World of X

Das älteste Archiv für deutsche Akte-X Fanfiction

Unvergänglich

von Sukie

Kapitel 2

The sky now divides

To bring you back into the fold

Welcome home



Maybe – collective Souls



Nur langsam gewöhnten sich ihre Augen an die Helligkeit. Es war warm um sie herum. Ein Traum...sie lächelte mit geschlossenen Augen....nur ein Traum...Mulders Tod...alles nur Illusion. Sie rollte sich zu einem Ball zusammen und wollte erneut ins Land des Schlafes driften, als neben ihr etwas zu explodieren schien. Wie ein verschrecktes Tier sprang sie auf und presste ihren Körper gegen eine Hauswand, an der sie geruht hatte. Vor ihr begannen Müll und Holzbalken Feuer zu fangen, was um sich griff, wie ein lebendiger Vorhang, der die Macht besaß, alles Leben zu vernichten.

Scully öffnete ihren Mund um zu schreien, doch kein Laut drang über ihre Lippen

Wo zur Hölle war sie hier? Das letzte, woran sie sich erinnerte, war der riesige Friedhof gewesen..

Mulder..

Mit einem Mal liefen all die Bilder erneut vor ihren Augen ab. Die Fabrik, Torrance, Mulder, eine Waffe, Blut, Blut, BLUT! Sie merkte erst, dass ihre Gedanken abgedriftet waren, als der Rauch ihr jeglichen Sauerstoff raubte und in ihren Augen brannte. Sie hustete und suchte panisch nach einer Fluchtmöglichkeit

Überall züngelten die Flammen, wie ein Meer aus Höllenblumen

„ M_U_L_D_E_R!!! Stieß sie gepresst zwischen den Zähnen hervor und ließ sich an der kalten, rauen Wand abwärts gleiten

Was für einen Sinn hatte es weiterzuleben...in Schmerz und Selbstvorwürfen?!

< Er verblutet! Er verblutet! Oh Gott Mulder! Es ist meine Schuld! Ich hätte vorsichtiger sein sollen! MULDER! Rußige Tränen rannen ihre Wangen hinab, während sie spürte, wie ihr Körper zu kochen begann. Sie würde bei lebendigen Leibe verbrennen

VERDAMMT! Mit einem Mal traf sie die Realisation wie eine Ladung Eiswasser

Sie wischte sich die Tränen vom Gesicht und richtete sich auf allen vieren auf. Dann, mit Müh und Not, begann sie dicht an der Hauswand entlang zu kriechen, in der Hoffnung aus dem Feuer entfliehen zu können

Scully musste mehrmals anhalten, als sie durch Rauch und Husten keine Luft mehr bekam. Die Welt vor ihr fing sich an zu drehen, wie ein Jahrmarktskarussell und sie presste die Augen zusammen, um einen Schwindelreiz zu unterdrücken

Sie schnappte verzweifelt nach Luft und ließ sich zu Boden fallen

Ihr Körper war zu schwach um weiterzugehen. Müdigkeit war zu verlockend

Scullys Haar klebte an ihrer Stirn und kitzelte sie, während ihr gesamter Körper anfing zu dehydrieren und zu sieden. Sie fühlte, wie die Flammen um sie herum züngelten und sie mit einer mörderisch sanften Seichtheit streichelten, nur um dann höllisch zu brennen

Vor ihren Augen tanzten schwarze und rote Punkte

Feuer, wie ein Teppich aus glühend heißen Kohlen... ihre Gedanken schienen überall hin zu wandern..

manche Japaner und diverse Religionen konnten über Kohlen gehen, als ob sie keinen Schmerz spürten... „Sie müssen eins dieser seltenen Individuen sein, das keinen Schmerz empfindet!“..

Fidjimeerjungfrau... braucht die Fidjimeerjungfrau Wasser zum Überleben?...Wasser...Es ist so heiß...Durst...Wasser...jetzt ein Meer voll Wasser...Oh Gott...Mulder liegt im Wasser! Er wird sterben! Wir müssen ihn hochziehen, Frohike! Packen Sie an, schneller, Oh Gott, er atmet nicht... „Scully?!“ „ Ja?“ „ Ich liebe Sie!“ „ Oh Mann!“ Ich liebe dich auch...ich liebe dich auch.... „Die Welt ist nicht untergegangen?“ „ Nein, ist sie nicht!“ „ Fröhliches neues Jahr, Scully---“... „ Fröhliches neues Jahr, Mulder.“ ....Feuerwerk....so grell, so schrill...so laut....wie Kugeln, die aus Pistolen austreten....Kugeln...Pistolen...“ Es tut mir leid, Agent Scully....Mulder ist tot...Mulder-tot? Mulder ist nicht tot! Mulder kann nicht tot sein! Ich würde ihn doch fühlen können....oder? Bin ich tot?????...



