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Richtung Nirgendwo - Geteilte Wege

von Nicole Perry

Kapitel 4

Sie nahmen ein Flugzeug zurück nach El Paso. Es war ein rascher aber turbulenter Trip, der Mulder wieder mal an seine Abneigung kleinen Flugzeugen gegenüber erinnerte. Christophes erster Assistent war wieder dabei und zwei weitere waren dazugekommen. Als offenbar keinerlei Vorstellungen der Männer geplant war, hatte Mulder ihnen insgeheim die Namen Larry, Moe und Curly verpasst, die sogar angebracht schienen, da der dritte Mann fast kein einziges Haar auf dem Kopf hatte. Jetzt, wo noch mehr Männer dabei waren, die ihn lediglich an den Ernst ihrer Lage erinnern sollten, fühlte sich Mulder zunehmend unwohler.

Christophe sprach kaum während des Fluges. Er saß ruhig auf einem Sitz am Fenster und von Zeit zu Zeit ertappte Mulder ihn dabei, wie er ihn beobachtete. Er spürte geradezu, wie Christophe ihn studierte, wie seine stahlgrauen Augen ihn grimmig anstarrten. Es war fast so, als ob Christophe glaubte, er könne Gedanken lesen, wenn er es nur intensiv versuchen würde. Mulder fragte sich, ob er es konnte.

Das Flugzeug landete auf demselben Flugplatz, auf dem Mulder schon das erste Mal gelandet war, aber dieses Mal blieb es nicht auf der Rollbahn stehen. Stattdessen fuhr der Pilot es in den Hangar auf der anderen Seite des Feldes und erst dort stiegen Mulder und die anderen aus.

Christophe wandte sich an Moe und Curly und befahl, "Fahrt in die Stadt und sucht weiter. Fangt am Bahnhof an und arbeitet von da weiter." Er warf Mulder einen Blick zu und fügte dann hinzu, "Ich will vor allem wissen, ob sie hier in El Paso aus dem Zug gestiegen ist. Die Zugbegleiterin war sich nicht hundertprozentig sicher, wann sie mit ihr gesprochen hatte. Ich will nicht wieder alle Spuren zurückverfolgen, verstanden?"

Moe und Curly nickten gleichzeitig und Mulder musste bei ihrer synchronen Antwort wie aus dem Lehrbuch ein Lachen unterdrücken.

Als die beiden weg waren, gab Christophe Mulder ein Zeichen, dass er ihm folgen solle und ging zu einer kleinen Tür an der Seite des Hangars.

Der Raum dahinter war klein, kaum größer als ein Badezimmer. Es war eine Art Behelfs-Büro, doch die einzigen Möbel darin waren ein ausgelutschter Armsessel und ein kleiner stählerner Tisch. Es gab keine Fenster und keine weiteren Türen und, stellte Mulder fest, kein Telefon.

"Ich wünschte, ich könnte behaupten, die Unterbringung wäre erster Güte", sagte Christophe, "aber das hier ist das Beste, was ich kurzfristig auftreiben konnte." Er schob Mulder in das Zimmer und blieb in der Türe stehen, eine Hand auf dem Türgriff.

"Falls Ihnen einfallen sollte fliehen zu wollen, Mike steht die ganze Zeit genau vor der Tür."

Mulder sah den Typen an, der neben Christophe stand und lächelte sein sorglosestes Lächeln. "Ah, also *Mike* heißt er. Und ich habe ihn die ganze Zeit Larry genannt. Freut mich, dass wir das geklärt haben."

"Und mich freut es, dass Sie immer noch so guter Laune sind", antwortete Christophe kalt. "Das macht uns allen die Aufgabe erheblich leichter."

Damit zog er die Tür hinter sich zu und eine Sekunde später hörte Mulder das unverwechselbare Geräusch eines zuschnappenden Schlosses. Er hörte, wie Christophe mit gedämpfter Stimme seinem Mann Befehle erteilte und dann das Echo seiner sich entfernenden Schritte, als sie in dem Hangar widerhallten.

Jetzt war er allein, mit Ausnahme des Wächters vor der Türe und Mulder nutzte die Gelegenheit, um den öden Raum näher zu untersuchen in der vagen Hoffnung, eine mögliche Waffe zu finden. Erfolglos. Der Stahltisch war aus einem Stück und es war unmöglich, eines der Beine abzubrechen. Der Sessel war mit irgendwelchem weichen Zeug gefüttert und hatte auch keine Metallfedern, die er eventuell zu etwas Brauchbarem basteln könnte. Der Rest des Raumes war, wie er zuvor auch schon festgestellt hatte, völlig leer. Nicht einmal die Deckenbeleuchtung war zu gebrauchen—die Glühbirne war durch Maschendraht geschützt, den er trotz wiederholter Versuche nicht aus seiner Halterung lösen konnte.

