World of X

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Richtung Nirgendwo - Stadtgrenzen

von Nicole Perry

Kapitel 2

An einem Montagnachmittag [oder so, an dem ihre Geschichte begann], saß Rain am Empfang des Motels mit ihrer Aufmerksamkeit abwechselnd auf eine Wiederholung irgendeiner dummen Sitcom und der LA Weekly gerichtet, in der sie Konzerttermine las, als die Tür aufging. Ein Mann und eine Frau kamen herein und von der Sekunde an, in der sie den Raum betraten, hatten sie Rains völlige Aufmerksamkeit.

Krass!, dachte sie aufgeregt.

Der Mann war groß und dünn und hager, und er hatte eine große Tasche in einer Hand. Seine andere lag auf dem Arm der Frau, mit der er sie zweifellos durch die Lobby führte. Zweifellos, weil es jedem, der die Frau sah klar war, dass sie trotz des strahlenden Blaus ihrer Augen völlig blind war. Die Frau war viel kleiner als der Mann, aber sie sah nicht weniger erschöpft aus. Und es war offensichtlich, dass wo immer sie auch herkamen, sie sehr lange gebraucht haben, um hierher zu kommen.

*So* krass, dachte Rain und legte ihre Zeitung beiseite. "Kann ich Ihnen helfen?" fragte sie mit einem überraschend normalen Ton. "Wir hätten gerne ein Zimmer", sagte der Mann. "Wie teuer sind die?"

"Fünfundsiebzig für ein Einzel, neunzig für ein Doppel und einhunderteins für ein King", antwortete Rain automatisch. Die Preise waren gemessen an der Qualität der Zimmer hoch, aber es war trotzdem ein Schnäppchen in LA, sogar in dieser Gegend.

Der Mann nickte und ließ den Arm der Frau los, um sein Portemonnaie aus der hinteren Tasche seiner Jeans zu holen. Er sah nach und sagte, "Wir nehmen ein King."

Sie teilen ein Bett, dachte Rain und grübelte, wie sich wohl getroffen haben mochten. Sie behielt jedoch ihren professionellen Gesichtsausdruck und fragte, "Nur für eine Nacht?"

"Fürs erste ja", sagte der Mann und reichte ihr ein paar zerknüllte Dollarnoten, die schon einmal bessere Tage gesehen hatten.

Rain nahm das Geld, steckte es in die Schublade und gab dem Mann sein Wechselgeld, wonach sie sie im Computer eincheckte. "Ich werde Sie in Zimmer 304 unterbringen", sagte sie. "Es ist im dritten Stock, der Aufzug ist dort drüben." Sie tippte die Zimmernummer ein und sah dann zu dem Mann auf. "Wie heißen Sie?"

Der Mann zögerte für nur eine Sekunde. "Ford. Rick und Lisa Ford."

Schneller mit dem Alias als die meisten, dachte Rain, als sie den Namen eingab. Dann drehte sie sich nach hinten zu dem Schlüsselbrett um und riss Nummer 304 von seinem Haken. "Bitte schön, Mr. Ford. Wenn Sie irgendetwas brauchen, wählen Sie einfach die Null und Sie haben den Empfang am Apparat. Wenn Sie nach draußen anrufen möchten, kostet es $.45 für ein Ortsgespräch, außerorts kostet es extra. Wählen Sie einfach einen Neun davor."

"Danke", sagte der Mann und nahm den Schlüssel entgegen. Dann wandte er sich wieder der Frau zu und nahm sie beim Arm. Erst dann fiel Rain auf, dass die Frau nicht ein einziges Wort während des ganzen Gesprächs gesagt hatte. Sie war still wie eine Sphinx und schien ebenso distanziert. Ihr Gesicht war von ihren langen dunklen Haaren verdeckt.

*Echt krass* dachte Rain, die ihre Augen nicht von dem Paar nehmen konnte. Sie beobachtete, wie sie im Aufzug verschwanden und war mehr als nur ein wenig enttäuscht, als sie wieder alleine war.

Allerdings hielt ihre Enttäuschung nicht lange an. Der Mann, Rick, war schon zwanzig Minuten später wieder in der Lobby. Als er zu ihr an den Empfang kam, fragte er, "Gibt es hier in der Nähe etwas, wo man schnell etwas Vernünftiges zu Essen bekommt?"

"Ja", antwortete Rain, "es gibt einen McDonalds bei der Bushaltestelle." Rick schüttelte den Kopf. "Und weiter?"

