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Familienbande V: Vermächtnisse

von Dawn

Kapitel 8

Unbekannter Ort
Sonntag
22:30 Uhr


Bewusstsein schlich langsam in Greys Hirn, wie Regen auf einen festgebackenen Boden nach langer Dürre. Die erste Wahrnehmung, die es schaffte durch seine baumwollene Benommenheit zu dringen, war Schmerz, so weit verbreitet, dass es ihm vorkam als ob sein ganzer Körper schmerzte – sogar sein Haar. Die Dunkelheit, die ihn umgab, war sogar noch verwirrender, bis er herausfand, dass seine geschlossenen Augen daran schuld waren. Sie zu öffnen war eine Herausforderung, aber nach einigen fehlgeschlagenen Versuchen gelang es. Er blinzelte wie eine Eule aufgrund der weißen Decke bevor er den Kopf nach links drehte und vage bekannte weiße Wände sah. Er war wieder am Anfang wie es schien. Probehalber bewegte er Arme und Beine und war dankbar volle Mobilität zu haben. Wer auch immer ihn zurück gebracht hatte, hatte entweder vergessen ihn zu fixieren oder entschlossen, dass es nicht notwendig sei.

Ein Räuspern hallte laut durch die Stille und geschockt riss Grey seinen Kopf plötzlich herum, sodass der Raum sich noch ein paar Minuten um die eigene Achse drehte. Als seine verschwommene Sicht klar wurde sah Grey einen Mann mit verwittertem Gesicht und scharfen, berechnenden Augen, der auf einem Plastikstuhl saß und ihn beobachtete. Er registrierte den Gestank von Zigarettenrauch als der Mann eine lässig an seine Lippen führte und einen langen Zug nahm.

„Erst die Ratte und nun der schwarzlungige Hurensohn.“, krächzte Grey und fragte sich warum seine Stimme so klang als ob er geschrien hätte. „Hurra, hurra, die Bande ist vollzählig.“

Die Lippen des Mannes krümmten sich, entweder amüsiert oder zufrieden, Grey war sich nicht sicher. „Ich sehe Sie teilen ihres Bruders Neigung gegen den Wind zu pissen. Interessant was so ein paar gemeinsame Gene produzieren können.“

„Was habt ihr mit mir gemacht?“, forderte Grey und mühte sich ab sich auf seine schmerzenden Gummiarme zu stützen.

Der Mann stieß eine giftige Rauchwolke aus. „Nichts was dauerhaft Schaden anrichten kann.“

„Sie haben leicht Reden, Sie sind nicht derjenige der sich fühlt als ob er von einem LKW angefahren worden wäre.“, murrte Grey. „Könnte ich vielleicht ein Glas Wasser bekommen?“

Der Raucher erhob sich und begab sich zum Waschbecken wo er einen Plastikbecher mit Wasser füllte und wieder zurückkehrte. Grey nahm den Becher leise und trank gierig wobei er versuchte seine Situation abzuwägen. Ohne Fenster war es ihm noch nicht einmal möglich zu sagen ob es gerade Tag oder Nacht war. Sein extremer Durst und die Leere in seinem Magen sagten ihm, dass er wenigstens eine Mahlzeit verpasst hatte. Darüber hinaus wusste er sehr wenig.

„Kommen wir auf den Punkt.“, sagte er grimmig und gab den leeren Becher wieder ab.“ Was werden Sie mit mir tun? Und noch wichtiger was hatten Sie mit Fox vor?“

„Die Antwort auf ihre erste Frage ist, dass ich Sie bei Gelegenheit zu ihrem Bruder zurückkehren lasse – nachdem ich meine Zweifel bezüglich ihrer Herkunft zufriedenstellend beseitigt habe.“

„Was zum Henker soll das bedeuten?“

„Ich habe gehört, dass Alex Ihnen etwas über unser Interesse an Ihrem Bruder erzählt hat.“

Grey verzog das Gesicht. „Wenn Sie das eine Erklärung nennen! Hörte sich für mich eher nach Science Fiction an.“

CSM lächelte dünn. „Ein U-Boot galt auch mal als Science Fiction, Mr. McKenzie – bis es Realität wurde. Ich versichere Ihnen, dass die genetischen Veränderungen die an Fox vorgenommen wurden durchaus Realität sind. Das was abzuwarten ist, ist ob eine dieser *Verbesserungen* auch in *Ihnen* existieren.“

„Heißt das, wenn Sie fertig damit sind mich wie ein Meerschweinchen zu testen, lassen Sie mich nach Hause gehen?“ Greys Stimme strotzte von Unglaubwürdigkeit.

