World of X

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Richtung Nirgendwo - Stadtgrenzen

von Nicole Perry

Kapitel 3

Fox Mulder musste zugeben, dass sich die Idee mit dem Apartment doch als ziemlich gut herausstellte. Es war in einer kleinen Straße kurz hinter dem – wie Rain es nannte -  'Plaza '— eine Erweiterung des Sunset Boulevards mit teuren Boutiquen und Restaurants. Sportwagen und trendig gekleidete Passanten füllten den Boulevard selbst, aber ihre Straße war ruhig und schien verhältnismäßig sicher.

Die Wohnung war in einem Apartmentkomplex in Stil der 40er Jahre mit Garten und Pool in der Mitte. Wäre es Sommer, würde Mulder wohl pausenlos in andere Bewohner des Hauses laufen, aber zu dieser Jahreszeit schien das kein besonders großes Problem zu sein. Die Wohnung, die dem Bekannten von Rain gehörte, war in der Ecke im hinteren Teil und Mulder stellte zufrieden fest, dass es direkt daneben eine Treppe gab, die in das daneben liegende unterirdische Parkhaus führte. Das bedeutete also zwei Ausgänge: die Treppe herunter und das Tor vorne zur Straße. So wie er die Sache sah, war die Möglichkeit in die Enge getrieben zu werden nicht ganz so groß.

Rain entriegelte die Tür und drückte sie auf. Sie trat ein, damit die beiden ihr folgen konnten. Mulder führte Scully umsichtig durch den Eingang und blickte sich anerkennend um. Er hatte vom ersten Moment an seine Zweifel an dieser ganzen Geschichte gehabt, aber bis jetzt schien es richtig gewesen zu sein, das Angebot angenommen zu haben.

"Es ist nicht gerade die größte Wohnung", gab Rain zu, als sie das Licht anknipste. "Ich meine, Justin lebt hier bloß allein. Aber es sollte für Euch beide eigentlich reichen."

"Ja, es ist in Ordnung", versicherte Mulder ihr, und je mehr er sich umsah, desto mehr meinte er, was er sagte. Es gab vier Zimmer; okay, fünf, wenn man den Esszimmerabschnitt dazu rechnete, der vom Wohnzimmer abzweigte. Das Schlafzimmer und das Bad waren beide groß im Verhältnis zu allem anderen, und die Küche war ein wahres Kunstwerk. Offensichtlich hat sie jemand eingerichtet, der gerne kochte. Sie war gut möbliert, eine schöne zeitgemäße Einrichtung mit vereinzelten ausgewählten Antiquitäten. Die ganze Wohnung war wohl von jemandem mit gutem Geschmack und Sinn für Stil eingerichtet worden.

"Und?" Scully sprach leise, ihre Worte galten nur für seine Ohren. "Wie ist es? Okay?"

"Mehr als okay, Lisa." Er nannte sie beim Decknamen, sogar als er flüsterte. "Es ist toll."

Scully lächelte ihn schwach an, doch sagte nichts weiter, und Mulders Bedenken stiegen noch um ein weiteres Stück.

Irgendetwas stimmte mit Scully nicht.

Mulder wusste nicht was es war, nicht genau, und ihr Verhalten verriet kein Stück. Mann, seit sie vor zwei Tagen in Los Angeles angekommen waren, hat sie kaum ein Wort mit ihm gesprochen. Sie war die meiste Zeit still wie ein Geist gewesen, viel schweigsamer und zurückhaltender als er sich seit dem Beginn ihrer Flucht erinnern konnte. Sie vermied seine Fragen mit ihrem immerwährenden "Ich bin okay" und "Alles in Ordnung", aber er kannte sie gut genug, um zwischen den Zeilen zu lesen.

