World of X

Das älteste Archiv für deutsche Akte-X Fanfiction

The X-Files: Lost Investigations (Season 1)

von meiko

Kapitel 5: Disquisitio

The X-Files: Lost Investigations 1.5 - Disquisitio
Season 1

Created by Chris Carter
Written by meiko



Five Oaks,
nordwestlich Washington D.C.
5:12 PM

"Scully? Sie sitzen gerade bei Skinner im Büro, stimmt's? Dann richten Sie dem Skinman doch mal einen schönen Gruß von mir aus. Ich habe hier etwas für ihn. Wenn er gleich kommt, schafft er es noch zur Spätvorstellung."
Agent Mulder beendete sein Telefonat und ließ das Handy in die Jackentasche gleiten.

Sein Blick wanderte den Stamm des Nadelbaumes hinauf, bis er von einem dunklen Bündel aufgehalten wurde, das dort oben in den Zweigen hing.
Mulder kamen die Umrisse merkwürdig bekannt vor, und er wusste, dass er etwas ähnliches schon einmal gesehen hatte. Das war an einem anderen Ort und zu einer anderen Zeit gewesen. Damals, in Kanada, wo er und Scully fast selbst Opfer einer uralten Macht geworden waren.

Das, was Mulder dort oben in den Zweigen erkennen konnte, war ein Kokon.
Ein Kokon mit den Ausmaßen und der Gestalt eines menschlichen Körpers.



Außenstelle des „Einsamen Schützen“
Maryland
6:31 PM

"Du meine Güte, gleich zwei von Ihrer Sorte!" Frohike reckte seinen Kopf hinter der Tür hervor und staunte ungläubig. "Ihr Mädels könnt einen ganz schön schaffen."
Eilig – wie immer, wenn sich schöne Damen angekündigt hatten – entriegelte er alle Sicherheitsschlösser an der Tür und ließ Agent Scully und Reyes eintreten. "Jungs, alles in Ordnung", rief er nach hinten und zwinkerte seinen Besucherinnen zu. "Wenn Scully jemanden mitbringt, dann geht das klar."
Monica warf Dana einen verwunderten Blick zu. "Was ist das denn für einer?", flüsterte sie.
Scully winkte ab und bugsierte sie zwischen abgewrackten Kopierern, Faxgeräten und ausgeschlachteten Computern hindurch. "Sie gewöhnen sich dran. Haben Sie einfach Vertrauen", flüsterte sie zurück.

"Freunde, nun seht euch mal an, wer uns heute beehrt!" Frohike winkte seine beiden Besucher heran. "Bitte, die heiligen Hallen des 'Einsamen Schützen'!"
Langly und Byers sprangen auf und schüttelten Dana ehrlich erfreut die Hand. "Scully! Schön, Sie mal wieder bei uns zu sehen. Wo haben Sie Mulder gelassen?"
"Eines nach dem anderen", wehrte sie lächelnd ab. "Zuerst einmal: Das ist Agent Reyes, die zur Zeit mit Agent Doggett einen Fall für die X-Akten bearbeitet."
Byers und Langly deuteten eine galante Verbeugung an, während sich Frohike schmollend hinter ein Terminal zurückzog. "Pah, Doggett", maulte er. "Der ist doch eine totale Verschwendung für die X-Akten."
Reyes warf Scully einen weiteren verwunderten Blick zu.
"So übel ist er nicht", widersprach sie und lehnte sich gegen einen vollgemüllten Schreibtisch. "Allerdings hat er schon eine andere Auffassung von seiner Arbeit als Mulder."
"Wobei wir wieder beim Thema wären", sagte Langly. "Wo steckt er denn?"
Scully seufzte. "Wo soll ich da anfangen? Agent Reyes und Agent Doggett bearbeiten gerade einen Mord an einem..."
"...Ehepaar in Five Oaks, wissen wir schon", warf Frohike ein.
"Sie wissen schon...", fragte Monica ungläubig. "Aber woher denn?"
"Schätzchen, Sie sind noch neu hier, da verzeihe ich Ihnen diese Frage. Aber wenn Sie noch einmal wiederkommen sollten, dann vergessen Sie nicht: Dies hier ist der Einsame Schütze. Wir wissen alles." Frohike verschränkte die Arme vor der abgewetzten Lederweste. "Was wir noch nicht wissen: Ist Mulder ins FBI Hauptquartier zurückgekehrt, oder nach Five Oaks?"
"Five Oaks", sagte Scully. "Und es ist ein denkbar schlechter Zeitpunkt - für uns, genauso wie für ihn. Aber eigentlich sind wir aus einem ganz bestimmten Grund hier."
"Schießen Sie los", sagte Byers geschäftlich.
Monica ließ sich auf einen Drehstuhl sinken. "Wir haben momentan Probleme, die FBI-Datenbank einzusehen. Offiziell wurde uns der Fall heute vom Deputy Director entzogen, weshalb wir nicht so einfach an die benötigten Informationen herankommen. Zumindest nicht, ohne Ärger zu bekommen."
Byers zuckte die Schultern, setzte sich vor seinen Computer und öffnete eine Datenverbindung ins Internet. "Wenn es weiter nichts ist... das Hacking an sich ist kein großes Problem. Hier kommt es eigentlich nur darauf an, die eigene Identität zu tarnen, so dass man sich als jemand internes ausgibt. Wenn ich also beispielsweise die Identität des Mitarbeiters XY annehme..." Seine Stimme wurde leiser und er arbeitete konzentriert. "Ok, das war's. Bitte schön." Er stand auf und deutete mit der Hand auf den Rechner. "Toben Sie sich aus."

