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Baltimore 1981

von Ines

Kapitel 4

Teil IV


2 Monate später

21. Juli 1981, Baltimore / Maryland





„Okay, Syl. Bitte versprich mir, dass Du nicht lachen wirst.“



„Ich werde nicht lachen.“



„Na gut.“



Dana schritt in das Zimmer ihrer Freundin, lächelte ein weiteres Mal über die pinkfarbenen Gardinen und Decken des Bettes und setzte sich dann in Syls Schreibtischstuhl. Zum sicherlich hundertsten Male inspizierte sie die vielen Bilder, die auf Syls Schreibtisch standen. Bilder von ihrer Klasse und ihrem Freund, Steve. Ein Foto, auf dem sie und Dana sich lachend umarmten. Dana belächelte das Bild und stellte es zurück auf die Ablage.



„Also?“, fragte Syl neugierig. Sie lag auf ihrem Bett, die Beine von sich gestreckt und die Arme hinter ihrem Kopf überkreuzt. „Spann mich bitte nicht auf die Folter und sag mir endlich, was so unglaublich wichtig ist, dass Dich um...“, sie schaute auf den Wecker neben ihrem Bett, „...23.30 Uhr hier aufkreuzen lässt.“



Syl schaute ihre Freundin auffordernd an und beobachtete, wie Dana auf dem Stuhl herumrutschte. Sie fühlte sich sehr unwohl und Syl begann die Stirn zu runzeln. „Okay, jetzt machst Du mir Angst, Dana.“



Dana lächelte ein wenig. „Es ist nichts Schlimmes, Sylvie. Es ist...“, Dana schwieg einen kurzen Moment und entschloss still, ganz von vorne anzufangen, „Ich war vorhin dabei ins Tagebuch zu schreiben.“



Syl nickte.



„Und es ist seltsam, weißt Du, ich habe seit unendlich langer Zeit kein Tagebuch mehr geführt, erst in den letzten Wochen habe ich es mir wieder angewöhnt. Weil es etwas gibt, dass ich, wie ich finde, festhalten sollte...“



Jetzt richtete Syl sich doch auf und kreuzte die Beine in ihrem Schoß. Mit einer Bewegung ihrer Hand deutete sie Dana an, weiter zu erzählen.



„Ich denke...“, Dana seufzte ein letztes Mal, „ich denke, dass ich verliebt bin.“



Syl zeigte absolut keine Reaktion und Dana bemühte sich, schnell weiterzureden. „Und die Sache ist, dass ich mich nicht in irgendeinen Typen verliebt habe, Syl. Wenn irgendjemand mitbekommt, *wer* es ist, könnte ich ernsthafte Probleme bekommen.“



Jetzt nickte Syl langsam, dann begann sie breit zu grinsen. „Du hättest mir das gar nicht erzählen müssen, Dana. Ich weiß, dass es Mulder ist.“



Dana sah beinahe geschockt aus. „Was? Woher?“

Syl schüttelte den Kopf. „Dana sieh Dich an. Sobald Du auch nur in seiner Nähe bist, bist Du wie ausgewechselt. Du blühst richtig auf und ich wäre dumm, wenn ich das – als Deine beste Freundin – nicht bemerkt hätte.“



„Bin ich so leicht zu durchschauen?“, fragte Dana leise.



„Ich weiß nicht, wie es bei anderen Menschen ist, Dana. Aber *ich* kann es sehen. Die Art wie ihr miteinander umgeht, miteinander sprecht. Das hat irgendwas Magisches.“



Dana lächelte ein wenig verlegen. „Das klingt vielleicht seltsam, aber ich sehe das genauso. Sobald ich ihn in meiner Nähe weiß, bin ich fröhlich und plötzlich aufgeheitert. Seit wir uns näher kennengelernt haben, sind 3 Monate vergangen und es kommt mir vor, als kennen wir uns schon eine halbe Ewigkeit. Er bringt mich immer wieder zum Lachen und gibt mir das Gefühl...*einzigartig* zu sein. Und das verwirrt mich. Ich frage mich, ob er das mit allen Frauen so macht oder ob er das nur mit mir tut? Melissa scheint auch begeistert von ihm, aber ich denke, dass sie ihn mittlerweile nicht mehr so sehr schätzt, wie sie es eigentlich sollte.“