Ein Teil von ihm nahm an, dass sie mit dem Resultat seines Anrufs bei den Schützen an dem Abend, an dem sie angekommen waren, unglücklich war. Sie hatten es bis jetzt noch nicht geschafft, eine handfeste Spur zu der Verbindung mit dem Droperidol zu finden, was sicherlich niederschmetternd war. Andererseits war Mulder erfreut gewesen, als er hörte, dass Frohike ihnen wohl ein Treffen mit Dr. Robert Bard arrangieren könnte. Scully hatte weder auf die eine noch die andere Neuigkeit sonderlich reagiert, und als Mulder sie gedrängt hatte, mit ihm zu reden, hatte sie sich stockstur geweigert.

Was Mulder aber am meisten zusetzte war, dass Scully sich auch sonst von ihm abwandte. Sie ging nicht auf seine Versuche ein, bei ihr sein zu wollen und ließ gerade mal einen oder zwei Küsse zu, bevor sie sich wegdrehte. Obwohl er sich danach sehnte, bei ihr zu sein, schien sie sich plötzlich entziehen zu wollen, und er wusste nicht so recht, wie er damit umgehen sollte.

Seine paranoide Seite nahm die Möglichkeit an, dass sie während der relativ ruhigen Busreise über ihre Beziehung nachgedacht und ihre Meinung darüber geändert hatte. Und obwohl eine ganze Menge passiert war seit ihrer ersten Nacht zusammen im Zug, war in Wirklichkeit lediglich eine Woche vergangen.  Es war möglich, dass sie es sich anders überlegt haben könnte. Um ehrlich zu sein, diese paranoide Seite an ihm bestand geradezu auf die Tatsache, dass eine solche Meinungsänderung in der ersten Woche einer Beziehung völlig nachvollziehbar ist. Zur Hölle, es passierte wahrscheinlich pausenlos.

Allerdings sah Mulder ihre Beziehung als viel älter an als nur eine Woche. Viel, viel älter. Jahre alt, um genau zu sein. Sie war unter Umständen entstanden, die nie ideal gewesen waren, sogar bevor sie aus D.C. weg mussten. Und trotzdem war sie umso stärker geworden. Jedoch blieb am Ende immer noch eine unumstrittene Wahrheit. Vor einer Woche hatten sie zusammen eine Grenze überschritten und jetzt hatte er Angst, dass er nun alleine auf der anderen Seite stehen könnte.

Es war sieben Tage her, seit sie sich zum ersten Mal geliebt hatten. Er konnte den Gedanken nicht ertragen, dass er nie wieder die Möglichkeit dazu bekommen würde.

Irgendwie entglitt ihm alles. Sie entglitt ihm und das erschreckte ihn am meisten.

Im Moment wusste er allerdings nicht, was er dagegen tun konnte. Also schob er diesen Gedanken beiseite und führte Scully langsam durch den Raum, während er Rain zuhörte, die die Grundlagen für ihre Abmachung erläuterte.

"Ihr könnt alles benutzen was ihr wollt, wie Handtücher und Bettlaken und so weiter", sagte Rain. "Ich kümmere mich dann hinterher darum, dass alles gewaschen wird. Bleibt lediglich aus Justins Schränken und seinem persönlichen Kram heraus." Sie kicherte ein wenig und fügt hinzu, "Und benutzt die Stereoanlage nicht. Und wenn ihr doch Musik hören möchtet, dann bitte nur leise. Tyrone ist da sehr zimperlich."

Mulder zuckte die Schultern. "Sag ihm, er braucht sich keine Sorgen zu machen. Wir lassen die Anlage aus."

Als sie ihren Rundgang beendet hatten, schenkte Rain ihnen ein süßes Lächeln und spielte mit einer Locke ihres wirren Haares. "Und? Mögt ihr's?"

"Es ist toll", antwortete Mulder. "Sogar besser, als ich erwartete hatte."

"Gut." Rains Lächeln verschwand und sie setzte einen ernsteren Gesichtsausdruck auf. "Und wegen des Geldes...."

"Ich hab's hier", sagte Mulder und ließ Scullys Arm los, um nach seinem Portemonnaie zu greifen. "Zumindest schon einen Teil."

"Einen Teil?"

Er kramte in den Scheinen bevor er auf ihre Frage antwortete. "Ich habe genug für die ersten vier Tage hier. Den Rest bekommst du morgen."

