World of X

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If I saw you in heaven

von Netty

Kapitel 12

Verdammt, verdammt, verdammt! Das hätte nicht passieren dürfen, soweit hätte es niemals kommen dürfen. Oh Mann, mein Herz rast, mein Puls liegt irgendwo bei 180 und meine Beine fühlen sich an, als wären sie mit Tonnen von Wasser gefüllt. Und das Schlimmste ist, das ist alles meine Schuld. Ich kann mich nicht einmal der Genugtuung hingeben zu sagen, das wäre alles Mulders Schuld, weil ich hier diejenige mit der Verantwortung bin. Entweder hätte ich gleich streng NEIN sagen müssen oder, ja, oder was?



Ist ja auch egal, die Konsequenzen muss ich so oder so tragen, egal ob ich einen anderen Weg finde, den ich hätte gehen können. Die Vergangenheit lässt sich eben nicht ändern, nicht einmal im Himmel.



Wir sind nicht mehr unten im Sektor sechs. Ich glaube, wir sind irgendwo im Sektor drei in einem großen Konferenzraum. Noch sind Mulder und ich alleine. Emil hat darauf verzichtet, seine Handlanger neben uns zu postieren; aber ich wette, sobald ich nur auf die Toilette will, werden sie mir am Hintern kleben. Sehr schön, der erste Engel mit Bodyguards, na wenn das keine Leistung ist. Obwohl ich nicht glaube, dass meine Mom sehr stolz darauf wäre.



„Lana“, ertönt Mulders Stimme hinter mir. er klingt so entmutigt, dass es mir das Herz brechen könnte, und ich bin geneigt dazu, meinem Pech einfach ins Gesicht zu spucken und zu rufen „Ich Lana 2/68 habe das Richtige getan.“ Wenn da nicht die kleine nagende Stimme in meinem Hinterkopf wäre, die genau das verhindert.



„Was?“ frage ich mich umdrehend. Eigentlich wollte ich harsch klingen, damit er wenigstens ein schlechtes Gewissen hat, aber tatsächlich ist es nur eine matte Frage, auf die ich nicht mal eine Antwort will.



„Wenn du weiter auf und ab läufst, hat das nur zur Folge, dass wir ein Loch im Fußboden haben, aber davon wird unsere Lage auch nicht besser“, erklärt er ruhig. Ich könnte ihm den Hals umdrehen. Wie kann man nur so verdammt - ’tschuldigung (warum entschuldige ich mich überhaupt noch?) - ruhig dasitzen, wenn man weiß, dass alles zu Ende ist?



„Es beruhigt mich“, antworte ich trotzig und laufe weiter.



„So siehst du aus“, gluckst er kurz, und ich werfe ihm einen bösen Blick zu, bevor ich mich resigniert neben ihn auf einen Stuhl fallen lasse. Wie ätzend, er hat ja auch noch recht.



„Was meinst du, was jetzt mit uns passiert?“ fragt er nach einiger Zeit, ich habe inzwischen begonnen mich auf meinem Stuhl, einem wunderschönen neuen Drehbürostuhl, zu drehen, in der wagen Hoffnung, vom Schwindel ohnmächtig zu werden und so dem zu entgehen, was geschehen wird. Ohne Erfolg, mir ist lediglich schlecht und mehr nicht. Also halte ich an und lasse seine Frage auf mich wirken.



„Ich weiß es nicht, ich bin noch nie in so einer Situation gewesen“, gebe ich kopfschüttelnd zu. Was bin ich doch für ein toller Engel? Auf die Fragen seines Schützlings soll man die Antworten finden, aber das war jetzt glaube ich schon die dritte, die ich nicht beantworten konnte. Vielleicht habe ich ja sogar verdient, was auch immer kommen mag.



„Keine Vorstellung?“ stichelt er weiter, was will er denn hören? Ich glaube, dass Gott kommen, unsere Köpfe abtrennen und damit Basketball spielen wird?!



„Was es auch ist, es wird nicht schön werden“, versuche ich ihn zu befriedigen. Ein dummer Versuch. Natürlich lässt sich der große, ewig nach Antworten suchende Fox Mulder nicht mit so etwas zufrieden stellen. Seine Augen ruhen fragend auf mir, bis ich es nicht mehr aushalte und mich wegdrehe.



„Wen hat der Engel vorhin mit seinem Funkgerät herbeigerufen? Hast du nicht gesagt, dass es nur sechs Stufen gibt?“ Oh diese naive Fragestellung lässt mich fast lachen und weinen zu gleich.



