaffte es jedoch nicht die Reserviertheit seiner Augen zu übertönen. „Ich habe gerade einen sehr seltsamen Anruf von Brenna Martin, der Intensivschwester, erhalten. Sie hatte den Eindruck, dass Sie Mulder mit einer unbekannten Substanz injizieren wollten. Woher würde sie eine seltsame Idee wie diese bekommen?“

Scully zuckte mit den Achseln. „Seltsame Ideen sind mein Job, Dr. Brewer. Das ist es worum sich die X-Akten drehen – extreme Möglichkeiten.“

„Scully, das macht mich gerade tierisch an.“

Die Stimme war dünn wie Papier, die Konsonanten hoffnungslos verschwommen, aber das wunderbarste, was Scully je gehört hatte. Ihre Augen sprangen von Brewers Gesicht zu den zwei nussbraunen Augen die durch schwere Lider linsten.

„’s is weg.“, murmelte Mulder, sein Versuch ihre Hand zu drücken kaum mehr als ein Zucken der Finger.

Scullys Herz klopfte wild. „Der Schmerz?“ Mulders Augen schlossen sich langsam und sie strich ihm mit dem Handrücken über die Wange, ihre bewährte Methode ihn wach zu halten. „Mulder, ist der Schmerz weg?“

Mulder zog eine Grimasse und versuchte mit nicht kooperierender Hand ihre weg zu schieben. „Ja, alles weg. Bin müde, Babe. Lass mich schlafen.“

Scully konnte ihren Blick nicht abwenden als er friedlich in den Schlaf sank, sein Atem immer noch rasselnd, aber regelmäßig. Sie blickte zu Grey auf und sah in seinen Augen die gleiche Pflanze der Hoffnung erblühen. Brewer starrte sie beide an als ob sie jeden Moment zu brabbeln und zu sabbern anfangen würden.

„Könnte mich mal jemand auf den neuesten Stand bringen?“

„Wir brauchen noch ein CT, Dr. Brewer“, sagte Scully mit kaum zu kontrollierender Freude in ihrer Stimme. „Ich denke, das Ergebnis wird sie überraschen.“
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