„ Ruhig! Ganz ruhig!“



Ihr Körper bäumte sich immer wieder auf, als zwei paar Hände versuchten, sie niederzuhalten

„ Ganz ruhig!“

„ MULDEEEEEEEEER!“



Eine weiche Hand strich einige Strähnen von ihrer schweißgetränkten Stirn und platzierte dafür einen kalten Waschlappen auf ihrer Haut.



„ Ssshhhh, schon gut, Kleines, schon gut!“



Es war eine warme Stimme, ähnlich der ihrer Mutter



Alitta starrte auf die zierliche Figur der Frau, die ihr Mann Jesse vorhin hergebracht hatte

In seinen Armen hatte sie gelegen, wie eine Stoffpuppe, ihre Haut so rot wie ihr Haar und ihr Nachthemd,...war es ein Nachthemd?...es war dünn und knielang..., zerrissen und rußig

Alitta hätte sie wahrscheinlich für tot gehalten, hätte sie nicht immer wieder in ihren Fieberträumen etwas von ‘Mulder’ gestammelt. Alitta wusste nicht, was ein ‘Mulder’ war, aber es schien ihr viel zu bedeuten



Sie war unglaublich dünn...wie wohl jeder zur Zeit dieses 2ten Holocaust. Mit einer Leichtigkeit hatte sie sie ihrem Mann aus den Armen genommen und zu der alten, zerfetzten Couch getragen, dem einzigsten Überbleibsel aus früheren Zeiten. Jesse war sofort losgestürzt, um frisches Wasser zu holen, welches nun in einem zerbeulten Blecheimer neben ihr stand



Jesse hockte an ihrer Seite und schilderte ihr alle Einzelheiten

„ Ich hab sie am Stadtrand gefunden, als ich nach Essen gesucht habe. Es hat heute einen erneuten Anschlag gegeben, Alitta... die ganze Stadt stand in Flammen!“



Alitta schluckte hart und nahm den Waschlappen erneut von Scullys Stirn, um ihn auszuwinden und zu erfrischen

„ Oh Gott... Anthony und Rochelle wollten heute dahin!“



Ihr Mann nickte leise und starrte dann auf Scullys Körper hinab

„ Frag mich nicht, wie sie das überlebt hat! Ich dachte sie wäre tot, als ich sie neben der Hauswand gefunden habe, dort wo mal Starbucks war. Dann hab ich sie einfach aufgelesen und bin so schnell wie möglich wieder zurück, ich wusste ja nicht, ob und wieweit sich das Feuer noch ausbreiten würde. Sie redet immer irgendwas von ‘Muller’ oder so...!“



„ *Mulder* um genau zu sein. Ich weiß nicht, was das sein soll...“



Scully bewegte sich unter ihren Händen. Ihre Augenlider flatterten, wie die Flügel eines Schmetterlings, als sie versuchte, den beißenden Schmerz zu ignorieren. Zwei Gesichter schwebten über ihr. Fremd und beinah unwirklich

„ Wo....?“ Mehr brachte sie nicht hervor, denn ihr Hals kratzte unabweichlich

Eines der Gesichter, was wie hinter einer milchigen Nebelwand zu liegen schien, sprach zu ihr



„ Hallo...schön Sie wieder in der Welt der Lebenden begrüßen zu können. Ich bin Alitta Bishop und das ist mein Mann Jesse. Wie fühlen Sie sich?“



Scully schluckte mehrmals

„ Wasser...“ Ihr kam es fast vor, als schien sie an dem Kratzen zu ersticken. Alitta reichte ihr eine Tasse und setzte sie an ihre Lippen an. Scully nahm einen großen Zug und lehnte sich zurück. Sie wollte es gar nicht, aber ihr Körper war zu müde. Binnen weniger Sekunden war sie wieder eingeschlafen



Alitta lächelte und richtete sich von ihren Knien auf, in eine stehende Position. Ihre Hosen waren zerschlissen und ihr roter Pullover, auf dem das an manchen Stellen ergraute, drahtige, schwarze Haar fiel, dreckig und staubig. Aber sie kümmerte sich nicht darum. Aus zwei Gründen. Erstens waren all ihre Sachen vom Feuer zerstört worden und zweitens interessierte es sowieso keinen, da jeder gezwungen war, so durch die Gegend zu laufen

Sie spürte Jesses Hand auf ihrer Schulter und blickte in seine stahlgrauen Augen. Sein dunkles Haar fiel ihm in die Stirn und sein Kinn war von einem zu schnell wachsenden Bart bedeckt. Eigentlich machte es ihn sogar irgendwie sexy..

