World of X

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Eine Weihnachtsgeschichte

von The Watcher

Kapitel 2

Kapitel 2





Dana Scully’s Appartement

Georgetown

25. Dezember 1999

18.36 Uhr



Am ersten Weihnachtstag saß Dana Scully in ihrem Wohnzimmer vor dem flackern­den Kamin. Leise spielte Weihnachtsmusik im Hintergrund, als sie gedankenverloren ihren Weihnachtsbaum betrachtete. Weihnachten bedeuteten für sie nicht nur fried­liche und frohe Tage, sondern auch nachdenkliche und traurige. Vor Jahren hatte sie zu dieser Zeit ihren Vater verloren und auch die Gedanken an Emily waren nicht fern.

Bevor sie aber weiter in ihren trüben Erinnerungen versinken konnte klopfte es an ihrer Tür. Verwundert stand sie auf und schaute vorsichtshalber zuerst durch den Spion. Dann lachte sie auf und öffnete mit einem selbstherrlichen Grinsen die Tür.

„Ho, ho, ho… Von draus vom Walde komm ich her... Stille Nacht, Heilige Nacht...“, schallte es ihr entgegen.

Scully konnte sich nicht mehr zurückhalten und lachte prustend los.

„... I’m dreaming of a white Christmas... Jingle bells, jingle bells… Reicht das jetzt endlich?!”

“Ja, ja, es reicht. Jetzt kommen Sie endlich rein. Sie sehen ja aus wie ein Schnee­mann!“

Sie zog Mulder in ihre Wohnung und schloss hinter ihm die Tür. Er hatte inzwischen die Tüte, die er mitgebracht hatte, abgestellt und war dabei seine Jacke auszuzie­hen.

„Ich musste meinen Wagen leider ein paar Blocks von hier parken und zu Fuß weiter laufen. Durch den Feiertagsbesuch gibt es hier keine freien Parkplätze mehr und ich habe meinen Schirm zu Hause vergessen.“

„Geben Sie mir Ihre Jacke. Ich werde sie ins Badezimmer bringen. Da kann sie dann tropfen so viel sie will. Ich werde Ihnen dann gleich auch ein Handtuch mitbringen.“

„Danke, Scully. Hey, hätten Sie vielleicht was dagegen, wenn ich mir die Schuhe ausziehe? Ich möchte Ihren Teppich nicht versauen“, rief er ihr hinterher.

„Nein, machen Sie es sich gemütlich“, antwortete sie aus dem Bad.

Als sie zurück ins Wohnzimmer kam, saß Mulder bereits auf der Couch und nahm eine Flasche Wein aus der Tüte.

„Soll ich jetzt daraus schließen, dass Sie hier übernachten wollen?“, fragte sie und reichte ihm das Handtuch.

„Nein, ich hatte eigentlich gedacht ein Taxi zu nehmen, aber ich nehme Ihr Angebot hier zu schlafen gerne an. Was gibt’s bei Ihnen denn so zum Frühstück?“, witzelte er, während er sich die Haare frottierte. Das mit dem Übernachten hatte er natürlich nicht ernst gemeint, denn er wollte Scully keinesfalls zur Last fallen.

„Na, Sie sind mir ja einer. Wer hat denn die Wette verloren, Sie oder ich?“

„Ich habe sie verloren, und ich habe als Entschuldigung eine schöne Flasche Wein mitgebracht. Sie kennen mich wohl doch besser als ich selbst.“

„Dann hole ich mal die Weingläser.“

„Haben Sie irgendwo einen Korkenzieher?“

„Ja, in der Schublade unter dem Couchtisch.“

Während Mulder dabei war, die Flasche zu öffnen, stellte Scully zwei Gläser auf den Tisch und setzte sich neben ihn. Mit einem dumpfen Plopp zog er den Korken aus der Flasche und schenkte ihnen den Wein ein. Dann erhob er sein Glas.

„Auf was wollen wir trinken?“

„Trinken wir darauf, dass ich Fox Mulder besser kenne als er selbst und dass er die Courage hatte, im Schneesturm hierher zu kommen, um mir ein Ständchen zu brin­gen“, sagte sie lächelnd.

„Darauf trinke ich.“

Sie stießen an, nahmen einen Schluck von dem Wein und stellten die Gläser an­schließend zurück auf den Tisch.

„Dann erzählen Sie mal. Was haben sie die beiden Tage so getrieben?“, fragte sie neugierig und sah ihn erwartungsvoll an.

