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A-holding your hand, and standing there, to kiss you, when you fall

von neyra

Kapitel 3

3. Kapitel


Etwa eine Stunde später

Scully lag mit offenen Augen auf ihrer rechten Seite. Sie beobachtete Mulder, der wie ein gefangenes Tier im Zimmer hin und her lief. Er telefonierte mit ihrer Mutter.
„Maggie. Im Moment geht es ihr gut. Wenn du möchtest, komm ich nach Baltimore und hole dich ab.“
Scully sah, wie er sich zu ihr drehte und sie intensiv ansah, während er auf die Stimme ihrer Mutter am anderen Ende der Leitung hörte.
„Sicher...“ sagte er langsam und kam an Scullys Seite. Er setzte sich auf die Bettkante und hielt dann den Hörer an Scullys Ohr.
>Hallo Liebes. Fox hat mir gesagt, dass du wach bist. Wie geht es dir, Dana?<
Scully holte mühsam Luft. „Mmmom.“ flüsterte sie heiser aus und holte gleich noch einmal Luft.
Mulder hatte sich runtergebeugt, um mithören zu können.
„Maggie. Sie... Ich...“ sagte Mulder leise in den Hörer.
>Fox. Ich wäre dir wirklich dankbar, wenn du mich morgen abholen könntest. Ja, Dana? Liebes, hörst du mich?<
Scully nickte.
„Ja.“ sagte Mulder stellvertretend und hielt Scully das Telefon weiter an ihr Ohr.
>Liebes. Gleich morgen früh komme ich zu dir, ja? Fox wird mich abholen.<
Scully nickte noch einmal und fühlte wie ihre Augen sich mit Tränen füllten. Sie sah zu Mulder, der sie genau beobachtete.
„Ich werde hier Unterbrechen, Maggie. Es strengt sie zu sehr an, ja? Wir sehen uns morgen.“ sagte er leise ins Telefon.
>Bleibst du bei ihr, Fox? Pass auf sie auf. Dana... bis morgen, meine Kleine.<
„Ja, werde ich. Versprochen...“ Damit unterbrach Mulder die Verbindung und richtete sich wieder etwas auf, blieb aber auf der Bettkante sitzen und Scully blinzelte hektisch. „Shhh.“ machte er ein beruhigendes Geräusch und Scully fühlte seine Finger, die ihre Tränen wegwischten. Sie schloss ihre Augen und drehte sich auf ihren Rücken. Scully verzog ihr Gesicht, als ein dumpfer Schmerz durch ihren Unterleib zog und hörte, wie er seufzte. Sie öffnete ihre Augen.
Mulder sah elend aus. Seine Augen blickten sie voller Mitgefühl an. Sein Kinn war stoppelig und sein Anzug zerknittert und faltig. Scully hob ihre linke Hand und legte sie an seine Wange. Er legte seine rechte Hand über ihre und hielt sie fest. Er achtete darauf, nicht an den Verband zu kommen, der um ihr Handgelenk gebunden war.
Scully schloss ihre Augen und nahm einen weiteren tiefen Atemzug, den sie für mehrere Herzschläge in ihren Lungen hielt. Eine Falte zog sich über seine Stirn und Scully wollte ihre Hand dorthin führen. Sie stoppte mitten in der Bewegung und stöhnte gequält. Ihr Arm rutschte einfach herunter und landete kraftlos auf dem Bett.
„Scully!“ rief Mulder erschrocken und langte über ihren Kopf, um den Not-Knopf zu drücken.
Sie schüttelte ihren Kopf und verdrehte die Augen, als der Raum sich zu drehen begann.
„Scully, sieh mich an.“ sagte er laut und bestimmt. Sie spürte, wie er ihr Kinn griff und ihren Kopf in eine zentrierte Position zwang.
Stöhnend atmete sie ein und sein Griff lockerte sich augenblicklich.
„Was ist passiert?“ fragte die Schwester, die ins Zimmer stürmte.
„Suchen Sie Doktor Bailey.“ sagte Mulder kalt und Scully spürte an seiner Bewegung, dass er sich ihr wieder zuwandte. „Dana.“ sagte er eindringlich.
Etwas tropfte auf ihr Gesicht und Scully mühte sich ihre Augen wieder zu öffnen und bei Bewusstsein zu bleiben. Ein weiteres leises Stöhnen entwich ihr, als sie lang ausatmete.
„Der Arzt ist gleich da.“ sprach Mulder weiter und es gelang ihr, die Augen zu öffnen. Sie traf seinen Blick und atmete ein.
„Wehh...“ hauchte sie mühsam aus und sah wie er nickte.
„Ja. Ich weiß.“ flüsterte er zurück und wollte sich vom Bett erheben.
Scully schnappte erschrocken nach Luft und atmete mit einem lauten „Nein!“ ein.
Mulder ließ sich wieder nieder und sah ihr weiter in die Augen. „Wo genau hast du Schmerzen?“ fragte er flüsternd weiter.
„B...Bau...ch.“ atmete sie aus und schloss ihre Augen.
„Nein. Nein, sieh mich an. Bitte.“
Scully öffnete ihre Augen wieder und holte Luft. Sie spürte, wie ihr Körper verkrampfte und eine neue Schmerzwelle durch ihren Unterleib ging.
„Bleib hier.“ sprach Mulder leise weiter. „Gleich kommt der Doktor. Du musst ihm sagen, was nicht stimmt.“
„Mr. Mulder, zur Seite!“ sagte die Stimme des Arztes barsch und Scully sah, wie sich Mulder beeilte der Anweisung zu folgen. Der Arzt trat in ihr Sichtfeld. „Mrs. Scully, haben Sie Schmerzen? Können Sie sagen, wo genau?“
Scully hauchte ihren Atem aus und schloss ihre Augen.
„Sie sagte ihr Bauch.“ mischte Mulder sich ein.
Der Doktor schlug die Decke beiseite und begann ihren Unterleib abzutasten.
Scully stöhnte gequält. „Ne...in.“ Sie krümmte sich zusammen und sofort war Mulder da, der den Arzt unsanft von ihr wegzog.
„Hören Sie auf! Sie sehen doch, dass sie Schmerzen hat.“
„Sicherheitsdienst.“ rief der Arzt trocken. „ Entfernen Sie den Mann aus dem Raum.“
„NEIN! Ich bleibe.“
Scully verfolgte, wie Mulder von einem Mann in Uniform aus dem Zimmer gezogen wurde, der mindestens einen Kopf größer war als er. „Mul...dahh“ versuchte sie einatmend zu sagen und endete mit einem weiteren schmerzerfüllten Stöhnen. Sie hatte ihren Kopf gedreht und sah, wie Mulder vor ihrem Zimmer weiter tobte und weiter weg gezogen wurde, bis sie ihn nur noch hören konnte.
„Mrs. Scully.“ versuchte der Arzt ihre Aufmerksamkeit zu erlangen.
Scullys Blick verschwamm, von dem Schmerz der in weiteren Wellen durch sie lief und weil Mulder nicht bei ihr war und Panik in ihr aufkam. Ein Schluchzen entkam ihr.
„Mrs. Scully. Ich will Ihnen helfen, das kann ich aber nur, wenn Sie mir auch helfen.“ ermahnte der Arzt und Scully drehte ihr Gesicht zu ihm. „Wo genau liegt der Schmerz?“ fragte der Arzt weiter, seine Stimme klang ruhig.
Scully ließ ihre Hand an ihren Unterbauch wandern.
„Ich muss Sie genauer untersuchen. Das habe ich bisher noch nicht gründlich genug getan, weil Sie erhebliche Verletzungen im Intimbereich haben und ich nicht mit einem Schallkopf in Sie eindringen wollte. Die Ultraschall-Aufnahmen von ihrer Bauchdecke waren aber leider nicht aufschlussreich genug.“
Scully spürte wie neue Tränen an ihren Schläfen herabliefen, sie nickte langsam um ihr Einverständnis zu zeigen.
„In Ordnung.“ nickte der Arzt. „Stacy!“ rief er dann. „Wir bringen Mrs. Scully in die gynäkologische Abteilung, Sie helfen mir.“ bestimmte der Arzt und die Schwester entfernte die Überwachungsmaschinen und machte das Bett bereit, dass es geschoben werden konnte. „Sehen Sie nach, ob sich Mr. Mulder auf dem Flur befindet. Und wenn ja, sagen Sie Dave, dass er ihn außer Sicht schaffen soll.“
„Ja Doktor.“ sagte die Schwester und verschwand kurz aus dem Zimmer.
„Sie sind sehr tapfer, Mrs. Scully, und ihr Mann muss Sie wirklich sehr lieben. Ich erlebe selten solch heftige Ausbrüche von Ehemännern.“ Der Arzt lächelte sie beruhigend an. „Es tut mir Leid, dass ich nun doch zu solch drastischen Mitteln greifen muss, aber ...“
„Mr. Mulder ist mit Dave im Aufenthaltsraum, Doktor Bailey.“ unterbrach ihn die Schwester.
„Gut, dann geht’s los. Fassen Sie mit an.“
Scully wurde von dem Arzt und der Schwester in eine andere Etage gefahren. Immer wieder stöhnte sie unterdrückt und krümmte sich vor Schmerzen zusammen. Sie nahm nicht wahr, was um sie herum geschah.
„Da wären wir, Mrs. Scully.“ zog der Arzt ihre Aufmerksamkeit auf sich. „Stacy und ich helfen ihnen auf den Stuhl.“
Scully schluckte hart und nickte dann. Mit Hilfe der Schwester richtete sie sich auf und zog die Beine über die Bettkante. Doktor Bailey und die Schwester nahmen sie in ihre Mitte und stützten sie, als sie sich von der Kante gleiten ließ. Sie atmete schwer und spürte wie ihr der Schweiß ausbrach.
„Langsam. Genau, so ist es gut.“ sagte die Schwester ermutigend und Scully kam sich dumm vor.
Letztendlich schaffte sie es sich zu setzen und der Doktor half ihr, ihre Beine in die dafür vorgesehenen Steigbügel des gynäkologischen Stuhls zu legen. Für einen Moment schloss sie ihre Augen und atmete schwer aus.
„Versuchen Sie, sich so weit wie möglich zu entspannen, Mrs. Scully.“
Scully nickte mit geschlossenen Augen und atmete zischend eine neue Schmerzwelle weg. Dann explodierte ein Schmerz in ihren Genitalien, der sie aufschreien ließ. Ihre Stimme brach und neue Tränen rannen ihr über die Wangen.
„Ganz ruhig, Mrs. Scully, versuchen Sie sich zu entspannen.“ sagte die Schwester neben ihr und Scully fühlte ihre Hand an ihrem Arm. Sie geriet in Panik und zuckte heftig, was den Schmerz unerträglich werden ließ und ihr letztendlich die Sinne raubte.

Unbestimmte Zeit später
Krankenhaus

Das Piepen war wieder da und mit einem Seufzen öffnete Scully ihre Augen.
„Hallo Dana.“ sagte ihre Mutter leise und einfühlsam. „Ich habe mir Sorgen gemacht.“
„Mmom...?“ hauchte Scully und überlegte fieberhaft, wie ihre Mutter so schnell hergekommen war.
„Ja, Schatz. Fox hat mich abgeholt.“ Margaret Scully lächelte. „Wann wolltest du mir sagen, dass ihr geheiratet habt?“ fragte sie beiläufig und Scully runzelte ihre Stirn, weil sie sich nicht erinnern konnte.
„Mul...dehr?“
„Er ist nach Hause gefahren um sich umzuziehen. Ich habe ihm gesagt, dass er das tun soll, er fing schon an zu riechen.“ zwinkerte Margaret ihrer Tochter zu. „Ich bin sicher, er war die ganze Zeit bei dir, nachdem er dich gefunden hatte.“
Scully sah ihre Mutter mit einem fragenden Blick an.
„Du kannst dich nicht erinnern, Schatz?“
Scully schüttelte ihren Kopf, was dafür sorgte, dass der Raum sich um sie herum drehte und sie ihre Augen schloss und mühsam Luft holte.
„Lieg ganz ruhig, dann ist es nicht so schlimm.“ stellte Margaret leise fest und griff nach Scullys Arm.
„Er...zähl...“ flüsterte Scully und sah wie ihre Mutter nickte.
„Fox hat dich gefunden, vorgestern Morgen. Du lagst vor seiner Tür. Einfach so. Du warst...“ Margaret sah Scully in die Augen. „...du warst fast sechs Wochen verschwunden. Er ist fast daran zerbrochen. Und nur sein Wille, dich zu finden, hat ihn das durchstehen lassen. Es wundert mich nicht, dass er behauptet hat, ihr wärt verheiratet.“ Scully sah, wie der Blick ihrer Mutter zur Tür glitt, bevor sie weiter sprach. „Sie hätten ihn niemals zu dir, geschweige denn bei dir bleiben lassen, wenn er es nicht getan hätte.“ Ruhig sprach Margaret weiter. „Ich weiß von Mr. Skinner, dass sie immer noch nicht herausgefunden haben, wo du warst und was genau passiert ist. Oder wie du zurückgebracht worden bist.“ Scully hörte, dass die Stimme ihrer Mutter aufgeregter wurde. „Kind... Ich habe mir solche Sorgen gemacht... Und... Schwanger. Mein Gott. Dr. Bailey hat gesagt, deinem Kind ginge es gut. Er geht davon aus, dass... deine Schmerzen...“ Scully sah, wie sich Tränen in den Augen ihrer Mutter sammelten und merkte, wie ihre eigene Sicht verschwamm. „Deine Schmerzen sind wohl durch deine Verletzungen zu erklären.“ sprach Margaret weiter und Scully hörte das unterdrückte Schluchzen in ihrer Stimme. „Oh Dana.“
Ihre Mutter beugte sich über sie und wollte sie in den Arm nehmen, sie weinte und Scully spürte ihre eigenen Tränen.
„De... Deine Handgelenke waren anscheinend gefesselt und du hast dich gewehrt. Darum sind sie verbunden. Sie haben geblutet.“ Scully schluckte und nahm die Stimme ihrer Mutter nur noch dumpf wahr. „Deine Schulter...“ sprach Margaret leise weiter. „...war blau und unterblutet, sie haben einen Einstich gefunden, und dein Rücken... der Doktor sagte, dass du lange in einer gleichen Position gelegen haben musst.“
Scully schauderte in den Armen ihrer Mutter und schluckte hörbar schwer.
„Kein Wunder, dass Fox... Er...“ Scully hörte ihre Mutter schniefen, klammerte sich in ihrer Umarmung fest, die Augen geschlossen. „Er hat mir erzählt, dass ihr euch näher gekommen seid.“ flüsterte Margaret nun weiter und Scully nickte. Daran erinnerte sie sich. Sie spürte, wie ihre Mutter sich aus der Umarmung befreite um sie anzusehen. Sie hielt ihren Blick gesenkt.
Ein leises Klopfen von der Tür ließ Scully Aufsehen.
„Herein.“ sagte Margaret.
„Hey.“ hörte Scully und Mulder kam zögernd durch die Tür. „Sie lassen mich wieder zu dir.“ lächelte er und sah sie intensiv an.
Scully spürte ihre Mundwinkel sachte zucken. Sie fühlte sich unendlich erleichtert, jetzt wo sie ihn wieder sah. Er sah frischer aus. Rasiert und mit Jeans und einem einfachen Pullover bekleidet. Sie roch deutlich sein Aftershave und Kaffee.
„Maggie, ich habe uns frischen Kaffee besorgt, sorry Süße, du darfst keinen. Ich hab gefragt.“ sagte er sanft und reichte einen Becher an ihre Mutter weiter, während er einen anderen in seiner linken Hand behielt. „Du hast lange geschlafen. Wie geht es dir?“ fragte er sie und beugte sich zu ihr herab, um ihr einen kurzen Kuss auf die Wange zu geben.
„Bess...er.“ hauchte Scully und sah, wie Mulder finster blickte.
„Sie geben dir wieder was gegen die Schmerzen. Was Leichtes...“ fügte er an.
Scully nickte und brach den Blickkontakt um ihre Bettdecke anzustarren. *Schwanger.* Sie schluckte und fühlte kurz darauf seine Hand, die ihre ergriff.
„Danke für den Kaffee, Fox, sehr aufmerksam.“ sagte Margaret.
Scully hielt ihren Kopf gesenkt. Neue Tränen verschleierten ihren Blick, als sie ihre Hand anstarrte, die mit Mulders verschlungen in ihrem Schoß lag.
„Nicht dafür, Maggie.“ sagte er leise und Scully spürte, wie er sie ansah. Er drückte ihre Hand sanft und streichelte mit seinem Daumen über ihre Finger. Scully war sich nicht sicher, ob er die sanften Bewegungen bewusst steuerte.
„Wann wird Dana entlassen werden können?“ fragte Maggie und Scully sah wieder auf.
„Haben sie mir nicht sagen können.“
„Ich kann eine Weile bei dir bleiben, Kind.“
Scully sah Mulder an. *Nach Hause* dachte sie verzweifelt. *Bring mich nach Hause.* Er nickte, als hätte er sie gehört.
„Das wird ihre Entscheidung sicher beeinflussen, wenn sie wissen, dass sie nicht allein zu Hause sein wird. Ich habe Urlaub, bis... Bis es dir wieder besser geht.“ sagte er leise, nachdenklich. „Wir können Doktor Bailey später danach fragen, wann du nach Hause kannst.“
Scully nickte.
„Allerdings...“ fügte er hinzu und Scullys Herz sank. „Werde ich es nicht zulassen, solange nicht... geklärt ist, wer für… dafür verantwortlich ist, dass du hier bist, und bis dieser Jemand hinter Schloss und Riegel oder tot ist.“ sagte er kalt.
„Fox!“ rief Margaret aus.
„Nein, Maggie. Da rennt jemand rum, der deine Tochter in seiner Gewalt hatte und wer weiß, ob sie in ihrer Wohnung sicher sein wird.“
„Warum sollte sie es nicht sein. Du sagtest, sie sei verschwunden, während sie unterwegs war.“
„Maggie... Es ist zu gefährlich.“ sagte er ruhig und Scully schauderte, weil er zu ruhig klang, zu überlegend und grübelnd und sie wusste, dass er Recht hatte.
„Mmom...“ seufzte Scully. „Er...hat...rech...t.“
„Wie ihr meint.“ sagte Margaret kühl. „Dann wirst du eben solange bei mir im Haus wohnen, bis Fox der Meinung ist, dass du wieder in deine Wohnung kannst.“
Scully sah ihre Mutter an. Mulders Daumen kreiste immer noch über ihrer Haut. Er sagte nichts und ihr Kopf schien mit einem Mal leer. Mit einem Seufzen lehnte sie sich tiefer in das Kissen und schloss ihre Augen.
„Ja, schlaf ein wenig Dana. Sollen wir dich allein lassen?“ fragte Margaret sanft.
Scully riss ihre Augen auf. „Nein.“ krächzte sie und grub ihre Fingernägel in Mulders Hand.
„Shhh. Wir bleiben. Ruh dich aus.“ flüsterte er und beugte sich über sie, er hatte seinen Becher abgestellt, damit er ihr sanft über die Stirn streicheln konnte während er mit der anderen Hand immer noch ihre hielt. „Ich werde da sein, wenn du aufwachst.“ flüsterte er etwas leiser und sie nickte erschöpft. Sie bemerkte, wie Mulder einen Blick mit ihrer Mutter tauschte, bevor sie ihre Augen wieder schloss. Ihre Hand hielt seine fest.