"Das ist Hollywood", grinste sie. "Sie können alles bekommen, was Sie möchten. Indisch, Thai, Mexikanisch, Italienisch. Da ist ein guter Chinese ein paar Blocks weiter."

"Und welches ist das Beste?"

Rain dachte einen Moment nach. Sie ging nicht oft essen, denn sie zog einen Happen in ihren eigenen vier Wänden vor, weil sie das Geld, das sie verdiente, lieber sparen wollte. "Ich würde den Mexikaner oder den Chinesen nehmen." Dann, nach einem Moment, "Möchten Sie dort essen? Oder nur holen gehen?"

"Letzteres", sagte Rick, der offensichtlich von der Sorte Mann war, die nicht viele Worte brauchte. Es war eine Fähigkeit, die Rain sich nie wirklich aneignen konnte.

"Also der Chinese", riet sie. "Es ist den Weg dahin wert—sie laden eine Menge Reis auf die Teller. Sie werden Tage daran essen."

"Hört sich gut an." Er blickte auf die LA Weekly, die es wieder direkt vor Rain auf den Tisch geschafft hatte. Stehen da auch Kleinanzeigen drin? Für Apartments und so?"

"Klar", sagte Rain und blätterte die Musik Rubrik weiter, um ihm die hinteren Seiten mit den Anzeigen zu zeigen. "Alles mögliche. Suchen Sie nach einer Wohnung?"

"Nur vorübergehend", antwortete er. "Wo bekomme ich so eine?"

"Überall", sagte sie, denn es war wirklich so. Allerdings hatte sie die Zeitung schon so gut wie durch, und das neue Anne Rice Buch brannte schon ein Loch in ihren Rucksack. "Sie können die hier haben. Ich hab' sie durch."

Rain klappte das Blatt zu und reichte es ihm. Rick klemmte es sich unter den Arm und bedankte sich lächelnd. "Danke." Dann drehte er sich um und ging zur Tür.

Sie sah ihm nach, bis er nicht mehr zu sehen war, und fasste einen Plan. Es schien zwar ein bisschen verrückt, aber das waren gute Ideen eigentlich immer. Außerdem wollte sie nicht, dass Rick und seine 'Frau' wieder schnell wieder aus ihrem Leben verschwinden, wie sie aufgetaucht waren. Durch die beiden hörte sie plötzlich eine Musik in ihrem Kopf, die sie dazu inspirierte, einen Text zu der Melodie zu finden. Inspiration, das wusste sie, waren Gold wert—und wenn es ihr ein bisschen Cash bringen würde, wäre es das Risiko wert.

Und sie war sich ziemlich sicher, dass Tyrone genauso darüber denken würde.

Als Rick mit ein paar schweren weißen Tüten zurück kam, war ihr Plan zur Ausführung bereit. Allerdings machten ihr die Gäste, die sie am Empfang bedienen musste, einen Strich durch die Rechnung. Es war auch ein Pärchen, aber von einer völlig anderen Sorte, die wir-brauchen-das-Zimmer-wirklich-nicht-für-die-ganze-Nacht-Sorte. Rain war sich ziemlich sicher, dass die beiden minderjährig waren; zumindest das Mädchen, bei dem Jungen war sie sich nicht ganz sicher. Aber Gäste waren Gäste und Geld war Geld und sie checkte sie ein, wohl wissend, dass Louie es nicht wollen würde, dass sie es ihnen verweigerte.

 

Als sie mit ihnen fertig war, war Rick bereits im Aufzug verschwunden. Aber das schreckte Rain nicht ab. Wenn sie einmal ein Ziel vor Augen hatte, verlor sie es nicht wieder so leicht. Sie griff unter den Tisch und holte das Schild hervor, das Louie immer benutzte, wenn er sich mal wieder einen Drink holen musste, und hängte es an die Eingangstüre. Auf dem Schild stand "Bin in fünf Minuten zurück", und obwohl sie lediglich die leere Rückseite des Pappkartonschildes sah, wusste sie, dass man es draußen auf der Straße durch das Glas gut lesen konnte. Dann schloss sie die Vordertür ab und nahm den Aufzug nach oben.

Im dritten Stock war es fast völlig still, ausgenommen von dem gedämpften Gebrabbel des Fernsehers am anderen Ende des Gangs zur Linken. Rain ignorierte es und wandte sich zu dem Gang zu ihrer Rechten, und las während sie ging die Zimmernummern an den Türen, bis sie sich vor #304 vorfand. Sie sammelte allen Mut zusammen und klopfte dreimal, so offiziell wie möglich.  Sie erhielt keine Antwort, aber als sie ihr Ohr an die Tür legte, konnte sie das Geräusch von laufendem Wasser hören. Also klopfte sie noch einmal.