Das ließen sich Scully und Reyes nicht zweimal sagen. Dana nahm am Monitor Platz und gab einige Suchanfragen in die Datenbank ein. "Wenn es also stimmt, was John vermutet, dann würden der vermisste Officer Keitel und unser gesuchter Serienmörder, der 'Matador' Maximilian Warner, ein und die selbe Person sein. Hm, mal sehen..." Sie brach ab und runzelte sie Stirn. Auf dem Computerbildschirm war ein Gesicht erschienen, das ihr nicht das geringste sagte. Sie beugte sich vor und las die Einträge in der Datenbank. Kopfschüttelnd sah sie zu Monica auf. "Das ist Officer Keitel?"
Monica nickte. "Ja, gar kein Zweifel. Wir haben ihn ja bei Five Oaks getroffen."
Scully lehnte sich zurück und dachte nach. "Wenn das hier Officer Keitel ist", stellte sie nach einer Weile fest, "dann ist er auf keinen Fall der Matador. Mein eigener Fall mit Maximilian Warner liegt zwar schon ein paar Jahre zurück, aber ich habe ein gutes Personengedächtnis. Das ist nicht der Matador!"
Monica fasste sie am Arm. "Aber... wissen Sie, was das für Konsequenzen hätte?"
"Nein." Scully schüttelte den Kopf. "Ich weiß nur, dass Mulder von jemandem, den wir nicht kennen, in eine Falle gelockt werden sollte. Wozu sonst hätten die auffälligen Hinweise dienen sollen?"
"Und was steht in der Datenbank über Officer Keitel? Irgend welche Verbindungen zu Maximilian Warner?"

Dana drehte sich wieder zum Monitor um und startete eine weitere Recherche. Plötzlich verengten sich ihre Augen und sie wandte sich Hilfe suchend an die Einsamen Schützen. "Wir kommen hier nicht weiter. Können Sie sich das erklären?"
Langly setzte sich zu Dana an den Computer und versuchte ein paar Befehle. Sein zuversichtliches Lächeln verschwand und er hob entschuldigend die Hände.
"Tut mir leid. Mehr finde ich zu Warner nicht. Geburtsdatum, Schule, Berufsweg... das ist alles."
"Und der Rest? Es muss noch mehr Informationen geben." Monica sah ihn ungläubig an, doch er schüttelte nur den Kopf.
"Es gibt auch noch mehr Informationen, aber die finde ich nicht in dieser Datenbank. Worauf Sie zugreifen wollen, ist als streng geheim eingestuft und wurde in einem speziell abgesicherten Informationsspeicher ohne externen Zugang abgelegt!"
"Seit wann?", schnappte Monica.
Langly presste die Lippen zusammen. "Information nicht verfügbar", las er vor.
"Und wer hat das veranlasst?", fragte Scully.
Langly stand auf und sah die beiden Frauen durch seine Brille an. "Information nicht verfügbar."

Frohike verschränkte die Arme hinter dem Kopf und lachte kurz auf. "Tut mir leid, Mädels. Ich glaube, irgend jemand will euch Steine in den Weg legen."
"Wer mag das wohl sein", murmelte Scully sarkastisch.



Five Oaks,
nordwestlich Washington D.C.
5:59 PM

Mulder hob den Kopf und lauschte. Er blickte bedauernd den Stamm hinauf, ließ sich dann aber sicherheitshalber wieder hinab gleiten. Allein hatte das ohnehin keinen Zweck. Er würde Hilfe brauchen.
Unten angekommen hielt er den Atem an und presste sich in den Schatten zwischen zwei Baumriesen. Quer durch den Wald kam jemand schnaufend auf ihn zu. Ziemlich zielstrebig, wie Mulder fand. Und nicht sehr darauf bedacht, seine Anwesenheit geheim zu halten.

"Mulder? Sind Sie hier? Dann antworten sie!"

