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The X-Files: Lost Investigations (Season 2)

von meiko

Kapitel 2: Frost

The X-Files: Lost Investigations
Season 2

Frost (Millennium 2 von 6)

Created by Chris Carter
Written by meiko



St. Peter’s Bridge
Washington D.C.

Der braune Mantel wehte der einsamen Gestalt auf der Brücke klatschend um die Beine. Auch seine Haare wurden durch den immer wieder in Böen hervorbrechenden Wind zerzaust und hingen ihm wirr ins Gesicht. Mit zitternden Fingern versuchte er, sich eine Zigarette anzuzünden, gab es aber schließlich auf und ließ die Packung Morleys seufzend wieder in der Tasche verschwinden.
Sein Blick wanderte von der Brücke hinunter, wo sich die verschlungenen Wege der Highways kreuzten und ein undurchdringliches Chaos bildeten.
Ernüchtert zog er über sein bisheriges Leben Bilanz. Sicher – das war etwas, das sich nicht in zwei Minuten durchdenken ließ, doch gerade heute hatte er das Gefühl, dass es gar keiner großen Gedanken bedurfte.
Es war vorbei, ganz sicher. Schon jetzt, als er hier oben im Sturmwind auf der Brücke stand. Es war vorbei, wenn nicht so etwas wie ein Wunder geschah, das wusste er seit langem.
Und nun hielt er das, womit er nicht mehr gerechnet hatte, in den Händen. Dieses Wunder. Eine einfache Nachricht nur, doch es war genau das, worauf er seit Wochen gehofft hatte. Mühsam unterdrückte er seine Aufregung und entfaltete das Stück Papier. Ein einzelnes Wort fiel ihm ins Auge und ein lauernder Ausdruck legte sich auf sein Gesicht. Das Wort war „Alaska“.



Baltimore-Washington International Airport,
Baltimore, Maryland

Walter Skinner stellte seine Reisetasche auf die freie Bank neben sich und trommelte ungeduldig mit den Fingern auf seinem Knie herum. Wo blieb sie denn? Sie hatten seinen Flug nun schon das zweite mal ausgerufen. Wenn sie nicht gleich... nein, sofort hier auftauchte, dann würde er nicht fliegen.
Sie wollte sich um alles kümmern, sie wollte mit den Tickets hier auf ihn warten.
Für einen Moment überkam ihn ein dunkler Zweifel. Womöglich hatte er einen großen Fehler gemacht, sich auf die Sache mit O'Casey einzulassen.
"Entschuldigen Sie bitte, Sir. Ist das Ihre Reisetasche?"
"Hm?" Skinner war so in Gedanken gewesen, dass er die dunkelhaarige Frau in der Uniform des Bodenpersonals gar nicht bemerkt hatte. "Ja, ja sicher", sagte er verwirrt. "Stimmt etwas nicht damit?"
Sie schüttelte lächelnd den Kopf. "Nein, dann ist ja alles in bester Ordnung. Sie sollten nur stets auf Ihr Gepäck acht geben. Lassen Sie Ihre Tasche keinen Moment unbeobachtet. Sie wissen ja, die Sicherheitsvorschriften..."
"Ja, natürlich", antwortete Walter. "Ich werde darauf achten."
Als wenn ich nicht ganz andere Sorgen hätte, dachte er missmutig. Als sie weg war, griff er nach seiner Tasche und wunderte sich über den Umschlag, der mit einer Nadel an den Nylonstoff gepinnt war.
"Miss? Hören Sie?", rief er der Sicherheitsbeamtin hinterher, doch sie war bereits verschwunden - wie vom Erdboden verschluckt. Vorsichtig öffnete er den Umschlag und zog dessen Inhalt heraus. Es war ein Zettel, auf dem in hastigen Buchstaben die Worte "Steigen Sie ein!" geschrieben waren. Ein weiterer Zettel fiel aus dem Umschlag zu Boden.
Skinner bückte sich und hielt verblüfft seinen Flugschein in der Hand.

"Letzter Aufruf für die Passagiere nach Anchorage", dröhnte die Stimme aus den Lautsprechern.

Walter sah sich hektisch um, doch ihm fiel niemand auf, der ihn beobachtete oder heimlich auslachte. Entschlossen setzte er sich in Bewegung und erreichte in letzter Minute den Flugschalter.



