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The X-Files: Lost Investigations (Season 3.2)

von meiko

Kapitel 1: Falling

The X-Files: Lost Investigations
Season 3

3.4 Falling (Teil 1 von 3)

Created by Chris Carter
Written by meiko

Redaktion und Artwork
Gabi S.


Prolog

[Daddy, dachte sie und ließ ihre großen dunklen Augen zögernd über die weiße Leinendecke wandern, die den ausgezehrten Körper ihres Vaters bedeckte. Daddy, es tut mir so leid.
Sie ließ den Kopf hängen und strich geistesabwesend über das schüttere weiße Haar des alten Mannes. Die Berührung schmerzte in ihren Fingerkuppen – fast so, als würde sie die Finger auf eine heiße Herdplatte pressen.
Ich weiß nicht, ob du es verstehen würdest, selbst wenn du noch in der Lage dazu wärst. Aber… Ihre Blicke strichen durch das reinliche Zimmer des Medical Research Center mit all seinen technischen Apparaten und Überwachungsmaschinen. Sie haben mich dazu gezwungen, weißt du. Ich … ich hatte keine Wahl als ihnen zu gehorchen. Ich… Ihre Gedanken kamen ins Stocken und ihre Augen verweilten mit leerem Starren auf einer kontinuierlich voran gleitenden EKG-Kurve. Lügnerin! Flüsterte ihr eine innere Stimme zu. Es gibt immer eine Wahl, und das weißt du. Du hättest einen anderen Weg wählen können, doch stattdessen lässt du dich von ihnen benutzen.
Sie ließ die Hand sinken und dachte einige Minuten über ihre eigenen Gedanken nach.
Aber was ist, wenn es wirklich kein Morgen mehr gibt? Wenn sie am Ende doch Recht haben? Ist es dann nicht meine Pflicht, all dies zuzulassen?
Sie wandte die übermüdeten Augen von ihrem Vater ab und nickte sich selbst eine stille Antwort zu. Sie war bereit, fortzufahren.]


[Opening Credits]



Aufzeichnung 4.

Das Wasser flog schwarz schäumend und mit gurgelnden Geräuschen am Bug entlang. Fox Mulder streckte sich, soweit er konnte und beugte den Oberkörper über die metallene Reling. Obwohl er Handschuhe trug, jagte das eiskalte Metall einen stechenden Schmerz durch seinen ganzen Körper und er erschauerte. Tief unter ihm lag das Nordmeer der Lofoten, und obwohl in dieser Nacht tiefe Dunkelheit herrschte, glaubte Mulder, einen unbestimmten Schimmer auf den dahinjagenden Wellen ausmachen zu können.

„In dieser dunkelsten aller Nächte…“ erklang eine heisere Stimme hinter ihm, doch sie brach ab, noch ehe sie das Zitat vervollständigen konnte.

Fox Mulder zuckte zusammen und für einen kurzen Moment war es ihm, als würde die Reling unter seinen Händen nachgeben und mit ihm zusammen in die feuchte, kalte Tiefe stürzen. Doch da war nichts – nichts als das verlorene Schwindelgefühl in seiner Magengrube.

Entschlossen löste er die Hände von der Metallstange und wandte sich um. „Wo sind wir?“, brachte er zögernd hervor und musterte sein Gegenüber abschätzend.

Ein Schatten flog über Frank Blacks Gesicht, doch im fahlen Schein der hin- und herschwankenden Decklampe blieb wenig mehr davon zurück als eine schwache Andeutung. „Die Lofoten, nicht wahr?“, antwortete Black heiser und zog den Mantel enger um den ungeschützten Hals.

Mulder nickte unbestimmt und blickte auf das Meer zurück. Gefrorener Atem kristallisierte an seinen Bartstoppeln und er kratzte sich verärgert am Kinn. „Verdammt“, entfuhr es ihm. „Sie können es ebenso spüren, nicht wahr?“

Frank durchbohrte ihn mit seinen Blicken und ließ die Hände in den Manteltaschen verschwinden. „Ich kann es immer spüren“, knurrte er mit dumpfer Stimme und sah den FBI-Agenten ungehalten an. „Das ist es, was mich ausmacht, wissen Sie?“

Fox’ Blicke kehrten von der schäumenden Finsternis auf das Deck zurück und er bewegte sich langsam – kaum merklich – von der Reling weg. „Richtig“, murmelte er. „Sie haben die Gabe.“ Er umrundete Black lauernd und ließ den Älteren nicht aus den Augen. „Aber Sie haben genauso wenig eine Ahnung, was wir hier draußen tun, richtig?“

Als Black nicht reagierte, sprang Mulder vor, packte Frank mit beiden Händen am Mantelkragen und drückte ihn unsanft gegen die rostfleckige Wand. „Raus mit der Sprache“, zischte er. „Weshalb sind wir beide auf diesem Schiff? Was wissen Sie? Und wer ist außer uns noch hier?“

Frank schnappte nach Luft, so dass Mulder für einen Moment den Griff seiner steif gefrorenen Finger lockerte. Gleich darauf packte er ihn wieder und verstärkte den Druck erneut. „Nun reden Sie schon!“

Da! Ein Lichtschein auf dem Wasser – Reflexionen in der Schwärze der Nacht.