in der Nacht
Krankenhaus

Das Piepen war weg, aber sie fühlte immer noch Mulders Hand, als ihre zuckte und ihn darauf aufmerksam machte, dass sie erwachte. Scully öffnete ihre Augen und war froh, dass es dämmrig im Zimmer war. Eine kleine Lampe in der hintersten Ecke spendete ein wenig Licht, ansonsten war es dunkel.
Sie drehte ihren Kopf in Mulders Richtung und er lächelte ihr schwach entgegen. „Dur...st.“ hauchte sie und er entzog ihr seine Hand und hielt ihr einen Becher vor die Nase, aus dem ein Trinkröhrchen herausragte.
„Wasser.“ sagte er leise und klang müde.
Scully trank einen Schluck und verzog ihr Gesicht.
„Trink langsam.“
Sie nickte und trank vorsichtiger einen weiteren Schluck.
„Nachdem du eingeschlafen warst, kam der Doktor zur Visite. Er... hat dir noch einmal Blut abgenommen, für weitere Untersuchungen. Ich habe vergessen, warum die erste Probe nicht ausreichte... Jedenfalls...“
Scully ließ den Halm aus ihrem Mund gleiten und Mulder nahm den Becher weg und stellte ihn auf den kleinen Schrank neben dem Bett.
„Er hat auch das hier gebracht.“ Mulder reichte ihr ein kleines Ultraschallbild. *Schwarzweiß.*
Scully nahm es und betrachtete das kleine Bild.
„Er geht davon aus, dass ich...“ stockte Mulder. „Weil ich behauptet habe... dass wir verheiratet sind... dass es von mir ist.“
Sie ließ das Bild sinken und sah ihn an, sie suchte seine Augen.
Er sah auf ihre verschlungenen Hände und sprach leise weiter. „Ich habe ihn nicht korrigiert.“ Sein Daumen rieb wieder ihre Hand. „Maggie... war etwas geschockt, aber dann hat sie sich gefreut. Glaube ich.“ Mulder wurde immer leiser und Scully musste sich anstrengen, dass sie ihn weiterhin verstand. „Doktor Bailey sagte, er schätzt das Alter des Fetus auf die elfte Schwangerschaftswoche. Das...“ er stockte wieder. „Das wäre... vor deiner Entführung gewesen. Du warst fast sechs Wochen verschwunden.“
Scully suchte immer noch Mulders Blick. „Ist...es...gesund?“ fragte sie langsam.
Er nickte. „Ja...ja. Bailey sagte es. Und darum... darum ist dir so schlecht.“
„Mul...der...“ flüsterte sie erstickt und endlich sah er auf und ihre Blicke trafen sich. Scully biss sich auf die Unterlippe, weil sie spürte, wie sich neue Tränen in ihr sammelten.
„Ich hätte dich nicht allein dorthin fahren lassen sollen, Scully.“
Sie schüttelte ihren Kopf. „Nicht...“ hauchte sie und drückte seine Hand. „Nicht...deine...Schuld.“ krächzte sie mühsam und blinzelte hektisch.
„Bailey möchte, dass du erst mit einem Psychologen sprichst, bevor er dich entlässt. Aber... du musst nicht mehr von diesen Maschinen überwacht werden und ich habe sie wegbringen lassen. Dafür kommt alle zwei Stunden eine Schwester und sieht nach dir.“
Scullys Lippen formten seinen Namen, ohne Ton, und er schenkte ihr ein mageres Lächeln.
„Maggie übernachtet in meinem Apartment.“ erzählte er zusammenhanglos weiter. „Sie will morgen früh mit dem Taxi kommen, um dich noch einmal zu sehen, bevor sie wieder nach Baltimore fährt. Sie sagt, du seist bei mir besser aufgehoben, als bei ihr. Aber ich glaube, nachdem sie die Unordnung in meinem Apartment gesehen hatte, wollte sie es sich noch einmal überlegen.“ Scully sah, wie sein Lächeln eine Spur breiter wurde. „Ich musste ihr versprechen, dass ich aufräume, bevor du mit mir nach Hause kommst.“
Sie sah ihn weiter ruhig an.
„Möchtest du noch etwas trinken?“ fragte er plötzlich und griff schon nach dem Becher.
Scully schüttelte langsam ihren Kopf und schloss ihre Augen, als ein starkes Schwindelgefühl durch sie hindurch raste. „Nein...“ hauchte sie und öffnete ihre Augen wieder.
„Soll ich die Schwester rufen?“ fragte er besorgt und sein Gesicht schwebte über ihrem.
„Nein...geht...“
„Bist du sicher? Du bist sehr blass geworden.“
„Sich...er...“ Sie griff seine Hand fester und er nickte düster, lehnte sich in seinem Stuhl zurück, ließ sie aber nicht aus den Augen. „Nur...schwind...lig.“ Sie sah wie er nickte und lehnte sich wieder tiefer in ihr Kissen. „Müde.“ hauchte sie.
„Dann schlaf. Ich bin hier.“
„Dan...ke.“ hauchte sie so leise, dass sie selbst nicht sicher war, ob sie es nicht nur dachte, und schloss ihre Augen.
Sie spürte seine weichen Lippen auf ihren. „Ich bin da.“ murmelte er gegen sie und dann war sie eingeschlafen.

später in derselben Nacht
Krankenhaus

„Jarleth... NEIN!“ Scully schrie. Ihre Kehle brannte, ihr Unterleib zog sich in Krämpfen zusammen und sie schlug um sich, nicht wissend, wo sie war oder wie sie dorthin gekommen war. Sie spürte, wie große Hände sie an ihren Schultern packten und sie in eine bestimmte Lage auf das Bett zwingen wollten und schrie weiter. Drehte und wand ihren Körper gegen den Druck.
„Scully wach auf.“ hörte sie jemanden entfernt rufen. „Es ist ein Traum, Doktor. Nein, nein, geben Sie ihr nichts.“ rief die Stimme alarmiert. „Scully, wach auf. Du bist in Sicherheit. Mach deine Augen auf. Sieh mich an.“ hörte sie die Stimme wieder ruhiger und deutlicher, und erkannte sie als Mulders. Der Druck an ihren Schultern änderte sich und sie spürte, wie sie in eine sitzende Position gezogen wurde.
Scully keuchte mühsam und hustete.
„Wach auf. Du bist in Sicherheit... Wach einfach auf. Ich bin hier. Hörst du.“
Sie beruhigte sich und der Nebel um sie herum nahm immer mehr Konturen an. Der Husten hielt an und ihre Kehle brannte. Tränen liefen ihr über das Gesicht. Sie wurde nach vorne gezogen und sackte erschöpft gegen einen breiten Körper.
„Du bist in Sicherheit. Ich bin bei dir.“ Scully erwachte endgültig und klammerte sich schluchzend an ihm fest.
„Mul...der.“ keuchte sie hustend. „Nach...Hau...se...bring...mich...nach...Hau...se.“ weinte sie.
„Sicher. Du bist sicher. Und ich bring dich nach Hause. Ich bring dich hin, wo immer du willst, Süße.“ flüsterte er gegen ihr Ohr und allmählich beruhigte sie sich. Sie spürte Mulders lange Arme um sich herum und roch ihn intensiv. Scully drückte ihr Gesicht an seine Brust und spürte, wie er mit einer Hand beruhigend über ihren Rücken glitt und mit der anderen ihren Kopf an seine Brust gedrückt hielt.
„Nach...Hau...se.“ murmelte sie in seinen Pullover.
Mulder küsste ihren Scheitel. „Überall hin.“ flüsterte er und hielt sie weiterhin. Er wiegte sie sachte hin und her.
Scully beruhigte sich. Ihre Atmung wurde langsamer und der Schmerz in ihrer Kehle ließ nach.
„Sehen Sie, Dok...“ hörte sie Mulders Stimme. „Sie braucht nichts. Sie haben selbst gesagt, es wäre nicht gut für sie.“
Scully hörte ein dumpfes Brummen.
„Ja. Es wird gehen.“ sagte Mulder und Scully verstand den Zusammenhang nicht ganz. Es war ihr auch egal. Sie presste sich weiterhin an Mulder und hoffte, er würde sie noch eine Weile halten. Es wurde ruhiger. Mulder küsste erneut ihren Kopf und seine Hand glitt unter ihr Kinn und hob es an. „Sieh mich an. Bist du wach?“
Scully öffnete ihre Augen und traf seinen besorgten Blick. Sie nickte leicht.
Er senkte seinen Kopf und küsste sie auf ihre Lippen.
„Nach...Hause.“ hauchte sie wieder. „Ich...möch...te...nach...Hause.“
„Jetzt gleich? Ich glaube kaum, dass sie dich weglassen werden. Du hattest einen schlimmen Alptraum, aber jetzt bist du wach, oder?“
Scully nickte wieder. „Bit...te.“ flüsterte sie gebrochen. „Bring...mich...nach...Hause.“ atmete sie aus.
„Scully. Ich kann dir nicht schnell genug helfen, wenn irgendetwas mit dir passiert.“ versuchte er sie umzustimmen.
„Mul...der.“
Er seufzte. „Morgen, in Ordnung? Ich bringe dich morgen nach Hause.“ flüsterte er und sie vergrub wieder ihr Gesicht an seiner Brust und nickte.
„Bleib...bei...mir.“
„Ich bin da.“ sagte er dunkel und verstärkte seine Umarmung.

Nächster Morgen
Krankenhaus

Scully erwachte und das erste Mal seit Tagen fühlte sie sich nach dem Schlaf erholt. Angenehme Wärme und das Gefühl der Geborgenheit umgaben sie und sie seufzte leise. Die grausame dunkle Welt schien weit weg und sie davon losgelöst und eingehüllt in einen warmen Kokon. Sie hielt ihre Augen geschlossen und bewegte sich so wenig wie möglich. Sie wollte einfach nicht diese angenehme Empfindung loslassen. In einem entfernten Teil ihrer Gedanken war ihr klar, dass sie das irgendwann müssen würde. Aber diese Wärme, die sie umgab, war so selten, dass sie ihr beinahe fremd erschien.
Leises tiefes Atmen und eine sanfte auf und ab Bewegung lullten sie weiter ein. Es war, als würde sie in einem schaukelnden Boot auf ruhigem Wasser treiben und warme Sonnenstrahlen auf ihren Rücken scheinen und sie wärmen. Die Wärme kroch in ihre Knochen und entspannte sie.
Scully seufzte ein weiteres Mal leise. Zu der Wärme, die sie umgab mischten sich allmählich immer mehr Geräusche, die nicht in das Bild mit dem ruhigen Boot passten. Leises Rascheln in ihrer unmittelbaren Nähe und entfernte Hektik ließen sie letztendlich doch blinzeln und ihre Augen öffnen.
Sie sah, wie ihre Mutter auf dem Stuhl saß, wo gewöhnlich Mulder saß wenn sie erwachte, und in einer Zeitschrift las. Das leise Rascheln, das sie gehört hatte, kam von den Seiten die vorsichtig umgeblättert wurden. Scully wurde klar, dass sie immer noch in diesem Krankenhaus sein musste, was auch die entfernte Hektik erklärte, die vor ihrem Zimmer herrschte. Sie hörte das alarmierende Rufen einer Schwester und hektisches Getrampel von schnellen Schritten, sowie das Gepolter eines Wagens, der über den PVC-Boden geschoben wurde.
Mit einem weiteren entspannten Seufzen atmete sie aus und schloss ihre Augen wieder. Sie wurde immer noch von Wärme umschlossen und sanft geschaukelt und wollte noch für einen Moment an dem friedlichen Ort bleiben, den ihre Phantasie geschaffen hatte. Sie rieb ihren Kopf ein wenig hin und her und atmete tief ein. Mulders Körpergeruch umgab sie und das Bild von dem schützenden Kokon drang wieder in ihren Kopf. Ihr wurde klar, dass er sie hielt. Sie lag mit ihm, auf ihm, in dem Krankenhausbett. Das sanfte Schaukeln kam von seiner Brust, die sich im Rhythmus seines entspannten Atmens ruhig hob und senkte. Er hielt sie sanft und schlief. Ihr linkes Bein war zwischen seine gerutscht und seine Arme lagen um ihren Rücken. Dabei aber so locker, dass sie wusste, sollte sie die Umarmung lösen wollen, würde ihr das mühelos gelingen. Ihre Lippen formten sich zu einem Kuss, den sie ihm gab, ohne sich zu bewegen, einfach dorthin auf seine Brust, wo sie lag.
Mulder rührte sich im Traum unter ihr und verstärkte den Druck seiner Arme um sie herum für einen Moment. Er murmelte etwas im Schlaf, das sie nicht verstehen konnte, und ein plötzliches Gefühl von Verlangen strömte durch ihren Körper, als sie spürte wie er hart wurde.
Scully presste ihre Augen fest aufeinander, bemüht darum weiter ruhig zu atmen. *Er träumt.* dachte sie. *Es ist normal, dass Männer gelegentlich mit einer Erektion erwachen. Er wacht gleich auf. Gott, nein, noch nicht. Nur noch ein wenig. Schlaf weiter und träum süß, Geliebter.* Sie kuschelte sich enger an ihn, rieb dabei unbewusst ihre Hüfte gegen seine und ihr Bein, das zwischen seinen lag, winkelte sie aus einem Impuls heraus an. Sie spürte, wie seine Erregung wuchs und er tief ausatmete. *Schlaf weiter.* sagte sie sanft in Gedanken zu ihm und als hätte er sie gehört, entspannte sich seine Umarmung um sie herum wieder ein wenig. Ihre Lippen küssten ihn ein weiteres Mal, einfach dort wo ihr Kopf gerade lag.
Das Klappen der Tür ließ sie ihre Augen öffnen. Sie sah, wie ihre Mutter die Zeitung beiseite legte und aufstand. „Sie schlafen beide noch.“ sagte sie leise.
„Verstehe, aber ich muss meine Visite durchführen.“ Scully erkannte die Stimme von Doktor Bailey und er erschien kurz darauf in ihrem Sichtfeld. „Guten Morgen, Mrs. Scully. Wie geht es Ihnen heute Morgen?“ fragte er, als er sah, dass Scully ihre Augen geöffnet hatte.
Scully spürte Mulders Griff um sich fester werden und er bewegte sich und atmete hörbar aus. Sie antwortete nicht sondern schloss wieder ihre Augen und drückte sich noch enger an Mulder heran, was diesen erwachen ließ.
„Verschwinden Sie Doktor Bailey.“ hörte Scully Mulder unfreundlich murmeln. Seine Arme um sie herum fingen an über ihren Rücken zu streichen. Sie hielt ihre Augen weiterhin geschlossen. „Das heißt, etwas können Sie doch für uns tun, holen Sie ein Entlassungsformular. Ich werde meine Frau mitnehmen, wenn ich gleich gehe.“
„Das ist unverantwortlich.“ sagte Bailey.
Scully hörte, wie ihre Mutter im selben Moment nach Luft schnappte. „Fox, Dana!“
„Bringen Sie einfach das Formular.“ sagte Mulder ruhig und hielt nun mit seinen Bewegungen inne. „Bist du wach, Süße?“ fragte er sie liebevoll und küsste ihren Kopf.
Scully nickte.
„Ich muss aufstehen.“
Sie bewegte sich und zog ihr Bein, das zwischen seinen lag, zurück und rollte sich dann seitlich, um ihm Platz zu schaffen. Sie bedauerte es, als er aufstand und öffnete ihre Augen. Wenn sie mit ihm das Krankenhaus verlassen wollte, sollte sie zumindest ihrer Mutter zeigen, dass es auch gehen würde. Dass sie sich ohne Hilfe aufsetzen und auch laufen können würde. Sie hoffte es.
Der Blick, den der Doktor auf sie warf, war mehr als skeptisch und ihre Mutter starrte sie einfach nur an, ohne etwas zu sagen.
Scully sah Mulder hinterher, der nur mit Shirt und Boxershorts bekleidet im kleinen Bad, das zum Zimmer gehörte, verschwand.
Der Doktor holte wieder Luft, sie weiterhin ansehend. „Sind Sie sich sicher, Mrs. Scully?“
„Ja.“ sagte Scully und war froh, dass ihre Stimme fast normal klang.
„Wie Sie wollen. Ich schicke Stacy mit dem Formular.“ Damit verließ er das Zimmer und Scully sah zu ihrer Mutter.
„Dana, hältst du das wirklich für eine gute Idee? Du bist noch nicht so weit, das Krankenhaus wieder zu verlassen. Es geht dir nicht gut.“
„Mom.“ flüsterte Scully. „Ich...möchte...nach...Hause.“
„Wie hast du Fox dazu überreden können? Gott steh mir bei. Der Mann tut wirklich alles für dich. Ich bin fast sprachlos und wenn es nicht so verantwortungslos wäre, würde ich mich eventuell darüber freuen, aber Dana... hast du an euer Kind gedacht?“
Scully fror ein in ihrem Vorhaben, das Bett zu verlassen und ihre Kleider zu suchen.
„Es wird ihr gut gehen.“ sagte Mulder ruhig und kam in das Zimmer zurück. Er hatte seine Hose angezogen und seine Haare standen etwas feucht und wirr von seinem Kopf ab. „Maggie, ich werde auf sie aufpassen. Auf sie und auf das Baby.“
„Es...ist...noch...keines.“ flüsterte Scully steif. Sie fühlte die Blicke von Margaret und Mulder auf sich und schob sich langsam über die Bettkante. „Wo sind meine Sachen?“ fragte sie und sah erst ihre Mutter und dann Mulder an.
Mulder ging zu dem Schrank und holte ihre Kleidung hervor, die sie an dem Tag trug, als sie ohne ihn ins ‚Suns Hope‘ gefahren war. Sie starrte die Sachen an, die er ihr wortlos reichte. „Soll ich dir damit helfen?“ fragte er leise.
„Nein.“ flüsterte sie rau, dann sah sie zu Margaret. „Mom?“ fragte sie hauchend.
„Dana...“
„Bitte...Mom.“ Scully sah ihre Mutter flehend an.
„Dana, das ist ein Fehler...“ sagte ihre Mutter, kam aber auf sie zu.
„Nein...Mom...ich...muss...nach...Hause.“ flüsterte Scully schwer.
„Unter einer Bedingung...“ lenkte Margaret ein und sah zu Mulder. „Ihr kommt mit in mein Haus, nach Baltimore. Beide.“ betonte sie.
Scully nickte und schloss die Augen einen Moment. *Gott. Schlecht.* dachte sie. *Nicht übergeben. Langsam. Atme.* mahnte sie sich selber.
„Fox, ihr könnt nicht zu Dana und auch nicht zu dir nach Hause.“ fuhr Margaret fort.
Scully öffnete ihre Augen wieder, als sie spürte, wie ihre Mutter ihr über den Arm strich. Margaret sah sie mitfühlend an.
„Ja, du hast Recht Maggie. Daran habe ich zuerst nicht gedacht. Aber Dana... war vor meiner Tür… als...“
„Richtig. Und wenn du sagst, dass sie bei sich zu Hause nicht sicher ist, dann ist sie es bei dir zu Hause auch nicht.“ stellte ihre Mutter klar. „Und aus diesem Grund, werdet ihr ohne Widerrede mit nach Baltimore kommen.“
„Danke Maggie.“ sagte Mulder.
„Nicht dafür, Fox, und nun sieh zu, wo das Formular bleibt, damit wir Dana nach Hause bringen können.“
Scully sah Mulder hinterher, wie er aus dem Zimmer trat und sofort nach einer Schwester rief, dann sah sie wieder zu ihrer Mutter. „Danke...Mom.“ flüsterte sie.
„Geht es wieder?“ fragte Maggie leise und half Scully das Krankenhaushemd auszuziehen.
„Ja...geht...“ hauchte Scully.
„Mir war auch immer schlecht. Besonders als ich mit Bill schwanger war.“
Scully presste ihre Lippen aufeinander und hob wortlos ihre Arme, als Margaret ihr ein Zeichen dazu gab.
Wortlos ließ sie sich weiter von ihr beim Anziehen helfen und wie auf ein Stichwort kam Mulder genau dann wieder ins Zimmer, als sie fertig waren.
„Ich habe dich ausgecheckt, Scully. Können wir?“ witzelte er und Scully sah, wie Maggie ein amüsiertes Grinsen nicht verstecken konnte.
„Ihr Kinder...macht es einem niemals leicht, mh?“ fragte sie rhetorisch und reichte Scully ihre Hand.
Scully nahm die Hand ihrer Mutter und lies wortlos zu, dass Mulder an ihrer anderen Seite stand und seinen rechten Arm um ihre Schultern legte. Für Fremde würde es locker und lässig aussehen, aber er stützte sie auf diese Weise.
Sie schenkte ihm einen dankbaren Blick und erntete ein Augenzwinkern und einen Kuss auf die Stirn.