Anchorage Airport,
Alaska

Als Walter Skinner aus dem Flugzeug stieg, schien draußen die Sonne. Er glaubte seinen Augen nicht zu trauen. Es war aber auch zum verrückt werden. Da schlug er sich zuhause in D.C. wochenlang mit diesem Sauwetter herum, um dann nach Alaska zu fliegen und Sonnenschein zu tanken. Ausgerechnet Alaska!
Es war ein langer und ermüdender Flug gewesen und Skinner war es so vorgekommen, als würde er überhaupt nicht mehr enden wollen. Als der Flieger mehrmals in irgend welchen Luftlöchern tief abgesackt war, waren ihm die frühen Berichte von Agent Scully wieder eingefallen. Damals hatte er sich insgeheim über ihre Flugangst lustig gemacht. Heute bereute er, jemals solche Gedanken gehegt zu haben.

Als er zögernd das Flughafengebäude verließ und ins Freie trat, war niemand zu sehen, der ihm bekannt vorkam. Er schüttelte ärgerlich den Kopf und winkte einem Taxi, das gerade an ihm vorbeirollte und ihm den Mantel mit Schmutzwasser bespritzte. Er fluchte still vor sich hin, stieg aber kommentarlos ein und brummte: "Bringen Sie mich in das nächstgelegene Hotel."
"Oder lieber gleich bis nach Fairbanks?", sagte der Fahrer und drehte sich gut gelaunt um. Zwei blaue Augen zwinkerten ihm zu und ein hübscher Mund formte ein bezauberndes Lächeln. "Tut mir leid, dass ich Ihnen solche Umstände machen musste, Assistant Director. Aber ich wollte ganz sicher sein, dass man uns nicht zusammen hierher fliegen sieht."
"Ach..." Für einen Moment hatte es Walter die Sprache verschlagen. In seinem Kopf klingelten wieder die hauchzarten, feinen Glöckchen, die ihm etwas signalisieren wollten, was er ganz und gar nicht hören wollte. "Und die Sicherheitsbeamtin auf dem Washingtoner Flughafen?"
"Meine Freundin Joanne. Nett, nicht wahr?" Sie drehte sich wieder um, schwenkte auf die Fahrbahn ein und folgte der Fahrzeugkolonne aus dem Gelände heraus. "Bis nach Fairbanks schaffen wir es natürlich nicht mit dem Auto. Aber ich habe da schon etwas vorbereitet."
"Daran zweifle ich keine Sekunde", brummte Skinner gedankenverloren.



Matanuska,
Alaska

Als der Wagen mit quietschenden Reifen an einer kleinen Hafenmauer hielt, war das Wetter bereits wieder umgeschlagen. Der kurze Moment, in dem die Sonne ihr warmes Licht auf den kalten Erdboden geworfen hatte, war viel zu schnell vorüber gegangen. Eine dichte Wolkendecke war stattdessen von Norden herangezogen und hatte sich vor das Tagesgestirn geschoben.
Leonore O'Casey stieg aus und winkte Walter, ihr zum Wasser hinunter zu folgen.
"Sehen Sie diesen Fluss? Seinem Lauf müssen wir folgen, bis wir den Mount McKinley zu Gesicht bekommen. Von dort aus geht es direkt über die Alaskakette hinüber nach Fairbanks, wo wir hoffentlich auf Frank Black treffen werden."
Skinner folgte dem Flusslauf, der unweit von ihrer Anlegestelle in den Golf von Alaska mündete, mit den Augen - soweit es die trübe Sicht möglich machte. "Und wie wollen wir dorthin gelangen? Wollen Sie rudern?"
"Nicht, wenn es sich verhindern lässt. Eine Kajakfahrt würde ich ganz gern vermeiden. Nein, dort drüben liegt ein Motorboot vertäut. Für Proviant habe ich schon gesorgt, so dass wir es bequem bis zum McKinley schaffen. Die Millennium-Gruppe dürfte uns bis dahin auch nicht weiter in die Quere kommen."

Walter suchte ihren Blick und versuchte, die verborgenen Gedanken hinter ihren überwältigenden Augen zu ergründen. Das ging alles viel zu glatt. Er war doch nicht dumm. So wie hier lief es im Fernsehen ab, oder in zweitklassigen Abenteuergeschichten - aber doch nicht im wirklichen Leben. Dazu wirkte es alles viel zu... sauber. Viel zu perfekt.