„Passend… konditioniert um Ihr Leben fortzuführen, ja.“

„Sie meinen Sie werden etwas tun, dass ich diesen Ort und Sie vergesse.“, entgegnete Grey.

Der Raucher zuckte mit den Achseln. „Ein vernünftiger Preis, denken Sie nicht? Wir könnten Sie niemals mit intakter Erinnerung hier fort lassen, und die Alternative ist… unangenehm.“

„Um das wenigste zu sagen.“, knurrte Grey. „Was ist mit meiner anderen Frage? Was wollen Sie von Fox?“

CSM lächelte enigmatisch, und nahm lässig einen weiteren Zug von seiner Morley. „Sicherlich können Sie verstehen, dass jegliches wertvolles Investment sorgfältiger Überwachung bedarf.“

Grey zog die Augen zusammen. „Aber es ist mehr als das oder? Krycek sagte etwas, etwas darüber, dass ein Experiment an Fox bis jetzt erfolgreich war.“

CSM ließ den Zigarettenstummel auf den Boden fallen und trat ihn beim Aufstehen mit der Hacke aus.“ Alex redet zu viel. Ich schlage vor Sie ruhen sich was aus, Mr. McKenzie. Morgen wird ein anstrengender Tag.“

„Ich verlange eine Antwort! Was stimmt nicht mit Fox? Sind Sie der Grund dafür, dass er krank ist?“, beharrte Grey und bemühte sich seine Beine über die Seite seiner Liege zu schwingen.

Der Raucher erstarrte und drehte sich langsam um. Stechende Augen erforschten Greys verlängertes Gesicht. „Wie krank ist er?“

Grey drehte seinen Kopf scharf und starrte an die Wand. „Fahren Sie zur Hölle!“

Zu seinem Erstaunen fasste der Mann sein Handgelenk in einem knochenharten Griff. „Spielen Sie keine Spielchen mit mir, es geht um das Leben Ihres Bruders! Wie krank ist er?“

Grey erwiderte seinen Blick ruhig, vorbereitet auf den Ärger den er dort sah. Die echte Sorge, die hinter den Ärger lauerte erschreckte ihn. „Ich weiß nur was Dana mir gesagt hat. Sie sagt, dass er in letzter Zeit oft krank ist und dass er ständig müde ist. Im Moment hat er einen nervigen Husten, aber er beteuert, dass es nur das Überbleibsel von einer heftigen Erkältung ist, die er nicht los wird.“

Der Raucher studierte sein Gesicht einen Augenblick, als ob er die Wahrheit in seinen Worten abwägen wollte. Was er sah schien ihn zu sorgen – er drehte sich abrupt auf dem Absatz um und stampfte zur Tür.

„Was ist los?“ beharrte Grey, mitgenommen von der, wie er riet, uncharakteristischen Reaktion des Mannes. „Was stimmt nicht? Antworten Sie, verdammt noch mal!“

CSM hielt in der Tür inne, seine undurchsichtige Maske wieder intakt. „Ruhen Sie sich aus, Mr. McKenzie, und überlassen Sie Ihren Bruder mir. Sie brauchen Ihre Entschlossenheit die nächsten Tage.“

Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss während Grey noch nach einer Antwort suchte. Er fluchte laut gegen die vier weißen Wände als er sich wieder zurück aufs Bett fallen ließ. Das erste Mal seitdem seine Tortur begann war er nicht um sein eigenes Leben besorgt. Der kaum versteckte Schock des Rauchers auf seine Beschreibung von Foxs Zustand verdrängte jegliche Angst um sein eigenes Schicksal. Danas Worte der vergangenen Nacht spukten durch seinen Kopf.

*Ich werd das Gefühl nicht los, dass etwas ganz und gar nicht stimmt.*

Immer feinfühlig wenn es Fox betraf, schien es als ob ihr Instinkt richtig war.