Rains Stirn legte sich in Falten. "Ich dachte, ihr wolltet es wöchentlich bezahlen."

"Das wollten wir auch", versicherte Mulder ihr. "Das *wollen* wir auch. Das Auto hat bloß mehr gekostet als geplant."

Er hielt ihr das Bündel Dollarnoten hin, aber Rain nahm es nicht sofort.

Stattdessen bewegten sich ihre Augen von ihm zu Scully und wieder zurück. Sie war vielleicht Anfang zwanzig, aber in den verwaschenen Jeans und dem abgeschnittenen T-Shirt mit der Aufschrift "Rude Girl" konnte sie glatt als eine High School Schülerin durchgehen. Und doch hatte ihr Blick etwas, das sie über ihr Alter hinaus erfahren schienen ließ. Es war klar, dass sie ein Kämpfer war, klug und hart genug, um mit Leuten fertig zu werden, die dumm genug waren, sie zu unterschätzten.

Sie könnte die Polizei rufen....

Mulder verdrängte diesen Gedanken und erwiderte ihren Blick ohne zu zucken.

"Um wie viel Uhr morgen?"

"Mittags", versprach Mulder. "Nicht später."

Nach einigen Momenten nickte Rain letztendlich. Sie nahm das Geld und steckte es in ihre Hosentasche, dann gab sie ihm die Schlüssel zur Wohnung.  Sobald diese Transaktion beendet war, kehrte auch ihr freudiges Grinsen wieder zurück.

"Cool", sagte Rain. "Bringt es nach drei ins Motel. Dann habe ich Schicht."

"Danke sehr, Rain, dass du das alles arrangiert hast." Scully lächelte höflich in ihre Richtung. "Es hilft uns wirklich sehr."

"Kein Problem. Ihr tut mir auch einen Gefallen." Mulder hielt es kaum für möglich, aber Rains Grinsen wurde noch breiter. Sie tätschelte ihre volle Hosentasche und verkündete, "Ich bringe das direkt auf die Bank. Ich spare nämlich, um ein Demo Tape zu machen und das hier bringt mich schon ein ganzes Stück weiter." Sie schüttelte beiden die Hände und ging dann zur Tür.

"Hasta la vista", rief sie und dann war sie mit einem lauten Knall der Tür hinter ihr verschwunden.

 

Als das Licht in der Wohnung auf der anderen Seite des Innenhofs ausging, schloss Caitlin die Jalousien an ihrem Fenster. Sie schenkte sich noch ein weiteres Glas Cola Light aus der Liter-Flasche auf dem Tisch ein, ohne das tragbare Telefon absetzen zu müssen. Ihre Freundin Julie plapperte über dieses und jenes, doch Caitlin hörte nur mit halbem Ohr zu.

"....und er hat doch tatsächlich den Nerv mich anzurufen und mir zu sagen, dass er den Auftrag für das Probe-Drehbuch an jemand anderes gibt. Stell' dir das mal vor! Ich meine, weiß er denn nicht, für wen ich arbeite? Was soll das Ganze?"

"Ich hab keine Ahnung", antwortete Caitlin geistesabwesend. Sie hörte ihr nicht wirklich zu. Es war immer dieselbe alte Geschichte mit Julie, immer musste sie über irgendwas meckern. Wenn Julies Chef nicht einer der heißesten Produzenten der Stadt wäre, würde Caitlin sich gar nicht mit ihr abgeben. Okay, das zum einen, und zum anderen dass Julie ihre Fitness-Partnerin im Studio in der Straße war. "Vielleicht solltest du Jeff anrufen und dich beschweren."

"Ich rufe Jeff nicht an! Er behandelt mich jedes Mal wie den letzten Dreck."

