World of X

Das älteste Archiv für deutsche Akte-X Fanfiction

Richtung Nirgendwo - Über den Gleisen

von Nicole Perry

Kapitel 3

ÜBER DEN GLEISEN (3/10) von Nicole Perry nvrgim@aol.com 6/5/96
 

Das erste, das Scully wahrnahm, als sie aus dem Zug stiegen, war die Stille. Sie hatte nicht bemerkt, wie allgegenwärtig das Rollen des Zuges war, bis es nicht mehr da war. Das zweite war die Eiseskälte. Die Luft war trocken und klar, aber die Kälte war bissiger, als sie erwartet hatte. Sie fror trotz des Pullovers, den sie anhatte, und rieb sich die Arme.
 

"Rick", sagte sie zu ihm. "Es ist eiskalt! Bist du sicher, dass wir in Texas sind?"
 

Er hielt an und sie hielt neben ihm. Er lachte. "Ja, wir sind ganz sicher in Texas. Aber wir haben immerhin Anfang November. Es soll hier sogar mal schneien."
 

November... ihr wurde plötzlich klar, wie viel Zeit vergangen war, seit sie Washington verlassen hatten. Es waren fast zwei Monate. Sie hörte ein Rascheln und wurde neugierig. In nächsten Moment drückte ihr Mulder etwas in die Hand.
 

"Hier", sagte er. "Zieh meine Windjacke an. Das wird helfen."
 

"Nein, ist schon okay", widersprach sie und schob seine Hände weg. Aber er bestand darauf. Sie fügte sich, zog die Jacke über ihren Kopf und krempelte die Ärmel der viel zu großen Jacke hoch. Obwohl sie es nicht zugeben wollte, hielt die Jacke tatsächlich den Wind ab.
 

"Danke", bedankte sie sich letztendlich.
 

"Keine Ursache."
 

Still gingen sie nebeneinander her, Mulder teilt ihr nur ab und zu den Weg mit. Als sie an einer Ecke angekommen waren, machten sie Halt und Mulder winkte ein Taxi heran.
 

Als sie eingestiegen waren, fasste sie die Frage in ihrem Kopf in Worte. "Was hast du vor?"
 

"Wir fahren zu diesem Einkaufscenter und schauen uns nach einem Telefon um. Dann rufen wir an und gehen einkaufen. Wir haben fast zwei Stunden, das sollte reichen."
 

Scully grinste, sie wusste, dass er hinsah. "Du warst noch nie mit mir einkaufen."
 

Sie hörte ihn leise lachen und fühlte, wie er ihre Hand nahm. Sie lehnte sich an seine Schulter und genoss das Gefühl, für eine Weile aus dem Zug zu sein.
 

Wie Elliot versprochen hatte, war es nur eine kurze Fahrt bis zum Shopping Center. Mulder half Scully aus dem Wagen und bezahlte, während er sich bereits nach einem Telefon umsah. Er entdeckte eines nahe dem Eingang, das trotz der ein- und ausströmenden Menschenmasse isoliert genug schien. Er führte Scully vorsichtig zwischen all den Leuten hin.
 

Angekommen, hob er den Hörer ab und wählte rasch die Nummer, die er schon seit Langem auswendig kannte. Nach dem zweiten Klingeln kam Antwort und er sprach schnell die Nummer in den Hörer. "Sieben eins drei, fünf fünf fünf, acht neun fünf drei." Er legte auf und warf einen Blick zu Scully, als sie warteten, und war erfreut darüber, das sie relativ entspannt schien.
 

Ein paar Sekunden später klingelte das Telefon und Mulder verschwendete keine Zeit. "Hallo?"
 

Byers' Stimme drang an sein Ohr. "Ihr habt euch aber Zeit gelassen. Wir haben uns schon Sorgen gemacht."
 

"Tja, wir haben es hier nicht besonders leicht. Und ihr?"
 

"Es gibt eine Menge Neues zu berichten", seufzte Byers. "Wir haben allerdings nicht viel über das Teil herausgefunden, wonach du uns gefragt hast. Überall Sackgassen."
 

Mulder biss die Zähne zusammen. "Gar nichts?"
 