Sie strich mit ihrer Handfläche über seine Wange und küsste ihn auf die Lippen

Seit fast 35 Jahren waren sie zusammen, nicht einmal der Krieg hatte es vermocht, sie zu trennen



„ Wir müssen warten! Das ist alles, was wir für sie tun können!“



Scully bewegte sich unruhig, gefangen in einem ihrer immer wiederkehrenden Albträume

Mulder, der versuchte, sie zu erreichen...abgehalten von Torrance. Blut, welches sich überall verteilte, als es unaufhaltsam aus seiner Brust spritzte..



*******



Die Sonnenstrahlen fielen weich über das, was mal ein angesehener Vorort von DC gewesen war. Wo einst Häuser standen, befanden sich nun Steinruinen und verkohlte Möbelübereste. Alles war abgebrannt. Der Geschäftsplatz in der Stadtmitte war ein einziges Chaos, wie auch die anderen Straßen

Der Geruch von verbranntem Fleisch hatte sich schon so mit der Luft vermischt, dass man ihn nur noch unterdrückt wahrnahm. Normalität begann wieder einzukehren

Noch war der Krieg aber nicht beendet

Fox drehte sich um seine eigene Achse, er war allein. Kein Überlebender...keine Tiere oder Pflanzen

Eine ausgedörrte Steppenhexe rollte über die Straße und verhakte sich in seinem Hosenbein

Er machte keine Anstalten, sie loszuwerden



Verzweifelt versuchte er sich zu erinnern, wie die Welt aussah, als es noch keine Angriffe gegeben hatte

Es war keine glückliche Welt gewesen, und auch keine gefahrlose...aber sie hatte den Vorteil, erträglich zu sein



Die Kolonisierung, wovon seine Schwester Samantha immer gesprochen hatte....die Übernahme der Erde hatte kurz nach Hopes Geburt begonnen



< „ Fox!“ Samanthas Gestalt zeichnete sich als Silhouette gegen das Licht ab, als sie auf ihn zugerannt kam

„ Gut, dass ich dich erwische!“ Ihre braunes Haar fiel um ihr Gesicht wie ein Vorhang, als sie seinen Unterarm gegriffen und ihn hinter eine Hausecke geschliffen hatte. „ Wie geht es Dana?“

Irgendetwas in ihrer Stimme verriet ihm ihre Unbehaglichkeit.

„ Blendend...sie ist nervös, immerhin sind es die letzten Wochen bis zur Geburt, aber ansonsten geht es uns ausgezeichnet...“

Ein Autogeräusch ließ Samantha zusammenfahren, als sie ihm eine kleine gläserne Ampulle und eine Spritze in die Hand drückte.

„ Nimm das, Fox...und gib es Dana und auch dem Baby! Es ist ein Impfstoff!“

„ Ein Impfstoff...wovon zur Hölle redest du, Sam? Gibt es eine Seuchengefahr?!“

Ihre blauen Augen hefteten sich an seine und sie schüttelte den Kopf in einer Geste, das zu befolgen, was sie sagte. „ Hör zu Fox....es wird bald zu etwas viel Größeren und Schlimmeren kommen! Diese kleinen grünen Männchen, von denen ich dir erzählt habe -“

„ Sam!“

„ Nein hör mir zu Fox!“ schrie sie ihn an...“ Du musst dir und Dana dieses Zeug injizieren, es wird euch vor dem bewahren, was all den anderen passieren wird!“

„ Wovon zur Hölle redest du?“

„ Die Außerirdischen besitzen eine Art biologische Waffe...einen schwarzen Krebs....er dient als Grundlage zur Brut dieser Mistviecher!“

Mulder lachte freudlos auf, als Samantha sich hastig nach Feinden umblickte.

