World of X

Das älteste Archiv für deutsche Akte-X Fanfiction

The X-Files: Lost Investigations (Season 1)

von meiko

Kapitel 1: Perditor

The X-Files: Lost Investigations 1.1 - Perditor
Season 1

Created by Chris Carter
Written by meiko



Five Oaks,
nordwestlich Washington D.C.
6:51 PM

Joanne Arnold stand auf der Veranda ihres Häuschens und betrachtete den Lichtstreifen, den die untergehende Sonne auf ihr Weinglas zauberte. Dort, weit hinter den Bäumen, die die Lichtung von Five Oaks umgaben, tauchte die scheidende Sonne die Heidelandschaft in ein mildes Leuchten, doch hier im Wald hatte der Abend seinen Kampf gegen die Nacht bereits verloren.

"Es wird zeitig dunkel", rief sie durch die offene Verandatür ins Haus hinein. "Hörst du, Eddy? Wir müssen uns morgen unbedingt mal die Beete vornehmen!"
Sie nahm einen Schluck aus ihrem Weinglas, doch als die Stimme ihres Mannes ausblieb, stutzte sie und runzelte die Stirn. "Eddy?... Kann er denn nie da sein, wenn man ihn ruft?"
Sie spülte ihren aufsteigenden Ärger mit einem letzten Schluck aus dem Glas herunter. Wie sie Eddy kannte, würde sie ihn im Inneren des Hauses finden, im Wohnzimmer, eingeschlafen neben einer leeren Flasche.

Dann vernahm sie das Knurren.

Ihr Nacken versteifte sich und sie sah aus den Augenwinkeln, wie sich die Haare auf ihrem Arm aufrichteten.

"Eddy? Was war das?", flüsterte sie heiser, doch im Inneren wusste sie bereits, dass sie von ihrem Mann keine Antwort mehr bekommen würde. Dann spürte sie eine verstohlene Bewegung hinter sich, ein leises Schleichen und... wieder dieses Knurren, das nun eher einem Lachen glich! Sie drehte sich langsam um.

Dann ging alles sehr schnell. Ihr Körper schlug auf dem Holzboden auf und ein paar vereinzelte Splitter des Weinglases fanden surrend den Weg in die Haut ihres Gesichts. Das letzte was sie wahrnahm, waren die leeren Augenhöhlen ihres Angreifers, durch die hindurch sie die Sterne der anbrechenden Nacht erkennen konnte.

Dunkelheit.



FBI Hauptquartier
Washington D.C.
9:34 AM

Die schweren Holztüren von Assistant Director Skinners Büro schwangen auf und gaben für die draußen Wartenden den Blick auf das in dunklen Brauntönen gehaltene Zimmer frei.
Monica Reyes und John Doggett traten bis an den Schreibtisch heran.
Walter Skinner nickte ihnen zu und lud sie mit einer knappen Handbewegung ein, sich zu setzen.
'Ich frage mich, wie man dieses Büro ertragen kann ohne verrückt zu werden', dachte John und ließ den Blick über die Ausstattung wandern: Das Bild des Präsidenten, der Eichenholztisch...
Monica stieß ihn sachte an und so konzentrierte er sich wieder voll auf die vor ihm liegende Aufgabe.
"Sie haben Agent Reyes hinzugezogen?", fragte Skinner und bemühte sich, seine Überraschung nicht allzu offensichtlich zu zeigen.
"Ja, Sir." John nickte. "Da Agent Scully derzeit nicht in der Lage ist, sich aktiv an den aktuellen Ermittlungen zu beteiligen, habe ich Agent Reyes angefordert. Sie hat sich mit der Methodik von Agent Scully bestens vertraut gemacht."
Skinner sah die beiden mit undurchdringlichem Blick an. "Also gut, Agents. Und wie vertraut sind Sie mit dem Fall 'Five Oaks', den ich Ihnen heute morgen heruntergegeben habe?"
Monica räusperte sich. "Nun Sir, um ganz ehrlich zu sein, Agent Doggett und ich sind nicht ganz einig darin, den Fall eindeutig zu bewerten."
Skinner zog die Augenbrauen hoch. "Erklären Sie das, Agent Reyes."
Monica blickte flüchtig zu John herüber. "Wir... wir waren uns nicht ganz im Klaren darüber, warum Sie diesen Fall der Abteilung X-Akten zugeteilt haben."
"Ist das so?", fragte Skinner mit unterdrückter Ironie in der Stimme. Er blätterte in der vor ihm liegenden Akte und sah sich die Fotos eingehend an. Zerfetzte Haut, Blut, Körper... Schrecklich. Abrupt schloss er die Mappe und sah seine beiden Agenten an. "Bisher war ich immer davon ausgegangen, dass sich Agent Doggett mit Ermittlungen wie diesen" - er deutete auf die Akte und schob sie den beiden zu - "bestens auskennt. Ein klarer Fall, keine Geheimnisse. Einfach und linear. Tatort sichern, Spuren verfolgen..."
"Das ist es ja", ließ John seine Stimme hören. "Wenn der Fall so eindeutig ist, warum wird er dann nicht der entsprechenden Abteilung beim FBI zugeteilt? Warum müssen es die X-Akten sein? Sie wissen doch, dass wir seit Mulders Rückkehr bis zum Hals..."
Skinner beugte sich an seinem Schreibtisch vor und presste die Fingerspitzen auf die Holzplatte. "Agents, ich muss Ihnen meine Beweggründe nicht unbedingt erläutern. Aber auf eines können Sie sich verlassen: Ohne Fälle wie diesen würde es beim FBI keine Abteilung X-Akten mehr geben. John, Sie koordinieren Ihre nächsten Schritte mit den Leuten von der Spurensicherung. Gehen Sie der Sache nach und legen Sie mir in zwei Tagen einen ersten Bericht vor. Ich danke Ihnen!"
Er erhob sich und deutete mit steinerner Miene zur Tür. Monica nahm die Mappe vom Tisch auf und folgte John mit verwirrtem Gesicht auf den Gang.