Langly dieses Mal. "Nichts, war ihr nicht schon wisst. Es ist wirklich irgendein Mikroprozessor, und es ist auf jeden Fall dazu in der Lage, Informationen aus dem Implantat zu lesen, das in ihrem Nacken war. Aber weiter wissen wir auch nichts."
 

Frohike klinkte sich ein. "Wir wissen auch nicht, wozu es gut sein soll. Warum jemand eine Verbindung von all diesen Implantaten in einem System bräuchte. Es macht einfach keinen Sinn."
 

Mulder fuhr sich gedankenverloren durch das Haar. "Uns läuft die Zeit davon, was die Nachforschungen und den Anruf betrifft."
 

"Da hast du beide Male Recht", stimmte Byers zu. "Was braucht ihr?"
 

"Drei Dinge. Guckt nach, was über ein Medikament namens Droperidol herauszufinden ist. Wer es herstellt und in welchen Kombinationen. Es hat vielleicht etwas mit der Formel zu tun, die sie in dem Labor gesehen hat." Mulder sah, wie sich Scullys Gesichtsausdruck bei seinen Worten verdunkelte und er griff nach ihrer Hand.
 

"Okay", sagte Byers. "Weiter?"
 

"Zwei neue Ausweise, auf den Namen Steward dieses Mal. Und noch mehr Geld. Wir haben nur noch ein paar hundert."
 

"Wo willst du es hin haben?" fragte Langly.
 

Mulder sah in dem Zeitplan des Zuges nach, den er in die Hosentasche gesteckt hatte. "In etwa vierundzwanzig Stunden sind wir in El Paso. Ist das lang genug?"
 

"Kein Problem", bestätigte Byers. "Es wird da sein. Was noch?"
 

Mulder zögerte und suchte nach Worten. "Findet heraus, wer Robert Bard ist."
 

"Nicht gerade seltener Name", sagte Langly. "Kannst du uns mehr sagen?"
 

"Noch nicht." Mulder warf Scully einen Blick zu. Er wusste genau, das sie jedes Wort hörte, das er sagte. Er hoffte, dass sie die Schützen nicht hören konnte. "Der Mann, den ich suche, könnte eine extrem große Hilfe sein."
 

Frohike fiel ein. "Das hat etwas mit ihr zu tun, stimmt's? Ist das irgendein Arzt?"
 

"Der Mann verdient eine Medaille." Mulder verzog den Mund zu einem kleinen Lächeln.
 

"Alles klar, wird gemacht", versprach Byers.
 

"Fast fünf Minuten. Wir sollten lieber auflegen", warnte Frohike. Nach einer Pause, "Grüß sie von mir, ja?"
 

"Klare Sache. Bis dann."
 

Damit hängte Mulder auf. Er nahm Scully beim Arm und führte sie in das Einkaufscenter.
 

Das Gebäude war hohl. Das war das einzige Wort, mit dem Scully das Echo in dem Einkaufszentrum beschreiben konnte. Das Geräusch hunderter Füße auf dem glatten Boden hallte in ihren Ohren. Sie hörte den Lärm von irgendwelchen Maschinen und konnte die unterschiedlichsten Gerüche von Fast Food-Restaurants wahrnehmen. Der blecherne Klang von Muzak lag in der Luft, schwach genug, um fast in dem Getöse aller möglicher Unterhaltungen unterzugehen. Aber jetzt, wo sie sich auf allem möglichen Geräusche eingestellt hatte, konnte sie den größten Teil der Flötenmusik in der Melodie hören.
 

"Rick", fragte sie, "gehe ich recht in der Annahme, dass das Einkaufscenter hier ein Alptraum ist?"
 

"Das ist ein ganz normales vorstädtisches Einkaufszentrum", kam seine Antwort. "Ich hoffe, du hast nicht den Rodeo Drive erwartet."
 

"Nein", antwortete sie. "Mir reicht es, wenn ich hier irgendwo ein paar frische Klamotten finde."
 

Sie folgte ihm in einen Laden, in dem laute, moderne Musik spielte, aber trotzdem schien es nicht ganz so hektisch zu sein wie in dem Zentrum selbst. "Wo sind wir hier?"
 

"Ähm, im Gap", sagte er. "Sieht ganz gut aus. Ich glaube, wir kriegen hier eine brauchbare Tasche. Irgendwo müssen wir die Klamotten ja rein tun."
 