„ Sam, du bist paranoid!“

„ Tu einfach, was ich dir sage! Tu es für deine Familie! Für unsere Familie...!“

Mit diesen Worten stellte sie sich auf ihre Zehenspitzen und drückte ihm einen schwesterlichen Kuss auf die Stirn. „ Ich muss gehen, Fox...und wir werden uns sobald nicht wiedersehen! Pass auf dich und Dana auf.“ Sie drehte sich um und verschwand in eine Seitenstrasse... >



Fox fühlte sich, als müsse er weinen. Tränen der Verbitterung stiegen in ihm auf. Er hatte ihr nicht geglaubt. Nicht einmal im Angesicht des ausbrechenden Krieges. Nicht einmal, als der Notstand verrufen wurde

Jetzt war es zu spät. Dana war tot. Mit Wut schleuderte er die Steppenhexe von sich

Aber wieso hätte er es glauben sollen? Es klang so absurd, wie Sams Erzählungen über Mutanten und Killerinsekten. Samantha war das schwarze Schaf der Familie gewesen, sie war brillant, aufgeschlossen und spontan, keine Frage, aber als sie sich nach ihrem Psychologie und Kriminalistikstudium beim FBI beworben und auf diese X Akten gestoßen war, hatte sie sich geändert. Sie war verbissener geworden, so, als ob sie mehr gesehen hatte, als sie verkraften konnte. Viele hatten sie einfach nur für völlig beschränkt gehalten. Fox selber hatte Literatur studiert, wobei er auch Dana kennen gelernt hatte, und danach an einer Uni gelehrt, und nie den Kontakt zu seiner Schwester verloren. Er schätze und liebte sie, aber das hieß noch lange nicht, dass er ihren wirren Theorien Glauben schenken musste.

Hätte er es nur getan. Er hätte soviel verhindern können.
Resigniert ließ er den Kopf hängen und beschloss umzukehren und zurück zu Frohike, Langley und Byers zu gehen, die momentan gerade auf Hope aufpassten

Noch hatte er den Impfstoff nicht angerührt

Aber noch war es nicht zu spät



< „Es ist ein Mädchen!“ Er strich das Haar von ihrer schweißbedeckten Stirn. Ihre blauen Augen blickten ihn müde, aber glücklich an. „ Ein Mädchen...“ flüsterte sie mit einem Lächeln auf ihren Lippen

Die Krankenschwester drückte ihm das schreiende Bündel in den Arm und lachte ihn an. „ 3400 gesunde Gramm, 10 Finger, 10 Zehen...alles in Ordnung!“ >



Er lächelte müde, beim Gedanken an den wohl schönsten Moment, den er und Dana geteilt hatten. Doch bald verdunkelte sich das Grün seiner Augen



< Sein Handy klingelte.

„ Fox...hier ist Frohike! Wo bist du grade?“

„ Im Memorial-Krankenhaus, seit 1 Stunde als Vater!“

„ Herzlichen Glückwunsch! Dann schnapp deine Familie, wir treffen uns in 10 Minuten am Haupteingang!“ „Wovon zur Hölle redest du?“

„ Wir sind im Krieg...hast du nicht die Nachrichten gesehen?!“

„Was?“ Die Leitung war tot... „ Frohike????? FROHIKE?“

Mit schnellen Schritten rannte er zu dem Fenster und schob die Jalousie zur Seite. Ein orangefarbener Schimmer breitete sich am Himmel aus, wie Wasser im Waschbecken. >



Ohne lange zu überlegen, hatte er Dana in die Arme genommen und war Richtung Hauptausgang gerannt

Seine Tochter lag sicher in den Armen ihrer Mutter, als sie in das klapprige Auto der Gunmen stiegen

Dies war der Beginn allen Unglücks gewesen

Mit einer Mordsgeschwindigkeit hatte Byers das Auto aus DC herausgesteuert.

Erst als sie die Landstraßen Marylands befuhren, entspannte sich die Situation etwas



< Dana saß erschöpft neben ihm. Immer wieder glitt ihr Blick besorgt zu ihrer Tochter hinunter, die sogleich nach ihrer Mahlzeit eingeschlafen war. Fox betrachtete sie eindringlich und lächelte. Sie brachte es kaum zustande, ihre Augen offen zu halten. „ Versuch zu schlafen...“ Dana schüttelte traurig den Kopf

„ Wieso jetzt? Wieso muss das alles jetzt passieren?“ Er konnte ihr keine Antwort geben, nur Trost, indem er sie in seine Arme nahm. „ Soll sie im Krieg groß werden?“ Er schüttelte sanft seinen Kopf und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn, während das Auto sich immer weiter von DC entfernte, Richtung Nirgendwo. „ Du weißt, dass Hoffnung für mich das wichtigste ist! Wir werden das schaffen, klar? Wir haben immer alles geschafft. So ein kleiner Krieg wird uns nicht einschüchtern!“ >