Hauptquartier der einsamen Schützen
Montag
11:53 Uhr


„Was habt ihr gefunden?“

Mulder lehnte sich gegen einen Aktenschrank und sah aus als ob eine starke Brise ihn um pusten könnte. Blaurote Schatten zeichneten sich unter seinen Augen ab, betont noch durch seine Blässe. Sein normalerweise schlanker Körper erschien mager, die Armknöchel fast wie die eines Skeletts, da wo sie aus den Hemdärmeln herausschauten.

Langly legte die Stirn in Falten und zog einen Stuhl herbei. „Setz dich hin bevor du umkippst, Mulder. Du siehst fürchterlich aus.“

„Und ich wollte dir gerade sagen wie süß du in dem Shirt aussiehst.“, witzelte Mulder, setzte sich aber mit einem Seufzen hin.

Frohike stupste Scully am Ellbogen an und bedeutete ihr mit einer Kopfbewegung zur Seite zu kommen. „Was ist mit ihm los?“, fragte er, wobei seine Augen zu Mulder, dann zurück zu ihr wanderten. „Das kann nicht nur die Sorge um seinen Bruder sein. Er sieht krank aus.“

„Das ist er auch. Eine Art Atemwegsinfektion, er hustet fast pausenlos.“, murmelte Scully, Sorge mit Ärger angehaucht. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass er auch Fieber hat, aber er schmeißt Aspirin ein bevor ich eine aussagekräftige Messung vornehmen kann. Er sollte im Bett sein und nicht Alex Krycek jagen, aber er will ja nicht auf mich hören.“

Frohike grunzte. „Ich hab den Mann aus dem Krankenhaus schleichen sehen nach dem man ihm in den Kopf geschossen hat, weißt du noch? Glaub mir, ich weiß wie stur er sein kann.“

Scully brachte ein schwaches Lächeln zustande und widmete ihre Aufmerksamkeit dann Langly.

„Krycek war im Januar in der Stadt“, sagte dieser zu Mulder. „Vorher ist er an einigen exotischen Orten aufgetaucht, am auffälligsten war Tunesien.“

Mulder, der seinen Kopf auf seiner Faust abgestützt hatte, hob diesen an, blickte Scully suchend an und nickte dann langsam. „Weiter.“

„Eine Quelle schwört, dass sie ihm ungefähr zur selben Zeit in einem riesigen Fitnessstudio abhängen sehen hat, aber was er da machte weiß niemand. Er wurde sicher an D.C. General gesichtet, nur kurze Zeit später.“

„D.C. General?“, sagte Scully scharf, ihr Mund urplötzlich trocken. Sie ging schnell zu Mulder und stellte sich hinter ihn, legte ihm eine Hand auf die Schultern. „Seid ihr sicher?“

„Die Quelle ist verlässlich.“ Bestätigte Byers ernst, mit einer hochgezogenen Augenbraue ob ihres Tons.

„Wie heißt das Fitnessstudio?“ fragte Mulder heiser und legte seine Hand über Scullys.

„South Street.“, antwortete Frohike mit gerunzelter Stirn. „Warum? Kennt ihr das?“

Mulder lehnte seinen Kopf nach hinten und sah Scully an, die Niedergeschlagenheit in seinen Augen spiegelte in ihren wieder. „Ja, ich hab davon gehört.“

„Es hat den Anschein als ob unser Freund ungefähr einen Monat in der Gegend geblieben ist. Er ist mehrere Male mit deinem Kumpel CGB und dessen Sohn gesehen worden.“, fuhr Langly fort während er einen Ausdruck überflog.

„Du meinst Jeffrey Spender?“ fragte Scully ungläubig.

„Jup. Krycek verschwand von der Bildoberfläche direkt nachdem Jeffrey Spender angeschossen wurde. Bis vor circa einem Monat.“

Langly hielt inne und wartete auf Druck nach mehr Informationen und warf Byers dann einen besorgten Blick zu als Mulder weiterhin Löcher in die Luft starrte.