Mulder war frustriert und, obwohl er es nicht zugeben wollte, müde. Er griff in seine Tasche und zählte das Geld, das er in dem Lokal hat mitgehen lassen. Elf Dollar. Würde nicht für viel reichen, doch wenigstens kam er sich jetzt nicht völlig mittellos vor.

Er ließ sich in den Sessel fallen, streckte die Beine vor sich aus und lehnte seinen Kopf an die knarrende Lehne. Das Sicherheitsband scheuerte an seinem Handgelenk und er drehte es ein wenig, um den Druck zu erleichtern. Mulder schloss die Augen. Ungebeten tauchte Scullys Bild vor ihm auf.

<DanaDanaDanaDanaDana>

Tausend schreckliche Gedanken wirbelten in seinem Gehirn und er geriet vor lauter Sorge in Panik. Er sah sie allein und verängstigt vor sich. Verletzt und verwundet. Hilflos.

Er sah sie sterbend. Er sah sie tot.

Mulder schlug die Augen auf und kämpfte gegen den Schmerzensschrei an, der ihm im Hals steckte. Er stand auf und ging ruhelos in dem winzigen Raum hin und her und versuchte, diese dunklen Visionen aus seinem Kopf zu verdrängen. Er hoffte verzweifelt, dass es nur fürchterliche Bilder seiner Phantasie waren und nicht irgendeine Art schreckliche Vorahnung.

Er verlor sich völlig in der Bewegung seines Hin und Hers, so dass ihn das Hämmern an der Tür völlig überraschte. "Setz dich endlich hin da drin!"

Es war Larrys Stimme, erkannte Mulder. Larry oder Mike oder wie immer er auch hieß. Die Tatsache, dass sein Hin und Her ihn aus der Ruhe brachte, war fast Grund genug für Mulder weiter zu laufen, aber eigentlich war er nicht gerade scharf auf eine Auseinandersetzung mit dem schießfreudigen Bodyguard.

Mulder sank wieder auf dem Sessel zusammen und versuchte, sich zu entspannen. Er schloss wieder die Augen, und als ihn die Visionen abermals zu überfallen drohten, kämpfte er gegen sie an in der Hoffnung, die dunklen Bilder von Scully in Lebensgefahr mit schöneren zu ersetzen. Mit Bildern, die ihm Kraft geben würden und Hoffnung und Mut. Er dachte daran wie weich sich ihre Haut unter seinen Fingern angefühlt hat. Er dachte an ihr Lächeln und an ihr herzhaftes Lachen, das es manchmal begleitete. Er erinnerte sich daran, wie sie auf seinem Schoß gesessen und zwei zierliche Finger auf seine Lippen gelegt hatte, um ihm zu bedeuten nicht mehr zu weiter zu lesen.

Gestern, dachte er. Es war gestern gewesen.

Irgendetwas an dieser Erinnerung weckte in ihm den Eindruck, dass er etwas Wichtiges übersehen würde. Doch er war viel zu müde, um sich jetzt darauf zu konzentrieren, also schlief er mit dem Gedanken an Scullys zärtliche Küsse ein.

  

Christophe rutschte hinter das Steuer des Mietwagens, der extra für ihn draußen vor dem Hangar bereitgestellt wurde. Er steckte den Schlüssel ins Zündschloss und fuhr zurück in die Stadt. Er machte sich keine Sorgen darüber, Mulder in dem Hangar zurückzulassen. Es war unter Berücksichtigung aller Fakten der sicherste Ort für ihn. Es gab außer der Tür, die Mike bewachte, keinen Weg aus dem Zimmer heraus, und selbst wenn er es auf irgend eine Weise heraus schaffen würde, würde er ihnen dank des Radars nicht lange entkommen.

Außerdem gab es ein paar Dinge, um die sich Christophe kümmern musste.

Er griff in seine Tasche und holte sein Handy hervor. Mit einer Hand wählte er die Nummer und hielt es an sein Ohr, während er mit der anderen den Wagen auf der Straße behielt. Nach dem zweiten Klingeln und kurzem störendem Knacken bekam er Antwort.

"Ja?" Der Mann machte aus dem einen Wort gleichzeitig eine Frage und einen Befehl.

"Alles läuft nach Plan", sagte Christophe. "Ich habe ihn in meiner Obhut."