Er lächelte stumpf mit diesem Gedanken. Hoffnung - Hope

Dana hatte ihr diesen Namen gegeben. Hope Jourdain Mulder

Sie hatte an ihn geglaubt. Er hatte sie enttäuscht

Nun liefen die Tränen ungehindert seine Wangen hinab. Doch sie brachten keine Erleichterung, nur noch mehr Schuldgefühle. Er starrte auf seine linke Hand hinab. Das einzige, was er nicht verloren hatte, war sein Ehering



Sein Blick glitt zu dem blauen Horizont und eine böse Vorahnung übermannte ihn

Es würde wieder geschehen. Diesen Abend

Mit eiligen Schritt hastete er zurück zu seiner ‘Familie’



****************





Verwirrt fuhr Scully hoch, bis sie saß und auf die Ruine starrte, die sie wie eine Mauer umgab. Ihre Nachthemd klebte an ihrer Haut und sie zitterte noch immer beim Gedanken an den grauenhaften Albtraum

Sie war allein, keine Menschenseele war zu sehen

Scully blickte sich um. Sie befand sich in dem, was mal ein Haus gewesen war. All die Ziegelsteine und Holzspäne lagen verstreut um sie herum. Es roch nach Verbranntem

Wo zur Hölle war sie?

Sie versuchte aufzustehen, als ihr Blick an ihrem eigenen Körper nach unten glitt

Ihre Haut war leicht rot gefärbt und an manchen Stellen befanden sich kleine weiße Bläschen, vor allem auf ihrem Handrücken und ihrer Stirn, wie sie fühlen konnte

Leichter Schwindel übermannte sie und sie lehnte sich zurück



Ein kühler Luftzug gefüllt mit dem Geruch von Verwesung ließ sie schaudern und sie zog instinktiv die Beine an ihren Torso, um sich so warm wie möglich zu halten



Sie musste eingenickt sein, denn sie schreckte auf, als sie ein warme Hand auf ihrer Schulter spürte. Beruhigend wie die ihrer Mutter. Mutter - wo war sie? Scully erinnerte sich nicht daran, sich von ihr verabschiedet zu haben, aber dennoch schlummerte in ihr die Gewissheit, sie nie wieder sehen zu können

Sie blickte auf in das braune Augenpaar einer dunkelhaarigen Frau. Das fahle Sonnenlicht schimmerte in ihren vielen silbrigen Strähnen. Ihre Kleidung war dreckig und zerfetzt und ihr Gesicht gezeichnet mit Sorgenfalten und dunklen Augenringen. Dennoch hatte sie eine warme, ruhige Ausstrahlung



„ Hallo, Kleines. Wie fühlen Sie sich??“



Scully fühlte sich sicher und nickte vorsichtig

„ Besser, danke...wer sind Sie?“



Alitta lächelte. Die Augen der Frau waren noch immer fiebrig, aber klar mit Erkenntnis

„ Mein Name ist Alitta Bishop und Ihrer?“

„ Dana Scully--!Wo bin ich hier?“

„ Sie sind in meinem Haus...oder dem, was noch davon übrig ist!“



Scully zog eine Augenbraue hoch und blickte sie fragend an

„ Was ist hier passiert?“



Der Wind pfiff leise, als ob er irgendetwas anzukündigen versuchte

Alitta musterte ihre neue Bekannte und schüttelte verwundert den Kopf

„ Na das, was überall geschehen ist. Die außerirdischen Schiffe haben alles in Schutt und Asche gelegt. Mein Mann und ich haben unser gesamtes Hab und Gut verloren. Von dem Rest meiner Familie habe ich schon seit Beginn des Krieges nichts mehr gehört...“



„ ...K..K...Krieg?“ Scullys Stimme zitterte und sie biss sich auf die Lippen

Schüsse, Blut, Mulders sterbender Körper, Friedhof... hatte sie einen Filmriss?

Alitta fuhr ihr sanft mit der Hand über die Stirn



„ Vielleicht ein Trauma....möglicherweise eine Amnesie...!“



Scully setzte sich nun gerade auf und blickte Alitta aus klaren, blauen Augen an

„Das kann nicht sein...ich erinnere mich genau, wie er...“ ihr Atem stockte „ starb... Es war meine Schuld. Ich habe ihn sterben lassen... Das letzte, woran ich mich erinnere, ist seine Beerdigung - und dann - ich weiß nicht, was dann war oder ist...ich bin hier aufgewacht!“



„ Hier herrscht Krieg. Seit über 5 Jahren schon.“ Alitta musterte Scully genau, und sie war überzeugt, dass diese nicht log, denn mit jedem weiteren Wort, dass sie sprach, wuchsen deren Unbehagen und Verwunderung, welche sich in ihren hellblauen Augen widerspiegelte.