Scully nickte auf diese Logik hin und folgte ihm, als er die Regale abging. Dann hielt er an und sie tat es ihm nach.
 

"Ich suche dir gerade etwas Warmes", sagte er. "Zieh das hier mal an wegen der Größe."
 

Mulder half ihr, die Windjacke auszuziehen und die neue Jacke anzuziehen, die sich anfühlte, als ob sie aus irgendwelchen schweren Segeltüchern gemacht worden war. Sie saß allerdings viel besser als die Windjacke und sie lächelte. "Fühlt sich gut an.. wie sieht es aus? Was hat sie für eine Farbe?"
 

"Marineblau", antwortete er. "Es sieht auch gut aus. Ist glatt gekauft."
 

Die Entscheidung war gemacht und Scully folgte Mulder, als er weiter durch die Gänge ging. Er wählte noch zwei Rollkragenpullover für sie aus. Einer war weiß, der andere grau, sagte er ihr. "Das Übliche", sagte er und grinste. Dann ein noch ein Baumwollhemd, das er als "marineblau mit etwas grün und weiß" beschrieb. Sie zuckte die Schultern und fand sich mit seiner Wahl ab.
 

"Rick", erinnerte sie ihn," ein paar Hosen wären auch nicht schlecht."
 

Mit einem Arm über ihre Schulter führte er sie in eine andere Abteilung des Geschäftes. Scully hörte das Klappern der Bügel, als Mulder in den Hosen kramte. "Welche Größe?" fragte er.
 

"Ähhmm, vier, glaube ich", antwortete sie. Einen Moment später seufzte er zufrieden.
 

"Khakis, Größe vier. Willst du sie anprobieren?"
 

Sie nickte und ließ sich von ihm zu den Umkleidekabinen führen, wo sie sich in der Reihe der Wartenden anstellten.
 

Die für die Umkleiden verantwortliche Verkäuferin winkte sie heran. "Nehmen Sie die Kabine am Ende dort", sagte sie und warf ihr langes braunes Haar über ihre Schulter.
 

"Danke", sagte Mulder und ging mit Scully zu der besagten Kabine. "Hier ist es", sagte er zu ihr. "Ich warte hier draußen."
 

Sie nickte und verschwand mit den Khakis und dem weißen Rollkragenpulli in dem kleinen Raum. Mulder lehnte sich an die Wand und wartete. Er wäre zu gerne zusammen mit ihr in der Kabine. Er schloss die Augen und erlaubte sich einen kurzen Moment lang, seinen Phantasien nachzugehen. Ihre Stimme brachte ihn wieder zurück in die Wirklichkeit.
 

"Rick?"
 

Mulder konnte versteckte Besorgnis in ihrer Stimme hören. "Lisa? Alles okay?"
 

"Ja", kam die Antwort. "Aber... kannst du mal reinkommen?"
 

Mulder drehte das Drehschloss der Kabine und trat ein. Scully hatte den weißen Pullover an, der ihr wie angegossen passte. Die Hose war allerdings eine andere Sache. Sie hingen lose an ihren Hüften. Sie hatte die Daumen in die Gürtellaschen gesteckt und hielt sie bestürzt von sich.
 

"Ich glaube, ich habe abgenommen", klagte sie und verzog den Mund zu einem Schmollen. "Haben die auch Größe zwei?"
 

Mulder grinste. Er konnte nicht anders. Sie sah einfach hinreißend aus, wie sie so da stand. Er konnte nicht widerstehen, schloss die Tür hinter sich und trat an sie heran. Er steckte ebenfalls zwei Finger in ihren Hosenbund, zog sie an sich heran und überraschte sie, als er sich herunter beugte, um einen Kuss zu erhaschen.
 

"Ich weiß nicht, so schlecht sind die doch gar nicht", nuschelte er, als er sie losließ und mit gewissem Stolz die roten Wangen bemerkte, die sie bekommen hatte.
 

"Rick, hol' die andere Größe", verlangte sie und versuchte, ernst dabei zu klingen.
 

"Ich geh' ja schon, ich geh' ja schon...", sing-sangte Mulder und küsste sie noch einmal auf die Stirn, bevor er hinaushuschte.
 

