World of X

Das älteste Archiv für deutsche Akte-X Fanfiction

The X-Files: Virtual Season 10

von Kinona, meiko

Kapitel 4: Athabaska (2)

The X-Files: Virtual Season 10

10.04 - Athabaska (2/2)

Written by meiko
Artwork by GabiS



Alberta, Kanada
Das Lager nahe McMurray
11:56 p.m.

Pfeifend schnitten die Lederschnüre der Peitsche durch die Luft und klatschten auf Fox Mulders Rücken. Mulder, bäuchlings auf einer Bank festgebunden, biss die Zähne zusammen, als das Leder seine Haut aufriss, doch er konnte ein Stöhnen nicht unterdrücken. Wieder und immer wieder ließ die Peitsche die Haut aufplatzen bis das Fleisch hervortrat.
Die drei Männer aus dem Lager wechselten sich bei dieser Aufgabe ab. Fröhlich warfen sie sich das Folterinstrument zu und stellten Vermutungen darüber an, wie lange ihr Opfer die Qualen wohl ertragen würde.
Ein kalter Luftzug wehte die Nässe der dunklen Nadelwälder in die Hütte, als Charles August Milver die Tür öffnete und hereintrat. „Genug!“
Seine ausgestreckte Hand erhielt die Peitsche wieder zurück und er verließ das Holzhaus. Draußen blieb er stehen und schaute in den Nachthimmel. Kein Mond und keine Sterne hatten die Kraft, mit ihrem Lichtschein durch die dicke, schwere Wolkendecke zu dringen. Tief atmete Milver die eisige Luft ein und registrierte das Stechen in seiner Brust, als kalter Sauerstoff seine Lungenbläschen füllte.
Er strich sich über den Bart und ein zufriedenes Lächeln umspielte seine Lippen.


[Opening Credits]


Washington, D.C.
FBI Headquarter
1:10 p.m.

Die Tür zu Deputy Director Kershs Residenz flog auf und ein alles andere als gut gelaunter A.D. Skinner stürmte in das Büro. Im Türrahmen erschien der Kopf von Kershs Sekretärin, die entschuldigend die Schultern hob, bevor sie die Tür schloss.
"Was glauben Sie, was Sie da tun, Kersh?", fuhr Skinner seinen Vorgesetzten an. "Sie können diesen Einsatz nicht absagen! Nicht aus diesen trivialen Gründen, und nicht, solange ich als Assistant Director noch über Entscheidungsfreiheit verfüge!"
Kersh, der sich erhoben hatte, als Skinner sein Büro stürmte, nickte und ließ sich wieder auf seinem Sessel nieder. "Nicht aus trivialen Gründen, Mr. Skinner, Sie haben vollkommen recht." Bedächtig griff er nach einer Akte auf seinem Schreibtisch und schlug sie auf. Er überflog die Zeilen und tippte mit dem Zeigefinger auf einen Absatz. "Wohl aber, wenn Sie eine Sondereinheit in Kanada anfordern, ohne dafür plausible Gründe zu nennen. Wie sollte ich unter diesen Umständen die Kosten rechtfertigen, Assistant Director?"
"Wie könnten Sie unter diesen Umständen den Verlust von Menschenleben rechtfertigen, Deputy Director?", gab Walter barsch zurück.
Beide Männer maßen sich mit ihren Blicken; keiner von ihnen schien auch nur um einen Zentimeter nachgeben zu wollen. Kersh seufzte schließlich und schloss die Akte.
"Dann bitte ich Sie - im Vertrauen - mir Ihre Gründe zu nennen."
Skinner ballte die Fäuste. "Nach allem, was in den letzten Jahren geschehen ist, fällt es mir schwer, Ihnen in diesem Fall zu vertrauen. Um ganz offen zu sprechen, Director: Sie haben mir gezeigt, dass Sie dazu in der Lage sind, Partei für die richtige Seite zu ergreifen, trotz allem Druck, den man auf Sie ausübt. Das respektiere ich. Dennoch... Das Überleben von zwei Menschen hängt davon ab, ob Sie auch diesmal die richtige Entscheidung treffen!" Skinner senkte die Stimme. "Kersh, beenden Sie dieses Spiel. Sie wissen, um wen es sich hier handelt!"


Alberta, Kanada
Das Lager nahe McMurray
7:46 a.m.

