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Arachnophobia - The Second Edition

von XFilerN

Kapitel 3

In der Wüste Nevadas



Die beiden Agenten ritten im vollen Galopp über den sandigen Boden, der zunehmend steiniger zu werden schien. Sie hatten noch nichts gefunden, das ihnen auf irgendeine Weise weiterhelfen könnte. Die Sonne knallte auf sie nieder und brachte den Horizont zum Verschwimmen.

„Hey Willmore, ist das da hinten eine Oase oder bilde ich mir das ein?"

Craig sah in die Richtung, in die Mulder zeigte, und nahm ein Fernglas aus seiner Tasche. Die Sonne reflektierte auf dem Boden und blendete Willmore so stark, dass er nicht durch das Fernglas schauen konnte. Er hob sich die rechte Hand über seine Augen und lugte darunter, mit zusammen gekniffenen Augen, hervor.

„Weder noch... Sieht aus wie Felsen oder so was...", meinte er schließlich. Als sie weiter in diese Richtung ritten, nahmen sie Vogelkreischen wahr, das von dort zu ihnen drang.

„Sieht aus als kämen wir genau richtig zum Mittagessen", witzelte Mulder, als er die Geier und anderen Aasfresser sah, die sich über ihre Beute hermachten.

Willmore sah ihn belustigt an und stieg dann, wie auch Mulder, von seinem Pferd ab. Beide Männer rieben sich den Hintern und schüttelten ihre Gelenke aus. Sie beide waren es nicht gewohnt mehrere Stunden auf dem Rücken eines Pferdes zu sitzen und sie waren bereits seit geraumer Zeit unterwegs.

Sie banden die Tiere an einem nahe gelegenen Kaktus fest und näherten sich dem Geschehen. Mulder erkannte praktisch nur noch Knochen, vermutlich von Rindern, als er gemeinsam mit Agent Willmore die Geier verscheuchte.

Sie hatten praktisch alle Indizien gefressen, die den Agenten hätten weiterhelfen können. Mulder hatte eine Vermutung; nämlich dass auch die Rinder von Spinnen getötet und dann erst von den Vögeln gefressen wurden. Craig Willmore stimmte ihm zu, sah sich die Überreste angewidert an und hielt sich die Nase zu. Der Gestank von verwesenden Tierkadavern drang ihm unweigerlich entgegen. Auch Mulder verzog sein Gesicht, als sie zwischen den Resten der Rinder umherwanderten und nach Hinweisen suchten.







Vor dem Haus der Daniels



Langsam kam der Wagen zum Stehen und Samuel Amibi sah sich um. Seiner Karte und Mulders Beschreibung zufolge müsste dies das Anwesen der Daniels sein. Ein mittelgroßes Holzhaus, dahinter eine große Stallung und eine Scheune, boten sich seinem Blick dar. Die Klimaanlage des Jeeps hatte ihn bislang vor der sengenden Hitze bewahrt. Und umso heftiger traf ihn die Glut der Sonne, als Samuel aus dem Wagen stieg. Er wedelte, nach Luft ringend, mit der rechten Hand vor seinem Gesicht, doch es half nichts.

Rings um die Farm konnte er einen Zaun erkennen, der jedoch kurz vor dem Verfall zu sein schien. Es war ein lauschiges, von der Stadt weit abgegrenztes Fleckchen. Diese Umgebung hätte ihm auch gefallen, zumal er hier optimale Forschungsbedingungen hätte. Hier in Nevada herrschten perfekte Temperaturen für seine Lieblinge. Es gab sie hier in der Wüste in Hülle und Fülle. Alle möglichen Arten waren hier heimisch. Es wäre einfach perfekt.

Samuel ging zum Kofferraum, holte seinen Koffer und den Schlafsack heraus und brachte beides vor die Eingangstür, an die er zweimal klopfte.



Kurz darauf kam eine junge Frau und öffnete ihm. „Sie müssen der Zoologe sein", begrüßte sie ihn mit einem Lächeln.