"Hm, ja, das kann er." Caitlin schlenderte zurück zur Couch und rollte sich darauf zusammen, das Telefon zwischen ihrem Kinn und ihrer Schulter. Sie klappte wieder das Skript auf, das sie gelesen hatte, bevor Julie angerufen hatte, doch der Text sah jetzt auch nicht interessanter aus als vorher. Das schlimmste daran, eine frischgebackene Agentin zu sein, war der ganze Mist, den sie durchgehen musste auf der Suche nach möglichen Klienten. Es gab nichts Langweiligeres außer vielleicht diese idiotischen Hollywood Löcher, in die sie samstagabends viel zu oft ging. Es war Langeweile, die sie erst einmal dazu veranlasst hatte, aus dem Fenster zu sehen, und jetzt hatte sie die Neugier erst recht gepackt.

"Sag mal, redest du eigentlich nie mit Jeff?" kam Julies Stimme durch das Telefon. "Er ist so kalt, aber ich denke, dass du eh' nie was mit ihm zu tun hast. Ich meine, er ist wie ein Rivale für dich, okay, nicht gerade für dich, aber er arbeitet bei der Konkurrenz, also...."

"Hey, Jules?" Caitlin wartete, bis sie sicher gehen konnte, dass ihre Freundin ruhig sein würde, bevor sie weiter sprach. "Irgendwas Seltsames geht in meinem Block hier vor."

"Seltsames? Inwiefern? Sind da wieder ein paar Leute ohne Oberteil am Pool?"

"Gott, nein." Caitlin seufzte genervt. "Wir haben November, du Ei. Niemand ist am Pool. Aber ich glaube, Justins kleine Freundin führt etwas im Schilde."

"Ist Justin nicht weggefahren?"

"Genau", sagte Caitlin. "Das ist ja das Seltsame an der ganzen Sache."

"Glaubst du, dass sie da drüben dealt? Justin nimmt normalerweise starken Stoff."

"Ich weiß nicht.... vielleicht." Caitlin nahm ihre langen, blonden Haare in eine Hand und band sie sich in einem Pferdeschwanz zusammen, ohne das Telefon loszulassen. "Sie hat ein paar Leute da rein gebracht, und ist dann alleine gegangen. Und ich wette um den Arbeitsbericht für nächste Woche, dass Justin keine Ahnung davon hat."

"Wow. Das ist echt seltsam." Julie schwieg für einen Moment und fragte dann, "Ist jemand süßes dabei?"

"Nein", antwortete sie, doch nahm es dann zurück. "Okay, vielleicht. Ich meine, der Typ sieht gut aus, aber er schien mir ein wenig zwielichtig. Und er hatte 'ne Frau dabei—er hat sie, naja, er hat sie die ganze Zeit gestützt. Du hast vielleicht recht—die könnten tierisch high sein."

"Wow.... und was machst du jetzt? Rufst du die Polizei? Oder redest du erst mit Justin? Hast du die Nummer von da wo er gerade ist?" Julies Fragen wurden vom Anklopfen in der Leitung unterbrochen.

"Nein", sagte Caitlin. "Ich werde fürs erste erst mal die Augen offen halten." Wieder klopfte es in der Leitung.

"Die Augen offenhalten und in die andere Leitung gehen. Ich ruf dich später an."

Als sie den Anruf entgegennahm, ging Caitlin wieder durch das Zimmer und machte die Jalousien wieder auf. Sie würde noch einige Stunden mit Lesen verbringen, aber es könnte ja sein, dass das Licht wieder anging. Man kann nie vorbereitet genug sein.

 

Er glaubt dir nicht sieh nur in sein Gesicht er denkt du bist verrückt verrückt wie Mulder—

< SiemüssenmirglaubenSirichsagedieWahrheit >

Er dreht sich um du hast Skinner verloren du hast alles verloren—

< AgentScullySieführendashierzuweitesistsinnlos > --

< EsistnichtsinnlosSiehörenmirnurnichtzuichhabeBeweise > --

< WennichSiesuspendierenmüsstewürdeichestunführenSieesnichtzuweit > --

Dana Scully war sich dessen nicht bewusst, aber es passierte wieder. Kleine Stücke und Teile ihres früheren Lebens kamen zufällig und in wirrer Reihenfolge wieder zurück, drangen in ihre Träume ein und wirbelten ihren Schlaf auf.