Für Scully war eine unruhige Nacht voller Fragen vergangen. Wo war Fox? Was wollte man von ihnen? Und wer war dafür verantwortlich, dass der Hinweis, den sie verfolgten, sie schon wieder in eine unmögliche Situation gebracht hatte? Den Rest des Tages und eine ganze Nacht hatte man sie allein gelassen - allein mit einer Flasche Wasser und ihren Fragen. Anfangs war sie unruhig in den wenigen Quadratmetern der fensterlosen Hütte auf- und abgelaufen, hatte das jedoch bald aufgegeben und sich in eine Ecke gesetzt, um Kräfte zu sparen. Was gäbe sie jetzt für einen Blick oder eine Berührung von Fox... So zaghaft diese Gesten auch waren, sie drangen tief in ihr Herz und brachten eine Saite zum Klingen, die sie seit Jahren verstummt glaubte.
Die Stunden krochen mühsam über den Torfboden und zögernde Minuten streckten die Finger nach ihr aus. Das unstete Licht der Öllampe flackerte ermüdend. Dana fielen die Augen zu, doch gewaltsam riss sie sie wieder auf. Nein! Schlaf konnte sie sich hier nicht leisten. Sie wusste nicht, wann ihre Entführer wieder zu ihr kommen würden - vielleicht erst am Morgen, doch es war zu gefährlich, jetzt einzuschlafen.
Als eine nebelverhangene Sonne die ersten Lichtstrahlen des neuen Tages über die Nadelwälder schickte, entriegelte Luisa das Schloss der Holzhütte und trat ins Innere. Vergeblich suchten ihre Augen nach Scully und weiteten sich vor Schreck, als diese nirgends zu sehen war. Die Hand noch am Türrahmen, wollte sie zurückweichen, doch da schoss Danas Arm hinter der Tür hervor und zerrte die junge Frau ins Halbdunkel. Scully drückte mit einer Hand in den Kehlkopf ihrer Entführerin und zog mit der anderen ihren Arm ruckartig nach oben. Die Blondine öffnete den Mund zu einem Schmerzensschrei, doch nur ein Keuchen kam heraus. Dana zog sie an sich und zischte ihr zu: "Denken Sie nicht mal daran, ein Geräusch zu machen! Wir beide werden jetzt hinausgehen und nach meinem Partner suchen. Und dann verlassen wir dieses Lager. Zusammen!"
Scully verließ vorsichtig Ihr Gefängnis, Luisa dabei wie einen lebendigen Schutzschild vor sich herschiebend. Kein Mensch war zu sehen, offensichtlich hatte sie Glück und die Leute schliefen noch. Die beiden Frauen traten auf den zentralen Platz des Lagers und...
"Mulder!!!", flüsterte Dana entsetzt und lief los, Luisa dabei achtlos hinter sich herziehend.
Fox Mulder stand, an einen Holzpfahl angebunden, aufrecht und bewegungslos in der Mitte des Platzes. Seine nach oben gereckten Arme waren mit Stricken an den Mast gefesselt, sein Kopf hing zur Seite.
Dana versuchte verzweifelt, Leben in dem starren Körper zu entdecken, tastete mit zitternden Fingern nach einem Puls und fand ihn schließlich. "Mulder, du lebst!", flüsterte sie und drehte sich zu Luisa um. "Helfen Sie mir, ihn von hier wegzubringen! Haben Sie ein Messer dabei?"