"Und das Mädchen?"

"Wir sind auf der Suche nach ihr", antwortete Christophe und wünschte sich, er hätte bessere Neuigkeiten. "Morgen früh sollten wir Näheres wissen."

Da war eine Stille am anderen Ende, aber Christophe war ein geduldiger Mann und ertrug die lange Pause.

Dann, endlich, antwortete der Mann. "Zeit", sagte er, "hat eine große Bedeutung in dieser Angelegenheit." Er atmete gemächlich aus und Christophe konnte den Rauch der Zigarette fast durch den Hörer riechen. "Sie sind sich darüber doch im Klaren."

"Ja", antwortete Christophe. "Sie werden bekommen, was Sie wollen. Sie haben mein Wort darauf."

Er schwieg für einen Moment und fügte dann hinzu, "Solange ich bekomme, was ich will."

"Sie haben *mein* Wort darauf", erwiderte der Mann. "Finden Sie das Mädchen und die Diskette, dann gehört er Ihnen, und Sie können entscheiden, was mit ihm geschieht."

Dann war die Leitung tot, zurück blieb nur das hohle Summen des Wähltons.  Christophe schaltete das Gerät aus und warf es auf den Sitz neben ihm, als er weiter die Straße entlang fuhr.

  

Er glaubt dir nicht sieh nur in sein Gesicht er denkt du bist verrückt verrückt wie Mulder—

< SiemüssenmirglaubenSirichsagedieWahrheit >

 

Er dreht sich um du hast Skinner verloren du hast alles verloren—

< AgentScullySieführendashierzuweitesistsinnlos > --

< EsistnichtsinnlosSiehörenmirnurnichtzuichhabeBeweise > --

< WennichSiesuspendierenmüsstewürdeichestunführenSieesnichtzuweit > --

Vergiss es versuch nicht ihn zu überreden er arbeitet sowieso für die sie stecken alle unter einer Decke vielleicht vertraut Mulder sogar keinem von ihnen tu's nicht du kannst das auch allein—

< HabeichmichdeutlichausgedrücktScully > --

< jaSirichweißwelchePositionSievertreten > --

Verschwinde von da verschwinde von da vergeude nicht noch mehr Zeit mit ihm vergeude nicht noch mehr Zeit mit irgendjemandem von ihnen—

  

Scully seufzte leise. Sogar im Schlaf arbeitete ihr Gedächtnis fieberhaft. Es brachte sie wieder zurück in die langen Gänge der Erinnerung, die sie mit allen Mitteln versucht hatte zu versiegeln. Korridore, die mit einem Mal trotz ihrer Versuche sie geschlossen zu halten offen vor ihr standen.

 

Er kommt gerade durch die Tür schnell schnell wenn du rennst wirst du ihn einholen verdammt die Tür ist zu wie hat er das bloß gemacht? Am anderen Ende der Halle muss noch ein Eingang sein es ist immerhin die Mitte des Gebäudes es muss einfach einen anderen Weg hinein geben was ist das für ein Lärm hinter mir laute Fußtritte jemand schreit mich die ganze Zeit an

< ScullyhaltnichthinterihmheresisteineFalle > --

Er greift nach meinem Arm und zieht mich mit sich—

< Lassloslassloslassloserkommtdavon >

< LassihngehenScullywirmüssenweg > --

Kämpfe tritt fest zu er soll von mir runter—

< Muldergehvonmirrunter >--

 

Scully warf sich im Bett hin und her. Sie umklammerte fest die Laken, als sie verzweifelt versuchte, gegen ihr eigenes Unterbewusstsein anzukämpfen.

 

Trete ihn ganz fest jetzt stolpert er und fällt wie habe ich das geschafft egal lauf weiter ich kann den Mann nicht entkommen lassen da ist noch eine Tür sie ist offen los rein und mach die Tür hinter dir zu wo bin ich hier?  in einem Labor? ist das das Labor, wo sie es gefunden haben? Aber wo ist er hin wo ist der Arzt? ein Hämmern hinter mir an der Tür—

< ScullymachverdammtnochmaldieTürauf > --

Ignoriere es einfach -

< DukannstmichjetztnichtaufhaltenMuldernichtjetztnichtjetzt > --

Los, untersuche die Wände, es muss irgendwo noch einen versteckten Ausgang geben ich weiß dass er hier ist wo soll er auch sonst hingegangen sein was ist das für ein Geräusch?