< HabeichmichdeutlichausgedrücktScully > --

< jaSirichweißwelchePositionSievertreten > --

Verschwinde von da verschwinde von da vergeude nicht noch mehr Zeit mit ihm vergeude nicht noch mehr Zeit mit irgendjemand von ihnen nicht mal mit Mulder er wird dir auch nicht glauben er wird dir nicht zuhören er hört dir nie zu er hört dir nie nie nie zu—

 

Scully warf sich mit rasendem Herzen unter der Decke hin und her. Ihr Atem kam in heftigen Stößen, als ihr Körper verzweifelt um das Bewusstsein kämpfte, dass ihr Unterbewusstsein ihr verwehren wollte.

 

< WasmachenSiehierdasisteinzugangsbeschränktesLabor > --

Werd jetzt nicht schwach lass dich jetzt nicht zurückdrängen wenn du so nahe bist dass du die Waffe auf ihn richten könntest—

< IchwillwissenwasSiehiertunsagenSiesmir > --

< DashieristeinmedizinischesUntersuchungslaborwirführenUntersuchungendurch > --

< HörenSieaufmitdemScheißichwillwissenwashierlosist > --

Richte die Waffe auf ihn zeig ihm dass du dich nicht verarschen lässt --

< IchweißnichtwovonSiereden > --

< SieschuldenmireineErklärungSiehabenmirdiesesImplantatinmeinGenickgepflanzt, warumhabtIhrmirdasANGETAN > --

Er hat jetzt die Hosen voll du kannst es ihm ansehen dieser verdammte Doktor er hat Schiss er versteckt sich hinter dem Schreibtisch das ist gut das ist gut zwing ihn zum reden—

< IchhabüberhauptnichtsmitIhnengemachtLady > --

< SievielleichtnichtaberDiehabenundichmusseswissen > --

< HörenSieSieverstehenesnichtdasallesgehtüberSiehinaus > --

< Wassolldasheißen > --

< IchkannesIhnennichterklären > --

  

B-R-R-I-I-I-N-G B-R-R-I-I-I-N-G B-R-R-I-I-I-N-G

Was ist das für ein Lärm irgendein Alarm—

Irgendein Ablenkungs-Mist und es hat funktioniert was hat er in der Hand einen Briefbeschwerer oder so was duck dich duck dich Scheiße schieß auf ihn—

PENG PENG PENG

Er entkommt ihm nach ihm nach aus dem Büro den Gang hinunter—

Lauf lauf lauf lauf—

Er kommt gerade durch die Türe schnell schnell wenn du rennst wirst du ihn einholen verdammt die Tür ist zu wie hat er das bloß gemacht? Am anderen Ende der Halle muss noch ein Eingang sein es ist immerhin ein Zentral-Gebäude es muss einfach einen anderen Weg hinein geben was ist das für ein Lärm hinter mir laute Fußtritte jemand schreit mich die ganze Zeit an—

< ScullyhaltnichthinterihmheresisteineFalle > --

Er greift nach meinem Arm und zieht mich mit sich—

< Lassloslassloslassloserkommtdavon >

< LassihngehenScullywirmüssenweg > --

Kämpfe tritt fest zu er soll von mir runter—

< Muldergehvonmirrunter >--

Trete ihn ganz fest jetzt stolpert er und fällt wie habe ich das geschafft egal lauf weiter ich kann den Mann nicht entkommen lassen da ist noch eine Tür sie ist offen los rein und mach die Tür hinter dir zu wo bin ich hier?  in einem Labor? ist das das Labor wo sie es gefunden haben? aber wo ist er hin wo ist der Arzt? ein Hämmern hinter mir an der Tür—

< ScullymachverdammtnochmaldieTürauf > --

Ignoriere es einfach—

< DukannstmichjetztnichtaufhaltenMuldernichtjetztnichtjetzt > --

Los untersuche die Wände es muss irgendwo noch einen versteckten Ausgang geben ich weiß dass er hier ist wo soll er auch sonst hingegangen sein was ist das für ein Geräusch?