Five Oaks,
nordwestlich Washington D.C.
2:21 PM

John ließ den Dienstwagen am Rande des Feldwegs ausrollen und stieg aus. Ein heftiger Wind ergriff seinen Mantel und zerzauste Monicas Haare, als auch sie das Auto verließ und zu dem finsteren, irgendwie bedrohlich wirkenden Waldrand hinübersah. Obwohl es erst Nachmittag war, schien von den Bäumen eine Atmosphäre auszugehen, die den Tag zur Nacht werden ließ.
"John, spüren Sie das auch?", fragte sie.

"Nicht schön, ich weiß", erklang eine unbekannte Stimme hinter ihnen.
Überrascht drehten sich die beiden um und stießen gegen eine ausgestreckte Hand, die ihnen der Fremde freundlich entgegenstreckte.
"Officer Keitel", stellte er sich vor und begrüßte die Neuankömmlinge. "Sie müssen die Ermittler vom FBI sein. Ihre Kollegen von der Spurensicherung haben ja schon ganze Arbeit geleistet. Bis vor einer halben Stunde glich das Feld hier noch einer Kolonie Wühlmäuse. Ich bin froh, dass sie weg sind. Sie haben mich schrecklich nervös gemacht."
"Ihr erster Fall?", fragte Monica neugierig.
"Nein", antwortete der junge Beamte offen. "Wohl aber der erste Fall mit derart entsetzlichen Details."
Über Johns Gesicht huschte ein leises Lächeln. "Dann würde ich an Ihrer Stelle eher nervös werden, wenn die Cops verschwinden!"
Officer Keitel kniff die Augen zusammen und versuchte, das Gehörte zu ergründen. "Kommen Sie", sagte er dann. "Gehen wir zum Tatort."



Jahn Sportareal
Washington D.C.
3:02 PM

Special Agent Selaia Aniston versuchte, beim Laufen gleichmäßig zu atmen. Das war heute kein guter Tag, entschied sie ärgerlich. Nicht nur, dass sie jetzt - ganz entgegen ihrer Kondition - Seitenstechen bekam. Nein, das Übel hatte viel zeitiger begonnen - mit diesem unseligen Telefonat heute morgen.
Normalerweise vermied sie es, in der Vergangenheit zu leben oder auch nur mehr Gedanken als unbedingt notwendig daran zu verschwenden. Doch heute hatte man ihr keine Chance gelassen.

Alvin Kersh hatte sie angerufen.

Schon der Name Kersh ließ etwas empfindsames in ihr erkalten. Und nun besaß dieser Mensch die Dreistigkeit, ein Treffen mit ihr zu vereinbaren, hier, auf dem Sportfeld.

Keuchend blieb sie stehen. Ein dunkler Schatten näherte sich ihr von hinten.
"Zum Joggen kann es kein besseres Wetter geben als heute", versuchte eine tiefe Stimme, das Gespräch mit Unverfänglichkeiten zu beginnen.
"Keine Chance den Floskeln, Kersh. Das brauche ich doch gerade Ihnen nicht zu erklären, oder? Warum sind wir beide heute hier?"