11:21 Uhr
Margaret Scullys Haus, Baltimore, Maryland

Scully saß auf dem Beifahrersitz und hielt sich am inneren Griff der Autotür fest. Sie sah starr geradeaus und atmete erleichtert aus, als Mulder das Auto auf die Einfahrt zum Haus ihrer Mutter lenkte. Ihr war schlecht gewesen, seit sie losgefahren waren und seit fast einer halben Stunde überlegte sie, wann sie Mulder bitten müsste rechts anzuhalten. Sie hatte es geschafft die Übelkeit soweit nieder zu kämpfen, dass sie das nicht tun musste, aber als nun der Wagen einen letzten Ruck machte und Mulder die Handbremse zog, riss sie verzweifelt die Tür auf und beugte gerade noch rechtzeitig ihren Kopf nach draußen.
Wieder und wieder krampfte sich ihr Magen zusammen und ließ den dumpfen Schmerz in ihren Unterleib zurückkehren. Ihre Augen tränten und hustend und würgend erbrach sie sich auf die Einfahrt. *Ein tolles Bild für die Nachbarn.* dachte sie träge und spürte Mulders Hand an ihrem Rücken und in ihrem Nacken. Er half ihr, ihre Haare nach hinten zu halten und Margaret war von der Rückbank ausgestiegen und hielt die Autotür offen, damit sie Platz hatte.
Nachdem es vorbei war, lehnte sich Scully erschöpft in den Sitz zurück. Sie hatte ihre Augen geschlossen.
Mulder strich ihr sanft über die Stirn und die Wange. „Bleib noch einen Moment sitzen.“ sagte er leise.
„Fox hat Recht. Und ich hole eben kurz den Gartenschlauch, danach kann er dich ins Haus bringen.“ bestimmte Margaret und Scully hörte sie wenige Momente später an dem Garagentor hantieren.
Scully öffnete ihre Augen wieder und drehte ihren Kopf nach links in Mulders Richtung. Er hatte seine Hand zurückgezogen und beobachtete sie ruhig. „Besser?“ fragte er.
„Besser.“ flüsterte Scully. „Mir...war...noch...nie...so...schlecht.“ ergänzte sie und sah, wie er nickte.
Das Geräusch von spritzendem Wasser ließ sie beide aufsehen. Margaret säuberte die Einfahrt und Mulder stieg aus und kam um das Auto herum. Er reichte Scully seine Hand und half ihr beim Aussteigen. Sie war ihm dankbar, dass er abermals schlicht seinen Arm um ihre Schultern legte, um sie zu führen.
Margaret eilte an ihnen vorbei und schloss die Tür auf.
„Erstmal ins Wohnzimmer.“ sagte sie knapp und wies Mulder die Richtung.
Scully hörte Margaret draußen den Schlauch wegräumen und das Garagentor schließen, während Mulder sie zum Sofa dirigierte. „Leg dich hin. Ich hole dir ein Glas Wasser.“
Sie gehorchte und hörte ihn nur wenige Momente später in der Küche nach einem Glas suchen und dann den Hahn aufdrehen. Kaum eine Minute später war er wieder neben ihr. Sie hatte sich auf ihre Seite gelegt, den Kopf auf einem handbestickten Kissenbezug, die Augen geschlossen und ihre Beine leicht angewinkelt.
„Scully.“ sagte er leise und sie öffnete ihre Augen wieder. Er half ihr sich etwas aufzurichten und hielt ihr das Glas, während sie langsam einen kleinen Schluck trank.
„Fox. Du kannst das Auto zu machen.“ sagte Margaret und kam zu ihnen.
Mulder nickte und fragte Scully mit seinen Augen, ob sie fertig mit trinken wäre. Auf ihr Nicken hin, stellte er das Glas auf den Beistelltisch und lief nach draußen.
„Ruh dich ein wenig aus, Schatz. Ich werde uns etwas Einfaches kochen.“ sagte Margaret und strich Scully sanft über die Stirn.
Scully legte ihren Kopf wieder auf das Kissen und nahm deutlich den Geruch ihrer Mutter wahr und hörte Mulder vor dem Haus am Auto rumpeln. Sie schloss ihre Augen und war nur Momente später eingeschlafen.

Margaret Scullys Haus, Baltimore, Maryland

Scully erwachte, als sie ein sanftes Streicheln an ihrer Schulter spürte, sie blinzelte träge und spürte Mulders Lippen auf ihrer Stirn.
„Deine Mom hat etwas gekocht.“ flüsterte er sanft und küsste sie ein zweites Mal. „Du solltest eine Kleinigkeit essen.“
Scully nickte und seufzte leise. Der Geruch von Gebratenem hing schwer in der Luft. Mulder stützte sie, als sie sich aufrichtete.
„Maggie lässt fragen, ob du hier essen möchtest.“ sagte er etwas lauter.
„Nein...ich...esse...mit...euch.“ sagte Scully rau und rieb sich kurz über das Gesicht.
Mulder reichte ihr seine Hand und half ihr an den Esstisch.
„Riecht...gut.“ Sie schnupperte in die Luft und setzte sich dann in einen Stuhl, den Mulder ihr vom Tisch zog.
„Schmeckt auch gut.“ sagte Margaret und kam mit einer dampfenden Schüssel herein, die sie dann auf den Tisch stellte.
„Warte, ich helfe dir Maggie.“ sagte Fox und beeilte sich, hinter Margaret her in die Küche zu laufen. Kurz darauf kamen beide wieder. Mulder hielt eine weitere Schüssel und Margaret einen Servierteller, auf dem ein Braten lag, schon in Scheiben geschnitten.
„Das hätten wir.“ stellte Margaret zufrieden fest und sah von ihrer Tochter zu Mulder.
Scully spürte, wie ihr vor Appetit der Speichel im Mund zusammen lief.
Nachdem sich ihre Mutter und Mulder an den Tisch gesetzt hatten, faltete Margaret ihre Hände und schloss die Augen. Sie hielt einen Moment inne und Scully senkte ihren Kopf. *Danke.* dachte sie einfach in Gedanken und hob ihren Blick in Mulders Richtung, der ruhig da saß, sie ansah und wartete.
„Fox, tu Dana etwas auf und bedien dich.“ sagte Margaret schließlich und wartete, bis Mulder fertig war.
Scully kommunizierte schweigend mit Mulder, was die Mengen an Essen betraf und schenkte ihm ein kleines Lächeln. *Das können wir gut.* dachte sie und sah zu ihrer Mutter, die warm zurück lächelte.
Scully nahm ihre Gabel und probierte von dem Gemüse, sie schloss ihre Augen und seufzte leise. „Gut...“ flüsterte sie und nahm einen weiteren Bissen.
„Also doch vernünftig, oder Maggie? Immerhin isst sie was.“ stellte Mulder fest und Scully hörte die Freude darüber in seiner Stimme.
„Wenn ich gar nicht eurer Meinung gewesen wäre, wärt ihr jetzt nicht hier, Fox.“ sagte Margaret fest.
Scully aß ruhig weiter. Hin und wieder seufzte sie genüsslich. Und auch wenn es nur eine kleine Portion war, legte sie zufrieden und gesättigt ihre Gabel über den Teller, als dieser leer war. „Danke...Mom.“ sagte sie leise und sah zu ihrer Mutter.
„Gerne mein Schatz.“ antwortete sie und sah Scully zufrieden an. „Dann klären wir vielleicht als nächstes die Frage, wo Fox schlafen wird.“
Sein Husten ließ Scully zu ihm sehen. Er hatte sich eine Serviette vor den Mund gedrückt und sah abwechselnd von Margaret zu ihr.
„Dachte ich mir.“ sagte Margaret einfach. „Ihr habt das noch nicht so oft getan. Zusammen geschlafen, meine ich. Und... Antwortet lieber nicht. Ich möchte es im Grunde gar nicht wissen. Es geht mich nichts an. Ihr seid beide erwachsen. Und ich habe selber vier Kindern das Leben geschenkt und weiß, wie sie entstanden sind.“
Scully spürte, wie ihre Wangen heiß wurden.
„Wir können ein Zimmer für dich herrichten, Fox, oder...ein Klappbett mit zu Dana ins Zimmer stellen, oder...“ Margaret ließ das Ende ihres Satzes offen und Scully senkte beschämt ihren Kopf. „Ich werde jetzt abwaschen und ihr solltet euch darüber beraten.“ mit diesen Worten stand Margaret auf und räumte den Tisch ab. Nachdem sie das Zimmer verlassen hatte sah Scully zu Mulder.
Er erwiderte ihren Blick. Und als Margaret in der Küche begann mit dem Geschirr zu klappern sagte Scully leise. „Ich...möchte...dich...bei...mir.“
„Dann werde ich bei dir sein.“ stellte er mit sanfter Stimme fest, und mit einem durchdringenden Blick fragte er, „Möchtest du dich wieder hinlegen, Scully? Du siehst müde aus.“
Sie nickte. „Ja... Sagst...du...Mom...“ sie holte tief Luft. „...ich...bin...oben.“
„Sicher, soll ich dich nach oben begleiten?“
„Ich...schaffe...das...“ Scully fühlte sich müde und bemerkte selber, dass ihr Flüstern leiser wurde.
Sie sah Mulder weiterhin an, als er um den Tisch herum kam und ihr einen Kuss auf die Stirn gab. „Ich helfe Maggie mit dem Abwasch. Ruh dich einfach aus.“
Scully hasste es, sich so schwach zu fühlen, aber sie nickte, um ihn zu beruhigen und nachdem Mulder ihrer Mutter in die Küche gefolgt war, stand sie auf und erklomm die Stufen ins obere Stockwerk. Sie öffnete die Tür zu ihrem ehemaligen Zimmer. Abgestandene Luft schlug ihr entgegen und sie stöhnte leise, als eine Übelkeitswelle durch ihre Eingeweide kroch. Sie öffnete das Fenster, ignorierte den Gedanken, dass sie so die sommerliche Hitze in den Raum lassen würde und legte sich auf ihr Bett, ohne die Überdecke zu entfernen. Sie schloss ihre Augen, seufzte erschöpft und schlief auf der Stelle wieder ein.