Samuel musterte die rothaarige Frau. „Ja. Ich bin Samuel Amibi... Sie müssen dann wohl Mulders skeptische Partnerin sein", erwiderte er grinsend und schob sich an der Frau vorbei ins Haus. Sein Blick fiel sofort auf die männliche Leiche, die in der Mitte des ersten Zimmers, das er betrat, auf einem Tisch aufgebart lag. Die Augen stur geradeaus auf die Leiche gerichtet, stellte der dunkelhäutige Mann seine Reisetasche gerade dort ab, wo er stand und ging hinüber zum Tisch.

„Ich sehe, dass ich ein wenig spät komme", bemerkte Samuel und sah sich die Leiche genauer an. Die Agentin trat neben ihn. „Das war der Besitzer, der uns wegen seiner verstorbenen Frau konsultiert hatte. Agent Mulder und Agent Willmore haben ihn heute Morgen hinter dem Haus gefunden. Er war in einem Kokon eingewoben. Wir vermuten, dass es sich um Spinnen handelt, die diese Menschen getötet haben", berichtete Scully ihm das Wesentliche.

„Das halte ich für ausgeschlossen, Agent. Es gibt keine uns bekannte Spinnenart, die in Gruppen angreift. Und schon gar nicht, welche die Menschen anfallen. Sie greifen Tiere ihrer Größe an", versuchte Samuel zu erklären, doch Scully schüttelte ihren Kopf.

„Mr. ...?"

„Amibi", erinnerte er sie.

„Mr. Amibi, ich habe zuerst auch nicht so recht daran geglaubt. Aber inzwischen habe ich forensische Beweise, die Ihre Theorie widerlegen. Dieses Ehepaar wurde von Spinnen angegriffen, ich weiß nur noch nicht von welcher Spezies. Meine Kollegen und ich nehmen an, dass es Taranteln oder Vogelspinnen waren."

„Die sind nicht giftiger als Wespen oder Bienen. Und sie greifen keine Menschen an", widersprach er ihr sofort.

Scully ließ sich nicht davon beirren. „Möglicherweise hat sich die Umwelt der Tiere so sehr verändert, dass sie es nun doch tun. Vielleicht sind ihnen ihre natürlichen Nahrungsquellen versiegt, sodass sie gezwungen waren auch größere Lebewesen anzufallen. Quasi um sich dem Lauf der Evolution anzupassen", verstärkte Scully ihre Meinung.

Sie stellte fest, dass dieser Samuel Amibi mindestens so stur auf seinen Kenntnissen beharrte, wie sie dies für gewöhnlich ihrem Partner gegenüber tat.

„Sie kennen sich mit Insekten nicht sehr gut aus, Agent Scully", stellte Samuel fest und wartete auf eine Reaktion. Die Agentin und er sahen sich einen Augenblick lang musternd an, bis Scully sich zur Wehr setzte.

„Das stimmt, aber ich habe in den letzten sechs Jahren mehr gesehen, als mir lieb ist. Und daher kann ich meine und auch Mulders Theorie nicht ausschließen. Da wiederum kennen Sie sich nicht aus", konterte sie und blickte ihr Gegenüber mit angehobenen Brauen an.

Samuel grinste sie an. „Na schön - angenommen Sie haben Recht, was sollen wir dann tun?"

„Ich habe keine Ahnung. Eine ganze Art auszurotten, ist nicht angebracht, oder?", stellte sie schlagfertig fest.

„Nein, das nicht. Wir müssen aber auf jeden Fall versuchen hinter diese Angelegenheit zu kommen. Und wir müssen dieser Spezies ihre gewohnte Nahrung beschaffen, falls dies tatsächlich der Grund ist, weshalb sie auf Menschen losgeht."

Scully nickte nur und wies auf das Glas, das auf dem Tisch neben der Leiche stand.

„Dieses Exemplar habe ich vor zwei Stunden gefangen. Was können Sie mir darüber sagen?", fragte sie sachlich und sah angewidert auf die Spinne, die nervös in dem Glas herumirrte.