"Das haben Sie doch alles ganz genau geplant, oder?", fuhr er sie plötzlich an.
"Aber natürlich habe ich es geplant", rief sie und trat stirnrunzelnd einen halben Schritt zurück. "Was würden Sie tun, wenn es Sie hierher verschlagen hat und Sie jeden Augenblick damit rechnen müssten, dass die Gruppe Sie aufspürt und..."
Er schüttelte ungeduldig den Kopf. "Was genau ist der Grund, weshalb ich hier bin? Woher kennen Sie all diese Details über die Millennium-Gruppe?" Er packte sie an der Schulter, wirbelte sie zu sich herum und zwang sie, ihm ins Gesicht zu sehen. "Raus mit der Sprache!"
"Weil..." Sie stockte. Ihre Stimme klang rau, als sie sich dann endlich ein Herz fasste und weiter sprach. "Weil ich früher selbst ein Mitglied dieser Gruppe war!"

Seine Hand sank herab.

"Sie waren selbst ein Mitglied der Millennium-Gruppe?", wiederholte Skinner ihre Worte und mit einem mal wurde ihm alles klar. All ihre versteckten Äußerungen, ihre Andeutungen, ihr Detailwissen.
"Ja", sagte sie. "Die Gruppe war mein Leben. Ich hätte alles für ihre Ziele gegeben, so sehr glaubte ich an das Idealbild, das niemals existierte. Doch nun ist alles anders geworden. Die Millennium-Gruppe hat begonnen, systematisch ihre ehemaligen Mitglieder aufzuspüren und... unschädlich zu machen."
"Unschädlich?", fragte Skinner skeptisch.
"Mundtot", antwortete sie bitter. "Oder tot, falls Hinweise und Bitten nichts nutzten. So oder so - die Millennium-Gruppe ist zu einer ernsthaften Gefahr für unser Land geworden! Bitte, Sie müssen mir vertrauen, sonst war alles umsonst. Mr. Skinner, vertrauen Sie mir?"

Sein Blick wanderte über die feuchten, dunklen Nadelwälder, die das Flussufer zu beiden Seiten säumten. Das Wasser zog so ruhig seine Bahn, so still und unbeirrt.

"Gut", sagte er schließlich. "Steigen wir ein."



Tanana River,
Alaska

Die Reise über den Pass war eine einzige Strapaze gewesen. Skinner hatte mehr als einmal die Idee verflucht, die ihn zu dieser wahnwitzigen Reise getrieben hatte, doch allein der Gedanke, jetzt umzukehren, verbot sich von selbst.
Dann wäre alles umsonst gewesen, jeder Tag und jede Stunde in dieser rauen Wildnis. Jeder überwundene Gebirgspass, jede passierte Stromschnelle. Und auch diese entsetzlichen, eiskalten Regengüsse, die sie die Nächte schlotternd in ihrem provisorischen Zelt zubringen ließen.
Dann war endlich der letzte Morgen ihrer Anreise angebrochen.

"Wäre es nicht möglich gewesen, den McKinley im Helikopter zu überqueren?", fragte Skinner und stürzte den letzten Rest seines Morgenkaffees hinunter. "Wir hätten uns einige Tage und wunde Füße sparen können."
"Und uns gleichzeitig die Gruppe auf den Hals gehetzt. Ich glaube, es ist sicherer, wenn wir unsere Reise so unauffällig wie möglich unternehmen." Leonore schüttelte den Kopf und musterte unruhig das Flussufer. Der Sturm, der die halbe Nacht über getobt hatte, schien endlich eingeschlafen zu sein. "Ich habe Angst. Je näher wir dem Treffpunkt kommen, desto mehr überkommt mich ein Gefühl der Furcht. Fragen Sie besser nicht weiter nach. Ich kann es selbst nicht so genau definieren, aber es überkommt mich seit gestern immer wieder."

Skinner erhob sich, löschte das Feuer und packte ihre wenigen Habseligkeiten zusammen. "Dann bringen wir es endlich hinter uns."



Wohnung von Agent Scully,
Washington D.C.