„Naja Stufe sieben wird nur von einem Engel besetzt“, sage ich langsam und sehe in seinen Augen das Verständnis aufblitzen und auf einmal scheint auch er aufgeregt zu sein. Er steht auf geht hinüber zum Fenster und schaut in die stille Nacht hinaus, einige Zeit vergeht so, bis er sich umdreht und mich durchdringend anschaut.



„Du meinst, ich werde gleich Gott begegnen?“ seine Stimme vibriert etwas. Ich nicke frustriert, als ich seine Neugier heraushöre. Nur Mulder kann sich in so einer Situation freuen, Gott zu treffen, während ich vor Angst vergehe.



„Meine Güte, ich hätte mich rasieren sollen.“ Ich kann nicht anders als lauthals loszulachen. Wie kann man sich über so was absurdes Gedanken machen? Er stimmt in mein Lachen mit ein und ich kann mich erst beruhigen, als mir schon die Tränen in den Augen stehen und ich alles ganz verschwommen sehe.



„Das hättest du vielleicht tun sollen“, lache ich leise.



„Wie ist er so?“ Man, das kann ja wirklich nicht wahr sein, dieser Mann ist ja nicht mehr zu beruhigen.



„Fragst du mich gerade, wie Gott ist?“



„Äh ... ja“ antwortet er verständnislos, als wäre das die naheliegenste Frage überhaupt. Nun für einen Menschen ist sie das vielleicht sogar auch. Wie schaffe ich es jetzt realistisch zu bleiben, aber ihm nicht seine Illusionen zu nehmen? Ganz einfache Antwort, gar nicht.



„Gott ist grausam“, sage ich ehrlich. Das versetzt ihm einen Schlag in die Magengegend, er lehnt sich überrascht in seinen Stuhl zurück und lässt das erst mal sinken. So bekommt man Mulder also ruhig? Ich hätte ihn lediglich überrumpeln müssen? Wieder mein Glück, dass ich das herausfinde, nachdem es zu spät ist, um es anzuwenden.



„Warum?“



„Nun“, ich hole tief Luft, das wird nicht einfach zu erklären sein. „Glaubst du, er würde nicht merken, was auf Erden passiert? Er sieht den Hass, die Waffen, die Gewalt, Krieg, Schmerz, Leid, aber er tut absolut gar nichts dagegen.“



„Vielleicht kann er es nicht“, schlägt er vor und ich lache wieder humorlos über seine Naivität.



„Er könnte“, sage ich ganz einfach. Wieder sitzen wie eine kleine Ewigkeit stumm nebeneinander. Er versucht zu verdauen, was ich ihm gerade eröffnet habe, und ich versuche mich auf etwas anderes zu konzentrieren als darauf, in einem Raum gefangen zu sein, mit Emils Handlangern vor der Tür.



„Vielleicht ist das alles Absicht“, beginnt Mulder neben mit laut zu überlegen. „Vielleicht will er damit nur das Gleichgewicht halten. Immerhin gibt es auch Liebe, Frieden und das alles und vielleicht braucht man dafür ein Gegengewicht, damit die Welt nicht in sich zusammenfällt.“



„Vielleicht“, seufze ich neben ihm, beeindruckt, wie ein Mann, der eigentlich nicht mal richtig an Gott glaubt, ihn so vehement verteidigen kann.



„Wie sieht er wohl aus?“ fragt er eigentlich mehr sich selbst, aber ich muss die Chance nutzen ihm wenigstens eine Frage zu beantworten und auf die Frage kenne ich die Antwort.



„Gott hat keine feste Gestalt. Er ist Alles und auch Nichts. Aber uns wird er wohl so in Erscheinung treten, wie ihn sich jeder Mensch und Engel vorstellt. Als alter weiser Mann, mit weißem Bart und friedlichem Auftreten. Aber tatsächlich kann er jede Gestalt annehmen, die er will. Menschlich, tierisch oder sonst etwas“, ende ich zufrieden über meine Erklärung.



„Hmm“ brummt er zustimmend neben mir. Plötzlich geht hinter uns die Tür auf und Emil und seine Handlanger treten in den Raum. Er wirft mir einen Blick zu, den ich als verzweifelt und verletzt beschreiben würde. Anscheinend scheint er zu wissen was kommt. Sie bilden eine Art Gasse vor der Tür, und ich schenke ihm eine scheues Lächeln, das er nicht erwidert und dann kommt das Licht...



Ende 12/17
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