„Na ja, gestern habe ich erst mal meine Fische vor dem sicheren Hungertod bewahrt und das Aquarium sauber gemacht, weil ich kaum noch durch die Scheiben sehen konnte. Dann war ich noch einkaufen und am Nachmittag war ich auf der Weih­nachtsfeier bei den Gunmen. Raten Sie mal, womit der Weihnachtsbaum ge­schmückt war und was es zum Essen gab!“

„Ich kann es mir schon denken.“

„Richtig, es war genau so, wie ich es Ihnen beschrieben habe. Ich habe mich dann so gegen 22.00 Uhr verabschiedet, bin wieder nach Hause gefahren und habe mit meiner Mutter telefoniert.“

„Wie geht es ihr eigentlich?“

„Ganz gut. Sie hat sich von dem Schlaganfall fast vollständig erholt und in dem Pfle­geheim wird gut für sie gesorgt. Natürlich war sie traurig, dass ich wegen den Bliz­zards nicht kommen konnte, aber sie erzählte, dass es im Heim eine schöne Weih­nachtsfeier gegeben hatte. Ich werde sie Anfang nächsten Jahres besuchen, sobald sich der Schnee verzogen hat. Ich soll Ihnen übrigens schöne Grüße von ihr bestel­len.“

„Danke schön. Ich soll Ihnen auch Grüße von meiner Mutter ausrichten. Ich habe vorhin noch mit ihr telefoniert.“

„Ah, danke.“

„Und was haben Sie heute so getrieben?“

„Ich habe erst mal lange geschlafen...“

„Ha, wer’s glaubt wird selig!“, rief sie.

„Na ja, für meine Verhältnisse lange geschlafen. Dann habe ich ausgiebig gefrüh­stückt und mir ein Schaumbad gegönnt.“

Als Scully das hörte, musste sie lachen.

„Was ist denn daran so lustig?“ lachte er zurück.

„Ich kann mir nur schwerlich vorstellen, wie Sie sich genüsslich in der Wanne aalen.“

„Warum denn? Kam das in Ihrer Fantasie noch nicht vor?“, grinste er spitzbübisch und wackelte mit den Augenbrauen.

Scully lächelte nur, gab ihm jedoch darauf keine Antwort.

„Erzählen Sie einfach weiter.“

„Dann habe ich meine Videokollektion nach einem guten Film durchforstet...“

„Das musste ja jetzt kommen“, unterbrach sie ihn und verdrehte die Augen.

„Nein, nicht das, was Sie jetzt schon wieder denken! Schämen Sie sich, Scully! Ich habe mir einen guten alten Klassiker angesehen, nämlich ‚A Christmas Carol’ von Charles Dickens. Irgendwie hat mich das an letztes Jahr erinnert. Wissen Sie noch, als wir in dem Geisterhaus waren?“

„Oh ja, ich kann mich lebhaft daran erinnern. Das war wirklich ‚spooky’!“, schmun­zelte sie.

„Tja, dann habe ich etwas zu Mittag gegessen, meine Waffe gereinigt, mir das Schneetreiben draußen beguckt,...“

„Kurzum, Sie hatten Langeweile!“, triumphierte sie.

„Ja, ich hatte Langeweile, ich gebe es zu.“

„Und ich soll Sie jetzt unterhalten!“

„Nun, eigentlich hätten Sie das tun müssen, wenn Sie verloren hätten, aber ich hätte nichts dagegen, wenn Sie es trotzdem tun würden. Was haben Sie denn zu bieten?“

„Bei uns in der Familie ist es Tradition an Weihnachten Gesellschaftsspiele zu spie­len. Hätten Sie Lust zu ‚Mensch ärgere Dich nicht’, ‚Monopoly’ oder ‚Scrabble’?“

„Es ist Tradition bei Ihnen zu spielen?“

„Ja, es ist die beste Gelegenheit. Es sind genug Leute vorhanden, es macht Spaß und die Kids sind auch beschäftigt. Mögen Sie keine Spiele?“

„Doch, doch, natürlich“, rief er begeistert.

„Prima!“

Scully holte ihre Spielesammlung und etwas Knabberzeug hervor und Mulder räumte emsig den Tisch leer.

Sie verbrachten den Abend mit einer Partie ‚Schach’ ‚Trivial Persuit’, ‚Scrabble’, ‚Rommé’ und zuletzt mit ‚Schiffe-Versenken’. Sie hatten viel Spaß dabei und die Stimmung wurde, nachdem sie noch zwei weitere Flaschen Wein geleert hatten, im­mer ausgelassener. Die Zeiger der Uhr zeigten bereits schon viertel vor eins, als Scully mit einem resignierenden Gähnen einen roten Pinn in das noch letzte freie Loch ihres Flugzeugträgers steckte und ‚Versenkt’ rief.

„Sie sind einfach zu gut für mich, aber ich kann von dem vielen Wein auch nicht mehr klar denken. Ich glaube, wir machen besser Schluss für heute.“

„Okay, dann rufe ich mir jetzt ein Taxi.“

„Ach Quatsch, Mulder. Sie können hier auf dem Sofa schlafen. Bei dem Wetter würde es Stunden dauern, bis das Taxi hier wäre. Schauen Sie sich das doch mal an.“

Sie wies mit der Hand zum Fenster und als Mulder hinausschaute konnte er nur ei­nen dichten, wirbelnden Schneevorhang erkennen.

„Es wird Ihnen doch sicher nichts ausmachen auf dem Sofa zu schlafen.“

„Nein, natürlich nicht.“

„Gut, dann gebe ich Ihnen jetzt ein Laken, Decken und Kissen und Sie können sich dann häuslich auf der Couch niederlassen.“

„Danke, Scully.“

„Keine Ursache“, erwiderte sie sanft.



Bereits eine halbe Stunde später schliefen beide mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen ein.
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