Der Zoologe kniete sich neben den Tisch und sah das Tier mit einer Faszination an, die Agent Scully nicht nachvollziehen konnte. Dann erklärte er: „Das ist eine Latrodectus Mactans. Auch bekannt unter Malmignatte oder schwarze Witwe. Die rote Eieruhrzeichnung auf der Unterseite ihres Abdomens ist das unverkennbare Markenzeichen der Malmignatte. Die kugelförmigen Weibchen erreichen eine Länge von 14mm, die helleren Männchen hingegen nur etwa 5mm." Samuel sah kurz zu der Agentin, bevor er fortfuhr und sein Blick wieder der Spinne galt. „Der Biss einer schwarzen Witwe ist toxisch, jedoch nicht tödlich für einen Menschen. Sie verwendet ein Neurotoxin, um sich gegen ihre Feinde zu verteidigen. Ich denke jedoch nicht, dass diese Art verantwortlich für die Leichen ist", sagte er fest. Er konnte es sich nicht vorstellen, dass eine so kleine Spinnenart derartige Tötungsdelikte verübte.

Agent Scully hatte jedoch eine andere Meinung. Sie ging um den Tisch herum und griff nach ihrem Autopsiebefund. Amibi nahm ihn entgegen und las sich die Befunde aufmerksam durch, als Scully ihn darum bat. Als Medizinerin wusste sie, dass diese Spinnenart eine der giftigsten war. Ihrer logischen Überlegung zur Folge kämen nur diese Exemplare in Frage. Die musterte ihr Gegenüber mit kritischer Miene, während er in aller Seelenruhe den Bericht durchging.







Irgendwo in der Wüste Nevadas



„Agent Mulder, ich denke wir sollten zurück reiten, bevor die Nacht hereinbricht!", rief Craig seinem Kollegen zu, der etwa dreißig Meter von ihm entfernt immer noch die Überreste der Rinder untersuchte.

Mulder nickte ihm nur knapp zu und ließ seine Blicke über die Landschaft schweifen. Plötzlich hörte er ein Geräusch, das ähnlich wie das Zirpen einer Grille klang. Er wandte sich zu der Höhle um, vor der er stand, aus welcher das Geräusch kam. Dann winkte er Agent Willmore zu sich, der seiner Bitte folgte und zu ihm lief.

Die Sonne verschwand allmählich hinter dem Horizont und ein kühler Wind zog auf. Mulders offenes Hemd flatterte aufgeregt im Wind, als Willmore ihn erreichte.

„Was gibt's denn?", wollte der jüngere Agent wissen.

Mulder legte den Zeigefinger auf seinen Mund. „Schhh... - Hören Sie das auch?", fragte er flüsternd.

Eine Weile standen die Männer nur so da und lauschten den Geräuschen der Wüste. Hier und da vernahmen sie die Klänge von Vögeln, die über ihnen kreisten, aber das Zirpen war verschwunden.

Willmore schüttelte den Kopf. „Nein, was soll ich hören?"

Seine Stimme klang leise, doch Mulder hörte ein leichtes Zittern heraus. Er resignierte, als er merkte, dass das Geräusch verschwunden war. „Habe mich wohl geirrt. Lassen Sie uns zurück zur Farm reiten, Willmore." Kaum hatte Agent Mulder das ausgesprochen, ging er auch schon los, nahm sein Pferd bei den Zügeln und stieg behände auf.

Craig tat es ihm gleich und schnalzte mit seiner Zunge, um das Pferd in Bewegung zu setzen. Sie galoppierten über die sandige Wüste zurück in die Richtung, aus welcher sie gekommen waren. Die Dämmerung hatte schon eingesetzt und sie wollten die Farm so schnell wie möglich erreichen. Der Wind frischte rasch auf und es fröstelte die Agenten zunehmend, weswegen sie die Pferde schonungslos weiter trieben.







Später am Abend, vor dem Haus der Daniels



Sie saßen nebeneinander auf der Schaukel, die in der Veranda hing, und schwiegen. Sie hörten, dass Willmore und Amibi sich im Haus unterhielten. Sie sprachen über die Leichen und über verschiedene Spinnenarten, die in Frage kommen könnten. Craig schien ernsthaftes Interesse an den Forschungen des Kryptonzoologen zu haben. Er hörte gar nicht mehr auf ihn deshalb mit Fragen zu löchern.

„Was konnten Sie heraus finden?", brach Mulder schließlich das Schweigen zwischen ihnen und sah seine Partnerin neugierig an.