Witzig, dachte Scully, sie waren zum ersten Mal in all der Zeit, die sie schon auf der Flucht waren, richtig zusammen einkaufen. Sie fand es fair von Mulder, dass er sie nicht zurückgelassen hatte, wie er es schon so oft getan hatte und sie fand es gut, dass sie sich bis jetzt so an ihr Handicap gewöhnt hatte, dass sie ihm nicht ein völliges Hindernis war. Mit den neuen Sachen am Leibe folgte sie ihm nun, als er etwas für sich selbst besorgte.
 

Scully lehnte an dem Stapel Kleidungsstücke und hörte Mulder zu, wie er in einer Auswahl von, nahm sie an, Jeans wühlte. Sie fingerte an den Kleidern hinter sich und summte ihre Bewunderung, als sie den weichen Stoff fühlte. "Rick? Was ist das hier? Sweatshirts?"
 

"Ja", antwortete er. "Jede Menge davon."
 

Sie fuhr wieder über die Stoffe und fand ein ganz besonders weichen. "Welche Farbe hat dieser hier?"
 

"Braun", sagte er. "Dunkel, fast wie Schokolade."
 

"Hmmm", murmelte sie und ließ ihn liegen. Sie kramte weiter und fand einen weiteren. "Und dieser hier?"
 

"Grün. Ein dunkles Grün."
 

Sie biss sich auf die Unterlippe, als sie überlegte und zog den Pullover dann vorsichtig vom Stapel. "Ich mag es, wie der hier sich anhört. Ich glaube, den musst du haben."
 

"Oh, ja, das muss ich, stimmt's?" Scully hörte den neckenden Unterton in seiner Stimme und grinste.
 

"Ja... ich bin mir sogar sicher."
 

"Okay, dann...", sagte er, "ich würde nicht im Traum daran denken, dir zu widersprechen."
 

Am Ende standen sie in der Schlange an der Kasse, jeder in den neuen Sachen, die sie gerade im Begriff waren zu kaufen. Mulder hatte alle Preisschilder in der Hand und ein paar weitere Sachen in der anderen. Sie kamen an die Reihe und er legte alles auf den Kassierertisch. "Wir nehmen das hier alles, und die hier sind von den Sachen, die wir schon an haben." Der Junge an der Kasse kontrollierte die Zettel, und Mulder zeigte auf eine große Tasche, die hinter der Kasse an der Wand aufgehängt war. "Und die dort auch."
 

Als der Junge damit beschäftigt war, die Tasche von der Wand zu holen, zählte Mulder das Geld, das noch in seiner Brieftasche übrig war. Es waren kaum fünfhundert. Hoffentlich war es genug.
 

"Das macht dann 373.45 Dollar", nuschelte der Verkäufer und Mulder fiel ein Stein vom Herzen. Er gab dem Jungen die zerknitterten Scheine und als er auf das Wechselgeld wartete, merkte er, wie Scully ihn am Arm stupste.
 

"Haben wir noch Geld?" flüsterte sie.
 

"Ja", sagte er. "Warum?"
 

Sie senkte ihre Stimme noch mehr. "Wir brauchen noch... Unterwäsche..."
 

Mulder grinste. "Stimmt. Das Kaufhaus, Mrs. Steward?"
 

Scully lächelte zurück. "Ja... und dann, vielleicht Mittagessen?"
 

"Wir haben doch gerade erst gefrühstückt!"
 

"Na und?"
 

Der Mann ging langsam und bemessen zu seinem von der Regierung gestellten Sedan. Es war schon lange, viel zu lange her, fiel ihm auf, dass er irgendwelche Neuigkeiten von Christophe gehört hatte, und er wurde langsam ein wenig nervös. Es war ein ungewohntes Gefühl für ihn und er versuchte, die Panik zu verdrängen, die an ihm nagte, und die leicht in blanke Angst umschlagen könnte.
 

Es hätte nie so passieren sollen. Dana Scullys Entführung war damals eine wahrhaft goldene Gelegenheit gewesen. Eine Gelegenheit, Fox Mulder von seiner Arbeit an den X-Akten abzubringen. Seine Ermittlungen drohten, Geheimnisse aufzudecken, die besser geheim bleiben sollten. Und sie war ein Versuchsobjekt für Tests gewesen, jemand, der ihnen ermöglichen konnte, Ergebnisse auf einer Ebene zu erreichen, von deren Existenz er nicht einmal zu träumen gewagt hatte.
 