< OhmeinGottohmeinGott > --

 

Und plötzlich veränderte sich der Traum, er änderte seinen Verlauf, wand sich abwärts in einer fürchterlichen Spirale, erhellte ihre dunkelsten Ängste mit einer gestochen scharfen Klarheit.

 

Jetzt ist nichts mehr hier es ist leer und still warum ist es so still mach die Tür auf da ist eine Straße wie bin ich auf die Straße gekommen? Ich war doch gerade eben noch im Labor nicht in dieser Gasse was ist das? auf dem Boden? komm nicht näher nicht nicht nicht geh einfach weiter sieh nicht hin nicht nicht nicht—

< MulderMulderMulderohmeinGott >

Es ist eine Leiche es ist seine Leiche oh mein Gott oh mein Gott sie haben ihm die Kehle durchgeschnitten und seine Augen seine Augen sind leer so leer und hohl seine Hände sind so kalt oh mein Gott sie haben ihn umgebracht sie habe ihn hier liegen lassen—

< MulderMulderMulderneinneinneinnein >

 

Mit einem Schrei auf den Lippen schoss Scully kerzengerade im Bett auf. In letzter Sekunde gewann sie den ersten Bruchteil ihrer Fassung wieder— genug, um ihr zu versichern, dass es nur ein Traum war, genug, um den Schrei des Schmerzes und der Pein zurückzuhalten, der laut genug war, um Tote zu wecken.

Sie presste ihre Knie an die Brust und schlang die Arme eng um ihre Beine auf der Suche nach Trost und Zuversicht, die sie nirgendwo finden konnte. Ihr Körper zitterte stark durch die grausamen Schüttelanfälle und sie konnte die Tränen, die über ihr Gesicht liefen, nicht im Mindesten zurückhalten. Tränen der Hilflosigkeit, der Scham und der Wut, die aus ihr ein zitterndes Wrack machten und drohten, ihr Innerstes in tausend Stücke zu sprengen.

Scully rang nach Atem. Sie versuchte krampfhaft sich zu beruhigen und die Alpträume aus ihren Gedanken zu verbannen. Lange Zeit verging, in der sie fast nachgab, nahe dran war, sich der Panik zu unterwerfen, bis sie sich schließlich soweit beruhigt hatte, nach ihrer Decke griff und sich die Tränen aus dem Gesicht wischen konnte.

Lieber Gott, dachte sie, doch sie brachte nicht mehr als dieses kleine Gebet zustande.

Mit einer zitternden Hand strich sie sich die Haare aus dem Gesicht und lauschte nach Geräuschen, nach irgendeinem Hinweis, ob sie vielleicht das ganze Haus alarmiert hatte. Doch alles blieb ruhig, stellte sie dankbar fest. Sie hatte keine Ahnung, wie spät es war, wie spät am Abend oder wie früh am Morgen, aber sie war sicher, dass sie diese Nacht nicht mehr schlafen würde.

Der plötzliche Drang, draußen zu sein überkam sie, weg von dem fremden Raum mit der ungewohnten Möblierung. Vorsichtig stieg sie aus dem Bett. So leise wie möglich suchte sie nach ihrer Hose, die sie irgendwo liegen gelassen hatte, und schlüpfte hinein. Dann ertastete sie ihre Schuhe und zog sie an. Der Pullover, den sie vorher anhatte, lag am Fußende des Bettes und sie zog ihn sich wieder über ihr T-Shirt. Sie hielt einen der Ärmel des Sweaters an ihre Nase und atmete tief ein in der Hoffnung, irgendwo Mulders Geruch inmitten der Wolle zu finden. Er war da, aber nur schwach, und es half nicht viel, um ihre Furcht zu lindern.

Angezogen fühlte Scully unter dem Kopfkissen nach der Diskette, die sie darunter gelegt hatte, und steckte sie in ihre Hosentasche. Dann ging sie zur Tür und zuckte, als der Holzboden unter ihren Füßen knackte. Sie fand den Türgriff und ging in den Flur, immer eine tastende Hand an der Wand. Ihr fielen Elliots Beschreibung des Hauses ein und sie ging am Ende des L's nach links in die Küche. Dort hielt sie sich zuerst an die Spüle und dann an den Tisch als Wegweiser, bis sie quer durch den Raum an der Tür nach draußen stand. Diese schien jedoch verschlossen, und sie schob den Riegel zur Seite. Endlich konnte raus.