Für einen kurzen Augenblick war Mulder abgelenkt, doch diese Sekunde genügte Frank Black, um seine Kräfte zu mobilisieren und seinen Angreifer gegen die Reling zu schleudern. „Wagen Sie es nicht, mir noch einmal zu nahe zu kommen“, keuchte er und rieb vorsichtig seinen Hals, auf dem sich bereits die ersten dunkelroten Striemen abzeichneten. „Auf diese Weise werden Sie keine Antworten bekommen! Was ist mir Ihrer Partnerin? Wo haben Sie sie gelassen? Ist sie unter Deck eingesperrt?“

Der Lichtschein… Wo… Die Reflexion ist verschwunden.

Benommen taumelte Mulder einen Schritt zurück. „Meine… Partnerin?“ Verwirrt tastete er nach seiner Schläfe. „Scully“, murmelte er schließlich leise. „Sie meinen… Scully? Wo ist Sie?“

Black stieß ein kurzes, humorloses Lachen aus. „Sie wissen es nicht einmal mehr?“, stieß er hervor. „Mulder, wenn Sie nicht einmal mehr Ihren eigenen Erinnerungen trauen können, wie soll ich dann Ihr Vertrauen gewinnen können?“

Rote Flammen tanzten vor Mulders Augen und für den Moment war er sich nicht ganz sicher, ob die Wut, die er in seinem Herzen spürte, sie entfacht hatte – oder ob es wieder eine von diesen Reflexionen auf dem Meer war. Er atmete tief ein, doch was seine Lungen füllte, war nicht der reinigende Sauerstoff einer mondlosen Nacht auf dem Nordmeer, sondern blinder Hass.

Etwas zersprang in ihm und mit einem Schrei auf den Lippen machte er einen gewaltigen Satz auf den ehemaligen Profiler zu.

„Was haben Sie mit ihr gemacht, Sie Schweinehund?“, keuchte er und stieß den Älteren auf den Boden.

Frank fiel unsanft auf die Seite, konnte sich jedoch mit den Armen abfangen und federte agil auf die Füße zurück.

„Nun hören Sie mir mal zu“, schnappte er – und irgend etwas in seiner Stimme ließ Mulder innehalten. „Ich habe mit Ihrer Partnerin überhaupt nichts zu tun. Sie nehmen paranoide Züge an, Mulder, und offensichtlich haben Sie jeden Bezug zur Realität verloren.“

„So? Ihre oder meine Realität?“ Mulder riss sich zusammen und atmete tief aus. Allmählich verebbte das Brodeln der Wut und die Flammen des Hasses erloschen in seinem Herzen.

Black schüttelte den Kopf und gestattete sich nun auch einen Blick auf das Meer hinaus. „Wir beide sitzen buchstäblich im selben Boot“, sagte er. „Was haben Sie dort draußen gesehen?“

Fox Mulder setzte gerade zu einer Antwort an, da ließ ihn ein Geräusch zusammenzucken, das sich langsam von der oberen Galerie näherte. Ein leises Schaben, mehr nicht. "Hören Sie das?", fragte er und lauschte atemlos.

"Ja, es kommt immer näher", nickte Frank und versuchte, mit den Blicken den Lichtkegel der trüben Lampe zu durchdringen. Dann ließ er willenlos die Arme sinken und starrte dem schlurfenden Geräusch entgegen.

Dann war es da, stand direkt vor ihnen.

Ein Lichtschimmer erhob sich hinter dem Horizont und streifte für Sekundenbruchteile das Deck des alten Schiffes - so dass sie geblendet die Augen abwenden mussten.

Mulder hielt den Atem an und riss die Pistole aus dem Halfter.
"Zurück", wollte er schreien, doch die Worte verließen als heiseres Krächzen seine Lippen und verwehten mit dem Sturm der Nacht. "Was bist du?"

Seine Worte gingen in dem tiefen Grollen unter, das sich nun der Kehle des Wesens entrang und wie Nadelstiche in seinen Ohren brannte.

"Genug!", schrie Mulder und presste die Hände, in denen er noch immer seine Waffe hielt, verzweifelt an die Ohren. Als auch diese Geste keine Wirkung zeigte, hob er zitternd die Hand und entsicherte die Pistole.

"Mulder!", drang eine Stimme an sein Ohr, und diesmal schien sie zugleich von Frank Black und dem finsteren Wesen zu kommen. "Mulder, nicht!"

Mit verzweifelter Bewegung versuchte Frank, dem FBI-Agenten die Waffe zu entreißen, doch es war bereits zu spät. In Mulder brannte wieder die alte Wut, aus Furcht geboren. Mit einem wütenden Aufschrei hieb er den Lauf der Pistole gegen die Stirn des Profilers und sprang zwei Schritte zurück.