Mulder ließ den Atem erleichtert aus seiner Lunge entwichen und trat aus dem Schatten hervor. "Walter!", rief er und grinste dabei über das ganze Gesicht. "Hier bin ich!"
Die beiden Männer standen sich gegenüber und maßen sich abwartend mit den Blicken, dann hielt es Skinner nicht länger aus und packte Mulder an den Schultern. "Dass ich Sie noch mal gesund und munter wieder sehen würde... Tut mir leid, mir fehlen die Worte. Sie waren so lange weg, so dass wir dachten... " Seine Stimme versagte und er sah zu Boden. "Wir haben Sie vermisst!"
Mulder versetzte ihm einen freundlichen Schlag gegen die Rippen. "Danke", sagte er leise.
Skinner riss sich zusammen und zog den Mantel enger. "Ich muss eines von Anfang an klar stellen. Dieses Treffen zwischen uns beiden findet nicht statt und wird niemals irgendwo erwähnt werden!"
Fox Mulder hob die Augenbrauen und sah seinen Chef fragend an. "Haben wir mal wieder in ein Wespennest gestochen?"
"Es sieht ganz danach aus. Auch beim FBI hat sich einiges geändert. Sie sollten mit Agent Scully darüber reden." Walter Skinner sah sich um, doch ihm fiel nichts ungewöhnliches auf. "Und was sollte ich mir unbedingt anschauen?"

Mulder schnalzte mit der Zunge. "Sie werden staunen, Skinner. Passen Sie auf, es wird ganz wie in alten Zeiten!" Er deutete mit der Hand in die Baumwipfel. Sehen Sie das dort oben?"
Skinner strengte die Augen an. "Ich glaube schon", sagte er zögernd. "Sieht wie ein großer Kokon aus. Aber hier im Wald ist es schon ziemlich dunkel. Man kann kaum noch etwas sehen. Was ist es genau?"
Mulder ging zum Baumstamm hinüber. "Wenn Sie mir bis zu den ersten Ästen hinauf helfen, dann finden wir es heraus. Haben Sie ein Seil im Auto?"



FBI Hauptquartier
Washington D.C.
6:47 PM

"Was soll denn das sein?", fragte John Doggett und ehrliches Erstaunen schwang in seiner Stimme mit.
Er warf einen erneuten Blick auf das nahezu leere Blatt, das Special Agent Selaia Aniston ihm in das Kellerbüro gebracht hatte.
"Das", sagte seine Besucherin, "ist das Laborergebnis Ihres Fundes vom Tatort. Der blutige Glassplitter, Sie wissen schon."
"Das sehe ich selber", schleuderte Doggett ihr entgegen. "Was ich nicht verstehe, sind die weißen Flecken auf der Landkarte. Wo sind die Ergebnisse der Blutgruppe, der DNA-Tests? Warum steht hier nur 'unbekannt'?"
"Haben Sie das hier aufgehängt?", fragte Aniston und zeigte auf das 'I WANT TO BELIEVE' Poster an der Wand.
"Lenken Sie doch nicht ab", rief Doggett aufgebracht. "Was ich will, sind Antworten!"
Aniston zuckte mit den Achseln. "Tut mir leid, Agent, mehr als das kann ich Ihnen nicht bieten. Ich dachte nur, ich bringe Ihnen das lieber persönlich vorbei. Ich fahre jetzt nach Hause. Gute Nacht."


7:11 PM

John Doggett trat aus dem Aufzug, blieb im Gang stehen und sah sich um. Nein, niemand mehr da. Das war gut für ihn. Oder auch nicht, da war er sich nicht so sicher.
Was er auch tat, seit er von Kersh zu den X-Akten versetzt worden war, die Sicherheit, die er früher in seinem Beruf verspürt hatte, war verschwunden. Hinter jeder Entscheidung schien eine verborgene Frage zu lauern, hinter jeder geöffneten Tür ein Geheimnis, das besser nie das Licht des Tages erblickt hätte.
Schnell huschte er über den Gang und blieb vor dem Büro mit der Aufschrift "Special Agent S. Aniston" stehen. Er hielt den Atem an und lauschte. Nein, nichts.
Entschlossen zog er seine ID-Karte durch den Türöffner. Als das grüne Lämpchen aufleuchtete, drückte er leise die Tür auf und betrat das dunkle Büro.
Ohne das Licht anzuschalten eilte er zum Computerterminal der Agentin, startete ihn und tippte einige Codes von einem Zettel ab. Im stillen dankte er seiner Informationsquelle. Das Risiko war hoch, aber mehr noch als das Risiko wog für Doggett das Gefühl, das Richtige zu tun.

Als der Zentralrechner die Identität der Agentin bestätigt hatte, startete John seine Suchanfrage. Konzentriert las er die Informationen auf dem Monitor. Doch je länger er las, desto mehr verdüsterte sich sein Gesicht. Schließlich ließ er sich nachdenklich in den Sessel sinken, klappte sein Mobiltelefon auf und tippte eine Kurzmitteilung ein. "Nun wird mir einiges klar". murmelte er.