Syl unterbrach die Schwärmerei ihrer Freundin, „Ich denke nicht, dass Du Dir darüber ein Urteil bilden solltest. Möglicherweise erleben die beiden gerade einfach ein Tief in ihrer Beziehung und Du interpretierst da zu viel hinein. Bitte steigere Dich da nicht rein, vielleicht ist morgen schon wieder alles in Ordnung zwischen den beiden.“



Dana erhob sich aus dem Schreibtischstuhl, setzte sich neben ihre Freundin auf das Bett und ließ sich in die Kissen fallen. „Ich weiß, Syl. Und Du glaubst nicht, wie oft ich einfach nur in meinem Bett liege und mir sage, dass es schwachsinnig und dumm ist, *so* etwas zu empfinden. Er ist der Freund meiner Schwester und doch will ich...“



„Was? Was willst Du?“



Verträumt schloss Dana ihre Augen. Ein beinahe trauriges Lächeln legte sich auf ihre Züge. „Wenn ich ihn sehe wünsche ich mir, er würde mich so in die Arme nehmen, wie er Melissa in seine Arme schließt. Wenn ich irgendwo neben ihm stehe, habe ich verrückte Vorstellungen davon, wie er sich plötzlich zu mir dreht und mich küsst. Und ich sehe uns, wie wir einfach nur in der Eisdiele sitzen und herumalbern. Die Leute um uns drehen sich herum, lächeln und denken daran, dass sie auch einmal so jung waren.“



Syl legte sich neben ihre Freundin und musterte sie nachdenklich. „Das hört sich alles schön an.“, ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, „und ohne gemein wirken zu wollen, Dana, ich denke, das sollten besser Vorstellungen oder *Fantasien* bleiben. Selbst wenn Fox mit Melissa Schluss machen würde...Du wirst es nicht ändern können, dass die beiden einmal zusammen waren. Es wäre nicht verwunderlich, wenn Mel kein Wort mit Dir reden will und ich denke auch nicht, dass Deine Familie von der Sache so begeistert wäre.“



Dana seufzte und ihre Augen öffneten sich langsam. „Ich bin realistisch, ich weiß das. Aber ich denke nicht, dass ich mir das ganze ausreden kann.“



Sie kuschelte sich ein wenig dichter an ihre Freundin und legte ihren Kopf auf Syls Schulter.



„Was immer vorfällt, Dana. Wenn Du jemanden zum Reden brauchst: Ich bin hier, Liebes.“



„Ja, ich weiß.“, Dana lächelte, „ich weiß.“




~*~





22.Juli 1981, etwas außerhalb von Baltimore / Maryland





Seufzend zog Fox sich seine Brille von der Nase und strich mit seiner Hand über sein Gesicht. Die Brille landete auf dem Schreibtisch und Fox speicherte den Bericht auf dem Computer vor ihm auf Diskette ab. Seit er das College mit Bravour abgeschlossen hatte, versuchte er sich als Journalist und schrieb für ein weit verbreitetes Kriminalmagazin. Hauptsächlich verfasste er Artikel über Serienmörder und deren Psychologie. Die Tiefen der Psychologie hatte ihn schon immer fasziniert. Anfang dieses Jahres hatte er sich dazu entschlossen, diesen Herbst nach Princeton zu gehen, um dort Psychologie zu studieren. Von dort aus würde er gute Möglichkeiten haben, ein Studium in Oxford zu beginnen und diese Gelegenheit wollte Fox nicht durch seinen derzeitigen Beruf verpassen. Er liebte das Schreiben, aber der Gedanke, sein Leben lang Journalist zu sein, reizte ihn nicht mehr.



Fox´ Blick wanderte zu dem Wecker neben seinem Bett.



01:15



In genau fünf Stunden würde er aufstehen und eine neue Arbeitswoche beginnen. Seufzend erhob Fox sich von seinem Stuhl und zog sich seine Lederjacke über. Enttäuscht betrachtete er das leere Bett vor sich. Früher hatte Melissa darin gelegen und fast schon sehnsüchtig auf ihn gewartet. Er war in ihren Armen eingeschlafen und am nächsten Morgen wachten sie für gewöhnlich nebeneinander auf. Jetzt fuhr in er sein eigenes Apartment, welches ungefähr 5 Kilometer entfernt war und schlief allein ein.



Fox schnappte sich die Diskette mit dem Bericht, kramte sämtliche Blätter und Unterlagen, welche auf dem Tisch lagen in seine Tasche und verließ die Wohnung.