Nach einem Moment hörte sie eine leise, unbestritten weibliche Stimme durch die Türe. "Ja?"

"Hier ist Rain", rief sie. "Vom Empfang unten." Stille, lange Stille. Dann. "Was wollen Sie?" Ihr Geld, dachte Rain.

"Ich möchte nur kurz mit Ihnen reden."

Wieder keine Antwort, allerdings hörte Rain jetzt Schritte, die leiser wurden, als sie sich von der Tür wegbewegten. Rain blieb stehen und wartete, und dann hörte das laufende Wasser auf. Sie merkte, dass sie schon länger als fünf Minuten hier oben war, bevor die Tür überhaupt geöffnet wurde.

Rick machte ihr auf. Er hatte ein Handtuch um seine Hüften gebunden und aus seinen Haaren tropfte das Wasser von der Dusche. "Was ist los?" fragte er, aber Rain konnte nicht sofort antworten, denn sie starrte wie benommen auf seine nackte Brust, auf der das Wasser in kleinen Bächen herunter rann. Er war schlank und braungebrannt, jeder Muskel ohne ein Gramm Fett.

"Was ist los?" wiederholte Rick und Rain leckte sich unbewusst mit der Zunge über die Lippen, als sie nach den Worten suchte, die aus ihrem benebelten Hirn gewichen waren.

"Sie... Sie suchen nach einer Unterkunft?" Sie hörte, wie ihre Stimme eine Oktave höher wurde, wie die irgendeines dummen Schulkindes, und sie riss sich zusammen. "In der Zeitung. Die Weekly. Ich meine, ich hatte den Eindruck, dass sie nach einer Wohnung suchen."

"Und?"

Über Ricks Schulter hinweg konnte Rain die Frau neben dem Bett stehen sehen, und da sie ihm nicht in die Augen sehen konnte, hielt sie ihren Blick stattdessen auf sie gerichtet. "Ich hätte vielleicht... ich hätte vielleicht etwas für Sie. Sie könnten es mieten. Vorausgesetzt es ist nur vorübergehend. Und Barzahlung."

"Wo?"

"Es ist die Wohnung eines Freundes. Ganz nett. Wirklich nett. Möbliert und alles." Irgendwie war alles ein wenig holprig und Rain wünschte sich auf einmal, dass sie nie hier hoch gekommen wäre.

"Warum sagen Sie mir das?" Seine Worte klangen schroff, aber Rain sah nichts als pure Neugier in Ricks Gesicht, und das gab ihr Mut.

"Weil", gab sie zu, "ich das Geld brauche." Und nach einem Moment fügte sie mutig hinzu, "Und weil Sie nicht von der Sorte zu sein scheinen, die gerne eine Menge Fragen beantwortet. Und ich bin nicht die Sorte Mädchen, die sie gerne stellt."

Er starrte sie für einen langen, nachdenklichen Augenblick an, und Rain war froh, dass sie ihm die Wahrheit gesagt hatte. Irgendwie nahm sie an, dass er es merken würde, wenn sie log.

"Wir denken darüber nach", sagte er letztendlich, und sie fühlte das Blut wieder in ihren Adern pulsieren. "Danke."

"Gern geschehen", erwiderte sie. "Ich habe bis Mitternacht Schicht. Und dann bin ich wieder morgen Nachmittag hier."

Rick nickte und schloss die Tür. Rain wusste nicht, ob sie jetzt über die bevorstehenden Möglichkeiten aufgeregt sein sollte oder froh darüber, dass die Unterhaltung vorbei war. Unentschlossen ging sie wieder zurück nach unten.

Einige Stunden und ein paar Anne Rice Kapitel später bekam Rain ihre Antwort. Das 'Ding' der Klingel kündigte die Ankunft des Aufzugs an, dann trat Rick heraus. Er wartete, bis er direkt vor ihr am Empfang stand, bevor er sprach.

"Sie haben einen Deal", sagte er ihr, "vorausgesetzt, die Wohnung ist okay und der Preis stimmt. Und solange Sie wirklich meinen, was sie über 'keine Fragen' sagten."

"Ich meine es", antwortet Rain, obwohl ihr in diesem Moment hunderte Fragen einfielen, von denen sie zuvor nicht gedacht hatte, sie zu stellen.  "Versprochen."

"Rain?"