14:07 Uhr
Margaret Scullys Haus, Baltimore, Maryland

„NEIN!“ schrie Scully verzweifelt und nur wenige rasende Herzschläge später, wurde ihre Zimmertür aufgerissen und Mulder kam an ihr Bett. Sie saß aufrecht und keuchte immer noch heftig, als er sich zu ihr setzte und sie ohne weitere Worte in seine Arme zog. Scully schlang nach einigen weiteren Momenten, in denen sie um ihre Fassung kämpfte, ihre Arme um ihn. Sie spürte selber, wie sehr sie zitterte. Der lebhafte Traum ließ sie nur langsam wieder los.
Sie spürte mehr, als dass sie es wirklich hörte, wie Mulder tief seufzte. Er verstärkte seinen Griff um sie, drehte seinen Kopf ein wenig, küsste ihre Stirn und streichelte beruhigend langsam über ihren Rücken.
„Du...musst...mir...helfen.“ flüsterte Scully nach einigen Minuten. Sie löste ihre Arme von ihm und drückte sich ein wenig von ihm weg.
Mulder nahm ihre Hände in seine und sah ihr in die Augen. „Sag mir nur, wie.“
Scully spürte wie sich Tränen in ihren Augen sammelten. Ihre Sicht verschwamm und sie schloss ihre Augen vor seinem Blick. Sie zuckte zusammen, als sie spürte, wie er zärtlich über ihre Wangen strich und Nässe verteilte. „Ich...“ sie holte zitternd tief Luft. „Träume...“
„Ich weiß. Ich bin da.“ flüsterte er zärtlich.
„Nein... Ich meine...ich...träume von... Von... Hilf...mir...mich zu... Du musst...meine...Aussage. Ich...kann...mich...erinnern... Glaube ich...“ sagte sie stockend und hatte ihr Gesicht nach unten gerichtet, ihre Augen noch geschlossen, weil sie immer noch mehr Nässe ihre Wangen herunterlaufen fühlte. Mulder hielt ihren Kopf jetzt zwischen seinen Händen und strich mit seinen Daumen über ihre Wangen. „Ich kann Notizen machen...“ sagte er leise. „...oder ein Tonbandgerät laufen lassen. Während du...einfach erzählst, an was du dich erinnerst.“
Scully nickte leicht und öffnete ihre Augen, um seinen Blick zu treffen, der nach wie vor auf ihr ruhte.
„Ein Tonband?“ fragte er leise und klang unsicher. „Wir entscheiden... Du entscheidest später, ob wir es weiter geben, oder nur handschriftliche Notizen.“
„Ja.“ flüsterte sie leise und rau. Sie sah, wie sein Blick sich änderte und er ihr ein knappes, stolzes Lächeln schenkte, das ihr weiteren Mut schenkte.
„Ich habe mein Diktiergerät dabei.“ sprach er leise weiter und Scully nickte. Das hatte sie sich gedacht. „Es ist unten in meiner Tasche. Ich werde es holen, ok?“
Scully nickte wieder, holte tief Luft und zog sich noch ein Stück von ihm zurück. Sie sah ihm nach, wie er aufstand und ihr Zimmer verließ.
Sie hörte ihn in der Diele rumoren und etwas mit ihrer Mutter besprechen, was sie nicht verstehen konnte. Es dauerte nur wenige Minuten, bis er wieder in das Zimmer trat. Mulder kam wieder zu ihr ans Bett und setzte sich an das Fußende. Er reichte ihr das kleine Diktiergerät und sah sie mit ruhigem Blick an, ohne etwas zu sagen.
Scully drehte das Gerät minutenlang in ihren Händen, bevor sie es einschaltete und langsam und leise zu erzählen begann.
„Tonband...Aufnahme...Dana...Scully... Bericht der... Ereignisse... während... der... Entführung... Heute ist...“ sie stockte und Mulder sprach leise weiter.
„...der 25.08.1997.“
„Ich war...ins Suns Hope...gefahren, um Quentin Gates...zu einer laufenden...Ermittlung...zu befragen... Eine Schwester...führte mich zu...Quentin Gates... Ich hätte allein...nie zurück zur… Lobby gefunden... Der Fahrstuhl...funktionierte...nur mit Schlüssel... Gates war...unheimlich...er sah aus wie...Jarleth...einer der...Kadetten... in Quantico.“ Scully schluckte und holte tief Luft. Sie starrte das kleine Diktiergerät an, während sie sprach und fühlte Mulders Blick auf sich ruhen. „Ich bin nicht...sicher...ob es...Jarleth war...oder sie sich...nur ähnlich...sehen... Aber ich...dachte es, als...er sich zu mir...umdrehte...und dann...“ Scully schüttelte ihren Kopf. „Ich weiß nicht...was passiert...ist... Ich wachte...auf.“ Scully runzelte ihre Stirn und erzählte nach einer kleinen Pause flüsternd weiter. „Gefesselt...ich weiß...nicht wo... Es tat...weh... Zuerst war es...sehr dunkel...dann hell... Ich konnte...kaum sehen...so hell...“ Sie stockte und holte wieder Luft. Ihr Atem rasselte leise. „Gates...oder Jarleth...hat... Es tat weh...“ Scully schluckte erstickt und fühlte neue Tränen ihre Wangen herunterlaufen, sie hielt ihren Kopf noch tiefer gesenkt und erstickt presste sie weitere Details heraus. „Mein...meine...er hat...etwas... Gott… eingeführt... in mich.“ Sie schluchzte leise und hoffte, dass ihre Mutter weiter unten im Haus war, und nicht hörte, was sie sagte. „Es tat...weh...so weh... Ich...habe...geschrien...Dann...wieder leer... Er... Er...hat gesagt...ich muss...ihm danken. Er gibt mir...was...du...nicht kannst. Er...er hat...deinen Namen...genannt...Mulder...während er...“ Scully traute sich nicht, ihn anzusehen, aber hörte, wie er nach Luft schnappte. Sie versteifte sich und fühlte ihre Muskeln langsam verhärten. „Dann...nichts...als Schmerz...überall...in meiner...“ Sie biss sich auf die Lippen. Traute sich nicht, es zu sagen. „In meinem Unterleib...immer wieder... Und...in meiner...Schulter...und dann...du. Und das...Krankenhaus...“ atmete sie leise und erschöpft aus. Sie drückte den Knopf am Diktiergerät und beendete die Aufnahme. Sie biss heftig auf ihre Unterlippe und sah nicht auf. Das Gerät lag in ihrem Schoß und sie spürte Mulders Blick auf sich, aber er bewegte sich nicht. Das Bett bewegte sich nicht und er saß darauf am Fußende, es würde sich bewegen, wenn er es täte. Scullys Gedanken rasten, ihre Tränen waren versiegt. Sie fühlte sich gleichzeitig extrem angespannt und im Widerspruch dazu müde. Sehr müde. Je mehr Anspannung von ihr fiel, desto stärker wurde die Müdigkeit, die langsam nach ihren Gedanken griff.
Sie sah auf. Mulder sah sie nicht an, er blickte zur Seite und starrte ins Leere. Er war auffallend blass im Gesicht, seine Mimik seltsam starr und er hatte seine Lippen so fest aufeinander gepresst, dass sie nur noch dünne Striche waren. Er zitterte und das ließ Scully sich aus ihrem eigenen Durcheinander lösen. Sie krabbelte zu Mulder und schlang ihre Arme um seinen Hals, presste ihren Oberkörper gegen seinen und spürte wie sein und ihr Zittern zu einem wurden. Sie spürte, wie er zögernd seine Arme um sie schloss und weiter an sich drückte. So sehr, dass sie kaum noch Luft bekam, was ihr sowieso schon schwer fiel. Er streichelte sie nicht, presste sie nur an sich und sie fühlte, dass er schnell und flach atmete. Es schien, als würde er unter Schock stehen und wahrscheinlich hatte sie mit ihrer Erzählung genau das verursacht.
Endlich bewegte er sich. Er presste sie immer noch an sich, als er sich vorbeugte und nach dem Diktiergerät tastete, dass von ihr unbeachtet, auf der Überdecke liegen gelassen wurde. Sie hörte, wie er einen Knopf drückte und spürte sein langsames, tiefes Luft holen bevor er mit halb erstickter Stimme, die um Fassung rang, fragte. „Warst du mit einem Mann zusammen, bevor...du entführt wurdest?“
Scully hielt den Atem an und erstarrte in seinem Griff. „Nein.“ sagte sie nach Augenblicken, die ihr selber wie eine Ewigkeit vorkamen, aber sie schaffte es, ruhig zu bleiben und auch so zu klingen.
Mulder schaffte es nicht. „Gott, Scully...“ würgte er und stieß sie beinahe grob von sich. Er rollte sich vom Bett, das hörbar protestierte und eilte aus dem Zimmer. Sie hörte, wie er die Treppe hinabpolterte und als nächstes die Tür zur Gästetoilette knallen. Dann war es ruhig.
Scully lauschte in die Stille. Sie saß noch genauso da, wie er sie abgesetzt hatte, als nur wenige Minuten später ein leises Klopfen von der Tür kam und sie aufsehen ließ.
„Dana?“ fragte ihre Mutter unsicher und kam langsam näher.
Scully sah ihre Mutter an ohne zu wissen, was sie sagen sollte. Ohne jeden Zweifel hatte Margaret den Tumult mitbekommen, den Mulder gerade veranstaltet hatte und wollte einfach wissen, ob und was passiert ist. Scullys Annahme bestätigte sich auch prompt.
„Dana, was ist passiert? Fox... Übergibt sich.“
Scully starrte ihre Mutter wortlos an, weiterhin etwas steif und unglücklich, wie er sie abgesetzt hatte.
„Worüber habt ihr gesprochen?“
Scully schüttelte sachte ihren Kopf. *Das kann ich dir nicht sagen, Mom.* dachte sie und Tränen stiegen in ihre Augen. „Das kann...ich dir...nicht...sagen. Momm?“ Mit dem letzten Wort, brach das Weinen so heftig aus ihr heraus, dass sie im ersten Moment überhaupt nichts mehr sehen oder fühlen konnte, außer dem heftigen Schmerz in ihrer Kehle, der durch ihr Schluchzen und die gerade zurückliegende Anstrengung zurückkehrte. Im nächsten Moment spürte sie, dass sie in den Armen ihrer Mutter lag und weiter weinte, wie selten zuvor in ihrem Leben. Sie konnte überhaupt nicht mehr aufhören, und die Tatsache, dass Mulder wegen ihr körperlich litt, verstärkte ihre eigene Qual noch um ein weiteres.
„Shhh, Dana. Es ist in Ordnung. Weine nur. Das ist gut.“ sagte ihre Mutter immer wieder leise und hielt Scully sanft, während sie ihr über den Kopf streichelte.
*Nichts ist gut. Gar nichts ist gut.* dachte Scully verzweifelt und weinte nur noch heftiger.
Scully konnte am Ende nicht mehr sagen, wie lange es gedauert hatte, bis sie sich beruhigte. Irgendwann war Mulder wieder gekommen und hatte sich zu ihnen gesetzt. Durch ihren verschleierten Blick hatte Scully ihm angesehen, wie mitgenommen er war. Er war immer noch blass und hatte noch nichts gesagt.
„Shhh.“ machte ihre Mutter wieder und Scully schloss ihre Augen. „Fox?“ fragte Margaret leise in seine Richtung.
„Ich wollte dich nicht beunruhigen, Maggie. Tut mir Leid.“ sagte er leise und seine Stimme klang rau und erschöpft. „Lässt du uns einen Augenblick alleine?“ fragte er noch leiser.
Scully hörte ihre Mutter ergeben seufzen. „Sicher. Ich mache uns allen einen Tee. In der Küche.“ fügte sie überflüssiger Weise hinzu.
„Danke Maggie.“ hörte Scully Mulder sagen und spürte, wie ihre Mutter die Umarmung löste. Sie öffnete ihre Augen und ließ selber auch ihre Mutter los, damit diese aufstehen konnte. Dann rutschte sie in eine sitzende Position, versuchte dabei Mulders Blick nicht mit ihrem zu treffen, weil sie merkte, dass sich bereits wieder neue Tränen in ihren Augen sammelten. Sie biss sich auf die Unterlippe und blinzelte heftig, um zu vermeiden wieder in einen Weinkrampf auszubrechen.
Nachdem Margaret die Zimmertür mit einem Seufzen hinter sich geschlossen hatte, rutschte Mulder dichter an Scully heran und öffnete seine Arme.
„Komm her.“ sagte er einfach und Scully kroch in seine Umarmung, schluckte hörbar und schlang ihre Arme um ihn. „Tut mir Leid.“ murmelte er in ihr Ohr. „Es tut mir Leid...“ Scully spürte wie seine Lippen ihr Ohr küssten und er weiter murmelte. „Es tut mir leid, dass ich eben... die Beherrschung verloren habe. Dass ich dich allein gelassen habe. Dass ich nicht da gewesen bin. Dass...du... Dass du das durchmachen musstest. Dass du... das durchmachen musst...“ Nach jedem Satz und bei jeder Atempause küsste er sie. Auf ihr Ohr, ihren Haaransatz, ihre Schläfe und ihre Stirn. „Aber eines musst du sicher nie wieder...“ Er schob sie ein Stück von sich, damit er in ihre Augen sehen konnte, die vor ungeweinten Tränen schwammen. „...das alleine durchstehen. Von jetzt an werde ich bei dir sein. Immer. Keine getrennten Ermittlungen mehr. Keine getrennten Befragungen mehr.“
Scully holte Luft und wollte etwas erwidern, aber er ließ sie nicht zu Wort kommen.
„Und keine Widerrede. Wir sind Partner. Es ist meine Aufgabe auf dich aufzupassen, so wie du auf mich aufpasst. Ich spiele nicht den Ritter in weißer Rüstung. Ich spiele mich nicht auf oder bevormunde dich. Ich werde einfach nur da sein.“
Scully blinzelte, als die Tränen wieder liefen.
„Ich brauche das Scully. Für eine kleine Weile, ok? Lass mich für dich da sein.“
Scully schluchzte unterdrückt und presste sich wieder eng an ihn. Mulder hielt sie fest. So wie er es getan hatte, bevor er die Treppe hinabgestürmt war, ohne sie zu streicheln, er hatte seine Arme eng um sie geschlungen und drückte sie an sich.
„Wir sollten Maggie erklären, dass es in Ordnung sein wird.“ wisperte er nach ein paar Minuten und rührte sich um die Umarmung zu lösen.
„Ja.“ flüsterte Scully leise. Sie schob sich von ihm weg und sah zur geschlossenen Zimmertür. Das Telefon klingelte und sie hörte, wie ihre Mutter den Anruf entgegen nahm. Wenige Momente später klopfte es an der Tür.
„Fox, das ist Dr. Bailey aus dem Krankenhaus, er möchte mit dir sprechen.“ sagte Margaret durch die geschlossene Zimmertür.
„Ich komme sofort.“ sagte er und sah Scully noch einmal an, bevor er aufstand und das Zimmer verließ, um unten im Flur, wo das Telefon stand, den Anruf entgegen zu nehmen.
Scully sah ihm nach und schob sich langsam über die Bettkante. Margaret sah sie an und Scully nickte sachte um deutlich zu machen, dass sie sich beruhigt hätte. Dann stand sie auf und ging langsam zu ihrer Mutter, umarmte sie kurz und flüsterte. „Ich hätte jetzt wirklich gern einen Tee.“
Margaret lächelte sie erleichtert an und nickte.
Scully ging langsam die Treppe hinunter, gefolgt von ihrer Mutter. Sie hörte, wie Mulder leise mit dem Arzt sprach. Er fragte gerade, ob der Arzt etwas mit der Post schicken könne und gab die Adresse ihrer Mutter durch das Telefon weiter. Dann bedankte er sich und fragte weiter, ob er auf irgendetwas besonders achten müsse. Scully verstand den Zusammenhang nicht ganz, war sich aber sicher, dass Mulder es schon noch erklären oder zeigen würde. Sie und Margaret gingen leise an Mulder vorbei und in die Küche. Scully seufzte tief, als ihr ein schwerer Duft von einem Kräutertee entgegenschlug.
„Setz dich hin, Dana.“ sagte ihre Mutter leise und Scully schob sich auf einen der Küchenstühle. Ihre Mutter holte drei Tassen aus dem Schrank und stellte diese auf den Tisch, dann folgte noch eine kleine Zuckerdose. Die mit dem hübschen Blumenmuster, welches Scully bewunderte solange sie sich zurück erinnern konnte. Scully strich sanft mit ihren Fingern über das gemalte Muster der Zuckerdose. Sie zuckte zusammen, als Mulder in die Küche trat.
„Brauchst du Hilfe, Maggie?“ fragte er und sah Scully an, bevor er sich zu Margaret wandte und diese ansah.
„Setzt dich hin, Fox.“ antwortete Margaret.
Scully hob ihren Blick von der Dose und zog ihre Hände in ihren Schoß. Sie sah zu Mulder. Er wirkte angespannt, setzte sich neben Scully und sah sie kurz von der Seite her an. Aus einem Impuls heraus legte Scully unter dem Tisch ihre Hand auf sein Bein. Mulder holte Luft und sagte leise, aber ernst.
„Dr. Bailey hat etwas in deinen Blutproben entdeckt, dass er noch nie gesehen hat und sich nicht erklären kann. Er wird die Untersuchungsergebnisse hierher schicken, und eine Kopie ans Büro, zu meinen Händen. Er erzählte etwas von Rückständen von Somatotropin, aber er kann sich nicht erklären, wie so etwas in deinen Blutkreislauf gelangen konnte.“ Er sah Scully an. „Außerdem seien da noch Rückstände von, ihm unbekannten, Kortison-Steroiden in Verbindung mit, ihm ebenfalls unbekannten, Aminosäuren gewesen.“
Scully presste ihre Lippen aufeinander, sich sehr wohl bewusst, dass Mulder sie weiter beobachtete und ihre Reaktion abschätzte. Sie erwiderte seinen Blick, sagte ihm wortlos, indem sie leicht nickte, dass sie wüsste woran er dachte, und dass sie es ebenfalls tat. Dann glitt ihr Blick für den Bruchteil einer Sekunde zu ihrer Mutter und sie drehte ihren Kopf ein wenig hin und her.
Mulder antwortete ihr wortlos und nickte sachte. Dann sagte er leise. „Es ist auch normal, dass du so viel schläfst. Du warst vollgepumpt mit Skopolamin, was dich wohl ruhig stellen sollte. Das hatte schon die erste Blutuntersuchung gezeigt. Und...“
Scully sah, wie er kurz inne hielt und Luft holte. Für sie ein Zeichen, dass er mit etwas rang, für Fremde vermutlich kaum wahrnehmbar.
„...und die Müdigkeit könnte auch von deinem Zustand herrühren.“ flüsterte er jetzt und zog kurz seine Unterlippe in seinen Mund, um sie zu befeuchten. „Du sollst einfach schlafen, wann immer du es brauchst, sagt Dr. Bailey. Er würde dich gern nächste Woche einmal sehen.“
Scully nickte leicht. Margaret hatte die Tassen mittlerweile mit heißem, dampfenden Tee gefüllt und sich zu ihnen an den Tisch gesetzt. Scully spürte den abwartenden, aber genauso fragenden Blick ihrer Mutter auf sich ruhen. *Schwierig.* dachte Scully, sah in ihre Tasse und zog den Duft des Kräutertees in ihre Lungen.
„Maggie. Es tut mir Leid, wenn ich dich vorhin erschreckt habe.“ sagte Mulder leise und Scully wurde sich bewusst, dass ihre Hand immer noch auf seinem Bein lag, als er seine Hand über ihre schob. Er drückte sie nicht, legte nur seine Hand über ihre und Scully spürte, wie warm sie war.
„Ich gehe davon aus...“ begann Margaret ruhig „...das ihr mir nicht sagen wollt, warum Fox wie ein Wahnsinniger die Treppe heruntergestürzt ist, um sich in der Gästetoilette die Seele aus dem Leib zu kotzen.“
Scully zuckte zusammen und spürte nun doch einen sanften Druck von seiner Hand auf ihrer, die weiterhin auf seinem Bein unter dem Tisch ruhte. Sie sah ihre Mutter jetzt an und schüttelte langsam ihren Kopf. *Es tut mir Leid, Mom.* dachte sie und hoffte, dass ihre Mutter es erkennen würde.
„Nein.“ antwortete Mulder leise. Er hielt seinen Blick gesenkt, was Scully wunderte.
Der Blick ihrer Mutter ging zwischen Scully und Mulder hin und her. *Er sieht aus, wie ein kleiner Junge, der Kekse geklaut hat.*
„Mom...“ flüsterte Scully leise.
„Schon gut, Dana.“ sagte Margaret leise ergeben. „Ich bin es ja gewöhnt, nicht alles zu wissen und sicher habt ihr sehr gute Gründe, mir nicht zu sagen, was dort oben vor sich ging. Ich möchte nur eines...“ Margaret machte eine Pause. „...ich möchte wissen, dass es euch gut geht. So gut es eben sein kann. Im Moment ist wohl nichts gut.“ flüsterte sie leicht verbittert. Scully zuckte ein weiteres Mal unter dem Blick und den Worten ihrer Mutter zusammen. „Aber das zwischen euch...“ Margaret sah von Scully zu Mulder und wieder zurück. „...zwischen euch ist alles im Reinen? Fox, du wirst auf sie Acht geben, oder?“
„Natürlich!“ antwortete er fest und Scully spürte seinen festen Händedruck und seinen Blick, sie selber nickte bestätigend.
„Ja, Mom.“
„Gut. Das ist wichtig. Es ist mir wichtig, zu wissen, dass ihr für einander da seid...“
Scully sah ihre Mutter an, die ihre Stirn gerunzelt hatte und sie und Mulder ernst anblickte.
„Besonders wenn ich bedenke, dass ihr beide in nicht so ferner Zukunft, Eltern sein werdet. Und ich möchte mein Enkelkind nicht mit nur einem Elternteil aufwachsen sehen. Also müsst ihr mir versprechen, dass ihr gegenseitig so auf euch achten werdet wie bisher.“
Scully nickte, ihre Mutter weiterhin ansehend und aus dem Augenwinkel bemerkte sie, dass Mulder ebenfalls nickte. Außerdem hielt er immer noch ihre Hand auf seinem Bein fest.
„Gut, dann bin ich zufrieden.“ sagte Margaret und hob ihre Tasse. „Trinkt euren Tee, Kinder.“
Scully sah zu Mulder und bemerkte ein leichtes Schmunzeln um seine Lippen, als er ihr sachte zunickte. Sie hob ihre Tasse, mit der freien Hand, pustete den Dampf beiseite und nahm einen vorsichtigen ersten Schluck. Angenehme Wärme füllte ihren Mund und ihre Speiseröhre. Der Tee tat gut.

