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The X-Files: Lost Investigations (Season 2)

von meiko

Kapitel 6: Calm

The X-Files: Lost Investigations
Season 2

"Calm" (Millennium 6 von 6)

Created by Chris Carter
Written by meiko



Tanana River,
Lager der Millennium-Gruppe,
Alaska

„Ziel erfasst“, meldete St. Maines Adjutant.
Bernard warf einen abschließenden Blick durch das Camp der Gruppe. „In Ordnung“, sagte er. „Eliminieren Sie ihn – und dann kümmern Sie sich um die Helikopterstaffel. Feuer!“



Unmarked Helicopters,
Der Luftraum über dem Tanana River,
Alaska

„Feuer!“, übertönte im gleichen Moment der Befehl des Rauchers das Heulen der Helikoptermotoren.
Es gab keine Fragen, keine Einwände, kein Zögern. Alles geschah mit gut vorbereiteter und bestmöglicher Effizienz.
Noch bevor die Waffen der Millennium-Gruppe auch nur im Entferntesten irgend einen Schaden anrichten konnten, brachten die Salven aus den Bordgeschützen der Helikopter sie schon wieder zum Schweigen. Eine halbe Minute dauerte das Sperrfeuer an, dann verstummte es ebenso plötzlich, wie es begonnen hatte.
"Ziel eliminiert", meldete der Adjutant und hob bestätigend den rechten Daumen.
"Sehr gut", nickte CGB Spender zufrieden und entzündete die nächste Zigarette am glühenden Stummel der alten. "Bringen Sie uns zurück ins Warme."
"Was machen wir mit dem Assistant Director?", warf der Truppenleiter ein.
Ein sardonisches Lächeln umspielte die schmalen Lippen des Rauchers. Demonstrativ blies er eine feine Rauchsäule in die Luft und beobachtete, wie sie von der Zugluft zerfetzt wurde. "Gar nichts", knurrte er. "Das Problem wird sich von ganz allein lösen."



Das Blockhaus,
Tanana River,
Alaska

Als das Sperrfeuer begann, hatte sich Walter Skinner zu Frank Black in die Hütte gerettet. Obwohl man bei dem schwachen Schutz, den die Blockhütte gegen die durchdringenden tödlichen Geschosse ihrer Widersacher bot, kaum von 'Rettung' sprechen konnte, war sie doch in diesem Moment das einzige Obdach, das ihnen blieb. Fassungslos standen sie am zersplitterten Fenster und sahen gemeinsam zu, wie weiter unten, am anderen Ufer des Tanana, der Traum von Menschlichkeit ein weiteres mal zu Grabe getragen wurde. Doch es war ein feuchtes, ein kaltes Grab - und die Zeremonie eine lächerliche. Unwürdige.
Angewidert drehte sich Frank Black um. "So endet es immer", sagte er düster. "Was auch geschieht, wie sehr man auch gekämpft hat - am Ende der Straße steht man als Verlierer da."
Skinner nickte. ‚Der hilflose Zuschauer, der den letzten Akt des Schauspiels nicht verhindern konnte’, dachte er.
Die schwarze Helikopterstaffel drehte noch zwei, drei Runden über dem Schauplatz der Tragödie - so als wolle sie sich überzeugen, dass es keinerlei Überlebende mehr gäbe. Ein nutzloses Unterfangen, denn vor den effizient eingesetzten Waffen der gut geschulten Schattenmänner hatte es kein Entrinnen gegeben. Eine endlose Minute verging, dann drehten die Hubschrauber ab und verschwanden im nebligen Dunst. Die beiden Männer in der Hütte verfolgten die Maschinen so lange wie möglich mit den Augen. Endlich hatte der trübe Horizont sie verschluckt – Walter und Frank waren wieder allein.
Es begann zu schneien.
Kleine, feuchte Flocken bedeckten andächtig die Felsklippe und umhüllten das Land mit einem Glanz, der so gar nicht zu der Stimmung der vergangenen Stunden passen wollte.

"Warum sind wir eigentlich noch am Leben?", fragte Frank und ließ sich schwer auf dem Holzschemel nieder. "Die werden uns doch nicht vergessen haben? Und so gründlich, wie sie dort unten aufgeräumt haben..." Er deutete mit dem Daumen in Richtung Abgrund und verstummte.
Skinner setzte sich zu ihm. "Nein. Wenn der, den ich vermute, dahinter steckt, dann gibt es kein 'Vergessen'. Da wird nichts dem Zufall überlassen. Auch wenn es für Jahre so scheint - am Ende bemerkt man, dass die ganze Zeit ein sorgfältig planender, wacher Geist die Fäden gezogen hat." Er schüttelte den Kopf. "Nein, Frank. Wir sind noch am Leben, weil unser Tod für die noch keinen Nutzen hat."
"Und wenn irgendwann das Gegenteil der Fall ist?", fragte Frank lauernd.
Walter zuckte mit den Schultern. "Dann sterben wir", sagte er schlicht.