Im Hausflur stieß er mit Melissa zusammen.



„Meine Güte, Fox!“, keuchte Melissa aufgeregt, während Fox sich bückte, um seine Tasche wieder aufzuheben, die er vor Schreck hatte fallen lassen.



„Ich habe auf Dich gewartet. Anscheinend hattest Du viel mit Deinem *Arbeitskollegen* zu klären.“, flüsterte Fox sarkastisch. Melissa ignorierte den Sarkasmus in seiner Stimmte und machte sich daran, die Apartmenttür aufzuschließen. „Ja. Michael fliegt am Mittwoch nach England. Wir haben Reisevorbereitungen getroffen. Tut mir leid, dass es so spät geworden ist.“



Fox zuckte die Schultern. „Das ist mir egal. Ich habe nur an einem Artikel weitergeschrieben und wollte – wie Du siehst – eh gerade fahren.“



„Du schläfst in Deinem Apartment?“, die Apartmenttür stand jetzt offen und Melissa schaute ihn fragend an, „warum bleibst Du nicht hier?“



Fox schwieg einen Moment, dann antwortete er ruhig, „Weil ich keine Lust habe, Melissa. Ein anderes Mal. Wir sehen uns.“



Melissa stöhnte und verschränkte die Arme vor der Brust. „Mein Gott, jetzt bist Du wieder sauer. Nur weil ich mich mal etwas verspäte, Fox? Deswegen musst Du Dich nicht gleich so aufführen!“



„Aufführen?“, echote er, „es ist Montag Morgen, Melissa. Wir beide müssen morgen früh arbeiten und Du nennst Deine Zeit nach Hause zu kommen eine *kleine Verspätung*? Ich sitze seit Du weggefahren bist hier und warte auf Dich. Aber Du hältst es ja nicht mal annähernd für nötig, mir Bescheid zu geben, dass Du länger wegbleibst.“ Er hatte ernsthafte Probleme, sie nicht anzuschreien.



Melissa seufzte und zuckte die Schultern. „Es tut mir leid, okay? Ich habe die Zeit vergessen.“



„Ja.“, bemerkte Fox zischend, „wie so oft in letzter Zeit.“



Sofort trat Melissa einen Schritt näher zu ihm. „Was soll das denn nun schon wieder heißen? Du weißt, dass ich mich bemühe, Fox.“



Fox konnte nichts dagegen machen: Er begann zu lachen. „Wirklich? Wenn Du das so siehst, Melissa, will ich Dich in dem Glauben lassen.“, er lächelte traurig, „ich gehe jetzt.“



Er wandte sich zum Gehen, doch Melissa packte seinen Arm und zerrte ihn herum. „Du gehst jetzt nicht, okay? Was soll das Theater, das Du ständig veranstaltest? Du weißt doch, dass ich nicht immer bei Dir sein kann. Würdest Du mir bitte erklären, was Dein Problem ist?“



In der Dunkelheit erkannte er nur schwach ihre Augen, die ihn anstierten. Sie waren verständnislos und kalt und Fox entriss seinen Arm ihrer Hand. Viele Momente lang starrten sie einander in die Augen.



Schließlich ließ Fox seine Schultern sinken und seufzte leise.



„Eine andere Frau.“, wisperte er, ehe er sich umdrehte und regelrecht aus dem Gebäude stürmte.



Melissa war viel zu geschockt, um ihn aufzuhalten.


~*~



Mit klopfendem Herzen setzte Fox sich in seinen Wagen. Er schlug die Autotüre zu und ließ seinen Kopf gegen die Kopflehne fallen. Mit geschlossenen Augen flüsterte er ein leises „Verdammt!“. Die Stille, die ihn in dem Auto umgab, beruhigte ihn und gab ihm Zeit, seine Gedanken zu sammeln.



Wie hatte er ihr nur etwas so Unvernünftiges an den Kopf werfen können? Er hatte nicht über seine Worte nachgedacht und sie einfach nur verletzen wollen. Seine Hände umklammerten das Lenkrad, als er Melissas schockierten und verletzten Gesichtsausdruck vor sich sah. Sie war so geschockt gewesen, dass sie nicht einmal mehr hatte sprechen können. Sie hatte nicht ein Wort herausgebracht, als er das Haus verlassen hatte.



*Eine andere Frau *.