Frank Black stieß einen dumpfen Schmerzenslaut aus, taumelte gegen die Reling und verschwand mit einem leisen Klatschen im tosenden Wasser des Nordmeeres.

"Mulder", ließ sich die andere Stimme erneut vernehmen. Hartnäckig diesmal - und drängend.
Fox Mulder schloss die Augen und hob die Hand mit der entsicherten Dienstwaffe.

Die stetig schwankende Lampe schien verloschen zu sein und auch der Lichtstrahl... (Der Schimmer... wohin war er verschwunden?) ... und auch der Lichtstrahl über den schwarzen Wassern gab ihm kein Signal mehr.

Mulder wusste: Wenn er noch länger zögerte, würde es für immer zu spät sein. Dann gäbe es kein Morgen mehr in seinem Herzen.

Die Augen noch immer fest geschlossen, drückte er ab.

Der betäubende Knall drang wie aus weiter Ferne an sein Ohr und ließ ihn verwundert innehalten. Auch das Geräusch des fallenden Wesens schien unendlich fern -

Ein anderer Ort; eine andere Zeit?

Zögernd kniete Mulder an Deck nieder und umfing den leblosen Körper mit seinen Armen. Mit steifen Fingern strich er eine blutverschmierte Haarsträhne aus ihrem Gesicht.

Als das Erkennen einsetzte, wurde ihm schlagartig klar, was er soeben getan hatte. "Scully?", flüsterte er ungläubig und betrachtete fassungslos die gebrochenen Augen seiner Partnerin. "Scully?"

Ein Teil von ihm wollte schreien; den Schmerz in die Nacht werfen, doch als er es versuchte, fühlte er nur noch die Leere in seinem Inneren. Schließlich holte ihn die Dunkelheit ein.

Ich habe meine Partnerin getötet.

***

Appalachian Mountains
Mont Jaques-Cartier

"Verdammter Schnee", fluchte John Doggett und hüllte sich fester in seinen schützenden Wintermantel. Keuchend hielt er inne und wandte sich nach seiner Begleiterin um.
Dana Scully versuchte tapfer mit ihrem ehemaligen Kollegen Schritt zu halten, doch in den letzten Minuten hatte sie spüren können, wie ihre Kraft immer mehr nachließ.
"Warte doch", stöhnte sie und beeilte sich, zu ihm aufzuschließen.

John sah sich nach einer Gelegenheit zum Rasten um und fand sie schließlich unter einem verschneiten Felsvorsprung, wo der scharfe Wind etwas weniger schlimm tobte. "Komm rüber", rief er ihr zu und wies mit der Hand den Weg.
Als Scully sich atemlos neben ihm niederließ warf er ihr ein ermutigendes Lächeln zu und suchte mit der Hand die Thermoskanne in seinem Rucksack.
"Hier", sagte er. "Nimm erstmal einen Schluck, dann wird es dir leichter fallen."
Dankbar griff sie nach der dampfenden Flüssigkeit und allmählich kehrte auch der schon verloren geglaubte Lebensfunke wieder zu ihr zurück.
"Ich habe das Gefühl, einen endlosen Abgrund hinab zu fallen", murmelte sie erschöpft und schloss die Augen. "Ich bin so müde, dass ich jeden Moment einschlafen könnte."
Doggett legte die Hand auf ihren Arm und lächelte ihr aufmunternd zu. "Kopf hoch. Wir müssen fast da sein."
Dana seufzte. "Das hast du vor einer Stunde auch schon gesagt."

Doggett trank einen großen Schluck aus seiner Tasse und griff mit der freien Hand wieder in den Rucksack. "Wir sollten noch einmal auf der Karte nachsehen", sagte er. Nach ein paar Minuten nickte er und verstaute die Karte wieder in der Tasche.
"Sind wir noch auf Kurs?", fragte Scully, nahm die Mütze ab und nestelte mit den Fingern ein paar Eisklumpen aus ihren ersten grauen Haarsträhnen.
"Sind wir", gab er zurück. Dann verdunkelte sich sein Gesicht, so wie sie es in der letzten Zeit oft gesehen hatte - viel zu oft. "Wir haben leider keine Wahl. Mir behagt es auch nicht, wie Freiwild durch die Wälder zu hetzen, an keinem bewohnten Ort länger als ein paar Tage ausharren zu können nur um gleich wieder weiter und weiter zu laufen."
Sie lehnte sich gegen die Felswand zurück und schloss die Augen. "Wenn wir erst auf dem Gipfel sind, können wir ausruhen. Ich bin sicher, dass sie uns in dem alten Blockhaus nicht so schnell aufspüren werden. Und dann können wir auch Monica zu uns holen." Dana zögerte. "Du vermisst sie, nicht wahr?"
Doggett nickte. "Jede Minute", sagte er bitter. "Komm, wenn wir jetzt nicht aufbrechen, schaffen wir es nicht mehr bis zum Einbruch der Dunkelheit."
Schweigend schulterten sie ihre Rucksäcke und machten sich wieder auf den Weg durch das verschneite Gebirge.


Fortsetzung folgt...


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