22:25 Uhr
Margaret Scullys Haus, Baltimore, Maryland

Nach dem für alle höchst emotional anstrengenden Nachmittag und mit dem warmen Tee im Bauch, hatte Scully ein paar Stunden geschlafen. Jetzt lag sie wach in ihrem Bett und lauschte auf die Geräusche, die durch das offene Fenster zu ihr drangen. Direkt vor ihrem Fenster zirpten Grillen und die Nachbarn schienen ein Barbecue zu veranstalten. Fröhliche, entspannte Stimmen drangen zu ihr. Sie verstand aber kaum etwas von dem, was gesagt wurde, sie hörte die Stimmen im Grunde nur als Geräusch, gleichzeitig roch sie aber auch gegrilltes Fleisch, was sie auf ein Barbecue schließen ließ. Im Grunde war es nicht wichtig, sie überlegte nur, ob sie aufstehen und ihr Fenster schließen sollte, aber die Trägheit und Mattheit in ihren Knochen hatten sie noch nicht die nötige Motivation finden lassen, tatsächlich aufzustehen.
Scully drehte sich auf die Seite, mit dem Rücken zum Fenster und dem Gesicht der Tür zugewandt. Ein flaues Gefühl in ihrem Magen hatte sie aus dem Schlaf geholt und sie spürte beginnende Kopfschmerzen. *Vielleicht sollte ich doch das Fenster schließen.* dachte sie und seufzte leise. Sie sah auf, als sie ein leises Geräusch vor ihrer Tür wahrnahm und kurz darauf die Klinke herabgedrückt wurde. Langsam öffnete sich die Tür und Mulder sah in das dunkle Zimmer. Er schien einen Moment zu brauchen, bis seine Augen sich an die Lichtverhältnisse gewöhnt hatten, dann bemerkte er, dass Scully ihn ansah. Ein kleines, sanftes Lächeln umspielte seine Lippen als er ins Zimmer trat.
„Hey, du bist ja wach.“ flüsterte er, schloss die Tür und kam näher.
Scully nickte seufzend und rückte ein Stück in die Bettmitte, damit er Platz hatte. Er erkannte ihre Einladung und setzte sich zu ihr. „Mir ist schlecht.“ murmelte sie und schloss ihre Augen, als er seine rechte Hand nach ihrer Stirn ausstreckte und sie leicht berührte. „Wie spät ist es?“
„Halb Elf. Schlaf. Das tut dir gut.“ flüsterte er und zog seine Hand zurück.
„Mulder.“ sagte Scully und hörte selber den erschrockenen Klang ihrer Stimme. Sie setzte sich mit einem Ruck auf, der wohl zu viel für ihren Magen war. „Oh Gott.“ stöhnte sie und presste ihre rechte Hand gegen ihren Mund und ihre linke Hand auf ihren Bauch. Sie beeilte sich aufzustehen und aus dem Zimmer, den Flur entlang in das Badezimmer ihrer Mutter zu taumeln. Sie ging gerade vor der Toilette in die Knie, als sie Mulder neben sich wahrnahm. Er strich ihr mit einer Hand die Haare zurück und mit der anderen half er ihr, sich aufrecht zu halten. Scully erbrach sich mühsam. Tränen rannen vor Anstrengung über ihr Gesicht und das Würgen brachte sie zum Husten. Irgendwann war es vorbei und sie blieb einfach auf ihren Knien sitzen und versuchte stockend wieder zu Atem zu kommen. Sie bedeckte ihr Gesicht und spürte die Hitze auf ihren Wangen, weil sie sich schämte.
„Hier.“ sagte er leise und reichte ihr einen nassen Waschlappen, den er in einem der offenen Regale gefunden haben musste.
Scully sah auf und nahm den Lappen entgegen. Sie presste ihn gegen ihr Gesicht und seufzte erschöpft. Ihre Schultern sackten etwas nach vorne und sie seufzte tief aus. Sie spürte, wie Mulder einen Arm um ihre Schultern legte und ihr so half, wieder auf ihre Füße zu kommen. Er dirigierte sie zurück in ihr Zimmer und in das Bett und sie war zu erschöpft um sich zu wehren oder zu protestieren.
„Soll ich das Fenster schließen? Die Party läuft wohl noch eine Weile, meinte deine Mutter.“
„Ja, bitte.“ flüsterte Scully und fühlte sich einfach nur müde. Es wurde gleich ruhiger im Raum und Scully schloss kurz ihre Augen, riss sie dann aber wieder auf, als sie das Geräusch hörte, das ihre Tür machte, wenn man sie weit öffnete. „Mulder...?“ fragte sie und erkannte, dass er fast schon das Zimmer verlassen hatte.
Er drehte sich zu ihr.
Scully wusste plötzlich nicht was sie sagen sollte, aber sie wollte nicht, dass er ging.
Er kam wieder näher zu ihr und suchte in der Dämmerung, die im Zimmer herrschte, ihren Blick.
Scully leckte sich mit der Zunge über ihre Lippen und sah ihn ebenfalls an. *Bleib bei mir.* dachte sie und überlegte fieberhaft, wie sie ihm das sagen sollte, ohne dass es verzweifelt klang.
„Ich sage Maggie gute Nacht und komme zu dir.“ flüsterte er.
Scully nickte. „Ja.“ flüsterte sie zurück und fühlte sich seltsam erleichtert. *Er muss es gesehen haben. Gott.* Scully seufzte und lauschte jetzt auf die Stimmen, die von unten im Haus zu ihr herauf drangen. Sie verstand auch jetzt keine genauen Worte und hörte nur den Klang von Mulders weicher Stimme und die ruhige Stimme ihrer Mutter, die seltsam erleichtert klang. Kurz darauf hörte sie Mulder wieder die Treppe herauf kommen. Ihr Herz schlug schneller.
Mulder betrat leise das Zimmer und stand für einen Moment still. „Schläfst du?“ fragte er so leise, dass sie es kaum verstand.
„Nein.“ flüsterte sie und bemerkte, dass ihre Stimme rau klang.
„Scully, wo genau hat Maggie das Klappbett, von dem sie gesprochen hat? Irgendwie...haben wir das wohl vergessen...“ flüsterte er und Scully hörte einen schüchternen Unterton in seiner Stimme.
„Komm einfach her... und halt mich.“ flüsterte sie ohne nachzudenken und holte hörbar Luft, als ihr die Worte bewusst wurden.
Sie sah, dass er sich noch immer nicht rührte. Im Gegenteil, er schien wie erstarrt zu ihr zu sehen, weil sie meinte, seinen Blick fühlen zu können. Dann hörte sie leises Rascheln und sah wie sich seine Gestalt langsam beugte. *Er zieht seine Hosen aus.* Scullys Herz schlug noch schneller. Sie atmete tief ein und machte ihm Platz im Bett. *Gott.* Ihr Herz donnerte in ihrer Brust. Sie erkannte schemenhaft, wie er sein Hemd auszog und dann näher an das Bett kam. Er kroch zu ihr auf das Bett, aber nicht mit unter die Decke und er blieb an der äußersten Kante. „Ich fühle mich wie ein dummer Teenager.“ flüsterte er und klang seltsam scheu.
„Du fällst gleich... wieder raus.“ stellte sie flüsternd fest und rutschte noch ein wenig weiter, um ihm mehr Platz zu schaffen. Nun lag sie selber an der anderen äußeren Kante.
Sie sah wie er sich zu ihr drehte und seinen Arm hob, dann spürte sie, wie er seinen Arm um ihre Taille schlang und sie wieder ein Stückchen in die Bettmitte und an sich heran zog. „Du auch.“ Er klang immer noch scheu, aber auch ein wenig amüsiert. Sie spürte, dass er noch das T-Shirt trug, das er normaler Weise immer unter einem Hemd anhatte. Das beruhigte sie irgendwie. In dem dämmrigen Licht des Zimmers konnte sie immer noch nicht viel von ihm erkennen, aber jetzt wo sie nah beieinander lagen, erkannte sie seine Augen, die sie ansahen.
„Liegst du bequem?“ fragte er leise flüsternd.
„Ja.“ flüsterte sie zurück. „Und du?“
Sie spürte, wie er sich leicht bewegte. „Ja.“ flüsterte er dann während er ausatmete. „Scully?“
„Mhmm?“ seufzte sie und rutschte fast automatisch näher an seine Brust heran und lehnte ihren Kopf gegen ihn. *Riecht so gut...*
„Wenn dir wieder schlecht wird...“ begann er unsicher klingend.
Scully stemmte sich auf ihrem Unterarm wieder hoch, um vielleicht sein Gesicht sehen zu können. „Keine Angst.“ flüsterte sie.
„Hab ich nicht.“ log er und sie hörte es heraus, was ihr ein Kichern entlockte.
Statt einer Antwort legte sie ihren Kopf auf seine Brust und atmete tief ein und aus. Sie fühlte in ihren Bauch. „Mir ist nicht mehr schlecht.“ murmelte sie leise gegen den Stoff von seinem Shirt.
Sie spürte das sanfte Schaukeln, das durch seine Atmung entstand und dachte an den Morgen zurück. Es schien ihr als seien Wochen vergangen und nicht nur ein einziger Tag, seit sie dieses Gefühl genossen hatte.
„Das ist schön...“ murmelte sie abwesend und merkte erst, dass sie das laut gesagt hatte, als er seinen Griff um ihre Taille verstärkte und seine Lippen gegen ihren Kopf presste. *Schwanger, in den Armen eines Mannes, den ich liebe.* dachte sie voller Bitterkeit und fühlte einen dumpfen Druck in ihrer Kehle entstehen. „Mulder... Dieses... Das...“ *Baby.* Sie fand keine Worte, die sie laut sagen wollte.
Scully spürte wie er sie ermutigend drückte und wartete, dass sie weiter sprechen würde.
„Das...was da...in mir...“ sie stockte wieder und merkte, wie sie nach Atem rang. „Was soll ich tun?“ fragte sie und klang für sich selber so verzweifelt, wie sie nie geglaubt hatte, es je jemandem zeigen zu können.
„Das Baby...?“ flüsterte er zurück und klang für sie ebenfalls seltsam erdrückt.
„Ich weiß nicht wie...wie das...es muss...während der...Entführung...“ sie schluckte hart und drückte ihr Gesicht so fest gegen seine Brust, dass es ihr selber weh tat.
Sie hörte sein leises Keuchen. Ob wegen des Druckes gegen seine Rippen oder wegen ihrer Worte, konnte sie nicht unterscheiden.
„Was...wenn...?“
„Es einfach ein Baby ist. Ein Wunder...das durch dich lebt.“
Scully schniefte unterdrückt und hielt ihren Kopf gegen seine Brust gedrückt, dann spürte sie wie sein Arm sich von ihrer Taille löste und seine große Hand sich über ihren Rücken zu ihrem Kopf tastete. Seine Hand berührte ihren Hinterkopf und streichelte sie sanft.
„Du tust mir weh, Scully, sieh mich an...“
Sie gehorchte und hob ihren Kopf von seiner Brust hoch, suchte in dem dämmrigen Licht nach seinen Augen.
„Kann man das testen?“ fragte er dann leise und unsicher.
Scully runzelte ihre Stirn und fragte flüsternd, weil sie nicht sicher war, ob er es sah. „Was testen...?“
„Ob es... Ob es...“ Sie hörte wie er um Luft und Worte rang. „Dr. Bailey sagte, dem Kind ginge es gut, es sei normal entwickelt. Er wusste nicht, dass...“ er stockte und holte wieder tief Luft. „Er wusste nicht, dass es nicht von mir ist. Er nahm es an, weil ich gelogen hatte und behauptete...du wärst meine Frau.“
„Mulder...?“ hauchte sie fragend.
„Vielleicht ist das deine einzige Chance ein...eigenes... Scully. Verdammt!“
Sie zuckte, weil er das letzte Wort laut sagte und so verzweifelt klang, wie sie sich fühlte. Sie presste ihr Gesicht wieder gegen seine Brust, aber nicht so fest wie vorher. Und er streichelte wieder sanft ihren Hinterkopf.
„Ich möchte...“ sprach er leise weiter. „Versprich mir gut darüber nachzudenken... Nimm dir Zeit...bitte...“
Sie nickte gegen seine Brust und wusste er würde die Reibung als Zustimmung verstehen. Sie seufzte tief und atmete genauso tief ein. „Danke...“ flüsterte sie leise, und von seinem Shirt weiter gedämpft.
Scully spürte einen weiteren Kuss auf ihrem Kopf. „Wirst du jetzt schlafen können?“ fragte er nach einigen Minuten leise.
„Noch nicht...“ flüsterte sie leise zurück und hörte sein Seufzen. „Was ist mit dir?“
„Ich bin hier.“ sagte er einfach.
„Ich bin froh...dass du das bist.“ wisperte sie. *Vielleicht wird es doch wieder gut.* Sie atmete hörbar aus und ein. *Mulder, du tust mir gut.* Sie schmiegte ihre Wange an seine Brust und spürte, wie er ebenfalls ruhiger und tiefer atmete.
„Skinner weiß noch nichts davon...“ flüsterte Mulder. „Er muss das wissen, oder...? Auch wegen dir, falls du...deswegen...mal zu Hause bleiben musst.“ stellte er nachdenklich fest. „Wenn...wenn du...möchtest...“ stockte er „Blei...bleiben wir dabei...dass es...es mein Kind ist.“
Scully keuchte leise und brachte wieder nur ein Nicken zustande. Ihre Kehle war wie zugeschnürt. *Ich wünschte es wäre so.*
„Ich wünschte...so sehr...es wäre...so...“ hauchte er und hielt in seiner streichelnden Berührung inne.
Scully spürte alle ihre Muskeln versteifen. Ein leises Wimmern entkam ihrer Kehle, dann schluchzte sie auf, krallte ihre Finger in sein Shirt und weinte. Leise. Aber das unterdrückte schluchzen ließ sie heftig zittern. Sie spürte, wie er sie wieder fester hielt, ohne sie zu streicheln und einfach an sich drückte, während sie Trost bei ihm suchte.
„Shhh. Ich wollte nicht, dass du weinst... Shhh...“ flüsterte er mit rauer Stimme. Scully hörte heraus, dass er selber mit den Tränen kämpfte. „Ich... Shhh... Ich bin da... Ich bin für dich da...“ flüsterte er weiter.
Scully hörte irgendwann auf zu schluchzen, fühlte aber weitere Tränen, die ihr über den Nasenrücken liefen und in seinem Shirt versickerten. *Er ist schon ganz nass.* Dachte sie dumpf und spürte den drückenden Kopfschmerz, der vom Weinen kam. Er hatte aufgehört zu flüstern und hielt sie einfach nur noch fest. *Werde ich jemals aufhören können zu weinen?*
Scully fühlte wie Mulder sie wieder auf den Kopf küsste und hob ihren Kopf an. Sie sah ihn noch schlechter als vorher, was an den Tränen lag, die ihr immer noch über die Wangen liefen. Nicht mehr so zahlreich, aber beständig. Sie schob sich höher und suchte mit ihren Lippen nach seinen. Sie traf sein stoppeliges Kinn und küsste es. Schob sich noch ein Stück höher und fand seine Lippen.
Sie hörte sein Seufzen und spürte, wie er sie noch enger hielt.
Scully erwiderte sein Seufzen und schmeckte das Salz ihrer Tränen, die sich in den Kuss mischten. Mulder öffnete seine Lippen und Scully fühlte seinen keuchenden Atem, als er Luft holte und dann seine Zunge, die ihre suchte. Sie gab nach und der Kuss wurde so intensiv, dass ihr schwindlig wurde.
Sie löste sich und japste leise nach Luft.
„Alles ok?“ fragte er rau.
„Noch mal...“ flüsterte sie und küsste ihn wieder und er kam ihr willig entgegen.