Bei Gott, was hatte er sich bloß dabei gedacht? Erst im Nachhinein wurde im klar, wie hart diese Wort für sie geklungen haben mussten. Sie musste glauben, er habe eine Affäre oder würde sie seit Monaten betrügen. Dabei war das keineswegs wahr. Ja, es gab diese andere Frau in seinem Leben, doch seine Gefühle für sie waren noch so unklar, so unbegreiflich für ihn.



Sich selbst aus seinen Gedanken reißend startete Fox seinen Wagen und lenkte ihn weg von Melissas Apartment. Still entschied er sich, noch ein wenig spazieren zu gehen, bevor er in sein eigenes Apartment fuhr. Er wusste, dass er sowieso nicht schlafen können und sich nur über sich selbst aufregen würde. Also dirigierte er sein Auto zu einer etwas verlassenden Landstraße, zu einem Wald, in dem er und Melissa zuvor oft spazieren gegangen waren.





~*~





Dana liebte die Dunkelheit.



Entgegen ihrer Freundinnen fürchtete sie diese nicht, sondern hieß sie stets willkommen. Für sie hatte sie so etwas wie eine gewisse Anziehungskraft.



Sie liebte es, von der Schwärze eingehüllt zu werden, diese mysteriöse Stille, die sie umgab und die verborgenen Geheimnisse, die die Nacht zu verstecken schien.



Ab und zu brauchte sie es, sich von ihrem Heim zu entfernen und ihre Lieblingsstrecke abzuwandern. Besonders nachts mochte sie es, in den ihr so vertrauten Wäldern herumzuschleichen. Ihre Eltern hassten diese Angewohnheit. Sie wollten oft nicht, dass ihre Tochter alleine in der Gegend herumlief, vor allem nicht nahe einer Großstadt wie der, in der sie lebten, aber Dana konnte stets ihren Willen durchsetzen. Mit Taschenlampe und einem kleinen Taschenmesser “bewaffnet“ war sie diese Nacht einfach losgezogen. Allerdings hatten ihre Eltern *das* nicht mitbekommen. Ihr Vater war ohnehin seit 2 Wochen auf See stationiert und ihre Mutter schief bereits tief und fest.



Dana kramte eine riesige Taschenlampe unter ihrer Jacke hervor und beleuchtete den Weg vor sich. Der Boden war ausgetrocknet von den warmen Temperaturen und den wenigen Niederschlägen, die dieser Sommer mit sich brachte. Auch jetzt war es noch nicht wirklich kalt, kein Lüftchen wehte und die Luft roch nach frischem Gras und einfach nach Sommer. Um sie herum war es völlig still, nur einzelne Äste knackten unter ihren Füßen, wenn Dana darauf trat.



Hinter einer Sitzbank am rechtem Waldweg bog Dana auf einen Pfad ab. Der Wald wurde hier dichter, Hunderte von Bäumen stahlen das Licht, welches der Mond auf das Land warf. Hier hörte man nichts mehr von der entfernten Stadt, die tosenden Autogeräusche verstummten und wichen der Stille und leisen Vogelgesängen.



Dana nahm die Veränderung schon gar nicht mehr wahr. Sie stapfte einfach den so vertrauten Weg weiter, während ihre Gedanken sich um die Worte ihrer Freundin drehten. Sie solle Mulder vergessen. Dana fragte sich, ob das denn irgendwie möglich sein würde. Während der letzten Wochen hatte sie sich beispielsweise mit seinem Freundeskreis vertraut gemacht und beinahe jedes Wochenende etwas mit ihnen unternommen. Lächelnd erinnerte Dana sich an Bar- oder Discothekenbesuche. Falls sie die Geschichte mit Mulder wirklich vergessen sollte, würde sie wohl den Kontakt ganz abbrechen müssen. Und das wiederum *wollte* sie überhaupt nicht. Die letzten Wochen waren die verrücktesten ihres Lebens gewesen und sie wollte diese keinesfalls missen.



Plötzlich blieb Dana abrupt stehen.



War da nicht eben ein Schatten gewesen? Mit der Taschenlampe leuchtete sie auf eine kommende Biegung vor sich. Der Schatten war weg, aber sie hörte leises Knacken und dann ein Hüsteln. Vorsichtshalber schaltete Dana ihre Taschenlampe aus, ignorierte ihren aufgeregten Herzschlag und schlich ein paar Schritte weiter. Ihre Hand fasste instinktiv nach dem kühlen Messer in ihrer Tasche.