Sie dachte einen Moment nach, bis sie ihm schließlich antwortete: „Das Gift ist neurotoxisch. So wie es aussieht, wurde Mr. Daniels von mehreren Spinnen zugleich angegriffen. Diese Schlussfolgerung ziehe ich aus der immensen Anzahl der Bisswunden. Diese Spinnen haben ihn gelähmt und dann eingesponnen. Weshalb sie das taten, ist mir jedoch noch unklar, denn es ist nicht gerade typisch. Amibi und ich haben uns die Leiche noch mal gründlich vorgenommen. Er erklärte mir, anhand der Bisswunden, dass es sich nicht, wie ich angenommen hatte, um schwarze Witwen handeln kann, sondern eher um Vogelspinnen oder Taranteln. Er erklärte mir, dass ihn die Tatsache, dass dem Leichnam jegliche Körperflüssigkeit entzogen wurde, darauf schließen lässt. Vogelspinnen sind zwar die größten ihrer Art, aber sie haben sehr kleine Münder. Es ist ihnen nicht möglich die Beute selbst zu fressen, also ernähren sie sich von deren Körperflüssigkeit." Mulder nickte verstehend, als Scully seinen Blick festhielt. „Und Sie? Konnten Sie und Willmore etwas herausfinden, das uns helfen könnte?"

Mulder zog nachdenklich seine Knie an die Brust und umklammerte sie mit den Armen, dann legte er seinen Kopf darauf. „Nicht wirklich. Ich meine, wir haben die toten Rinder gefunden. Da sie aber von Aasfressern bis auf die Knochen verzehrt wurden, haben wir nichts herausfinden können", murmelte er erschöpft in seinen Schoß.

Scully hatte sich zu ihm vorbeugen müssen, um ihn richtig zu verstehen. Er sah müde aus. Und sie selbst war nicht minder abgespannt. „Wir sollten schlafen gehen. Morgen werden wir uns noch genug Gedanken machen können", wisperte sie in sein Ohr und er nickte beinahe unmerklich.

„Scully, ich habe gehört, dass Sie heute Ihrer Angst ins Gesicht geblickt haben", sagte er leise und sah dann mit einem verschmitzten Lächeln auf. „Ich bin stolz auf Sie...", fügte er mit sanfter Stimme hinzu.

Scully legte ihren Kopf schief und lächelte ebenfalls. „Das hat mich eine ganze Menge Überwindung gekostet."

Plötzlich hatten sie wieder einen dieser kostbaren, jedoch seltenen Augenblicke, in denen sie sich nahe waren. In all den Jahren ihrer Zusammenarbeit gab es hin und wieder Momente der Intimität zwischen ihnen. Momente, in denen sie sich zärtlich, aber nur flüchtig berührten, oder wie jetzt in die Augen sahen. Sie konnten die Gedanken des anderen lesen und in dessen Seele schauen, doch sie hatten eine unsichtbare Grenze zwischen sich geschaffen, die sie nicht bereit waren zu überschreiten. Mulder griff nach ihrer Hand und hielt sie ein paar Sekunden fest. Sie sahen sich einfach nur an und unterhielten sich im Stillen miteinander. Nach einer Weile stand Scully langsam auf und zog auch Mulder in die Höhe.

„Wir sollten wieder reingehen, Mulder", meinte sie ruhig und er nickte.



Während die Männer sich ihre Nachtlager im Wohnzimmer der Hütte einrichteten, bekam Scully das Schlafzimmer der Daniels zur Verfügung gestellt. Sie hatte sich das Bett frisch bezogen und war nach Mulder unter die Dusche gegangen. Sie bekam den Gedanken an diese Kreaturen, wie sie die Spinnen bevorzugt betitelte, nicht aus dem Kopf. Selbst als sie sich ein langes T-Shirt anzog und unter die dünne Bettdecke schlüpfte, dachte sie darüber nach.

Im Gegensatz zu Scully hatten die Männer in ihren Schlafsäcken auf dem Boden keine Probleme einzuschlafen. Jeder lag in einer Ecke des Wohnzimmers und schlummerte friedlich vor sich hin.
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