08:25 Uhr
Margaret Scullys Haus

Scully erwachte, weil es leise an der Zimmertür klopfte.
„Fox, Dana, seid ihr wach? Seid ihr angezogen?“ fragte ihre Mutter durch die geschlossene Tür.
„Warte Mom, ich komme.“ sagte Scully gedämpft und hoffte Mulder nicht geweckt zu haben. Sie hielt still und wartete einen Augenblick, ob er sich rührte. Er tat es nicht, sondern atmete ruhig und tief. Margaret hatte sie anscheinend gehört, weil sie aufhörte an die Tür zu klopfen und Scully hörte, wie sie die Treppe herunterging und dann ihre Stimme unten erklang. *Telefon.* schoss es Scully durch den Kopf. *Ich habe es gar nicht klingeln gehört.* Sie sah auf Mulder herab, der noch genauso dalag, wie sie gestern eingeschlafen waren. Er hatte noch beide Arme um sie geschlungen, aber er hielt sie nicht fest. Nur die Schwere seiner Arme drückte sie an ihn und sie würde sich mühelos befreien können, wenn sie aufstehen wollte.
Scully leckte kurz ihre Lippen, als sie an die vergangene Nacht dachte. Ihr Magen machte eine Rolle rückwärts, als ihr die Küsse einfielen, die sie getauscht hatten. Sie konnte ihn noch auf ihren Lippen schmecken. *Mom wird es mir ansehen.* Scully spürte wie sie rot wurde. *Sie wird es ganz sicher sehen. Und total falsch verstehen.*
Langsam schob sie seine Arme beiseite und stand leise auf. Sie sah auf Mulders schlafende Gestalt und ihr Magen machte eine Rolle vorwärts. Scully presste ihre Lippen aufeinander. *Verdammt. Wieviel Zeit hab ich? Telefon. Ich muss ans Telefon.* Ihr Blick glitt zur Tür und mit einem tiefen Atemzug ging sie darauf zu. Leise verließ sie das Zimmer und ging die Treppe hinunter zu ihrer Mutter, die immer noch am Telefon stand. Margaret sagte eben, dass ihre Tochter gleich zu sprechen sein würde und gab den Hörer dann an Scully weiter.
„Scully.“ meldete sie sich und registrierte, wie rau und verschlafen ihre Stimme klang.
„Agent Scully. Ich freue mich, Sie persönlich zu sprechen. Hier ist Walter Skinner.“
„Sir?“ Sie legte eine Frage in die kleine Silbe.
„Nichts wichtiges, Agent, ich wollte mich im Grunde nur nach Ihnen erkundigen und Agent Mulder fragen, wie lange er gedenkt seinen Urlaub auszudehnen. Er sagte nur bis auf weiteres und ich erwarte genaue Angaben von ihm. Er ist bei Ihnen, oder? Ist er zu sprechen?“
Scully holte geräuschvoll Luft, als ihr Magen eine weitere Drehung vollführte. „Er ist hier...uhm...Gott...“ stammelte sie und spürte, wie ihre Knie weich wurden und ihr Kreislauf absackte. Sie griff mit der Hand, die nicht den Telefonhörer hielt nach dem Tischchen, auf dem das Telefon stand.
„Richten Sie ihm aus, er soll sich so schnell wie möglich melden.“ klang Skinners Stimme dumpf zu ihr und sie nickte, was den Schwindel verstärkte.
„Mach...ich...Sir...“ stammelte sie in den Hörer bevor sie ihn einfach fallen ließ und ins Gästebadezimmer taumelte. Sie schaffte es gerade noch rechtzeitig, vor der Toilette auf ihre Knie zu sinken und ihren Kopf über die Schüssel zu hängen, als sie sich im nächsten Augenblick heftig erbrach. *Gott. Hilfe.*
Nachdem sie nur noch trocken würgte, nahm sie die Stimme ihrer Mutter wahr, die anscheinend noch einmal mit Skinner sprach, weil sie dumpf hörte, wie Margaret beteuerte, dass es Dana gut ginge und ihr nur von der Morgenübelkeit so schlecht gewesen wäre. Ihre Mutter entschuldigte sich für sie und betonte aber, dass das wohl völlig normal sei, wenn eine Frau schwanger wäre. *Gut. Jetzt weiß er es.* dachte Scully und erhob sich um sich am Waschbecken Wasser ins Gesicht zu schaufeln. Als sie ihren Kopf hob und in den Spiegel sah, bemerkte sie ihre Mutter, die zu ihr kam und sie leicht am Rücken berührte.
„Besser, Schatz?“ fragte Margaret einfühlsam.
Scully hielt sich davon ab zu nicken. „Ja.“ krächzte sie dann. „Jetzt muss ich nicht... mehr überlegen, wie ich... es dem Assistent Direktor beibringe... dass ich schwanger bin.“ flüsterte sie und ihre Mutter lächelte tatsächlich über den Sarkasmus, den sie in ihrer Stimme gehört haben musste.
„Eine Sorge weniger.“ meinte Margaret ruhig und streichelte sanft über Scullys Rücken.
Scully starrte ihr Spiegelbild an. Sie war blass und um ihre Augen lagen tiefe Schatten. „Ich sehe aus, wie ein Geist...“
„Das wird wieder. Komm, ich habe frischen Tee gemacht. Und vielleicht möchtest du frühstücken?“
Scully legte ihre rechte Hand über ihren Bauch. „Ja.“ sagte sie dann leise. „Ich habe tatsächlich...Hunger.“
Margaret lächelte ihre Tochter im Spiegel an und löste die Hand von ihrem Rücken. Scully folgte ihr aus dem Badezimmer in die Küche und setzte sich an den Tisch, während ihre Mutter dampfenden Tee in eine vorbereitete Tasse goss, die schon auf dem Tisch stand.
„Hat er es gehört?“ fragte Scully und sah ihre Mutter an.
Margaret nickte. „Man konnte es gar nicht überhören. Tut mir Leid, falls du... falls ich dir jetzt irgendwie zuvor gekommen bin. Direktor Skinner wusste noch nicht Bescheid. Er war ziemlich überrascht, glaube ich. Wann wolltest du ihm denn sagen, dass du ein Kind erwartest?“
*Am besten gar nicht.* Scully sah ihre Mutter schweigend an und schüttelte sachte ihre Kopf. „Ich...weiß es nicht...ehrlich. Aber, das ist jetzt nicht...mehr wichtig, Mom.“
Margaret sah nach oben. „Schläft Fox immer solange?“ wechselte sie das Thema, als dieser durch die Küchentür tapste. „Guten Morgen.“ amüsierte sich Margaret.
Scully musste lächeln, als er den Gruß brummend erwiderte. Mulder setzte sich neben Scully, die ihn ansah, er lehnte sich zu ihr und hob seine Hand an ihre Wange. Er zog sie ein wenig zu sich heran und küsste leicht ihre Lippen, seinen Gruß wiederholend.
Ihr Lächeln wurde noch eine Spur breiter und ihr Magen kribbelte. *Süß. Total verschlafen und desorientiert.*
„Wie machst du das nur mit mir?“ fragte er mit leiser rauer Stimme in ihre Richtung und blickte dann Margaret dankbar an, die ihm Kaffee eingoss und sich dann zu ihnen an den Tisch setzte. „Danke Maggie. Gott...“
Scully konnte nicht anders, als weiter in seine Richtung zu lächeln und zu beobachten, wie er sich mit beiden Händen über sein Gesicht rieb, um den Schlaf zu vertreiben. Seine Haare standen in alle möglichen Richtungen ab, ein dunkler Schatten von seinem Bartwuchs lag über seinem Kinn und ihr Magen machte eine weitere Drehung. Sie legte sich abwesend ihre rechte Hand über den Bauch und nahm einen tiefen Schluck von ihrem Tee.
„Nach deinem Kaffee...musst du Skinner anrufen... Er hat versucht, dich zu...erreichen.“ sagte Scully leise und nahm einen weiteren Schluck von ihrem Tee, der ihren Magen zu beruhigen schien.
„Er hat angerufen? Wann denn, ich hab das Telefon gar nicht gehört.“ stellte Mulder fest und sah ein wenig verblüfft zu Scully.
„Vielleicht vor zehn... höchstens fünfzehn Minuten.“ antwortete sie leise.
„Und weil Dana sich übergeben musste, habe ich ausgeplaudert, dass sie schwanger ist.“ warf Margaret ein. „Aber ich habe nicht gesagt, wer der Vater ist. Ich hoffe, ihr bekommt keinen Ärger deswegen.“
„Nein, Mom... Mach dir keine Gedanken.“ sagte Scully leise und sah ihre Mutter an.
„Skinner wollte wissen, wie lange ich meinen Urlaub ausweiten möchte, mhm?“ fragte Mulder. „Ich werde ihn gleich anrufen. Das geht in Ordnung, oder Maggie?“
„Sicher Fox. Du brauchst nicht zu fragen, wenn du telefonieren möchtest.“
„Danke.“ sagte er und verließ die Küche.
Scully sah ihre Mutter an, die seltsam lächelte, was eine weitere Drehung in ihrem Magen verursachte. „So, Dana. Was machst du mit ihm?“
Scully wurde augenblicklich rot und sah auf ihre Tasse. Ihre Mutter lachte herzhaft auf.
„Ihr seid wirklich süß.“
„Moomm.“ quengelte Scully leise und sah ihre Mutter wieder an, die sie immer noch anstrahlte.
„Ich freu mich doch nur für euch, gönn mir das.“ zwinkerte Margaret. „Außerdem seid ihr auf der einen Seite so vertraut miteinander und auf der anderen Seite so zurückhaltend...wie zwei Frischverliebte...“ Ihre Mutter schüttelte nachdenklich ihren Kopf.
*Nein Mom!* Scully zuckte erschrocken. Ihr Magen machte einen kräftigen Purzelbaum.
„...Es ist fast nicht zu glauben, dass Fox der Vater...“ Margaret unterbrach sich und starrte Scully an.
Scully starrte zurück, ihre Augen hatten sich mit Tränen gefüllt und in ihrer Kehle steckte ein Kloß, der sie kaum atmen ließ.
Margaret hob ihre rechte Hand vor ihren Mund und schüttelte langsam ihren Kopf. Sie sah Scully erschüttert an.
Scully konnte die Tränen nicht aufhalten. Sie schlug die Augen nieder und fühlte die Nässe auf ihren Wangen. Sie hörte, wie der Stuhl ihrer Mutter über die Fliesen schrammte und spürte dann, wie sie in eine feste Umarmung gezogen wurde. „Dana...“ hörte Scully leise in ihr Ohr geflüstert und fühlte dann einen liebevollen Kuss auf ihren Kopf, und Arme, die sie hielten, und Hände, die über ihren Rücken streichelten. Sie machte kein Geräusch, außer ihrem Atem, der sogar für sie verräterisch abgehakt und verkrampft klang.
„Maggie?“ hörte Scully Mulders fragende Stimme, als er wieder in die Küche kam. „Scully?“ fragte er leise und sanft, nun direkt neben ihr. Scully spürte, wie sich seine große Hand mit auf ihren Rücken legte, zwischen ihre Schulterblätter, und Scully wandte sich zu ihm und schlang ihre Arme um ihn. Sie spürte, wie ihre Mutter sie losließ und Mulder sie stattdessen in seine Arme zog. Er musste ihre Mutter ansehen, weil sie leise berichtete und Mulder dann tief seufzte und Scully noch enger an sich zog.
„Maggie...“ begann er leise. „Ich werde für Dana da sein. So, wie sie es möchte und braucht.“ flüsterte er und schob Scully dann ein Stück von sich weg, damit er ihr in das Gesicht sehen konnte. „Sieh mich an Scully. Dana...“ sagte er leise und sie öffnete ihre Augen. >Ich liebe dich.< formten seine Lippen wortlos für sie.
Scully erkannte so viel offene Zuneigung in seinen Augen, dass sie neue Tränen nicht aufhalten konnte und sie bewegte ihre Lippen zu seinen, um ihn zu küssen.
Sie schluchzte bei ihrer zarten Berührung auf. Der Kuss blieb keuch und Mulder drückte danach ihren Kopf an seine Brust und wiegte sie sanft.
Scully fühlte, dass ihre Mutter sie beobachtete. Für den Augenblick war es ihr egal.