Er sagte ihren Namen als eine Frage. Sie nickte und streckte ihre Hand aus. "Rain Meyer." Es war fast die Wahrheit; immerhin, war sie sich sicher, dass er ein Alias benutzte, deswegen musste er wirklich nicht erfahren, dass ihr echter Name Leah war.

"Schön, Sie kennenzulernen, Rain."

"Sie auch, Rick."

Rick nickte, aber sagte nichts weiter, sondern drehte sich nur wieder zurück zum Aufzug, dessen Türen noch offenstanden. "Morgen, dann", sagte er über seine Schulter.

"Morgen", echote Rain. Als die Türen des Aufzugs zuknallten und ihn aus ihrem Blickfeld nahmen, sah sie hoch zu der Uhr an der Wand.

Es war genau 23.58 Uhr.

 

"Also, das ist alles?" Tyrone rückte ein Stück auf der Treppe und kam dabei mit dem Fuß gefährlich nahe an die Gitarre heran. Blödes Ding. War immer im Weg. "Das ist die ganze Geschichte?"

"So ziemlich", sagte Rain. "Ich meine, es war Montagabend. Als ich gestern hereingekommen bin, waren sie nicht da. Ich habe bei ihnen im Zimmer angerufen, aber da war auch keiner. Sie sind ungefähr um fünf in der Lobby aufgetaucht, ich nehme an, sie sind sich ein Auto kaufen gegangen. Irgendeinen alten Volvo—ich habe ihm gesagt, er soll ihn einfach draußen auf der Straße parken. Er wollte sich die Wohnung schon ansehen, aber ich habe ihm gesagt, dass ich dich nicht erreichen könnte, also müssen wir das heute machen."

Tyrone nickte langsam, und überlegte. "Und wie bist du schließlich hierher gekommen?"

Sie zuckte mit den Schultern und nahm sich noch eine weitere Zigarette. Wenn sie so weitermachte, würde sie ihm eine neue Packung schulden. "Er hat um Rat gebeten. Und ich habe ihm einen gegeben. Cedric braucht die Scheine genauso wie wir. Außerdem macht der Laden mittwochs immer früh zu, also sind nicht viele Leute da und das passt ihnen ganz gut."

"Kleine, du hast ein Herz so groß wie ein Hotel. Ich weiß bloß nicht, ob das gut ist oder die Eintrittskarte zu einem Riesenhaufen Probleme."

"Ersteres", versicherte sie ihm und blickte wieder auf die Uhr. "Scheiße", stöhnte sie. "Ich komme *definitiv* zu spät zu meiner Schicht."

"Dann", schlug Tyrone vor, "könnten wir das ganze doch morgen machen. Dann kannst du sie auch da rein lassen."

Was sie betraf, war ihr morgen genauso recht wie jeder andere Tag auch. Er hatte allerdings immer noch seine Zweifel bei der ganzen Angelegenheit. Er hatte die Schlüssel machen lassen, weil er nicht ohne sie hier antanzen wollte. Kein Zorn auf der Welt war so schlimm, wie der einer wütenden Rain. Tyrone mochte sie; sie war eine gute Freundin, und sie wusste, wie man Party machte. Aber sie hatte die Tendenz zu handeln bevor sie nachdachte, und das machte ihn mehr als nur ein wenig nervös.

"Das läuft nicht", stöhnte Rain. "Nicht bei mir. Außerdem habe ich versprochen, dass...."

In dem Moment öffnete sich die Hintertür des Ladens und Cedric erschien mit einem zufriedenen Grinsen auf seinem Gesicht. "Fertig", verkündete er. "Seht euch mal an, was ich gemacht habe."

Rain stand auf und Tyrone stellte sich neben sie, um sich das mysteriöse Paar anzusehen. Er hatte einen leichten Nachteil, weil er das "Vorher" zu diesem "Nachher" nicht gesehen hatte, aber er war sich sicher, dass Cedric wieder mal seine Magie hat spielen lassen. Das war nicht sonderlich überraschend; Tyrone war der Meinung, dass Cedric fast ein Gott war.

Die Haare der Frau waren kurz, wirklich kurz, ein Igelschnitt mit ein paar Strähnen. Es sah so aus, als hätte Cedric es auch gefärbt; er hatte einen vollen, dunklen Ton—fast schwarz—das irgendwie zu ihrer glatten, blassen Haut passte. Er hielt nicht viel davon, sich Frauen anzusehen, aber diese hier war auf jeden Fall hübsch, trotz der Tatsache, dass ihre blauen Augen offensichtlich blind waren. Tyrone war insgeheim froh darüber, dass Rain es ihm vorher verraten hatte, sonst würde er bestimmt ziemlich überrascht sein, sie so ruhig hier stehen zu sehen—gemessen an den Umständen.