Luisa antwortete nicht, sondern starrte nur auf einen Punkt hinter Scully. Dana drehte sich um. Auf allen Seiten des Platzes standen die Lagerbewohner, Maschinenpistolen im Anschlag und beobachteten sie. 'Verdammt', schoss es Dana durch den Kopf. 'Das kann einfach nicht wahr sein'. Sie griff nach Luisa und legte die Hände an ihren Hals. "Kommen Sie nicht näher!", rief sie und wusste im gleichen Augenblick, wie sinnlos ihre Worte waren.
Ein Mann löste sich aus der Menge. Er schritt lächelnd auf Scully zu und applaudierte affektiert. "Ich habe Sie richtig eingeschätzt, Miss Scully! Aber verzeihen Sie, ich habe mich nicht vorgestellt: Charles August Milver, der Führer dieser Gruppe."
Scully vernahm ein Husten hinter sich und drehte sich um. Fox hatte den Kopf gehoben und die Augen geöffnet. "Die benutzen uns nur, Scully", sagte er heiser. Dana versetzte der Klang seiner schwachen Stimme einen Stich ins Herz. "Geh nicht auf ihr Spiel ein!"
So leise Mulder auch gesprochen hatte, Milver hatte es doch gehört. "Sie müssen wohl, Miss Scully. Sie werden jetzt tun, was ich für Sie vorbereitet habe!" Er fasste Luisa beim Arm und zog sie von Scully weg. Dann reichte ihm ein schnauzbärtiger Mann aus seinem Gefolge einen kleinen Stab. "Wissen Sie, was das ist?" Scullys Gesicht blieb starr, während sie Milver in wortloser Wut ansah. Milver ignorierte ihr Schweigen und fuhr fort: "Das ist eine Nilpferdpeitsche. Nettes Souvenir aus Nordafrika". Er schüttelte den Stab und mehrere Lederschnüre entfalteten sich. Dann drückte er die Peitsche in Danas Hand. "Beweisen Sie Ihre Loyalität! - JETZT!"
"Vergessen Sie es!", fauchte Scully ihn an und warf im die Peitsche vor die Füße. Am liebsten hätte sie ihm ins Gesicht gespuckt, doch sie wusste, dass das ihre Lage nur verschlimmern würde.
Milver drehte sich lächelnd um und winkte seinen Gefolgsleuten zu. "Test nicht bestanden", rief er Scully über die Schulter zu und entfernte sich wieder. Zwei stämmige Männer in Tarnkleidung näherten sich, packten Dana und banden sie neben Mulder an den Mast. Dann verließen sie mit dem Rest ihrer Gruppe den Platz und ließen die beiden Gefangenen allein.
"Es tut mir leid, Mulder." Scully dehnte mühsam ihren Hals, um Mulder in die Augen sehen zu können.
Fox hob langsam den Kopf und sah sie an. "Mir tut es leid, Dana. Und du weißt auch, warum."
Scully schüttelte den Kopf. "Mulder, ich weiß, dass du dir Vorwürfe machst, aber ich bitte dich: Vergiss nicht, was ich dir in Roswell gesagt habe. Als ich dir vor neun Jahren zugeteilt wurde, um deine Arbeit zu zerstören, ging ich mit dem Enthusiasmus der Unwissenheit an diese Aufgabe. Aber je mehr wir gemeinsam gesehen haben, je mehr ich deine Welt kennen lernte, desto mehr wurde es auch mein Kreuzzug!"
Ihre Blicke fanden sich und verweilten lange ineinander. Dann sank Mulders Kopf wieder herab und er schloss die Augen.