Doch alles war schief gelaufen. Mulders verzweifelte Suche nach seiner Partnerin war nur ein Teil davon gewesen. Wenn es notwendig gewesen wäre, hätten sie ihn umbringen lassen, um ihn aus dem Weg zu schaffen, ungeachtet der Angst der Mitglieder im Konsortium, dass sein Tod ihn zum Märtyrer machen könnte. Das wäre kein hoher Preis gewesen.
 

Das eigentliche Problem war, dass das ganze Vorhaben gescheitert war.
 

Nach all den Vorbereitungen an Scully, an ihrem Körper und ihrem Gehirn, um sie ihre Befehle ausführen zu lassen, hatte der Test nicht geklappt. Trotz aller Nachforschungen, trotz all den anderen Versuchsobjekten, deren Leben der Wissenschaft vermacht worden war. Trotz der Tatsache, dass das Implantat und die damit verbundenen Programme als hundertprozentig sicher galten.
 

Also hatten sie sie wieder in das Leben gelassen, das sie ihr beinahe gestohlen hatten. Sie hatten sie Mulder und den X-Akten zurückgegeben.
 

Der Mann verzog seinen Mund zu einem hämischen Grinsen, als er daran dachte, was er heute erfahren hatte, als die Information des Konsortiums endlich zu ihm durchgedrungen war.
 

Das Experiment, von dem angenommen wurde, dass es gescheitert war, könnte unter Umständen doch geglückt sein.
 

Der Mann öffnete die Tür zu seinem Wagen, glitt hinter das Steuer und drehte den Zündschlüssel. Er rollte das Fenster herunter, als er seine Zigarette heraus warf und sich gleichzeitig eine neue aus der Innentasche seiner Jacke holte. Er fuhr rückwärts aus der Parklücke und hielt nur an, um sie sich anzuzünden. Er hob eine Augenbraue, als ihm die Ironie dieser Situation klar wurde.
 

Dana Scully hatte auf der Suche nach denen, die für ihre Entführung verantwortlich waren, ihre Karriere, ihr Augenlicht und beinahe auch ihr Leben geopfert.
 

Ohne zu wissen, dass genau diese Verantwortlichen sie jetzt unbedingt wieder zurück haben wollten.
 

Um zu beenden, was sie begonnen hatten.
 

Der Mann blies eine Rauchwolke aus dem Fenster und fuhr über den Parkplatz auf dem Weg zu seiner trostlosen Wohnung.
 

Der Vorfall im Labor hatte seine Schatten geworfen, und die Verantwortlichen für diesen unerwünschten Zwischenfall hatten bereits bezahlt. Sie hatten die Falle überlegt aufgestellt, und sie hatte zum größten Teil auch ihren erwünschten Erfolg gezeigt. Der Köder war gut genug gewesen, um Scully in das Labor zu locken und ihre Notlage war so groß gewesen, dass Mulder ihr sicher folgen würde. Mulder sollte eigentlich durch die Explosion umkommen, um ihn ein für alle Mal aus dem Weg zu räumen.
 

So dass sie seine Partnerin für sich alleine hatten.
 

Und doch war beiden die Flucht gelungen.
 

Egal, dachte der Mann. Es wird alles wieder in Ordnung gebracht. Und zwar bald.
 

"Rick, wie spät ist es?" Scully hob ihren Kopf und hielt seinen Arm fest.
 

Mulder hob die Hand, um den Ärmel für einen Blick auf die Uhr zurückfallen zu lassen, doch das Gewicht der Tasche erschwerte es ihm. "Zehn nach zwölf", sagte er. "Wir brauchen ein Taxi, wir müssen zurück zum Bahnhof."
 

Sie nickte ihr Zustimmung und strich sich eine Strähne hinters Ohr. "Perfektes Timing."
 