„ Am Anfang dachten wir alle, es sei ein Krieg mit dem Irak, Russland, oder China - es gab da massenhaft Spekulationen. Dann....kamen die Raumschiffe. Nicht wie in ‘E.T.’, sondern viel gewaltiger und wahnsinnig schnell. Meine Heimatstadt Herndon war plötzlich nichts weiter als eine Einöde. Mein Mann, Jesse, und ich waren vorher aus der Stadt aufs Land geflohen. Aber nachdem sich die Angriffe gelegt hatten, sind wir zurückgekehrt. Nichts war mehr übrig. Unser Haus, unser Wohnviertel....die gesamte Stadt...zerstört. Es gab noch etliche Überlebende, aber dann brach eine Art Seuche hier aus, die alle ‚schwarzen Krebs’ nannten.“



„....Schwarzer Krebs sagen Sie?“ Scully riss die Augen weit auf, als Alitta nickte. „ Ich kenn dieses Zeug, es scheint lebendig zu sein...mein Partner vermutete immer eine Art Alien dahinter.“



„ Das stellten wir auch fest, denn es drang in die Körper der wenigen Überlebenden ein und ließ nicht als Jelly übrig. Ich weiß nicht wie wir entkommen konnten, aber irgendwann stoppte diese Seuche, dafür setzten sich die Angriffe fort...“



Scully lauschte Alitta mit wachsendem Grauen. Wenn dies alles stimmte, musste sie in einem Traum schweben, aus dem sie bald erwachen würde

„ Welches Jahr haben wir?“ fragte sie misstrauisch

„ Es ist April 2000.“



Gut, mit der Zeit stimmte alles

„ Wie lange war ich bewusstlos?“ flüsterte sie

„ Jesse fand Sie vor zwei Tagen. Er meinte, Sie hätten an einer Hauswand in der Stadt gelegen. Was haben Sie denn dort gemacht?“



Scully schüttelte unbewusst den Kopf, öffnete den Mund, jedoch verließ kein Laut ihre Lippen. Dann stammelte sie

„ Ich weiß nicht, was das hier alles soll...ob das ein dummer Scherz ist, oder wieder nur ein Versuch dieses Rauchers, mich um den Verstand zu bringen....“



Das war, bevor ein unheilvolles Zischen die Stille zerschnitt wie ein blutverschmiertes Messer

„ Verdammter Mist!“ Alitta und Scully blickten auf in den grauen Himmel, der die Sonne verschluckt zu haben schien. Das Zischen näherte sich und ging in ein elektronisch mechanisches Surren über



Alitta packte Scullys Unterarm und drückte sie in ein Ecke während sie sie mit ihrem eigenen Körper zu verdecken versuchte. Ein dunkler Schatten legte sich über die Hausruine und als Scully genauer hinstarrte, stockte ihr Atem

Es war ein riesiges Raumschiff. Aber nicht so, wie sie es aus Filmen kannte. Es schien von einer Art Nebel umgeben zu sein, welcher es surreal wirken ließ. Verschwommen, nahezu durchsichtig

Das Surren wurde tiefer, bis es so laut dröhnte, dass es alle anderen Geräusche verschluckte und gefangen hielt



Der plötzlich auftretende Wind peitschte Scully das rote Haar ins Gesicht.

Mit einem Mal verbreitete sich eine schwammartige Dunkelheit , wo eben noch Licht war. So schwarz, dass man nichts als das riesige UFO wahrnahm, welches sich zu drehen begann, als es das Licht absorbierte



Ein greller Lichtblitz durchriss die Finsternis und schlug dort ein, wo Alitta und Scully eben noch gesessen hatten

Staub und Rauch wirbelten auf und raubten Scully die Luft, als sie von Alitta weggezerrt wurde. Die Erde vibrierte unter ihren Füßen und brachte beide Frauen zum Stolpern und Fall



Wie bei einem Erdbeben rüttelte der Boden und dünne Risse bildeten sich unter ihren Körpern, wo die Erde sich spaltete. Scully schrie auf, als ein Steinbrocken an ihr vorbei schleuderte und in einer Baumleiche neben ihr einschlug. Ihre Haarsträhnen versperrten ihr die Sicht und sie ließ sich von Alitta weiterziehen



Apokalypse, das Ende...Tod....Mulder...