"... because you're mine, I walk the line..." Obwohl Dana Scullys Stimme nicht im Entferntesten so tief wie das Organ von Johnny Cash klang, sang sie aus voller Kehle mit. 'Ich muss nur aufpassen, dass Mulder das nicht mitbekommt', dachte sie bei sich. 'Wenn der merkt, dass ich klassisches amerikanisches Liedgut höre, wittert er doch gleich wieder die nächste große Verschwörung.'
Sie nahm den Topf vom Herd und rührte mit einem großen Holzlöffel die Milchsuppe um. "Lecker", sagte sie mit Nachdruck zu sich selbst. Sie hatte den ganzen Tag nichts gegessen, und nun wollte sie den Abend mit dieser süßen Milchsuppe gemütlich ausklingen lassen. Sie würde ein schönes Video einlegen, die Füße hochnehmen und...
"Mist!", entfuhr es ihr. Natürlich, das Telefon. Wie hatte sie nur diesen Störfaktor übersehen können. Für einen Moment dachte sie daran, das Klingeln einfach zu ignorieren, doch dazu war es schon zu spät.
"Scully?", erklang die Stimme ihres Partners aus dem Lautsprecher des Anrufbeantworters. "Ich weiß dass Sie da sind, also gehen Sie schon ran."
Sie zögerte.
"Scully? Nicht zögern. Gehen Sie ran!"
Entnervt drehte sie die Musik leise und nahm den Hörer ab. "Mulder?"
"Scully, tut mir ehrlich leid. Ich weiß, Sie wollten sich einen netten Abend machen, aber mir hat einer unserer Informanten eine Adresse zugespielt. Sie wissen schon, der Fall 'Rottman'..."
"Mulder, nicht den Fall 'Rottman'", schimpfte sie. "Mary Rottman ist in meinen Augen entweder verrückt oder einfach nur geltungssüchtig. Ich habe wirklich keine Lust..."
"Soll das etwa eine ärztliche Diagnose sein?", sagte ihr Partner ironisch.
"Natürlich nicht", brummte sie beleidigt. "Das muss doch aber sicher nicht mehr heute sein, oder?"
"Bitte Dana, es ist ganz in Ihrer Nähe, nur zwei Häuserblocks entfernt."
Sie schloss die Augen und schüttelte den Kopf. "Also schön", sagte sie. "Geben Sie mir die Adresse."



Elusive Walk 24,
Washington D.C.

Dana Scully sah sich stirnrunzelnd um. In was für eine Gegend hatte Mulder sie hier bloß geschickt? Mary Rottman würde sich doch nicht in solch einer alten Bruchbude mit ihr treffen... oder doch? Womöglich passte das ganz gut zu ihrer sonstigen Wesensart.
Vorsichtig machte Scully einen Schritt auf die morsche Treppe zu.
Das war ja wunderbar, dachte sie. Nicht nur, dass dies hier der abgewrackteste Stadtteil von ganz D.C. sein musste - nein, sie konnte noch nicht einmal in ihr Auto einsteigen und einfach wieder nach Hause fahren. Was sollte sie Mulder denn dann erzählen? Dass ihr die Gegend nicht gefallen hätte?
Blödsinn, sagte sie zu sich selbst. Nun mach schon!

Dana klopfte an die verwitterte Tür des Hauses. Früher - in goldenen Zeiten - musste es einmal ein Bürogebäude gewesen sein, doch heute sah es nur noch feucht, verrottet und finster aus.
Zu ihrer grenzenlosen Überraschung wurden im Inneren des Hauses Stimmen laut. Es war, als hätte sie mit ihrem Klopfen die Geister längst vergangener Zeiten in das Haus zurückgerufen. Nun öffnete sich die Tür knirschend und das Gesicht einer jungen Frau erschien im Türrahmen. "Miss Scully?"
"Äh... ja", sagte Dana zögernd. Das war nicht Mary Rottman. Das war überhaupt niemand, den sie kannte. "Wer sind Sie?", fragte sie forschend.
"Das spielt jetzt keine Rolle", sagte die Fremde. "Kommen Sie rein."
Scully wich zurück. "Vielen Dank", sagte sie frostig. "Ich sollte mit Miss Rottman sprechen. Ist sie nun da, oder nicht?"
Plötzlich war Scully auf allen Seiten von dunklen Gestalten umringt. Sie öffnete ihren Mund und wollte im Namen des FBI protestieren, doch dazu kam sie nicht mehr. Mehrere behandschuhte Hände packten sie, pressten ihr den Mund zu und zerrten sie ins Innere des verlassenen Hauses.
"Denken Sie nicht einmal daran, zu schreien. Würde hier sowieso keiner hören", zischte ihr eine tiefe Stimme ins Ohr. "Hören Sie jetzt einfach nur zu..."

Fortsetzung folgt...



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