Der Mann, fand Tyrone, war mehr wert als nur einen schnellen Blick. Dank Cedrics geschickter Arbeit waren seine Haare hellblond mit Strähnen wie die eines Surfers, kurz geschnitten und kunstvoll gestylt mit nur ein wenig Gel. Es würde besser mit etwas mehr Bräune aussehen, das war sicher, und ein paar Stunden im Fitnessstudio wär auch etwas, was der Arzt hätte verschreiben können. Aber so dünn und mitgenommen er auch aussah, verdiente der Mann ein näheres Betrachten. Er war schlank, aber offensichtlich gut bemuskelt und seine volle Unterlippe war mehr als nur Grund genug, um das Geschäft perfekt zu machen.

"Seht euch das an", erklärte Tyrone mit einem unerwarteten Lächeln auf seinem Gesicht. "Winona Ryder und Brad Pitt. Hey", fügte er hinzu, als er das gesagt hatte, "sind die beiden nicht ein Paar?"

Cedric lachte, aber Rain war es peinlich. Sie warf ihm einen Blick zu, der ihn glatt zweiteilen könnte. "Nein, du Idiot. Winona ist mit Matt Damon zusammen. Brad hat dieses Mädel aus 'Friends'. Ist auch egal." Mit einem leicht frustrierten Kopfschütteln fügte sie hinzu, "Rick, Lisa, das ist mein Freund Tyrone. Hört nicht auf ihn, er ist gaga. Ihr zwei seht toll aus."

"Hey", protestierte Tyrone, "ich mache nur Spaß." Er schüttelte beiden die Hand und bemerkte dabei, dass Rick Lisa nicht aus den Augen ließ.

"Ich kann mich nicht erinnern, meine Haare jemals so kurz getragen zu haben." Lisa betastete neugierig ihre neue Frisur.

"Ja, und ich war noch *nie* blond", Rick zog eine Grimasse des Unbehagens. "Nicht einmal als Kind."

"Glaub mir", versicherte Rain ihm, "ihr zwei seht total chic aus." Sie legte ihren Kopf zur Seite und betrachtete die beiden. Lisa fummelte immer noch an ihren Haaren und Rain hatte plötzlich eine Idee. Sie kramte in ihrem Rucksack. "Lisa, ich glaube, ich habe hier etwas für dich."

Nach einem Moment eifrigem Suchen zog Rain eine kleine Haarspange aus ihrer Tasche. "Der letzte Schliff", sagte sie erfreut. "Halt still für eine Sekunde." Sie beugte sich zu ihr, strich Lisas Strähnen zur Seite und steckte sie mit der Spange fest, die aus vielen kleinen Rheinkieseln gemacht war. "Jetzt sieht's klasse aus!" strahlte sie.

Lisa betastete die Spange und lächelte schwach. "Danke, Rain."

"Wenn die Musik-Kiste nicht hinhaut, gibt dir Cedric vielleicht einen Job", grinste Tyrone. Er wandte sich zu Cedric und fügte hinzu, "Super gemacht, Alter!"

"Was soll ich sagen?" Cedric hob schulterzuckend beide Handflächen. "Ich bin eben ein Genie, wenn es um Frisuren geht."

"Ja, klar, du Genie", murmelte Tyrone, aber er zwinkerte seinem Lover dabei zu.

Alle standen in betretener Stille, die durch Rain gebrochen wurde, als sie Cedric eine Umarmung von Herzen gab und ihm dafür dankte, dass er wegen ihr Überstunden machte. Rick und Lisa stimmten in das Dankeschön mit ein und dann war es Zeit zu gehen. Tyrone holte die beiden Schlüsselbunde heraus und gab einen davon Rain. Er versuchte, seine Nervosität herunterzuspielen, und dachte daran, wie gut das Geld seiner beginnenden Schauspielkarriere tun würde. Doch trotzdem hatte er immer noch einen allerletzten Anflug von Zweifel.

Hab ein wenig Vertrauen, sagte er zu sich selbst und verbannte das Bild der Stereoanlagendiebe aus seinem Kopf.

Rain hielt die Schlüssel in einer Hand hoch und grinste breit. "Die Schlüssel zu eurer neuen Hütte", verkündete sie stolz. "Und ab geht's mit Rock 'n Roll."

Jetzt, dachte Tyrone, gibt es kein Zurück mehr.

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