Kein Mensch hätte in ihrem Gesprächspartner den Deputy Director des FBI erkannt - nicht, solange er seinen unmodischen Trainingsanzug und die uralten Sportschuhe trug.

"Also gut." Kersh setzte sich in Bewegung und forderte Aniston mit einer Handbewegung auf, mitzukommen. "Wenn wir beide laufen, wird niemand auf falsche Gedanken kommen. Selaia, ich wollte Sie nicht anrufen und ich hätte es auch nicht getan, aber die Umstände haben sich geändert."
"Die Umstände? Sie meinen... Das Projekt?" Ihr Gesicht überzog sich mit einer unnatürlichen Blässe. "Und weshalb erzählen Sie mir das?"
"Weil Sie aufpassen sollen. Wenn die Sache aufgedeckt wird, dann werden uns Worte nichts mehr nützen. Passen Sie einfach nur auf sich auf." Er nickte ihr zu, bog auf einen Seitenpfad ab und war kurz darauf vom Sportplatz verschwunden.



Southern Mine Motel,
südwestlich Washington D.C.
4:49 PM

Wolken hatten sich über den strahlend blauen Himmel geschoben und machten die Bemühungen der Abendsonne zunichte, die Welt in Schönheit und Licht zu tauchen.
Scully atmete tief durch. Gegen ein wenig Sonnenschein hätte sie tatsächlich nichts einzuwenden gehabt - nicht nach den Ereignissen der letzten Tage; nach allem, was sie und Mulder durchmachen mussten. Zum ersten mal seit Wochen schien überhaupt so etwas wie Ruhe in ihr Inneres einkehren zu wollen. Es fühlte sich fast so an, als würde sie nach langer Zeit endlich nach Hause zurückkehren.
Sie drehte sich um und lächelte. Mulder lag im Bett und schlief.

Er sieht so friedlich aus, dachte sie.
So glücklich.

So vernarbt.

Scully ließ den Kopf hängen. Auch sie war glücklich, mehr als glücklich gewesen, dass es ihnen gelungen war, Mulder zu retten. Wenn sie nur daran zurückdachte, an die entsetzlichen Augenblicke, als sie annehmen musste, dass er tot sei... verloren für diese Welt, und verloren für sie.

Sie schloss für einen Moment die Augen und hob die Schultern. Es war besser, die alptraumartigen Bilder fürs erste zu vergessen. Was jetzt zählte war, dass er hier war, bei ihr!

Ihr Mobiltelefon klingelte. Suchend sah sie sich um. Warum lag es nie dort, wo sie sich gerade aufhielt? Mulder würde noch wach werden und er brauchte doch seinen Schlaf! Mit einem Satz hechtete sie zur Kommode hinüber und drückte auf den grünen Knopf.
"Ja?"



Five Oaks,
nordwestlich Washington D.C.
4:01 PM

Agent Reyes schlang die Arme um den Körper und zitterte leicht.
Doggett blieb stehen und sah sie abwartend an. "Ist etwas nicht in Ordnung?", fragte er. Ohne die Antwort abzuwarten schüttelte er den Kopf und warf einen Blick auf den Schauplatz der Tragödie. "Wie dumm von mir. Natürlich ist etwas nicht in Ordnung. Wenn alles in Ordnung wäre, würde ich jetzt zuhause sitzen und mir das Spiel der..."
"Das ist es nicht", unterbrach ihn Monica. "Nicht allein. Irgend etwas..." Sie zögerte und sah sich um. Jetzt, wo die Sonne nicht mehr im Zenit stand, war die Umgebung der Hütte in ein fahles Zwielicht getaucht, dass es ihr schwer machte, die Dinge richtig einzuordnen. Sie seufzte. "Würde es Ihnen etwas nützen, wenn ich sagen würde: Irgend etwas stimmt mit diesem Ort nicht?"
John sah sie eine Weile von der Seite her an, dann schüttelte er den Kopf. "Nein, glaube ich nicht", meinte er. "Kommen Sie, der Officer ist schon hinein gegangen. Ich will ihn nicht warten lassen. Vielleicht kann ich mir ja doch noch das Spiel der... He!"
Ohne ein weiteres Wort war Monica an ihm vorbei gegangen und betrat nun die Veranda des Hauses.