< OhmeinGottohmeinGott > --

 

Scully wachte zu Tode erschrocken auf. Sie fühlte, wie der Schweiß ihre Stirn herunter lief und die feuchten Stellen ihres T-Shirt an den Achselhöhlen. Sie holte tief und zitternd Atem und kreuzte die Arme entschlossen vor der Brust, als sie um Fassung rang.

Erst nach einiger Zeit schien es ihr, als ob sie ihr Gleichgewicht wieder gewonnen hätte. Sie lauschte, doch sie hörte nichts weiter als Mulders tiefes, gleichmäßiges Atmen. Erstaunlicherweise schien es, als ob er durch ihren letzten Alptraum nicht wach geworden war. Scully war nicht besonders überrascht. Immerhin hatte sie jetzt schon so weit Übung darin, dass sie nicht mehr schreiend aufwachte. Außerdem war er erschöpft. Wenn die letzten Tage für sie anstrengend gewesen waren, waren sie für Mulder doppelt so hart. Heute war vielleicht die erste Nacht seit einer Woche, in der er ordentlich schlafen konnte.

So leise sie konnte schlüpfte Scully aus dem Bett. Vorsichtig stand sie auf und ertastete sich ihren Weg durch das Schlafzimmer zum Badezimmer. Es war nicht einfach und trotz der detailgetreuen Beschreibung, die Mulder ihr gegeben hatte, nachdem Rain gegangen war, war das Apartment immer noch ungewohnt und fremd.

Sie stieß einmal mit dem Knie gegen die Kommode, aber dann fand sie endlich die Tür. Sie machte sie geräuschlos auf und dann hinter sich zu, als sie ins Bad ging. Die Toilette war in der Ecke an der Wand. Sie ließ sich mit einem erleichterten Seufzen darauf niedersinken, der Toilettendeckel kalt an ihren nackten Beinen. Hier konnte sie einen Moment ohne Mulders wachsame Adleraugen verbringen. Hier konnte sie eine Weile sitzen und nachdenken. Und wenn sie weinen und sich die Augen reiben wollte, verdammt, dann konnte sie es hier endlich machen.

Scully hasste Los Angeles jetzt schon.

Sie hatte es seit der Sekunde gewusst, in der ihr Bus in der Stadt angekommen war, dass hier kein Ort war, an dem sie sich je sicher fühlen könnte. Der Lärm auf der Straße war ohrenbetäubend, ein heilloses Durcheinander von Motoren und Hupen und scheppernder Musik, ganz zu schweigen von dem allgegenwärtigen Gebabbel von mindestens tausend Stimmen. Die Stadt roch schrecklich nach Benzin und Abgasen und dem schalen Fettgeruch von Fast Food. Es war ein gewaltiger Unterschied zu der klaren, sauberen Luft in Santa Fe. Die Straßen waren so voll, dass sie Mühe hatten, in den Menschenmassen vorwärts zu kommen, und Scully hatte sich richtig an Mulder klammern müssen, als sie sich nach einer Bleibe umgesehen hatten.

Das Motel, für das sie sich entschieden hatten, schien dem muffigen Geruch und dem Teppich nach zu urteilen, der sich dünn und rau unter ihren Füßen angefühlt hatte, eine Stufe über einem völligen Drecksloch zu sein. Das Wasser aus der Dusche hatte nach Rost gestunken und die Bettbezüge waren kratzig und rau. Im Vergleich zu Elliot und Becks schönem Loft war das Motel erbärmlich, aber in der ersten Nacht war Scully viel zu müde gewesen, als dass es sie besonders gestört hätte.

Rückblickend jedoch war ihre Wahl für dieses Motel gar nicht so schlecht gewesen. Sie hatten dadurch immerhin Rain kennengelernt und Scully war jetzt froh, dass sie sich für Rains Angebot entschieden hatten. Bis jetzt schien die Wohnung viel netter als alles andere, dass sie sich leisten konnten. Diese Ecke der Stadt war viel ruhiger und es roch definitiv nicht so schlimm. Mulder hatte ihr von dem Garten erzählt, der das Gebäude umringte, doch selbst ohne diesen Hinweis hätte sie den süßen, vollen Duft von spät blühendem Jasmin erkannt, der durch die offenen Fenster drang.