Alberta, Kanada
Das Lager nahe McMurray
8:39 a.m.

Schließlich kehrten die Bewohner des Camps von ihrer Beratung zurück. Milver trug eine Maschinenpistole in der Hand und trat auf Mulder und Scully zu. Luisa hielt er am Arm gefasst und zog sie mit sich.
"Sie werden beide sterben", teilte er ihnen mit unbewegter Mine mit. "Glauben Sie mir, wenn Sie kooperiert hätten, hätte es nicht dazu kommen müssen! Aber so... Ich sagte Ihnen schon, Mr. Mulder, ich kann kein Risiko für meine Pläne eingehen! Die Lage unseres Camps darf nicht bekannt werden."
Fox Mulder überwand seine Übelkeit und sah Milver an. "Ihr Narren! Was glaubt Ihr, warum wir hier sind? Euer Lager ist bereits bekannt und seine Lage längst verraten. Unser Tod würde überhaupt nichts daran ändern!"
Milver übergab seine Waffe an Luisa und lächelte ihr aufmunternd zu. "Mädchen, jetzt kannst du uns zeigen, dass du dein Lebensziel wirklich kennst. Diese beiden Personen sollten längst tot sein. Erfülle ihre Bestimmung!"
Luisa entsicherte die Maschinenpistole und legte auf Mulder an. "Ruhe in Frieden", murmelte sie.
Der ohrenbetäubende Knall des Schusses hallte von den Hütten des Lagers wieder, während der Wind das Geräusch über die Tannen hinweg mit sich trug und schließlich im aufsteigenden Nebel verschluckte.
Verwirrte Stimmen wurden laut, erst vereinzelt, dann immer mehr. Milver blickte Luisa lächelnd an. Dann blinzelte er, als würde er versuchen, den Blutstrom wie eine lästige Fliege zu verscheuchen. Den Blutstrom, der aus dem kleinen Loch in seiner Stirn über die Augenbrauen und in seine Augen lief. Er öffnete den Mund und schwankte. Mit einem Ruck richtete Luisa ihre Waffe auf die Gruppe der Lagerbewohner, die ihre Gewehre erhoben hatten.
Dann peitschten Schüsse über die Lichtung. Milvers Körper wurde von Kugeln zerfetzt, zuckte mehrmals und fiel schlaff zu Boden. Mehrere seiner Untertanen wurden von Geschossen getroffen, während der Rest seiner Leute die Gewehre von sich schleuderte und sich auf den Boden warf. Die Spezialteams aus Kanada und vom FBI hatten das Lager umstellt und trieben einige verstreute Frauen und Männer in die Mitte des Platzes, wo sie die Leute in Schach hielten. Eine Stimme hallte durch die Lautsprecher und forderte die Verschwörer auf, sich ruhig zu verhalten.
"Mulder, Scully!" bellte eine kräftige Stimme durch das Camp. Assistant Director Skinner lief auf die beiden zu und sah sie mit besorgter Mine an. Dann zerschnitt er die Fesseln.
Scully rieb sich die schmerzenden Handgelenke "Walter, die haben Mulder gefoltert, er braucht Hilfe".
"Ein Ärzteteam hierher, sofort!", rief Skinner und half Scully, Mulder vorsichtig auf den Boden zu legen.
Luisa stand neben ihnen. Die Maschinenpistole noch immer in der Hand, sah sie wie unbeteiligt zu, als das Notarztteam herbeilief und Mulder untersuchte.
"LISA!"
Luisa drehte sich um und sah eine dunkelhaarige Frau auf sich zulaufen.
"Lisa, alles in Ordnung?", fragte Shannon atemlos und sah sie prüfend an.
"Shannon!"
Beide Frauen umarmten sich erleichtert.
"Ich war gut", flüsterte Lisa Tanner und sah zu ihrer Freundin auf.
"Und ich habe mir Sorgen um dich gemacht", antwortete Shannon McMahon. Ein Lächeln blitzte in ihren Augen.
Ein Hubschrauber näherte sich dröhnend. Scully hielt die Hände vor die schmerzenden Ohren. Sie bemerkte erst jetzt, wie kalt es war und fröstelte. Ein Sanitäter brachte eine Decke und Skinner wickelte sie darin ein. Ein böser Gedanke durchfuhr Scully und sie drehte sich zu Shannon und Lisa um.
"Haben wir den anonymen Hinweis, der uns hierher geführt hat, Ihnen zu verdanken?" Ihre Augen warfen kleine Blitze auf die beiden Frauen.
Doch Shannon schüttelte den Kopf. "Nein", erklärte sie. "Aber der Hinweis kam uns sehr gelegen. Wir beobachten die Gruppe schon einige Zeit. Ich konnte Lisa die Idee nicht ausreden, sie zu infiltrieren. Aber wir wussten, wir würden sie nur überführen, wenn wir ihnen eine große Sache anhängen konnten!"
Dana starrte Shannon fassungslos an. "Wie viel wissen Sie über Mulder und mich?". Unterdrückte Wut bebte in ihrer Stimme.
Doch Shannon antwortete nicht. Stumm sah sie zu, wie die Sanitäter Mulder zum Hubschrauber brachten. Dann wandte sie sich wieder zu Scully um.
"Ich bin dankbar, dass wir rechtzeitig gekommen sind. Wir dürfen Sie nicht verlieren!"


Alberta, Kanada
Über dem Athabaska
10:23 a.m.

Scully sah aus dem Fenster des Hubschraubers auf den sich windenden Flusslauf des Athabaska hinab. Die Sonne schickte vereinzelte Strahlen in breiten Lichtsäulen durch die Wolkendecke. Endlich ließ die Anspannung in ihrem Körper nach und sie lehnte sich in den Sitz zurück.
< Manchmal, wenn ich allein mit meinen Gedanken bin, frage ich mich, ob wir unter anderen Umständen auch unter diesen fehlgeleiteten Paranoikern sein könnten. Wer entscheidet darüber, welchen Weg wir gehen und wohin uns dieser Weg führt? Wenn Mulder und ich uns an einer Gabelung des Weges für eine andere Richtung entschieden hätten, wohin hätte uns das geführt? Würden wir heute hier sitzen und glücklich sein, dass wir ein weiteres mal überlebt haben, oder würden wir wie Charles August Milver mit zerschossenem Schädel inmitten der Wälder liegen? Wie stark ist die Wand, die uns von diesem Schicksal trennt? >

Ende.


Disclaimer:
The X-Files © FOX
The X-Files (Akte X) is the intellectual property of Fox, Chris Carter and 1013. The characters, terminology, and existing episodes are all property of their respective creators/writers/producers. We are making no profit on this site and are simply using these items for the entertainment of the fans (and ourselves). No copyright infringement is intended.
Rezensionen