27.08.1997, 10:13 Uhr
Margaret Scullys Haus

Scully befand sich seit der Erkenntnis ihrer Mutter am vorigen Morgen in einer seltsam depressiven Stimmung, die sie einfach nicht abschütteln konnte. Ihre Mutter und Mulder gingen sehr vorsichtig mit ihr um. Sie weinte entschieden zu viel, für ihren eigenen Geschmack. Aber auch das konnte sie nicht abschütteln. Es schien, als würde sie nur noch aus Wasser bestehen, das beständig aus ihr heraustropfte. Soviel wie in den vergangenen Tagen hatte sie in ihrem ganzen Leben nicht geweint und so langsam fragte sie sich, ob sie überhaupt irgendwann wieder damit würde aufhören können. Es begann sie selber zu ärgern. Sie fühlte sich schwach und unzulänglich. Wo war die starke Dana Scully geblieben, die sie einmal war? Oder war sie es nie? War sie immer so gewesen, ohne es zu merken?
Ihr war schlecht. Eine Tatsache, die sie auf die ungewollte Schwangerschaft schob. Aber schon den kleinsten Gedanken in die Richtung, diese Schwangerschaft zu unterbrechen, schob sie weit von sich. Es war wie Mulder gesagt hatte, womöglich ihre einzige Chance überhaupt jemals ein Kind zur Welt zu bringen. Und Gott wusste, sie wünschte es sich. Seitdem sie wusste, dass sie unfruchtbar war, mehr denn je und sie bereute, dass sie so viele Gelegenheiten in ihrem früheren Leben ungenutzt gelassen hatte. Nein, sie konnte diese Schwangerschaft nicht unterbrechen. Sie ertrug kaum den Gedanken daran, jemals in ihrem Leben verhütet zu haben, während sie mit einem Mann zusammen war. Wie konnte sie ihre Chance auf ein eigenes Kind aufgeben?
Dass es keine natürliche Empfängnis gegeben hatte, schob sie genauso weit von sich weg wie die Tatsache, dass die Umstände prekär waren, was ihre Beziehung zu Mulder betraf. Und sie konnte nicht mehr unterscheiden, wo ihre berufliche und wo ihre private Beziehung endete, beziehungsweise begann. Die Grenzen, die sie einmal so streng gezogen hatten, sie und er, waren verwischt und im Grunde nicht mehr existent. Auch etwas, das ihr ungewöhnlicher Weise egal war. Sie mochte es, dass Mulder für sie da war. Gott helfe ihr, dass sie es sich eingestand, aber sie brauchte das sogar. Er gab ihr in den letzten Tagen so viel Halt und Sicherheit, wie es kein anderer gekonnt hätte. Nicht einmal ihre Mutter, die sich wirklich liebevoll um sie kümmerte.
Margaret versuchte ihr beizustehen, wann immer sie ein Symptom erkannte, dass sie der Schwangerschaft zuschob. Wie die offensichtliche Übelkeit. Gott, ihr war noch nie zuvor so schlecht gewesen. Allein flüchtige Gedanken an ...irgendwas... brachten ihren Magen dazu sich einfach umzudrehen und alles herzugeben, was in ihm war. Nur damit sie im nächsten Moment, sobald ihr Kreislauf es zuließ, einen Hunger verspürte, der ihr fast unnatürlich vorkam. Zwei Symptome, die ihrer Mutter stets ein Lächeln entlockten.
Die Schwindelanfälle und der Hunger. Wenn ihr nicht ständig danach wäre, einfach zu heulen, dann würde sie das sicher auch amüsant finden.
Oder wenn dieses ... Kind tatsächlich auf einem natürlichen Weg entstanden wäre. Oder Mulder der biologische Vater wäre. Scully war sich sicher, dass dann alles besser wäre, als es jetzt war und diese Gedanken, ob sie sie zulassen wollte oder nicht, drängten sich ständig in ihr Bewusstsein und ließen ihr Tränen in die Augen steigen.
Ob sie die ständige Heulerei auch der Schwangerschaft zuschreiben könnte? Sie versuchte den Gedanken probeweise zu zu lassen. Er brachte keine neuen Tränen, dafür ein, ja tatsächlich, ein zaghaftes Lächeln. Oh Mann. Was war nur los mit ihr? Scully konnte es selbst kaum begreifen und im Augenblick wollte sie das auch nicht.
Sie saß in der Küche am Tisch und trank schlückchenweise den Kräutertee, den ihre Mutter stets parat hatte, wie auch immer sie das anstellte. Der heiße Dampf beruhigte ihre Atmung und der leicht bittere Geschmack ließ ihren Magen sich beruhigen. Seltsam, weil das normalerweise eine Kräutermischung war, die einfach nur eklig roch und genauso schmeckte. Wieder eine Kleinigkeit, die sie der Schwangerschaft zuschob als sie mit einem leisen Seufzen einen weiteren Schluck nahm.
Sie war allein in der Küche, was sie für den Augenblick sehr begrüßte. Mulder war mit ihrer Mutter losgefahren, um etwas einzukaufen und sie hatte darauf bestanden lieber allein zu Hause zu bleiben und hatte ihre Übelkeit als Vorwand vorgeschoben. Es hatte funktioniert. Sie konnte in Ruhe nachdenken und langsam ihren Tee genießen. Vor ihr lag sogar das Rätsel der Washington Post aufgeschlagen. Und hin und wieder, wenn ihre Gedanken nicht abschweiften, trug sie die eine oder andere Lösung ein.
Scully fragte sich gerade, wann sie das letzte Mal Zeit hatte ein Kreuzworträtsel zu lösen, als es an der Tür klingelte.
Mit einem leisen Seufzen erhob sie sich und schlich an den Spion. Der Postbote hielt einen dicken Briefumschlag, der wohl zu groß für den Kasten war, in der Hand und klingelte ein zweites Mal, was sie erschreckte. Sie wartete noch zwei Sekunden und öffnete dann die Haustür.
„Ich brauche eine Unterschrift.“ sagte der Postbote erklärend und Scully nickte, während sie einen flüchtigen Blick auf den Absender warf. Washington Memorial Klinik. „Danke.“ sagte der Bote, während er sich auch schon umdrehte und Scully einfach stehen ließ. Sie zuckte leicht ihre Schultern, verschloss die Tür und setzte sich mit dem Umschlag an den Küchentisch. Das Rätsel war vergessen.
Und ohne das sie es merkte, war sie „die alte“ Scully. Professionell, überlegend, mit messerscharfem Verstand und irgendwie immer bei der Arbeit. Sie öffnete den Umschlag und zog die Blätter heraus, die ihre Blutergebnisse zeigten. Sie überflog die Daten einmal und las sie dann ein zweites Mal genauer.
Alkaloide mit unbekanntem Ursprung, eventuell aus Opiaten gewonnen.
Skopolamin, das in so starker Konzentration in ihrem Blut war, dass es sie vermutlich ruhig gestellt hatte. Diese Mengen könnten auch Halluzinationen verursachen.
Somatotropin, ein genetisch hergestelltes Wachstumshormon.
Kortison-Steroide in Verbindung mit unbekannten Aminosäuren.
Leider kamen ihr die Werte nicht so unbekannt vor, wie dem guten Dr. Bailey. Sie hatte das schon einmal gesehen und sie wusste auch wo. Ihre Gedanken rasten.
Wachstumshormone...
Unbekannte Aminosäuren...
Elfte Schwangerschaftswoche...
Scully spürte wie ihr Galle und Magensäure die Speiseröhre hinaufkrochen. Ihre Knie wurden weich und sie war sich sicher, dass, wenn sie nicht sitzen würde, sie umkippen würde. Plötzlich war sie gar nicht mehr froh darüber, dass sie alleine zu Hause war. Die Papiere in ihrer Hand begannen zu zittern und sie legte sie hin um sich an der Tischplatte abzustützen.
Elfte Schwangerschaftswoche.
Sie war knapp sechs Wochen weg, bevor Mulder sie auf seiner Türschwelle gefunden hatte.
Scully schloss ihre Augen und die Erinnerungen kamen so deutlich und heftig zurück, dass sie trotz ihrer Mühen zu Boden rutschte. Sie spürte, dass sie sich nicht mehr festhalten konnte.
„Oh, keine Angst. Wir sind an einem Punkt angekommen, wo ich nichts mehr riskieren möchte.“
Scully verlor den Halt und rutschte vom Stuhl.
„Ich will nicht noch mal von vorne anfangen müssen.“
Kalter Schweiß brach ihr aus und sie nahm durch einen Nebelschleier heftiges Gepolter wahr.
„...noch eine Kleinigkeit, um sicher zu gehen, dass alles verläuft, wie ich es möchte.“
Etwas Schweres fiel über und auf sie.
„Bei der letzten hat es nicht funktioniert.“
Heiße Nässe tropfte auf ihren Oberschenkel, sie versuchte es wegzuwischen, aber es tropfte weiter, nun auch auf ihre Hand.
„Aber du bist anders.“
Scully japste nach Luft, alles drehte sich und die Kücheneinrichtung ihrer Mutter schien außerhalb der physikalischen Gesetze, seltsam schräg und unwirklich verwinkelt. Die Übelkeit wurde unerträglich heftig.
„Dein Körper akzeptiert die Gabe.“
Sie erbrach sich. Ihr Magen krampfte sich dermaßen zusammen, dass sie sich krümmte und immer wieder und wieder und wieder hustend den Tee rausbrachte, den sie an diesem Morgen getrunken hatte.
„Du müsstest mir dankbar sein, weil ich dir gebe, was er nicht kann.“

Unbekannte Zeit
Margaret Scullys Haus

„Dana? Wir sind wieder daha... Dana? DANA! FOX SCHNELL!“
„Scheiße!“
Scully stöhnte und spürte, wie sie hochgehoben wurde. Die Übelkeit in ihrem Inneren nahm wieder zu. Musste dieses Geschaukel sein. Sie wollte ihm sagen, dass er sie runter und einfach liegen lassen sollte, aber er hörte ihr nicht zu.
„Ja. Wir brauchen einen Krankenwagen. So schnell wie möglich. Baltimore in der...“
„Shhh. Ok...“
Endlich ließ das Schaukeln nach und Scully versuchte ihre Augen zu öffnen und klar zu machen, dass sie keinen Krankenwagen brauchen würde. Mulders Stimme war dicht an ihrem Ohr und er streichelte über ihre Stirn. Sie öffnete ihre Lippen, die ihr zu trocken vorkamen und sie hatte einen ekelhaften Geschmack im Hals.
„Ganz ruhig Kleines... Gott, was ist passiert? Scully..? Scully...“
Eine weitere Welle von heftiger Übelkeit stieg in ihr hoch und sie versuchte sich auf die Seite zu drehen. Sie spürte Mulders Hände, die ihr halfen.
„Langsam... Ich helfe dir. Mach langsam...“
Scully hustete und würgte trocken. Sie spürte seine Hände wieder an ihrer Stirn. Ihr Haar schien nass und klebrig, als er es nach hinten wegstrich. „Kei...n...“ hauchte sie und spürte Mulders Wange an ihrer.
„Was..?“
„Kein...Kran...ken...“
„Scully...“ flüsterte er jammernd.
Sie versuchte ihre Kopf zu schütteln und presste ihre Augen fest zusammen, weil die Bewegung die Übelkeit verstärkte. Scully holte langsam Luft und behielt sie einen Moment in den Lungen um dann langsam auszuatmen.
„Sie sind gleich da.“ Die Stimme ihrer Mutter kam näher. „Wie geht es ihr?“
„Sie will keinen Krankenwagen.“ sagte er und streichelte weiter ihre Stirn und Scully stöhnte leise, weil die Berührung einfach nur gut tat.
„Dana...?“ fragte ihre Mutter und schien noch näher zu sein.
Scully schaffte es, ihre Augen zu öffnen und ihre Lippen zu bewegen. *Brauche keinen Krankenwagen.* „Bin...ok...“ hauchte sie aus.
„Sicher bist du das nicht.“ sagte ihre Mutter mit einer seltsam kalten Stimme.
Scully suchte mit ihren Augen Mulders. „Ok...“ flüsterte sie noch einmal und sah wie er nickte. Er beugte sich über sie und küsste ihre Stirn.
„Bleib einfach ruhig liegen.“ flüsterte er zurück und sah dann ihre Mutter an.
„Purity...“ hauchte Scully und schloss ihre Augen wieder. Sie spürte wieder Mulders Wange an ihrer.
„Was...?“ fragte er leise.
„Purity...Control...“ hauchte Scully aus und ergab sich dann der Dunkelheit, die nach ihr griff.

Unbekannte Zeit
Margaret Scullys Haus

Scully konnte nicht sehr lange bewusstlos gewesen sein, weil sie hörte, wie Mulder mit ihrer Mutter und mit zwei weiteren Stimmen diskutierte, dass er nicht zulassen würde, dass man sie wegbringe. Sie habe gesagt, dass sie keinen Krankenwagen brauchen würde und er würde sich daran halten. Wo die Jungs da wären, könnten sie seinetwegen nach ihr sehen, aber da sie bei Bewusstsein und ansprechbar war, würde er keine weiteren Maßnahmen zulassen. Und ganz nebenbei, als ihr Mann habe er das Recht diese Entscheidung zu treffen und wenn sie nicht nach ihr sehen wollten, könnten sie verschwinden.
Am Tonfall seiner immer lauter werdenden Stimme erkannte Scully, dass hier sowieso keine Diskussion der Welt etwas bringen würde. Und irgendwie war sie froh, dass ihr seine Sturheit mal zur Seite stand und nicht gegen sie. Wie oft hatte sie gegen ihn argumentiert und diskutiert und dabei irgendwie immer den Kürzeren gezogen. Dabei lag sie oft genug richtig und wenn sie nicht da gewesen wäre, um seine Höhenflüge zu bremsen und ihn auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen, wer weiß, wo er heute wäre. Er hatte selber oft genug betont, dass es genau das war, was er brauchte in ihrer Partnerschaft. Brauchte und schätzte und liebte.
Die zwei unbekannten Stimmen verschwanden und Scully hörte die Haustür klappen, ein größeres Auto wegfahren und die erregte Stimme ihrer Mutter.
„Fox. Wie konntest du das tun? Dana ist krank. Ich frage mich, ob es nicht doch besser...“
„Nein!“ fuhr er fauchend zurück und Scully hörte, dass er näher kam, weil seine Stimme lauter klang obwohl er sofort wieder ruhiger sprach. „Entschuldige Maggie. Aber dieses Mal höre ich auf Scully. Sie hat etwas zu mir gesagt, bevor sie ...einschlief...“ Jetzt war seine Stimme sehr nah bei ihr und wurde zärtlich. „Sie sagte etwas, was in Zusammenhang mit einem alten Fall von uns steht. Und ...“
Scully fühlte, wie er ihr über die Stirn strich. Sie seufzte leise und öffnete blinzelnd ihre Augen.
„Dana.“ Ihre Mutter kam näher und Scully versuchte ein Lächeln zu Stande zu bringen, dass sie beruhigen sollte.
„Scully...“ flüsterte Mulder und als ihre Augen sich auf sein Gesicht richteten sah sie, dass er ihr Lächeln erwiderte.
„Mir...geht’s gut...“ flüsterte sie seufzend.
„Was ist passiert? Der Küchentisch war umgekippt. Du hast eine Menge Scherben verursacht und hast in dem ganzen Durcheinander... Ich habe mich zu Tode erschreckt, Dana.“ sagte Margaret und sah sie an.
Scully sah zu Mulder, der neben ihr auf dem Boden kniete. Sie selbst lag auf dem Sofa im Wohnzimmer. „Hilf mir...hinsetzen.“ forderte sie ihn auf und er nickte nur. Er schob einen Arm unter ihre Schultern und hob sie in eine sitzende Position. Als er merkte, dass sie kaum würde sitzen können schob er sich hinter sie und ließ sie gegen seine Brust sinken. Scully seufzte leise als sie in der Haltung entspannte und sah dann zu ihrer Mutter, die das Ganze beobachtete.
„Der Postbote hat...einen Brief gebracht... Die Blutergebnisse...“
Scully spürte, wie Mulders Muskeln sich anspannten und sah wie ihre Mutter einfach nur nickte.
„Ich habe ihn geöffnet...und gelesen...“ berichtete Scully weiter. „Dabei... Ich...“ Sie ließ sich weiter fallen und spürte, wie Mulder nach ihren Armen griff, sein Kopf dicht an ihren gebeugt.
„Okay...?“ fragte er leise und klang alarmiert.
„Ja.“ sagte Scully und hörte den Sessel ihrer Mutter quietschen. „Ich hatte...einige lebhafte... Erinnerungen...und mir war...den ganzen...Morgen schon...so...schlecht.“ flüsterte sie weiter. Scully lehnte ihren Kopf weiter nach hinten hoch, um Mulder besser sehen zu können. „Die Blutergebnisse... Mulder... Die sahen aus wie... Purity Control.“
Sie sah wie er finster nickte und seine Kieferknochen fest aufeinander presste.
„Was ist das?“ fragte Margaret und Scully sah wieder zu ihrer Mutter.
„Mom...“ flüsterte sie entschuldigend. „Das... Das dürfen wir... dir nicht...“ Ihre Mutter warf die Hände in die Luft und ließ sie dann klatschend auf ihre Oberschenkel fallen. Scully zuckte bei dem Geräusch zusammen und Mulders Muskeln spannten sich an.
„Maggie... Irgendwer hat deiner Tochter etwas gespritzt, das...“
„Mulder...nein...“ keuchte Scully.
Er ignorierte sie. „...das vermutlich auch mit Danas Schwangerschaft zu tun hat. In dem alten Fall ging es um Wachstumshormone. Es ist unwahrscheinlich, dass... Aber...“ Er geriet ins Stocken, als er Margarets entsetzten Gesichtsausdruck sah. Sie hatte wieder ihre rechte Hand vor ihren Mund gepresst und schüttelte jetzt ihren Kopf.
„Mom. Ich will nicht in ein Krankenhaus...“ flüsterte Scully weiter. „Ich... Wir...müssen herausfinden... was genau mit mir... geschehen ist... in den sechs Wochen... Und es fing an...als ich...in einem... Krankenhaus Fragen stellte...“
„Suns Hope.“ sagte Mulder düster. „Ich schätze, ich werde Skinner noch mal anrufen und denen die Kavallerie auf den Hals schicken. Noch einmal und noch mal... Bis sie den Laden dicht machen müssen, weil ihnen ihre kostbaren Patienten ausbleiben werden...“ Mulders Stimme klang so bitter in ihren Ohren, dass sie ihren Kopf wieder nach hinten lehnte, weil sie ihn ansehen wollte.
„Mulder...“ flüsterte sie und er holte zittrig Luft und festigte seinen Griff um sie.
„Scully, was glaubst du, wo ich überall nach dir gesucht habe...?“ fragte er dunkel und Scully schauderte. Er begann wie abwesend ihre Arme auf und ab zu reiben.
Scully sammelte ihre Kräfte und zog sich selbst, mit Unterstützung einer Hand an der Sofalehne, in eine aufrechte Position. „Geh telefonieren.“ sagte sie leise und Mulder schob sich von ihr weg und stand auf. Er ging in den Flur und Scully hörte, wie er die Zentrale anrief und sich mit Skinner verbinden lassen wollte.
Ihr Arm, mit dem sie sich immer noch an der Sofalehne festhielt, begann von der Anstrengung zu zittern und Margaret stand auf und schob Scully zur Stütze einige Kissen in den Rücken.
„Ich hole dir etwas Tee, ok?“
„Danke...Mom...“
„Schon gut, aber glaub ja nicht, dass ich dich sobald noch mal allein lasse. Und ich glaube auch nicht, dass Fox es tun wird.“
„Was werde ich nicht tun?“ fragte er, als er zurückkam.
„Dana wieder alleine lassen. So, ich gehe einen Tee für dich holen, Kind. Fox, was möchtest du?“
„Kaffee.“ murmelte er und sah Scully mit einem nachdenklichen Blick an.
„Gut. Ich auch.“ sagte Margaret und verließ das Wohnzimmer.
Scully hörte wie Scherben zusammengeschoben wurden, Wasser lief und das Geklapper von Geschirr.
Mulder setzte sich Scully gegenüber und sah sie ruhig an. Zuerst war sie etwas verunsichert und fragte sich, warum er schwieg, aber dann schloss sie ihre Augen und lauschte nur noch auf die Geräusche in der Küche und als sie das Pfeifen des Wasserkessels hörte und ihre Augen wieder öffnete, hatte Mulder seine Augen geschlossen und atmete tief und ruhig.
„Mulder?“ flüsterte Scully.
Er öffnete augenblicklich seine Augen und sah sie an.
„Ich habe dich... gestern gar nicht gefragt... wie lange du Urlaub hast...“
Sie sah seine Mundwinkel zucken. „Das fragst du mich jetzt?“ fragte er amüsiert.
Scully sah ihn an und zuckte leicht mit ihren Schultern, dann nickte sie langsam. „Schätze, ja.“
„Noch die komplette nächste Woche. Und wenn ich will, die darauf auch noch. Das kommt ganz darauf an...“ Er sah ihr in die Augen. „...wann du wieder...fit genug bist.“ endete er und sah etwas unglücklich aus.
Als sie Luft holte, hob er seine Hand und sprach weiter. „Das klingt sicher schrecklich für dich, aber ich habe dir gesagt, dass ich für dich da sein werde. Und... Scully... Dana... Ich möchte das. Und ich kann im Augenblick nicht für dich da sein, wenn ich in diesem verfluchten Kellerloch hocke. Sobald du fit genug bist, um wieder zu ermitteln, kümmern wir uns gemeinsam darum und dann...“
„Mulder...“ unterbrach sie seinen Redeschwall, der wie eine Selbstverteidigung klang. „Danke.“ flüsterte sie und hielt seinem Blick nicht mehr stand. Sie presste ihre Lippen aufeinander und sah in die Richtung der Küche. *Mom. Komm.* Sie hörte, wie er aufstand, sich neben sie auf den Boden kniete und spürte wie er ihre Hand nahm.
„Immer.“ sagte er leise und erhob sich wieder als Margaret mit einem vollen Tablett durch die Tür wollte, aber Schwierigkeiten hatte, Tür und Tablett gleichzeitig zu händeln. Mulder lief zu ihr und nahm ihr das Tablett ab.
„Danke Fox, du bist ein Schatz.“ sagte ihre Mutter und klang erschöpft.
„Ich weiß.“ grinste er einfach. „Setzt dich hin Maggie, ich mach den Rest.“
Scully sah ihm zu, wie er erst für ihre Mutter eine Tasse mit Kaffee füllte und dann für sie eine Tasse mit frischem Tee. Und erst nachdem er die Tassen verteilt hatte, nahm er sich selber eine und füllte sie mit Kaffee.
Keiner sprach und Ruhe breitete sich aus. Wie eine tröstliche Decke.
„Ich muss etwas erledigen, dass ich nicht über das Telefon regeln kann.“ sagte Mulder leise nach ein paar Minuten.
Scully sah ihn an, dann ihre Mutter, die Mulder ansah.
„Es ist wichtig.“ Er sah zu Scully, als würde er um Entschuldigung bitten. „Ich werde mich beeilen und in ein paar Stunden zurück sein.“
„Wohin musst du?“ fragte Scully leise, aber er schüttelte seinen Kopf.
„Lass es gut sein für heute, Scully. Du ruhst dich aus. Maggie ist bei dir.“ Er sah zu ihrer Mutter, die nickte. „Heute Abend bin ich zurück. Und vorher bringe ich dich noch hoch in dein Bett, denn wenn du noch einmal in der Küche oder sonst irgendwo im Haus zusammenbrichst, bin ich mir sicher, dass ich Maggie nicht davon abhalten kann, dich doch in ein Krankenhaus zu stecken.“ Er grinste sie sardonisch an.
Scully nickte langsam.