Sie hörte wieder ein leises Knacken und dann kam definitiv jemand um die Kurve geschlendert. Sie blieb stehen und musterte ihr Gegenüber nachdenklich, der Fremde war höchstens 10 Meter von ihr entfernt. Die Person vor ihr blieb ebenfalls stehen und für eine Weile starrten die beiden sich stumm an. Dana konnte es kaum fassen: Noch nie war ihr auf dieser Runde irgend jemand begegnet. Ihr Herz klopfte ihr bis zum Hals und die wildesten Gedanken schossen durch ihren Kopf.



*Wenn er ein gruseliges Gesicht hat, renne ich weg. *, dachte sie still.



Schließlich schaltete Dana ihre Taschenlampe an und leuchtete dem Fremden ins Gesicht. Sogleich beruhigte sie sich, als sie die Person erkannte.



„Fox?“



„Dana?“



Erleichtert ging Dana auf ihn zu. Mit wachen Augen musterte sie ihn. „Was machst Du denn hier?“



„Das gleiche wollte ich Dich gerade fragen.“



„Spazieren gehen!“, sagten beide gleichzeitig und fingen an zu lachen.



„Gott sei Dank.“, grinste Fox, „Deiner Silhouette nach zu urteilen dachte ich, Du wärst eine Waldfee oder so was.“



Dana kicherte. „Ich hab Dich für einen Landstreicher gehalten.“



Sichtlich amüsiert lächelte Fox. „Das bin ich nicht. Ich bin hergekommen, um ein bisschen durch die Gegend zu wandern. Was machst Du hier?“



Dana zeigte auf ihre Taschenlampe. „Nachts gehe ich diese Strecke hier oft.“ Fox schaute sie fragend an, dann fügte sie hinzu, „ich mag die Dunkelheit. Hier kann ich am besten nachdenken.“



„Geht mir genauso. Was ist? Gehen wir noch ein Stück?“



Dana nickte. „Lass uns zurückgehen. In dieser Richtung steht eine Bank und danach könntest Du mich vielleicht nach Hause bringen. Du hast mir richtige Angst eingejagt, weißt Du?“



Dana griff nach Fox´ Hand und zog ihn in die Richtung aus der sie gekommen war. Er erwiderte ihren leichten Händedruck und folgte ihr stumm.



„Lustig, dass wir uns hier getroffen haben. Zu dieser Zeit geht normalerweise niemand mehr wandern.“



„Ich weiß. Ich komme grade von Melissa und brauchte ein wenig...Freiraum.“



Sofort wurde Dana hellhörig. „Wieso? Ist was passiert?“



Fox winkte ab. „Ein kleiner Streit, nichts besonderes.“



„Ich glaube nicht, dass Du nach jedem *kleinen Streit* herkommst Du Dir die Beine vertrittst, Fox. Du kannst mir ruhig sagen, was los ist!“



„Es ist nichts Wichtiges. Melissa ist spät nach Hause gekommen und hat mich ohne ein Wort warten lassen. Ich bin sauer geworden, als sie Heim kam und die ganze Situation für selbstverständlich angesehen hat. Es gab eine kleine Szene auf dem Flur, einige unüberlegte Worte meinerseits und eine sprachlose Melissa. Da ich wusste, dass ich sowieso nicht schlafen könnte, bin ich hergekommen. Das war´s.“



Misstrauisch beobachtete Dana ihrem Freund. „Ich sehe Dir an, dass mehr dahinter steckt. Entschuldige meine Frage, aber was genau hast Du gemeint, als Du sagtest, dass Du ein paar unüberlegte Sachen ausgesprochen hast?“



Etwas genervt seufzte Fox. „Hör zu, Dana, ich möchte wirklich nicht unhöflich sein, aber...ich möchte einfach nicht drüber reden, okay?“



Er klang härter, als er es beabsichtigt hatte und so hüllte Dana sich in eisiges Schweigen. Ein plötzliches Gefühl des Unbehagens stieg in ihm auf und er bereute seine Worte sofort.

Einige Minuten liefen sie schweigend nebeneinander her. Als sie die Bank erreichten, ließ Dana seine Hand los.