Scully seufzte und rückte ein wenig, ein Ellenbogen auf dem Waschbecken und ihre Wange auf ihrer Handfläche gestützt. Sie bekam den Verdacht nicht los, dass sie einen großen Fehler begingen, aber bis jetzt hatte sie Mulder noch nichts von ihrem unguten Gefühl erzählt. Stattdessen hatte sie ihn still begleitet, als er das Geld abgeholt hatte, dass die Schützen geschickt hatten. Sie hatte eine Sonnenbrille getragen, um ihre Blindheit zu verbergen, war mit ihm das Auto kaufen gegangen und war für eine zweite Nacht wieder mit ihm in das düstere Motel zurückgekehrt. Heute war nichts weiter passiert, als ein Besuch beim Frisör und die Ankunft hier. Das einzig erwähnenswerte wäre vielleicht noch der Anruf bei Byers, um noch mehr Bargeld zu arrangieren.

Während all dessen war Mulder äußerst besorgt um sie gewesen, seine konstante Anwesenheit hatte sie fast erstickt. Er bemutterte sie viel zu sehr, war viel zu paranoid, und obwohl Scully den Grund dafür verstehen konnte, war es deswegen nicht leichter es zu ertragen. Die vergangene Woche war für sie beide furchtbar gewesen, doch Mulder hatte sich noch eine zusätzliche Bürde der Schuld aufgehalst. Obwohl er es immer abstritt, wusste sie, dass er sich für ihre Trennung in dem Zug die Schuld gab. Aber das war jetzt vorbei und jetzt gab es andere Dinge, und langsam kam sie zu dem Punkt, an dem sie jedes Mal zuckte, wenn er nach ihrer Hand griff. Ich kann das selber, wollte sie schreien, doch in Wahrheit konnte sie es nicht.  Zumindest nicht immer; und Mulder schien in letzter Zeit die Fähigkeit verloren zu haben, mit der er unterscheiden konnte, wann sie seine Hilfe brauchte und wann nicht.

Allerdings, um ehrlich zu sein, war es nicht wirklich Mulder, der sie aufregte. So sehr sie es auch versuchte, konnte Scully nicht die Worte vergessen, die Christophe in der Mine zu ihr gesagt hatte. Sie spielten sich wieder und wieder in ihrem Kopf in einer Endlosschleife ab.

"Es gibt da einige Leute, die noch nicht ganz fertig mit Ihnen sind. Leute, die wollen, dass ich Sie zu ihnen zurück bringe."

Scully schluckte und fuhr sich mit der Hand durch ihre neuerdings kurzen Haare, als sie über die Bedeutung dieser Worte nachdachte. Noch nicht ganz fertig mit ihr... diese Äußerung machte es klarer als alles andere, dass ihre Entführung Teil Eins eines durchdachten Plans gewesen war. Dass der Chip in ihrem Genick ihr aus einem ganz bestimmten Grund eingepflanzt worden war. Dass die Disc, die Mulder aus der Mine mitgenommen hatte, tatsächlich ein signifikantes Teil in einem riesigen Puzzle war.

Was sie jetzt machen mussten war einen Weg zu finden dieses Puzzle zu lösen. Nicht irgendwo in Los Angeles herumhängen und darauf hoffen, dass irgendein Arzt eine Wunderheilung für sie bereithält. Scully hatte keinerlei Ambitionen, Dr. Robert Bard zu treffen. Sie brauchte keinen Augenspezialisten, der ihr sagte, was sie bereits wusste. Sie musste die Leute finden, die hinter ihr her waren und deren Motive herausfinden.

"Leute, die wollen, dass ich Sie zu ihnen zurück bringe." Sie zurückbringen.... aber wofür? Für weitere Tests? Weitere Experimente? Scully schüttelte sich bei dem Gedanken. Sie würden sie einholen, darüber war sie sich sicher, und das beängstigende an dieser Stadt war, dass sie dauernd den Eindruck hatte, als ob Die hinter jede Ecke auf sie lauern. Sogar hier, in der relativen Sicherheit des Apartments von Rains Freund konnte sie sich nicht erlauben, unaufmerksam zu sein.