Aber es kam nicht soweit. So plötzlich wie das Raumschiff gekommen war, war es auch wieder gegangen. Alitta hatte Scully in eine kleine Böschung gezogen und lag jetzt halb über und halb neben ihr

Langsam lösten sich Lichtpigmente aus der Dunkelheit und die Umgebung tauchte wieder auf, als sei sie aus einem Dornröschenschlaf erwacht



*******



Schmerz war so präsent, wie seine ewige Suche nach dem Gefundenwerden

Wenn er in seiner Phantasie durch dunkle Gänge wandelte, die allesamt in einem Spinnennetz endeten, welches irgendwo im Boden verankert war, überflutete ihn die erstickende Leere

Wie Blut, das zwar durch den Körper gepumpt wurde, jedoch tödliche Metastasen mit sich trug

Wie Wasser, was ihm vorm Verdursten retten konnte, jedoch zu salzig war

Er sah sie vor sich, so nah, so greifbar, jedoch berührte er sie so verschwamm ihre Erscheinung, wie ein unkonstantes Spiegelbild im Wasser



Dennoch hatte er in sich eine Veränderung gespürt. Seine Träume hatten andere Gestalt angenommen. Hatte er in den ersten das Gefühl gehabt, Dana zu suchen, so waren seine jetzigen Träume mehr wie eine Hoffnung sie wiederzusehen. Jeden Morgen, den er aufwachte, spürte er ihre Präsenz stärker. Ein Gefühl, das Stück für Stück die Leere zu ersetzen begann..



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Hope saß inmitten eines Haufen Schutts und spielte mit den Überresten eines Plastikautos

Die azurblaue Farbe und Teile der Form waren zerschmolzen, drei der vier Räder fehlten und es war verbeult, dennoch schien sie Spaß daran zu haben, es den Berg hinunterrutschen zu lassen, bis es auf der aschigen Straße landete



Fox saß neben ihr und bedachte sie mit einem Lächeln. Er hatte lange Zeit bezweifelt, überhaupt noch lächeln zu können. Seit dem Ausbruch des Krieges hatte er nichts mehr von seiner Schwester gehört. Aber dennoch spürte er keine Furcht, er fühlte irgendwie, dass sie nicht tot war



„ Dad?“ Hopes helle Stimme zerriss die stickige Stille. Er blickte sie an und wartete auf die kommende Frage.

„ Wie sah das Auto hier vorher aus?“ Sie hielt ihm die Überreste ihres Spielzeugs hin und starrte ihn nachdenklich an



„ Blau, glaub ich. Gib mal her.“ Er nahm es in die Hand und hielt es gegen das Licht. Die Sonnenstrahlen fielen durch die winzigen Fenster und zeichneten Muster auf Foxs Haut

Durch die kleinen Öffnungen hindurch fiel sein Blick auf die Straße

Eine Gestalt war im Begriff sich zu nähern. Alarmiert griff er den Arm seiner Tochter und zog sie mit sich

Zu viele Überfalle geschahen tagsüber unter den wenigen Überlebenden. Zu viele Vergewaltigungen. Zu viele Morde. Er zischte leise:

„ Frohike, Byers, Langley??? Wir kriegen Besuch!“



- - - - - -



Jesses Gedanken waren abgedriftet, als er die verwüstete Straße entlang schritt

Hier war er aufgewachsen. Zu der Zeit spielten Kinder in den gepflegten Vorgärten und das Gras war grün, ohne jenen rötlichen Schimmer der Vernichtung

Anthony und Rochelle, die einzigen verbliebenen Freunde, waren tot

Er hatte ihre Leichen gefunden, bevor er auf die Frau gestoßen war

Ihre Körper waren miteinander verschmolzen in einem makaberen Akt der Furcht. Rochelle schien schon vor dem Feuer gestorben zu sein, er hatte es an der dunkelroten Blutlache unter ihrem blonden Haar gesehen

Anthonys Körper war rußig und verbrannt gewesen, jedoch nicht unerkenntlich

Das Feuer musste kurz, aber prägnant gewesen sein. Und tödlich



Er hatte es Alitta nicht sagen können. Beide hatten ihnen das Leben gerettet, damals, als die ersten Angriffe Fleisch in Asche verwandelt hatten. Sie hing besonders an Rochelle

Jesse wusste nicht woher das Gefühl stammte, aber irgendetwas sagte ihm, dass etwas mit der zierlichen Rothaarigen, die er aufgegabelt hatte, nicht stimmte. Es war kein durchweg negatives Gefühl...eher hatte er eine Vorahnung, dass sich etwas verändern würde

Etwas, dass sich schon seit langem verändern musste



Alitta war jetzt bei ihr, aber er hatte ihr nichts von diesem Gefühl erzählt. Er wollte sie es selbst erkunden lassen