„Alles okay, Mann?“

Scully verstärkte den Druck ihrer Hand auf seiner Schulter und er schüttelte seine Benommenheit ab. „Ja.“ Er unterdrückte ein Husten und räusperte sich dann. „Ja, mach weiter, ich höre zu.“

Wir haben Unterlagen über einen Karl Arntzen, der auf Kryceks Beschreibung passt, auf einem Flug nach New Mexico, einen Rückflug hierhin Anfang Oktober. Danach: nix.“

Mulder legte beide Ellbogen auf den Tisch und massierte beide Schläfen. „NICHTS?“

„Nichts bestätigtes.“, gab Byers zu. „Nur Gerüchte, dass er an mehreren Stellen hier in der Gegend aufgetaucht sei, wie ein Irrlicht. Nichts Definitives, nichts Verfolgbares. Was auch immer er vor hat, er ist sehr vorsichtig.“

„Das hilft uns nicht weiter.“, antwortete Mulder und schloss die Augen.

„Wir haben nicht aufgegeben.“, sagte Frohike. „Wir werden es weiter versuchen.“

Mulder kam auf die Füße und schaukelte ein bisschen, befreite sich aber ungeduldig von Scullys stützender Hand.

„Ihr wisst wo ihr uns erreichen könnt.“, sagte er und mied ihre gemeinsamen besorgten Blicke indem er zur Tür ging.

Frohike betätigte die Riegel während Langly und Byers besorgte Blicke austauschten. Mulder drängte Scully durch die Öffnung, eine Hand in ihrem Rücken, hielt aber auf halben Weg inne. Er drehte sich um und lehnte seinen Kopf müde gegen seine Hand auf dem Türrahmen.

„Ich begrüße eure Hilfe“, sagte er leise, „Ich weiß ihr habt getan was ihr konntet.“ Er brachte sich selbst in aufrechte Position und folgte Scully zum Auto, ließ damit die Schützen auf seinen Rücken starrend zurück.

Mulder bekämpfte Verzweiflung und die Rebellion seines eigenen Körpers und rutschte auf den Beifahrersitz von Scullys Auto. Sie hatte den Schlüssel in die Zündung gesteckt, machte aber keine Anstalten ihn zu checken.

„Also, kannst du das Wort *sucker* auf meine Stirn tätowiert sehen?“, fragte Mulder trocken.

„Kann ich nicht…Mulder, es muss eine Erklärung geben. Skinner hat uns öfter gedeckt und unterstützt als ich mich erinnern mag!“

„Ich mag es auch nicht glauben, Scully. Aber es passt. Skinner hat sich geweigert uns zu erlauben herauszufinden wer ihn vergiftet hat. Jetzt erfahren wir, dass Krycek zufällig an beiden Orten, dem, wo Skinner vergiftet wurde und dem wo er beinahe starb, gesichtet wurde. Willst du mir sagen, dass das alles Zufall ist?“

Scully biss sich auf die Lippe. Ihr war klar, dass Mulders eiserne Akzeptanz von Skinners Doppelspiel dazu diente zu kaschieren, dass er sich verletzt und betrogen fühlte. Etwas Elementares war zwischen Mulder und ihrem Boss während ihrer Entführung geschehen was das Vertrauen von Mulder zu diesem Mann zementiert hatte und ihn zum größten Verteidiger seiner Integrität machte. Sie hatte diese Integrität mehr als einmal angegezweifelt, besonders während sie den Krebs hatte aber Mulders Vertrauen blieb fest. Seit dem Tod von Mulders Mutter und der Entdeckung von Grey hatte sie Skinner nicht nur als Boss, sondern auch als Freund gesehen und seine stete Unterstützung zu schätzen gelernt. Hatten sie sich wirklich so blenden lassen?

„Nein“, antwortete sie schließlich, ihre Stimme kaum mehr als ein Flüstern, „Aber ich denke wir schulden ihm eine Chance das Ganze zu erklären.“ Als Mulder nicht antwortete startete sie den Wagen und drehte sich dann zu ihm um. „Was glaubst *du* bedeutet das?“

Mulders Kopf was nach hinten gelehnt, die Augen geschlossen. „Ich denke es bedeutet, dass Krycek für Skinners Vergiftung verantwortlich ist, vielleicht auch für die Heilung. Er öffnete seine mit Unnachgiebigkeit, Schmerz und Wut gefüllten Augen – eine gefährliche Kombination. „Und ich denke, dass Skinner besser eine verdammt gute Erklärung hat.“
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