20:23 Uhr
Margaret Scullys Haus

Scully erwachte aus einem Halbschlaf als ihre Tür leise geöffnet wurde. Sie roch Mulders Aftershave und seufzte leise, als er sich zu ihr auf die Bettkante setzte. Er nahm ihre Hand und beugte sich über sie. Scully hielt ihre Augen geschlossen.
„A-holding your hand, and standing there, to kiss you, when you fall.“ raunte Mulder in Scullys Ohr und küsste sie sanft.
Mit einem eingeatmeten Lächeln öffnete Scully ihre Augen und sah sein Gesicht direkt vor ihrem. „Hey.“ flüsterte sie leise.
„Selber Hey.“ flüsterte er und küsste sie ein zweites Mal. „Ich habe dir was mitgebracht.“ Mulder wackelte mit beiden Augenbrauen.
„Was denn?“ fragte sie und wollte sich mit ihren Unterarmen hochschieben, aber Mulder blieb weiter über sie gebeugt und ließ ihr nicht den nötigen Platz dafür.
„Darfst du auf deinem Zimmer essen? Ich durfte das nie...“ flüsterte er so leise in ihr Ohr, dass sie eine Gänsehaut bekam, und lächelte verschwörerisch dabei.
„Ich bin doch schon... Groß.“ flüsterte sie zurück. „Das geht in... Ordnung.“
„Wenn das so ist...“ Mulder hob eine Tüte in die Höhe, die Scully noch nicht bemerkt hatte, weil sie auf dem Boden stand. „...rutsch ein Stückchen rüber...“ forderte er flüsternd, legte die Tüte auf ihren Beinen ab und stand auf um die Tür zu schließen.
„Was hast du... mitgebracht Mulder?“ flüsterte Scully weiter und wollte nach der Tüte greifen, aber er war wieder am Bett, ehe sie die Gelegenheit hatte.
„Äh äh äh. Wer sagt mir immer, Geduld sei eine Tugend?“ er lächelte sie geheimnisvoll an, stieg aus seinen Schuhen und streifte mit den Füßen auch seine Socken herunter. Aus seiner rechten Hosentasche zog er einen Löffel und reichte ihn ihr. Dann zog er einen zweiten Löffel aus der anderen Hosentasche und zwinkerte so süß, dass es ihren Magen kribbeln ließ.
Scully fühlte Hitze auf ihren Wangen, als er seine Hose öffnete, als sei es das Normalste der Welt, sie fallen ließ und sich dann daran machte, sein Hemd auszuziehen. Mit T-Shirt und Boxershorts bekleidet, krabbelte er zu ihr ins Bett. „Du solltest doch rutschen.“ flüsterte er und schob ihren Hintern mit seinem an.
Scully schnappte nach Luft und war sich sicher, nun völlig errötet zu sein. Er machte es sich bequem indem er ein paar Mal mit seinem Hintern hin und her rutschte und angelte dann nach der Tüte, ohne Scully anzusehen. „Wo ist mein Löffel?“ fragte er und suchte kurz. „Ah da. Jetzt aber, bevor es ganz schmilzt.“
„Eiscreme?“ fragte sie verblüfft.
„Shhht. Nicht so laut.“ flüsterte er grinsend und nickte stolz. „Deine Lieblingssorte. Getrocknete Schuhsohle, aber ich liebe dich, darum bringe ich dir, was immer du gern hast.“ Er zog einen kleinen Becher „Ben & Jerrys“ aus der Tüte und öffnete ihn.
„Uh, woher hast du gewusst, dass ich jetzt Eis will?“ fragte sie ehrfürchtig und ignorierte, dass er gerade gesagt hatte, er würde sie lieben. Sie ließ ihren Löffel in der cremigen süßen Masse versinken.
„Ich bin wie Elvis, Baby. Ein Frauen-Versteher.“ Er tauchte seinen Löffel auch in die Masse und sah sie dann an.
Scully kicherte leise, verstummte aber, als er seinen Löffel an ihren Mund hielt. Ihr Blick wurde unsicher, aber dann griff sie nach seinem Löffel und leckte etwas von dem Eis ab. Sie summte leise genussvoll und schloss ihre Augen.
„Noch mal...“ flüsterte er und sie fühlte seinen Blick, ihre Wangen brannten.
Scully öffnete ihre Augen und sah ihn an, als sie seinen Löffel nun komplett in ihren Mund schob und ableckte. „Das ist köstlich... versuch es.“ seufzte sie.
Er beugte sich zu ihr, griff mit seiner freien Hand an ihr Kinn und küsste kurz ihre Lippen. „Du hast Recht.“ sagte er dann und schnappte ihr wieder seinen Löffel weg um ihn ein weiteres Mal in die weiche kühle Masse sinken zu lassen. „Schon fast getaut.“ flüsterte er und hob den Löffel vor ihren Mund.
Scully leckte sich gerade über ihre Unterlippe, als er den Löffel dagegen tippen ließ. Sie machte ein leises halb erschrockenes Geräusch, das von einem sanften Brummen abgelöst wurde, das Mulder machte, als er sie erneut küsste.
Das wiederholte er, bis der kleine Eisbecher leer war. Er kratzte mit einem bedauernden Blick den Rest heraus und hielt auch diesen zu Scully hin. Sie nahm ihm den Löffel ab und drehte ihn zu Mulder.
„Der gehört dir...“ flüsterte sie leise und beobachtete, wie Mulder seine Augen schloss, als er den Löffel ablenkte.
„Ich weiß nicht, das fehlt et...“
Scully hatte ihre beiden Hände an seine Wangen gelegt und küsste ihn.
„...was...“ hauchte er nach dem Kuss seinen Satz fertig und öffnete seine Augen wieder um sie anzusehen.
„Erzählst du mir jetzt... wo du warst?“ fragte sie leise.
„Ich war bei Mickey Maus, Goofy und Cinderella. Mit den Blutergebnissen. Sie werden da dran bleiben. Und lassen dich grüßen.“ sagte er leise und räumte nebenbei den leeren Eisbecher in die Tüte zurück, steckte beide Löffel dazu und ließ die Tüte dann vor dem Bett auf den Boden gleiten. Dann wandte er sich wieder zu Scully um. „Jetzt du. Woran genau hast du dich erinnert, heute Morgen?“
„Bruchstücke, die der ...Mann...zu mir gesprochen hat...“ flüsterte sie und lehnte sich weiter in die Kissen zurück. „Dass ich mich nicht...fürchten soll... Dass er nicht...noch einmal von...vorne anfangen möchte... Dass es bei...der Letzten nicht...funktioniert hätte... aber mein...Körper die Gabe...angenommen hätte... und dass ich... dankbar sein müsste... weil er mir gäbe... was du nicht könntest...“ Scully drehte sich auf die Seite und legte ihre Hand auf seine Brust. „Er hat deinen Namen...genannt. Er kennt...dich...und mich kannte er auch... Ich weiß nicht...woher...“
Mulder legte seine Hand über ihre, die auf seiner Brust lag. Scully fühlte seinen Herzschlag.
„Aber...ich bin...mir nicht sicher...ob das Sinn...macht... Die...Skopolamin-Werte...waren so hoch...“ sagte sie leise und sah wie er nickte.
„Das kann zu Halluzinationen führen. Richtig?“
„Ja.“
„Ok, was noch Scully, was hast du noch gelesen, bevor du...“ er zögerte. „...bevor du das Bewusstsein verloren hast? War da noch mehr?“
„Purity Control...“ flüsterte sie tonlos. „Und...“ sie runzelte ihre Stirn und stemmte sich auf ihren Unterarm, um ihn besser sehen zu können. „...Wachstumshormone... Mulder...die elfte...Schwangerschaftswoche..?“
Scully wurde wieder blass, als die Erkenntnis zurückkehrte.
Mulder setzte sich ruckartig auf. „Kathryn Swan.“ sagte er. „Sie war schwanger, sagtest du.“
Scully nickte und wurde noch eine Spur blasser. „Oh Gott...“ flüsterte sie.
„Dreh dich um Scully.“ sagte er leise, aber so ernst, dass sie ihn erschrocken ansah. „Leg dich auf den Bauch...“
Sie tat was er sagte. „Mulder...?“ flüsterte sie verunsichert.
„Ich werde...“ Sie spürte wie er sich auf das Bett kniete und mit zitternden Händen ihr Schlafanzug-Oberteil nach oben schob. „Tut mir Leid, Kleines.“ murmelte er und schob das Oberteil so hoch, dass er ihren gesamten Rücken sehen konnte. Er strich mit seinen Fingern sanft über ihre Haut von links nach rechts und Scully begann ebenfalls zu zittern. Sie drehte ihren Kopf um ihn sehen zu können, aber ihre Sicht war eingeschränkt. Ihr Zittern verstärkte sich, als er sich über sie beugte.
„Gott... sprich mit mir...“ flehte sie leise und hasste ihre weinerliche Stimme dabei.
„She has won.“ flüsterte er erstickt. „Ich muss das Fotografieren, Scully. Es ist undeutlich, wegen deiner Verletzung, aber... Es ist da. Ich kann es lesen.“
„Was...?“ fragte sie alarmiert, weil sie nicht verstanden hatte, was er meinte.
„Den Schriftzug... Er muss übersehen worden sein.“ brachte er mit rauer Stimme vor und Scully drehte sich herum und schob gleichzeitig ihr Oberteil wieder herunter.
„Nein.“ sagte sie bestimmt. „Da ist kein...“ Sie blickte in seine Augen und erstarrte, als sie Tränen erkannte. Sie schüttelte ihren Kopf. „Sag, dass du...einen Scherz machst...“ flüsterte sie.
„Ich wünschte, ich könnte es.“ sagte er leise. „Scully, ich brauche eine Kamera. Jetzt.“ Seine Stimme wurde lauter.
„Mom...muss eine haben...unten.“ brachte Scully heraus und fühlte erste eigene Tränen über ihre Wangen laufen.
„Ich werde sie fragen. Oh Gott, sie wird sonst was denken, was für ein Schwein ich bin, wenn ich ihr erkläre, ich brauche die Kamera, um ein Bild von dir zu machen, und sie weiß, dass du im Bett bist. Ich... Scully, was soll ich ihr denn sagen?“
„Sonnenuntergang, sag ihr du willst den Sonnenuntergang...“
„Es ist schon fast dunkel...“ sagte er und stand auf und lief im Zimmer auf und ab.
Seine Aufregung übertrug sich auf sie. „Für mich...sag ihr einfach, ich brauche die Kamera. Sag ihr gar nicht wofür, nur, dass ich sie brauche.“
Scully sah, wie Mulder nickte und dann wortlos seine Hose anzog, um die Kamera zu holen.

eine halbe Stunde später

„Scully, ich habe Skinner noch im Büro erreicht und werde morgen Früh gleich nach Washington fahren und die Kamera persönlich im Labor abgeben.“ Er sah sie mit ernstem Blick an, als er wieder in ihr Zimmer kam.
„Ich werde dich begleiten.“ sagte sie ruhig und erwiderte seinen Blick genauso ernst.
„Auf keinen Fall. Du...“
„Auf jeden Fall...Mulder.“ sagte sie fest und sah ihn mit einem Blick an, der ihm klarmachen sollte, dass das kein Punkt war, den sie diskutieren würde.
„Ich werde dich begleiten. Und wenn wir fertig sind im Büro, wirst du mich nach Hause bringen, damit ich mir ein paar weitere Sachen packen kann.“
„Das kann ich für dich tun, ohne das du mitfährst, du machst mir einfach eine Liste und ich...“
„Nein.“
„...bringe...“
„Nein. Mulder...mir geht’s besser...und ich will meine...Sachen selber holen.“
„Besser...“ sagte er und bedachte sie mit einem sarkastischen Blick. „Das ich nicht lache, Scully. Heute Morgen bist du nur knapp einem weiteren Krankenhausaufenthalt entgangen, und auch nur weil ich dagegen protestiert habe. Wenn es nach Maggie gegangen wäre...“ seine Stimme nahm einen ärgerlichen Ton an, wie Scully bemerkte. Das verstärkte ihren eigenen Ärger, der sich an die Oberfläche kämpfte.
„...wäre ich in einem... Ich weiß... Ich werde dennoch...mit dir mitkommen.“ Sie hörte den Zorn in ihrer Stimme.
„Sei doch nicht albern Scully.“ Jetzt versuchte er es mit Spott. Das machte Scully noch wütender.
„Mulder...wenn du mich...hier lässt und...ohne mich fährst...“
„Was dann Scully..?“
Sie schüttelte langsam ihren Kopf, weil ihr die Argumente ausgingen. Langsam schloss sie ihre Augen und atmete tief ein und aus, da waren schon wieder Tränen in ihren Augen, die sie mit aller Macht nicht fließen lassen wollte. „Ich möchte dich begleiten...“ fuhr sie deutlich ruhiger fort. „...weil ich es noch einen Tag...in diesem Bett...nicht aushalte... Ich möchte...kann nicht den ganzen...Tag nichts tun... Ich werde wahnsinnig... Und...heute Morgen...als ich die Post öffnete...hatte ich seit Tagen...wieder das Gefühl...ich selber zu sein.“ Sie öffnete ihre Augen wieder und sah ihn an. „Ich brauche das Gefühl...dass ich etwas tun kann...arbeiten...den Fall lösen...herausfinden...was hinter allem steckt... Warum...“
Scully stand auf und ging auf Mulder zu. Sie griff nach seinen Händen und sah ihn eindringlich an, solange, bis er seinen Blick von ihr löste und auf ihre verbundenen Hände sah. Er drückte sie sanft, hob ihre Hände an seine Lippen und küsste sie sanft. „Gott, Maggie wird mich noch verfluchen. Und ich kann dir nichts abschlagen. Also gut. Ich nehme dich mit nach Washington...“
Scully strahlte ihn an, als er ihr wieder in die Augen sah.
„...Aber du musst mir versprechen, es nicht zu übertreiben. Und du musst mir Bescheid geben, wenn du eine Pause oder sonst was brauchst. Hast du mich verstanden?“
Scully nickte sachte.
„...Ich möchte kein ‚Mir geht’s gut, Mulder.‘ hören...“
Scully lächelte verlegen.
„Und die letzte Bedingung ist, du bringst das deiner Mutter bei. Ich sollte es mir nicht noch mehr mit ihr verscherzen, wenn ich dich einmal heiraten will.“
Scullys Herz setzte einen Schlag aus und sie wurde augenblicklich rot. Sie starrte ihn an.
„Süß.“ grinste er und beugte sich herab um ihr einen kurzen Kuss auf die Lippen zu geben, dann ließ er sie los und schob sie sachte in Richtung Tür und hinaus auf den Flur. „Klär das mit Maggie. Ich warte im Bett.“ sagte er, wackelte mit seinen Augenbrauen und schloss die Tür vor ihrer Nase.
Scully starrte die geschlossene Tür an. *Wie macht er das? Hormone, das müssen die Hormone sein, die mich so verwirren.* Scully schüttelte langsam ihren Kopf und ging die Treppe hinunter, um sich im Wohnzimmer ihrer Mutter zu stellen und ihr zu sagen, dass sie am nächsten Morgen mit Mulder nach Washington fahren würde.


...to be continued...

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