"Scully?"

Der Klang ihres Namens ließ sie zusammenfahren. Sie war so in ihren Gedanken verloren gewesen, dass sie nicht einmal gehört hatte, wie er an die Tür gekommen war. Ein leises Klopfen echote durch die Tür, dann hörte sie wieder seine Stimme.

"Scully? Bist du okay da drinnen?"

Nein, ich bin nicht okay.

Ich habe Todesangst.

Die werden mich kriegen.

"Ja", antwortete sie automatisch und stand auf. Sie fummelte nach dem Griff und spülte die Toilette, womit sie eine Erklärung für ihr Hiersein hatte.

Sie ging zur Tür, schloss sie auf und lief geradewegs in ihn hinein.  "Mulder..." Sie murmelte entschuldigend seinen Namen und trat einen kleinen Schritt zurück. "Ich sagte, es geht mir gut. Ich kann alleine wieder ins Bett gehen."

"Ich weiß", erwiderte er, aber dann fühlte sie trotzdem seinen Griff an ihrem Arm. Sie biss sich auf die Lippe, um ihren Ärger zurückzuhalten, ließ sich von ihm wieder zurück führen und glitt unter die Bettdecke. Mulder folgte ihr augenblicklich. Er drehte sich, bis er sie mit seinem Körper ganz umschlang, ein Arm um ihrer Hüften, den anderen unter den Kissen.

"Okay so?" flüsterte er und obwohl ein Teil von ihr noch immer wütend auf ihn war, nickte sie und rückte zurück, so dass sie so nahe wie möglich neben ihm lag.

"Fühlt sich gut an", seufzte sie und trotz allem meinte es ein kleiner Teil von ihr auch so.

Er küsste sie sanft aufs Genick, einmal, dann noch einmal. Seine Küsse waren schön, aber als seine Hand über ihren Bauch hinauf glitt, um ihre Brust zu streicheln, verspannte sie sich. Seine Finger strichen auf ihrem Weg zu ihren Schultern über ihre Brustwarze. Mulder streichelte ihr Schlüsselbein und nahm dann ihre Wange in seine Hand.

Scully versuchte, still liegenzubleiben und das Hämmern ihres Herzens in ihrer Brust zu ignorieren.

Seine Lippen platzierten einen sanften, weichen Kuss hinter ihr Ohr, seine Zunge huschte heraus, um an die Form ihrer Ohrmuschel entlang zu streichen.

Plötzlich fiel es ihr schwer zu atmen.

"Mulder..."

Er hörte bei ihrem Protest augenblicklich auf. Seine Hand blieb noch eine unendliche Sekunde an ihrer Wange, dann zog er sie weg. Er legte seinen Arm wieder zurück an ihre Hüften und hielt sie dieses Mal nicht so eng. Sie wusste, dass sie ihm weh getan hatte. Die Enttäuschung, die von ihm ausströmte, war intensiv genug, dass sie fast greifbar war; sie krachte zwischen ihnen herunter wie eine Mauer, die sie nicht entfernen konnte. Sie konnte jedoch jetzt nicht mit ihm schlafen, nicht jetzt, nicht wenn sie sich so distanziert fühlte. Wenn er es doch nur verstehen würde.

"Ich bin nur müde, Mulder."

"Ich weiß", flüsterte er, aber sie konnte die Traurigkeit in seiner Stimme hören.

"Ich liebe dich."

"Ich liebe dich auch." Er drückte sie jetzt fester an sich heran und sie ließ es zu.

"'Nacht, Scully."

"'Nacht", echote sie und schloss ihre blinden Augen.

Scully hörte, wie sein Atem langsamer und tiefer wurde, als er allmählich einschlief, doch sie lag wach, unfähig sich wie gewöhnlich von seiner Wärme und der Sicherheit seiner Umarmung trösten zu lassen.

Es war nicht viel später, als ihre Ängste weit genug verebbten, dass sie einschlafen konnte.

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