"Das möchte ich nicht hoffen. Für das Wohl Ihrer Karriere, John!" Die kalte Stimme ließ Doggett zusammenfahren. Erschrocken schnellte er aus dem Sessel hoch. Die markante Gestalt von Deputy Director Kersh war in der Tür aufgetaucht und zeichnete sich deutlich gegen das Licht auf dem Gang ab.



Five Oaks,
nordwestlich Washington D.C.
6:10 PM

"Jetzt locker lassen", ächzte Mulder und schlang vorsichtig das von Skinner mitgebrachte Seil um die unförmige Masse. Skinner gab von unten etwas Seil nach, so dass auch der Rest des Kokons damit umwickelt werden konnte.
Walter Skinner beobachtete von unten, wie Fox Mulder zwischen den Ästen herum hantierte. Er konnte es nicht verhindern, doch seine Gedanken schweiften ab. Zu dem, was sie gemeinsam erlebt und durchgemacht hatten... das Raumschiff, Mulders Entführung, seine dramatische Rettung...

Aus Gegnern waren Verbündete geworden. Skinner war sich nicht sicher, ob er Mulder jemals begreiflich machen könnte, wie sehr sie alle unter seinem Verschwinden zu leiden hatten. Scully natürlich. Und er selbst. Aber vielleicht musste er es gar nicht; vielleicht wusste es Mulder bereits. Es gab Dinge, die sich nicht durch Worte mitteilen mussten, wenn es eine andere Art von Verbindung zwischen zwei Menschen gab.

"Jetzt!", rief Mulder herab und gab der dunklen Masse in den Ästen einen Stoß. Skinner spannte die Muskeln an und stemmte sich breitbeinig auf den Waldboden. Tatsächlich - sie hatten es geschafft. Der Kokon schwebte langsam, an Skinners Seil gehalten, zur Erde nieder. Keuchend gab der Assistant Director mehr Seil nach - dann setzte er seine Fracht vorsichtig unten auf.

"Na bestens", rief er. Mulder kletterte eilig den Stamm herunter, sprang von den unteren Ästen ab und landete direkt neben seinem Chef.
"Frohes Fest, Skinner. Sie dürfen Ihr Paket zuerst aufmachen!"
"Herzlichen Dank", knurrte Walter, ging in die Hocke und entfernte mit seinem Messer das verschlungene Geflecht aus Zweigen, Blättern und... "Äääh", stöhnte er und bedeckte das Gesicht mit dem Ärmel. Der Gestank war nicht zum aushalten.
Mulder war das egal. "Lassen Sie mal sehen." Er beugte sich nieder und entfernte den Rest des Geflechtes. Dann erhob er sich und betrachtete nachdenklich ihren Fund.

Vom Sonnenlicht war zu dieser Stunde kaum noch etwas zu erahnen. Es war schon ziemlich dunkel; eine Dunkelheit, die hier unten auf dem Waldboden noch bedrückender war. Trotzdem hatten weder Mulder noch Skinner Schwierigkeiten damit, den Inhalt ihres "Paketes" zu erkennen.
Vor ihnen lag ein Mensch in Uniform, dessen Gesicht sich bereits im Zustand der Zersetzung befand. Der Hunger von Vögeln und Insekten hatte sich zum Verwesungsprozess hinzugesellt.

Beherzt griff Mulder in die graue Masse, wühlte mit angeekeltem Gesicht darin herum und zog die Hand schließlich mit einem lauten Schmatzen wieder heraus.
"Falls Sie vorhaben, sich an meinem Mantel abzuwischen: Vergessen Sie's", wies ihn Skinner zurecht.
"Und das nach all den Jahren", murrte Mulder enttäuscht, säuberte die Hand mit Gras und betrachtete den Fund genau.
"Eine Brieftasche!", rief Skinner.
"Und hier ist ein Dienstausweis", antwortete Mulder triumphierend. Er klappte den halb verrotteten Ausweis auf und Skinner ließ den Strahl seiner Taschenlampe aufblitzen.

Im Lichtschein war deutlich das Foto von Officer Sergeij Keitel zu erkennen.

"Das Licht aus!", zischte Mulder plötzlich. Ein heftiger Wind war aufgekommen. Durch das Geheul des beginnenden Sturmes erklang von überall her das Lachen unzähliger heiserer Stimmen.

Fortsetzung folgt...



Disclaimer:

The X-Files © FOX

The X-Files (Akte X) is the intellectual property of Fox, Chris Carter and 1013. The characters, terminology, and existing episodes are all property of their respective creators/writers/producers. We are making no profit on this site and are simply using these items for the entertainment of the fans (and ourselves). No copyright infringement is intended.
Rezensionen