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The X-Files: Lost Investigations (Season 3.2)

von meiko

Kapitel 2: Nox

The X-Files: Lost Investigations
Season 3

3.5 Nox (Teil 2 von 3)

Created by Chris Carter
Written by meiko

Redaktion und Artwork
Gabi S.


[Opening Credits]



Appalachian Mountains
Mont Jaques-Cartier

Scharf zeichneten sich die Umrisse der Hütte gegen den grauschwarzen Himmel in der Dämmerung ab. Tief hängende Wolken ballten sich am Horizont und würden - wenn der Wind nicht drehte - mit Anbruch der Nacht den Gipfel ganz eingehüllt haben.
John Doggett blieb stehen und wartete auf Scully.
Als Dana ihn kurze Zeit später erreicht hatte, klopfte sie mit den Handschuhen den Schnee von ihrer Kleidung. Ihr Atem kristallisierte als kleine Dunstglocke über ihren Gesichtern.
Fragend sah sie ihn an. "Was ist los, John?"
Ihr Begleiter antwortete nicht sofort, sondern sah sich nur stirnrunzelnd um. Vor ihnen, auf dem Berggipfel, lag die Blockhütte, während sich hinter ihnen im Tal die verschneiten Wälder erstreckten.
"Ich bin nicht ganz sicher", brummte er. "Auf den ersten Blick scheint alles in Ordnung zu sein. Kann es sein, dass irgend etwas in der Luft liegt?"
"Gehen wir rein und sehen nach", schlug Scully vor.

Obwohl draußen in der Kälte noch die letzten Reste des Tageslichts vor sich hin dämmerten, herrschte im Inneren des Hauses bereits tiefe Nacht.
Als sie die Schwelle überschritten, war es Scully, als ließe sie einen Teil ihrer Sicherheit draußen im Schneegestöber zurück.
Sofort überfiel sie das heftige Gefühl einer drohenden Gefahr. Sie griff nach Doggetts Arm und zog ihre Pistole aus der Manteltasche, während ihre Augen sich an das fehlende Licht zu gewöhnen versuchten.
John sah sie an und nickte. 'Es ist jemand hier', bedeutete seine Geste, und Scully verstand sofort, denn auch sie konnte die Anwesenheit der fremden Person spüren.
Langsam tasteten sie sich vorwärts, die Waffe im Anschlag. Wer oder was auch immer hier auf sie lauerte, es würde sie nicht überraschen können.

Dann ging alles sehr schnell - schnell und nahezu lautlos. Der Mann schien direkt aus dem Nichts aufzutauchen und sprang John Doggett mit katzenhafter Beweglichkeit an den Hals. John ging mit einem gurgelnden Geräusch zu Boden, was dem Angreifer ein triumphierendes Zischen entlockte. Dass noch eine weitere Person anwesend war, schien er entweder vergessen oder noch gar nicht registriert zu haben. Aber diese Person dachte nicht im Traum daran, den Fremden gewähren zu lassen. Mit einer zielsicheren Bewegung holte Scully aus und ließ den Kolben ihrer Waffe auf den Hinterkopf des Angreifers nieder sausen.

Der Mann stieß ein tiefes Pfeifen aus, versuchte sich zu erheben, wankte... und stürzte polternd zu Boden.

"Danke", krächzte John und rieb sich den schmerzenden Hals. Rote Striemen zeichneten sich dort an seiner Kehle ab, wo ihn die Hände des Fremden gewürgt hatten.
"Geht es?", fragte Scully und befühlte sorgsam die wunden Stellen.
Doggett nickte. "Ich bin OK. Was ist mit unserem Freund hier? Können Sie erkennen, wer es ist?"
Scully drehte den Bewusstlosen auf den Rücken und leuchtete ihn mit ihrer Stablampe an.
"Kein Zweifel", sagte sie, und ein bitterer Ton schwang in ihrer Stimme mit. Ihre Finger befühlten den feuchten Stoff der Jacke des Fremden - die graue Uniform der Schattenregierung.

***

Aufzeichnung 5.

Scullys Bildschirm strahlte bedrohlich in die Dunkelheit der schwankenden Kabine zurück und tauchte den kleinen, muffigen Raum in ein kaltes Zwielicht. Eine Kälte, die zusammen mit der frostigen, nebligen Witterung des Nordmeeres alles und jeden auf diesem Schiff zu durchdringen schien, dessen war sie sich ganz sicher.

Dana Scully schob nachdenklich ihre Brille zurecht und strich mit der Hand über ihre müden Augen. Es war schon spät, und noch immer hatte diese Fahrt zu den Lofoten keine Ergebnisse erbracht. Je länger Dana über diesen Fakt nachdachte, desto mehr wurde sie von jenem Gefühl des Unwirklichen ergriffen, das sich stets bei ihr nach intensiven Träumen einstellte.