"Moment mal", unterbrach der ehemalige FBI-Mann das Gespräch und lauschte. "Das sind doch..." Er sprang so heftig auf, dass sein Stuhl krachend zurückflog und spähte angestrengt durch das Fenster in die Ferne. "Von wegen", fluchte er und warf Skinner einen vernichtenden Blick zu. "Sie kommen zurück. Los, raus hier! Machen wir, dass wir hier wegkommen!"
Skinner sah genauer hin. Er beschattete mit der Hand die Augen um noch besser sehen zu können. "Bleiben Sie hier", sagte er endlich und atmete selbst erleichtert auf. "Diese Hubschrauber haben korrekte Markierungen. Es ist die Suchstaffel des FBI!"



Der Luftraum über dem Tanana River,
Alaska

Skinner sollte Recht behalten. Eine halbe Stunde, nachdem die Todesschwadron des Krebskandidaten abgezogen war, umkreisten zwei FBI-Flieger die Flussbiegung des Tanana.
"Keine Chance, irgendwo zu landen?", rief Dana Scully dem Piloten zu, der wohl trotz des Motorenlärms keine Probleme damit hatte, den Sinn ihrer Frage zu erfassen.
"Nein", rief er zurück und flog eine weitere Schleife. "Hier können wir kaum runtergehen. Der Wald ist viel zu dicht."
"Kein Problem", machte sich Fox Mulder bemerkbar. "Dann nutzen wir wie abgesprochen die Strickleitern."
"Gut." Der Pilot gab ein zustimmendes Zeichen und navigierte die Maschine über die Klippe - dorthin, wo der Fluss eine Biegung machte und sich in reißenden Stromschnellen verlor. Dann drückte er einen Knopf und eine Strickleiter fiel aus dem Bauch des stählernen Ungetüms, dem winkenden Mann am Blockhaus entgegen.



Das Blockhaus,
Tanana River,
Alaska

Als Walter die ersten, schwankenden Stufen der Leiter erklomm, drehte er sich noch einmal um. Frank Black stand, die Hände in den Jackentaschen vergraben, am Eingang der alten Holzfällerhütte und sah nachdenklich zu den kreisenden Helikoptern hinauf.
"Und Sie wollen wirklich hier bleiben?", fragte Skinner.
Frank nickte bedächtig. "Ich weiß, es klingt unsinnig. Und ich würde mich überhaupt nicht wundern, wenn Sie mich für verrückt halten würden", sagte er langsam. "Aber... ich hätte kein gutes Gefühl, jetzt mit dem FBI mit zu gehen. Nicht nach all dem, was wir in den letzten Stunden gesehen haben; nicht nach allem, was passiert ist. Können Sie das irgendwie verstehen?"
Walter hielt inne, den Fuß noch immer auf der ersten Sprosse der Leiter. "Doch", sagte er schließlich. "Ich glaube schon."
Frank lächelte schwach. "Ich denke, die Zeit ist noch nicht reif, um jetzt schon wirksam gegen den Rest der Gruppe vorgehen zu können. Für mich ist es noch zu gefährlich, zurück zu kehren."
"Aber eines Tages?", fragte Walter.
Frank nickte. "Sicher", sagte er. "Eines Tages. Ich werde nicht mehr lange warten." Er gab sich einen Ruck und trat ganz auf das Plateau hinaus. "Wir sehen uns", sagte er und reichte Skinner die Hand. "Danke für alles."
Skinner nickte und gab den Händedruck zurück. "Gern geschehen. Vielleicht wird uns dies noch irgendwann von Nutzen sein. Leben Sie wohl."
Und mit diesen Worten erkletterte er rasch die schwankende Strickleiter.



Der Luftraum über dem Tanana River,
Alaska

Die Wolkendecke hatte sich geschlossen. Wie versiegelt, wie ausgegossenes Blei lag der Himmel vor ihnen, als sich der Assistant Director keuchend in die Maschine schwang.
"Willkommen an Bord", begrüßte Scully ihren Vorgesetzten, während Mulder eine warme Decke brachte und den Erschöpften darin einhüllte.
"Kurs gesetzt", rief der Pilot und das Gebirge, die Flussbiegung - alles verschwamm zu einer grünen Masse, als der Helikopter sich auf den Weg nach Süden machte.