„Tut mir leid, Fox...von hier aus finde ich bis nach Hause.“



Sie drehte sich um und wollte gehen, als Fox nach ihrem Arm fasste und sie zu sich zog. „*Mir* tut es leid, Dana. Ich wollte nicht so streng klingen. Ich will Dich einfach nicht mit meinen Problemen belasten, weißt Du? Es tut mir leid. Lass uns noch ein bisschen hier sitzen und ein wenig reden.“



Dana zögerte einen Moment, dann nickte sie. Sie wusste, dass sie sich später ohnehin nur geärgert hätte, wenn sie jetzt gegangen wäre.





~*~





Fox war unendlich dankbar, als Dana nickte und sich mit ihm auf die Bank setzte. Eine Weile saßen sie stumm nebeneinander, betrachteten den halbvollen Mond und genossen einfach nur die Anwesenheit des anderen. Lange Zeit schwiegen sie und es brauchte einige Überwindungskraft von Fox, die vertraute Stille zu unterbrechen.



„Das wegen vorhin...“



„Nein“, unterbrach Dana ihn schnell, „ich mische mich einfach zu sehr ein. Das ist eure Beziehung und ich muss wirklich nicht alles wissen, was zwischen euch passiert...“



„Das ist in Ordnung, ehrlich. Du bist eben neugierig und Melissa ist Deine Schwester. Das ist doch irgendwo verständlich.“ Er machte eine kurze Pause. „Mir wird nur manchmal bewusst, *wie viel* Du mittlerweile über uns weißt. Du kennst uns beide gut und ich weiß, dass ich Dir vertrauen kann...nur manchmal denke ich, dass es besser wäre, wenn Du nicht allzu viel weißt. Es kann nicht schön für Dich sein, Dir zum Beispiel mein Gejammere über Deine *Schwester* anzuhören. Was wenn sie Dir morgen ihre Variante der Geschehnisse erzählst? Du kannst diese Sachen nicht immer unparteiisch betrachten.“



„Melissa ist nie zu mir gekommen, Fox. Sie redet nicht gerne über so was. Ich muss zugeben, dass unser Verhältnis während der letzten Monate irgendwie schlechter geworden ist. Ich weiß nicht warum, aber irgendwas scheint da zwischen uns zu stehen.“



Stirnrunzelnd betrachtete Fox sie. „Was denn?“



„Ich glaube, dass sie denkt, ich würde Dich ihr wegnehmen. Wir sind oft zusammen unterwegs, wenn sie nicht kann oder einfach keine Lust hat. Möglicherweise stört sie das wirklich. Allerdings könnte sie uns dann einfach begleiten, oder?“ Sie drehte ihren Kopf, um Fox anzusehen und bemerkte, dass er sich etwas nach vorne gebeugt hatte. Ihre Gesichter waren nur knapp 10 Zentimeter voneinander entfernt.



„Jetzt sei ehrlich.“, neckte Fox sie amüsiert, „willst Du mich ihr wegnehmen?“



Dana kicherte leise. „Das hatte ich *eigentlich* nicht vor.“ Sie grinste. „Und ich glaube auch nicht, dass Du Dich wegnehmen lassen wirst.“



„Hmm, wer weiß? Wir Männer funktionieren anders als ihr Frauen.“



Dana versuchte sich ein Grinsen zu verkneifen. „Du sprichst heute in seltsamen Andeutungen, denen man sämtliche Hintergedanken zuweisen könnte. Hör auf damit!“



Fox lachte. „War nicht meine Absicht.“



Minutenlang starrte er sie ohne ein Wort an, dann flüsterte er: „Soll ich aufhören?“



Plötzlich wusste Dana, dass das hier kein Spaß mehr war. Sie ahnte, dass das was folgen würde, nicht mehr ganz so lustig sein würde.



Trotzdem nickte sie.



Die plötzliche Intensität in seinen Augen ließ Dana atemlos nach Luft schnappen. Von einem Moment auf den anderen war ihre aufgeheiterte Stimmung einer seltsamen Spannung zwischen ihnen gewichen. Ihr Herz klopfte aufgeregt gegen ihre Brust.



Sie wollte wegsehen, wollte ihren Blick abwenden und lachen, aber irgendwas hielt sie zurück. Und als sie seine Worte hörte, seine Stimme weich und tief, war sie wie erstarrt. Vier einfache Worte, die all ihre Ideale zum Platzen und ihr Herz Purzelbäume schlagen ließ.



„Ich möchte Dich küssen.“
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