Nein, dachte sie. Dies ist ebenso wenig ein Traum wie mein Leben mit den X-Akten.

Sie wandte sich ihrem Laptop zu und versuchte, die Datei, an der sie heute gearbeitet hatte, zu öffnen. Mit einem leisen Pling weigerte sich der Computer, ihre Anweisung auszuführen.

Scully runzelte die Stirn.

Dort, wo sich jetzt gähnende Leere in ihrem Datenordner breit machte, hätten sich eigentlich ihre zuletzt bearbeiteten Dateien und Berichte befinden sollen - doch da war nichts mehr. Verwirrt durchsuchte sie ihre Festplatte. Ergebnislos.
Ein leichter Ärger machte sich in Dana breit. Sie steckte ihre Brille ein, klappte den Laptop zu und sah versonnen aus dem Fenster.

Hörst du mich? Bedecken Träume die Seele, wenn wir eigentlich Worte finden sollten, um ihr Frieden zu geben?

Erschrocken fuhr Scully aus tiefen Gedanken auf und blickte sich um.

Wo…

Nein. Sie war noch immer an Bord des Forschungsschiffes, doch je stärker sie sich bemühte, den Grund für ihre Anwesenheit herauszufinden, desto ferner rückten die Gedanken und desto mehr spürte sie, wie unmöglich es sein würde, die Erinnerung zurück zu erlangen.
Dies hatte keinen Sinn. Sie straffte die verspannten Schultern und gestattete sich einen sehnsüchtigen Gedanken an eine Massage. Wo war eigentlich Mulder, überlegte sie, doch auch hier kam sie zu keinem Ergebnis. Ganz klar, hier fühlte sich etwas falsch an, doch sie kam beim besten Willen nicht darauf, um was es sich handelte.

Als ihr Blick die Bordwand streifte und dort durch das kleine Bullauge nach draußen in die Finsternis drang, glaubte sie erneut, etwas gesehen zu haben. Ein Lichtschein?

Langsam öffnete sie die Tür und spähte hinaus.
Nichts, nur die undurchdringliche Finsternis. Doch halt – da war es wieder. Wenn sie den Kopf abwandte, dann erschien es in den Augenwinkeln, um gleich darauf aus dem Gesichtsfeld zu verschwinden.

Es war da, das konnte Scully spüren, doch es schien sich verstecken zu wollen.

Na gut, dachte sie, überprüfte mechanisch den Sitz der Dienstwaffe unter ihrem Jackett und trat hinaus in die Kälte.
Als ihr trotz der niedrigen Temperaturen der Schweiß auf die Stirn trat, wurde ihr erneut bewusst, dass dies keine Nacht wie jede andere war. Sie schloss die Kabinentür und blieb stehen. Schließlich hatten ihre Augen sich an die Finsternis gewöhnt und sie konnte sich vorwärts bewegen ohne befürchten zu müssen, sich den Kopf an Deck aufzuschlagen.

Das Stampfen und Schlingern des Schiffes hatte sich merklich verringert, registrierte Dana mit Interesse. Die Fahrt schien sehr ruhig zu verlaufen – eher eine Seltenheit in den letzten Tagen.

Wie merkwürdig, dachte sie. An dieses Detail kann ich mich erinnern.

Doch ihr Gehirn war zu müde, um den Gedankengang weiter zu verfolgen und so machte sie sich resigniert auf den Weg in Richtung Schiffsbug. In diesem Moment hätte sie nicht sagen können, warum sie diesen Weg einschlug, doch instinktiv schien es das Richtige zu sein.

Weiter vorn erhellte eine einsame, im Seewind knarzende Lampe den schmalen Weg.
Bildete sie es sich nur ein, oder hörte sie am Bug tatsächlich Stimmen? Der scharfe Seewind ließ keinen genauen Schluss zu, doch tief in sich hatte sie das Gefühl, ihren Partner gehört zu haben.

Jetzt? Um diese Zeit? Dann hätte ihre Intuition sie doch nicht betrogen, dann war dort draußen wirklich etwas!
Langsam umrundete Scully ein Gangspill und lugte vorsichtig um die Ecke. Was sie dort sah, nahm ihr für einen Augenblick den Atem. Frank Black stand dort, der ehemalige FBI Profiler – und er hielt eine Waffe in der Hand, deren Mündung bedrohlich auf Fox Mulder zielte.

Alles in ihr drängte danach, ihren Partner zu rufen, ihn zu warnen, doch ihre Stimme versagte und sie zögerte.