FBI Hauptquartier,
Washington D.C.

Ein Tag und eine Nacht waren vergangen, seit Assistant Director Skinner aus Alaska zurückgekehrt war. Die kurze Zeit hatte ausgereicht, um ihn wieder gesund und munter erscheinen zu lassen, doch die Kälte in seinem Inneren hatte die Zeit nicht austreiben können.

Es war spät abends. Normalerweise wäre er um diese Uhrzeit bereits auf dem Weg in seine Wohnung, doch heute gab es noch zu viele unerledigte Dinge, die ihm keine Ruhe ließen. Nachdenklich bestieg er den Lift und wählte mit einem Knopfdruck sein Ziel aus. Als der Aufzug stoppte und ihn in den schwach erleuchteten Flur entließ, schrak er zusammen und brauchte ein paar Sekunden, um sich zu orientieren. Ah, richtig, die Pathologie.

Skinner straffte die Schultern und betrat kurz entschlossen die gekühlten Räume. Weiter im Hintergrund arbeitete eine einsame Gestalt an einem der Labortische. Offenbar war sie so sehr in ihre Arbeit vertieft, dass sie seine Anwesenheit nicht bemerkt hatte.

„Agent Scully?“ Ein undefinierbarer Ton schwang in seiner Stimme mit. Vielleicht war es tatsächlich so etwas wie Bedauern, denn ihm war vollkommen klar, woran Scully hier unten zu so später Stunde noch arbeitete.
„Sir?“ Sie drehte sich um, legte das Operationsbesteck zur Seite und streifte die Handschuhe ab. „Ich hätte nicht erwartet, Sie heute noch hier zu sehen.“
Skinner nickte. „Nein, aber die Sache hat mich einfach nicht losgelassen. Haben Sie irgendwelche Hinweise gefunden?“
Sie seufzte leise und massierte mit den Fingern der linken Hand ihren verspannten Nacken. „Nichts“, murmelte sie und warf einen Seitenblick auf den toten Körper auf dem Tisch. „Sie starb ein zwei Schusswunden, verursacht durch Gewehrkugeln, die ihren linken Thorax in einem Winkel von 45 Grad durchschlugen. Aber das ist genau das Ergebnis, das ich erwartet hatte. Nicht auffälliges, nichts Ungewöhnliches… wenn man von der Sinnlosigkeit ihres Todes einmal absieht.“ Als sie Skinners Blick bemerkte, verstummte sie.

„Ja“, sagte er mit belegter Stimme. „Danke, Agent Scully.“ Er trat ganz nah an den Arbeitstisch heran und legte seine Hand vorsichtig auf Leonores kaltes, bleiches Gesicht. Scully hatte Recht, als sie von der Sinnlosigkeit dieses Todes gesprochen hatte. Er dachte zurück, an ihr erstes Treffen, an ihre Diskussionen, an ihre gemeinsame Fahrt…
Was waren ihre Beweggründe gewesen? Er konnte es geradezu körperlich spüren – da musste noch mehr sein, als er zu diesem Zeitpunkt wusste. Warum hatte sie all die Mühen und Strapazen auf sich genommen? Sicher – da waren die Gründe, die sie ihm genannt hatte, und da waren die Gründe gewesen, die er sich mit Frank Black zusammengereimt hatte. Und dennoch… Er konnte das Gefühl nicht verscheuchen, dass es da noch mehr geben musste.

Ein Geräusch störte seine Gedanken. Es war die Flügeltür der pathologischen Abteilung, die nun hin und her schwang und einen Hauch der warmen Luft vom Gang herein brachte.
Es war Fox Mulder.
„Hi Scully“, sagte er und lächelte flüchtig. Dann nickte er Skinner zu und reichte ihm eine Akte. „Sie hatten eine Auswertung der Fundstücke vom Lager der Millennium-Gruppe angefordert, Sir. Ich habe die Ergebnisse gerade hereinbekommen. Ich denke, das klärt einige der noch offenen Fragen nach dem Warum auf… aber lesen Sie doch selbst.“