Doggett holte sie in wenigen Sekunden ein, suchte ihren Blick und nickte, als er sah, was sie betrachtete.
"Ja", brummte er. "Die Spurensicherung hat sich bestimmt alle Mühe der Welt gegeben, für uns nichts mehr übrig zu lassen." Er ging in die Hocke und besah sich die Kreidestriche, die den Umriss eines Körpers bildeten, aus der Nähe. "Monica, folgen Sie doch schon mal Officer Keitel und schauen Sie sich die Innenräume an."
"In Ordnung", antwortete sie, "wir treffen uns dann wieder hier."

Als sie im zersplitterten Türrahmen verschwand, runzelte John die Stirn. Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, Agent Reyes anzufordern. Was sollte dieser Unsinn vorhin? Es fehlte nur noch, dass sie ihm jetzt mit irgend welchen Spukgeschichten kam.
Er klaubte mit seiner Pinzette einen winzigen Glassplitter aus dem Holzboden und hielt ihn prüfend vor die Augen. "Sieh mal einer an", murmelte er. "Da hat doch jemand ein Beweisstück übersehen. Ist das Blut?" Mit der anderen Hand nestelte er eine Plastikfolie aus der Jackentasche und ließ den kleinen Splitter hineingleiten.

Kalter Wind erwachte und stieg als wirbelnde Bö aus dem umliegenden Walde auf.

John erhob sich. "Monica?" Für einen kurzen Moment überkam ihn das Gefühl drohenden Unheils und es verschwand auch nicht, als er ihre Stimme vernahm.
"John, kommen Sie schnell!"
Sofort sprang Doggett, die Pistole im Anschlag, von der Veranda ins Wohnzimmer. Dort stand Monica, inmitten des Trümmerhaufens, der einmal das Wohnzimmer der Familie Arnold gewesen war.
"Monica? Was ist los?" Ohne die Waffe abzusetzen sah er sich flüchtig im Zimmer um. "Wo ist Officer Keitel?"
Agent Reyes sah ihn verstört an. Sie wirkte einsam und hilflos, wie ein Blinder, dem man seinen Stock weggenommen hatte. "Ich weiß nicht", flüsterte sie. "Er ist weg."
"Was soll das heißen, er ist weg?", stieß Doggett hervor. "Wir haben ihn doch ins Haus gehen sehen, also muss er noch irgendwo hier drin sein!" Er sah sich um. "Das Haus hat nur eine Etage und ein Flachdach. Haben Sie schon im Keller nachgesehen?"
Monica nickte. "Habe ich", sagte sie tonlos. "Aber dort habe ich nur das hier gefunden." Sie reichte John ein kleines Päckchen. "Ich bin mir sicher, dass die Spurensuche das nicht übersehen haben kann. Es lag viel zu offensichtlich auf der Kellertreppe!"
John nahm das Päckchen mit steinernem Gesicht entgegen und schlug das Papier zur Seite. Eine kleine Bronzefigur kam zum Vorschein.
Johns Lippen bildeten einen dünnen Strich. Dann atmete er tief durch und stellte die Figur vorsichtig und ohne sie zu berühren auf den Kaminsims. "Das ist ein Hinweis! Monica, rufen Sie sofort Agent Scully an. Wer auch immer dies hier war, wer auch immer Officer Keitel verschwinden lassen hat - er ist jetzt hinter Fox Mulder her!"

Monica presste das Telefon an ihr Ohr. "Agent Scully?", fragte sie atemlos. "Hier spricht Agent Reyes. Ich ermittle zusammen mit Agent Doggett im Fall des Doppelmordes Five Oaks. Wir sind hier auf seltsame Dinge gestoßen und... Moment, bitte!" John hatte das Papier, in dem die Statuette eingewickelt war, glatt gestrichen und hielt es Monica vor das Gesicht. "Warten Sie, der Killer hat uns auch eine Nachricht hinterlassen. Sagt Ihnen der Begriff... Matador etwas?"
Am anderen Ende der Telefonleitung wurde es still. Sehr still. "Agent Scully?", fragte Monica vorsichtig.

John trat nachdenklich an den Kamin und studierte das merkwürdige Fundstück. Im stillen bat er Monica um Verzeihung. Sie hatte recht gehabt, hier stimmte tatsächlich etwas nicht.

Die Bronzefigur zeigte das Bild dreier kunstvoll ineinander verschlungener Füchse. Sie bildeten zusammen ein großes "M"!

Fortsetzung folgt...



Disclaimer:

The X-Files © FOX

The X-Files (Akte X) is the intellectual property of Fox, Chris Carter and 1013. The characters, terminology, and existing episodes are all property of their respective creators/writers/producers. We are making no profit on this site and are simply using these items for the entertainment of the fans (and ourselves). No copyright infringement is intended.
Rezensionen