Scharfe Worte wurden gewechselt, dann hob Mulder die Hände über den Kopf und wich zur Bordwand des Schiffes zurück. Wahnsinn flackerte in den Augen des älteren Mannes. Seine Hände zuckten und er schrie Mulder irgend etwas zu. Die Stimme wurde gespenstisch dumpf von den vorüberjagenden Nebelfetzen verschluckt, so dass sie die Worte nicht verstehen konnte.

Dann reagierte sie mechanisch, so wie sie es in der Ausbildung gelernt hatte und jahrelang mit ihrem Partner immer und immer wieder getan hatte.

In lichten… und in dunklen Zeiten? Ich… ich kann die Worte nicht verstehen! Was reden sie denn bloß?

Stille senkte sich über die Szene und eine eisige Angst überkam sie, umklammerte sie mit feuchten Fingern und drohte sie zu ersticken.
„Mulder!“, schrie sie aus Leibeskräften – um sich bemerkbar zu machen, aber auch, um wieder Stimmen zu hören. Menschliche Stimmen.
Die beiden Männer zuckten zusammen und wandten sich zu ihr um. Ein ferner Lichtschein fiel auf Mulders Gesicht. Zuerst glaubte Dana, er würde zu ihr laufen, sich dem Schutz ihrer Waffe anvertrauen, mit der sie nun Frank Black anvisierte, doch dann sah sie den unbeschreiblich traurigen Blick in seinen Augen und erstarrte.

Tief in ihrem Inneren wusste sie dass ihre Reise hier zu Ende war, auch wenn es der schale Geschmack des Zweifels war, der auf ihrem Gaumen zurückblieb.

Frank Black sprang wie ein wildes Tier auf Mulder zu und gab ihm einen Stoß, so dass er gegen die Reling krachte. Knochen knirschten.
Scully drückte ab, doch ihre Reaktion kam für den Bruchteil einer Sekunde zu spät. Mit irrem Blick trat Black dem Agenten noch einmal in die Seite. In diesem Moment traf ihn das Geschoss aus Scullys Pistole und warf ihn mit ächzendem Geräusch auf die Planken. Mulder versuchte krampfhaft, die Balance zu halten, doch schließlich kippte er wie ein Stein über das Metallgeländer und verschwand ohne das leiseste Geräusch in den Fluten.

„Nein!“, brüllte Scully und stürzte an die Reling, doch das Schiff hatte ihren Partner bereits weit hinter sich im eisigen Wasser zurückgelassen.

***

Ein Lichtschein flackert am Horizont auf. Ich bin sicher, dass er mir etwas mitteilen will, doch ich kann den Sinn der Botschaft nicht verstehen. Vielleicht versucht Mulder mir etwas anzuvertrauen, doch in meinem Herzen regt sich nichts. Ist das Ausbleiben jeder schmerzlichen Empfindung ein Zeichen? Möglicherweise ist es genau dies, was ich aus dem verlöschenden Leuchten über dem Meer herauslesen soll.
Am Ende entscheiden stets unsere verblassenden Erinnerungen darüber, welche Information wir in den Akten vermerken. Ich spüre, dass ich weder meinem Empfinden, noch meiner Beobachtungsgabe oder meiner Erinnerung noch trauen kann. Doch wenn diese elementaren Teile meines Bewusstseins nicht mehr ordnungsgemäß funktionieren, was bleibt mir dann? Worauf kann ich vertrauen, wenn ich meine Erfahrungen niederschreibe?

Dana Scully saß mit geschlossenen Augen vor ihrem Laptop und atmete langsam aus. Der Druck der letzten Stunden begann allmählich von ihr abzufallen. Sie drehte den Kopf ein wenig und sah erneut zum Bullauge hinüber.

Die Lichter über den Wassern sind jetzt verschwunden. Ich spüre, wie der Frieden in meinen Körper zurückkehrt, und nun bin ich mir ganz sicher. Er ist nicht mehr dort draußen, ohne Zweifel.

***

Zwischenspiel.

[Zwei Männer mit weißen Kitteln und verschlossen Gesichtern eilten an das Bett des alten Mannes und machten sich hektisch an den medizinischen Geräten zu schaffen.
Die ignorieren mich! Unruhig wanderte ihr Blick von ihrem Vater zu den beiden Ärzten und unbehaglich beobachtete sie jeden ihrer Handgriffe.
„Ist… ist etwas nicht in Ordnung?“, wagte sie zu fragen, doch als Antwort erhielt sie nur ein eisiges Schweigen.
„Hören Sie, was ist denn los?“, drängte sie und zupfte einem der Männer am Kittel.
Ungeduldig drehte sich der Mann zu ihr um und maß sie mit starrem Blick. „Es ist alles in bester Ordnung“, sagte er kalt. Dann drehten sich die beiden um und verließen eiligen Schrittes das Zimmer.]

Fortsetzung folgt...


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