Der Assistant Director nahm die Unterlagen entgegen und blätterte sie interessiert durch. Überrascht blieb sein Blick an einem gesonderten Bogen Papier hängen.
„Ein Brief!“, rief er überrascht. „Sie muss ihn die ganze Zeit bei sich gehabt haben.“ Aufmerksam las er die Zeilen durch.
„Ja…“, sagte er schließlich leise und ließ das Blatt sinken. „Vielleicht ist das die Antwort, die ich gesucht habe.“ Er brach ab und betrachtete nachdenklich die Tote. „Tun Sie mir einen Gefallen“, sagte er nach einiger Zeit und wandte sich wieder zu seinen Agenten um. „Bewahren Sie Stillschweigen über das, was geschehen ist. Wenn jetzt zu viel über die Gruppe ans Tageslicht dringt, dann gefährden wir womöglich auch Frank Black – und das ist etwas, das ich auf keinen Fall will. Eines Tages wird er uns selbst kontaktieren, und bis dahin wird nicht mehr viel Zeit vergehen, das weiß ich. Bis auf weiteres werden diese Reise und das Geschehen in Alaska weder in meinem noch in Ihrem Bericht auftauchen. Das sind wir Frank Black schuldig. Klar?“
Mulder hob unschuldig die Hände. „Klar, kein Problem. Kommen Sie Scully, machen Sie Feierabend für heute.“

Dana Scully bedeckte die Tote mit einem weißen Tuch und schob den Arbeitstisch in die Kühlkammer zurück. Mulder und Skinner warteten bereits am Eingang und hielten ihr die Tür auf.
„Ich komme schon“, rief sie und beeilte sich, den Saal zu verlassen. An der Tür warf sie noch einen letzten Blick zurück in den kalten, farblosen Raum, wo sie die Überbleibsel von so viel Leid und Elend gesehen hatte. Dann knipste sie das Licht aus und huschte hinter ihren Kollegen her.



Motel "Sunrise",
Am Stadtrand von Boston.

Als Frank Black an diesem Tag von seinem Morgenlauf zurückkehrte, lag ein Umschlag auf der Türschwelle seines Zimmers. Verwundert blickte er sich um, dann hob er den Umschlag auf und wog ihn nachdenklich in der Hand.

Nein, nichts. Kein schwaches Abbild entfernter Schrecken, keine wirren Bilder in seinem Inneren. Er spürte nur Ruhe. Stille und... Was auch immer es mit seiner Gabe auf sich hatte - heute schwieg sie jedenfalls. Kopfschüttelnd drehte Frank den Schlüssel um und betrat sein Zimmer, wo er sich sofort über den Umschlag hermachte. Ein einzelnes Blatt Papier fiel heraus. Frank hob es auf und betrachtete es stirnrunzelnd im ersten Schein der Morgensonne am Fenster.

< Mr. Black! Seit Wochen schon trage ich diese Worte in mir, doch ich weiß nicht, ob Sie sie jemals werden lesen können. Seit damals, seit ich Sie zum ersten Mal getroffen habe, ist viel Zeit vergangen und mein Herz ist seither sehr schwer geworden. Manchmal denke ich, dass ich diese Worte nur niederschreiben muss, um sie in Erfüllung gehen zu lassen – ein andermal lache ich mich selbst aus. Was sind das für Gedanken? Fest steht nur eines: Ich liebe Sie. Ich liebe Sie, Ihre Stimme und Ihr ganzes Wesen! Nun, da die Worte heraus sind, erwarte ich jeden Moment, dass mir leichter ums Herz wird, doch das bedrückende Gefühl bleibt und verschwindet nicht. Das Gefühl der zentnerschweren Last auf meiner Seele. Vielleicht liegt es daran, dass ich insgeheim weiß, dass das, was uns trennt, von Dauer sein wird. Die Ewigkeit wird vergehen, doch ich werde Ihr Herz nicht finden können. Nie. Niemals. Ich werde trotzdem versuchen, irgendwie zu Ihnen zu gelangen. Es ist mir egal, was mit der Gruppe wird und es ist mir auch egal, was sie denken werden, wenn es herauskommt. Notfalls werde ich lügen und die Leute manipulieren, bis ich mein Ziel erreicht habe. Das ist es was ich kann – und das ist es, was ich tun werde. Noch weiß ich zwar nicht, was dann geschehen wird und ob ich überhaupt noch einmal bis zu Ihnen gelangen kann, doch ich muss es einfach versuchen. Ich wünschte, Sie würden mir wieder vertrauen. Und sei es nur, damit ich endlich Ruhe finde. Ich weiß, Sie werden mir diesen Moment des Friedens gewähren. Leonore. >

Frank ließ das Blatt sinken. Sein Blick verlor sich in der Ferne und ein schmerzlicher Zug überschattete sein faltiges Gesicht.

Schließlich trat er seufzend an die kleine Kochnische und setzte einen Wasserkessel auf den Herd. Er hatte sich geirrt: Seine Gabe war noch immer aktiv, und nun verstand er auch, was er vor wenigen Minuten verspürt hatte. Es war das, was sie sich so sehnlichst gewünscht hatte: Frieden.

Ende.



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