"Hm, wir sind ja immerhin noch nicht da." Mulder hielt an einer Kreuzung an und sah sich nach einem Taxi um. Ohne Erfolg. "Ich sehe überhaupt keine Taxen. Am besten rufen wir an." Es überraschte ihn, dass in dieser relativ bevölkerten Innenstadt von Houston kein einziges Taxi zu finden war. Aber andererseits war es gerade Mittagszeit, was die Sache erklären könnte.
 

Scully sagte nichts, sondern wartete auf seine Entscheidung.
 

"Lass uns noch einen Block weiter gehen", schlug er vor. "Wenn wir dann keines sehen, rufen wir uns ein Taxi."
 

"Okay", stimmte sie zu und passte sich seinem Schritt an, als die Ampel grün wurde.
 

Sie gingen über die Straße und Mulder behielt alle Fußgänger, die an ihnen vorbeigingen, genau im Auge. Es war eine breite Mischung von Leuten, Geschäftsleute in Anzügen gab es genauso viele wie locker gekleidete Touristen. Mulder bemerkte einen Mann, der in gewissem Abstand etwas auf der linken Seite hinter ihnen her ging und runzelte die Stirn. Irgendwie kannte er diesen Mann...
 

Mulders fotografisches Gedächtnis ließ die Ereignisse des Vormittags in dem Kaufhaus wieder aufkommen und er erkannte, dass er diesen Mann schon einmal in dem Einkaufszentrum gesehen hatte. Gleich neben dem Kaufhaus, in dem sie als letztes gewesen waren.
 

Mulder sah sich unauffällig noch einmal um und blickte den Mann noch einmal an. Er hatte Jeans an und einen schwarzen Mantel. Er sah nicht anders aus als alle anderen Fußgänger, an denen sie vorbeiliefen, aber es gab etwas an ihm, was Mulders Pulsschlag schneller werden ließ.
 

"Komm, Lisa", sagte er leise und legte seinen Arm um sie, um sie nahe an sich zu halten, als er seine Schritte beschleunigte.
 

"Rick?" Scullys Stimme hob sich mit der Frage. "Was ist los?"
 

"Gar nichts", antwortete er. Er wollte ihr seinen Verdacht nicht mitteilen. "Ich möchte nur nicht, dass wir den Zug verpassen."
 

Er sah ihr an, dass sie ihm nicht glaubte, aber sie beschleunigte ihre Schritte ebenfalls, als sie die Straße weiter entlang gingen.
 

Mulder blickte sich noch einmal um und sah, dass der Mann ebenfalls schneller geworden war und alarmierend schnell aufholte. Mulder konnte seine Waffe an der Hüfte spüren, was ihn ein wenig beruhigte. Er rechnete sich aus, wie schnell er seine Waffe ziehen könnte, wenn es sein musste und wog seine Möglichkeiten gegeneinander ab, wenn der Mann sich als Gefahr herausstellen sollte.
 

Sie kamen an die nächste Kreuzung und die Ampel schlug gerade von grün nach gelb um. Es waren immer noch keine Taxis zu sehen und Mulder traf eine schnelle Entscheidung. "Lisa... wir müssen laufen, um die Ampel noch zu kriegen. Schaffst du das?"
 

Sie nickte und presste die Lippen zu einer dünnen Linie zusammen, als sie seinen Arm fester griff. Mulder fing an, mit ihr an der Seite über die Straße zu laufen. Sie stolperte zuerst ein wenig, doch dann fand sie seinen Rhythmus. Die große Tasche knallte ihm bei jedem Schritt in die Seite, aber er nahm es kaum wahr. Seine Konzentration war ganz darauf gerichtet, ihr zu helfen, das Gleichgewicht zu behalten, während er ihren Verfolger nicht aus den Augen ließ.
 

Sie erreichten die andere Straßenseite und die Ampel wurde rot. Mulder half Scully auf den Bordstein und sah sich um. Mit Schrecken musste er feststellen, dass der Mann bei Rot genau in den Verkehr lief. Einige Autos hupten verärgert. Seine schlimmste Ahnung bestätigt, warf Mulder den Träger der Tasche über die Schulter, um eine freie Hand zu haben, um die Waffe zu ziehen. Er fühlte in seiner Hosentasche nach, ob die Diskette auch sicher darin verstaut war und schickte ein Stoßgebet zum Himmel...
 

Rezensionen