Der Luftzug, der auf ihr Gesicht traf, war erschreckend kalt, aber die beißende Kälte fegte förmlich die letzten Reste ihres Alptraums fort. Scully nahm einen tiefen Zug von der sauberen Luft und zog die Tür hinter sich zu, als sie einen kleinen Schritt zu den Stufen vor sich ging. Sie setzte sich auf die zweite Stufe und stülpte die Ärmel über ihre Hände, die sie zu Fäusten ballte und so den Stoff festhielt. Sie schlang die Arme um ihre Beine und vergrub ihr Gesicht in ihren Knien. Sie wollte nachdenken, ihren Kopf frei bekommen auf der Suche nach einer Antwort, einem Weg, der sie vielleicht aus ihrem Unglück herausbringen würde.

Aber was konnte sie schon tun? Obwohl Elliots Vorschlag zwar wunderbar einfach gewesen war, sie wusste genau, dass sie nie ihre Mutter kontaktieren könnte aus bloßer Angst, sie in Gefahr zu bringen. Skinner war auch keine Möglichkeit. Ihr Alptraum hatte wenigstens einen Vorteil gehabt: er hatte sie wieder daran erinnert, wie unwillig er gewesen war, ihr zu glauben, als sie dringender denn je seine Hilfe gebraucht hatte. Die Einsamen Schützen wären eine Möglichkeit, aber Scully hatte nicht die leiseste Ahnung, wie sie mit ihnen in Kontakt treten könnte. Das war immer Mulders Sache gewesen, und sie hatte nie daran gedacht, dass sie sie selber einmal brauchen würde.

Alle Wege hatten sich als Sackgassen herausgestellt, doch Scully wusste, dass sie etwas tun musste. Es waren Leute hinter der Diskette her, die sie bei sich trug, Leute wie der Mann, dem sie in New Orleans begegnet war, und sie wusste, dass es nur eine Frage der Zeit sein würde, bis sie sie fanden. Sie zitterte, als ihr auffiel, dass sie nicht einmal eine Waffe hatte, weil ihre Pistole ja in der Gasse in Louisiana zurückgeblieben war.

Sie war allein, unbewaffnet und praktisch wehrlos. Sie konnte denken, was sie wollte, ein Gedanke hallte ununterbrochen in ihrem Kopf, ein Name, der wie die Schläge ihres Herzens immerzu in ihr schlug.

< MulderMulderMulder >

 

Der Mann war ein Frühaufsteher, schon immer gewesen. Er behauptete, er würde mehr am Tag schaffen, aber in Wirklichkeit brauchte er eigentlich nie viel Schlaf.

Er hob die Zeitung vor seiner Wohnungstüre auf und ging damit in die Küche, wo eine Tasse starker schwarzer Kaffee auf ihn wartete, die er trank während er die Schlagzeilen las. Der Mann hatte immer schon seinen Spaß daran gehabt, wie es die Journalisten immer wieder schafften, ihre Storys zu frisieren. Auffällige Layouts und überwältigende Erkenntnisse, als ob sie wirklich wüssten, wovon sie schrieben. Er zündete sich eine Zigarette an, inhalierte tief den Rauch ein und genoss den ersten Nikotin-Stoß des Tages. Dann blätterte er durch das Blatt, bis er am Ende angekommen war.

Er sah auf die Uhr und fragte sich auf einmal, wann er wohl das nächste Mal von Christophe hören würde. Er hoffte bald, denn seine Geduld neigte sich langsam dem Ende, und er wusste, wenn er ungeduldig wurde, würden es die Männer, denen er Rede und Antwort stehen musste, auch sein.

Nicht zum ersten Mal zweifelte er an der Entscheidung, solche äußerst wichtigen Angelegenheiten Männern wie Christophe zu überlassen. Allerdings hatte der Mann bewiesen, dass er etwas taugte—er hatte Mulder rechtzeitig geholt, bevor Skinner ihn bekam. Der Mann ärgerte sich über Skinner. Er hielt ihn für einen Mann, der widersprüchliche Loyalitäten befolgte, und er fand es bedauernswert, dass er selbst nicht den X-Akten zugeteilt worden war. Blevins war diesbezüglich sehr inkompetent gewesen, aber wenigstens war Blevins jemand gewesen, den man kontrollieren konnte.

Ein dünnes Lächeln breitete sich auf dem Gesicht des Mannes aus, als er merkte, dass ihm Skinner, wenn alles nach Plan laufen würde, nicht mehr ein Dorn im Auge sein würde. Immerhin würde es die X-Akten nicht mehr geben, wenn Mulder tot und Scully anderweitig verplant war. Zufrieden drückte der Mann seine Zigarette aus und ging in sein Schlafzimmer, um sich für die Arbeit des Tages anzuziehen.

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