Jesse blickte auf in dem Himmel, der blassblau über der Erde prangte



Dann aus dem Nichts heraus wurde er von einer Hand herumgerissen, die ihn gegen den spröden Stamm eines toten Baumes drückte

Er blickte in die braungrünen Augen seines Angreifers, die ihn kalt musterten. Sie waren leer, jedoch nicht tot. Anders, als er bei den vielen Überfällen, die sich tagtäglich ereigneten



Der Mann zückte ein rostiges Taschenmesser und legte es ihm mit Druck an die Kehle, so dass die scharfe Kante in seine Haut presste

„ Wer sind Sie? Und was wollen Sie hier?“ zischte er durch die Zähne und strich sich störrisches braunes Haar von der Stirn



Seltsamerweise empfand Jesse keine Angst, die Züge des Mannes verrieten ihn. Sie waren weich, fast schon schüchtern. Diese Augen spiegelten neben Misstrauen eine eigene Furcht wider



„ Jesse Bishop. Ich komme aus dieser Stadt, aber von der anderen Seite!“



Sein Gegenüber ließ langsam von ihm ab und blickte ihn fragend an



„ Was wollen Sie hier?“

„ Ich suche Essen...! Wer sind Sie?“



Die Messerklinge senkte sich nun vollständig und der Mann trat einen Stück zurück und gab Jesse Raum sich zu bewegen



„Mein Name ist Fox Mulder. Ich wohne hier....“



Er deutete auf die Steinbrocken hinter ihm und Resignation schimmerte in seinen Augen

Er blickte so verlassen, dass Jesse nicht anders konnte, als ihm eine Hand tröstend auf die Schulter zu legen

„ Mit ihrer Familie?“ fragte er zaghaft



Fox schluckte und blickte über seine Schulter, so als ob er Feinde befürchtete. Dann ließ er den Kopf hängen

„ Meine Frau ist tot...ich lebe hier mit meiner Tochter und ein paar engen Freunden.“

Er drehte sich erneut um und rief.

„ Frohike! Byers! Langley! Ihr könnt rauskommen.!“



Jesse blickte neugierig auf die Steinbrocken, die wie eine Art Schutzwall hinter Mulder lagen. Nach und nach tauchten drei Männer auf. Ein hagerer Blonder, ein Rothaariger, mit einem ebenso rotem Bart und ein verhältnismäßig kleiner Mann mit buschigen Augenbrauen, der ein kleines Mädchen an der Hand hielt

Sie sah aus wie eine Lichtgestalt in all dem Schutt um sie herum. Ihr rotes Haar reflektierte die Sonnenstrahlen und ihre großen blauen Augen stachen förmlich aus ihrem blassen, weißen Gesicht hervor. Sie erinnerte Jesse an jemanden, aber er konnte es nicht genau einordnen



„ Das sind Byers, Frohike und Langley.“ Nacheinander deutete er auf die drei Männer, welche Jesse misstrauisch beäugten. Fox nahm seine Tochter auf den Arm, so dass er seine Wange gegen ihre presste. Jesse schätzte sie auf ein Alter von 5 Jahren. Sie war klein und zerbrechlich. Ihre Augen glichen dem blassblauen Himmel, als sie ihn anstarrte, das Gesicht von Neugier gezeichnet. „ Das ist meine Tochter. Hope.“



Hope war ein hübscher Name voller Bedeutung. Jesse erinnerte sich an Mulders resignierte Worte und blickte die Kleine traurig an. Sie war im Krieg groß geworden und hatte ihre Mutter verloren

Dennoch lebte sie, und das war von größter Bedeutung. Jesse’s Gedanken drifteten zu seinem Sohn, der nicht soviel Glück gehabt hatte. Daryan war im Schlaf getötet worden, und weder er noch Alitta hatten es verhindern können. Jesse schluckte und unterdrückte die Tränen, die nach 4 Jahren Trauer noch immer beim bloßen Gedanken in seine Augen sprangen. Er hatte zusehen müssen, wie Daryan, gerade 17 geworden, bei lebendigen Leib verbrannte. Sein Grab war nun irgendwo in der Luft und erinnerte ihn mit jedem Atemzug an vergangene Zeiten, in denen alles so einfach gewesen war



Hope jedoch schien das Leben zu symbolisieren. Sie klammerte sich an ihren Vater und starrte Jesse an

Hoffnung in einer Zeit, die vom Tod beherrscht wurde



„ Sie ist ein hübsches Mädchen. Sieht Ihnen aber gar nicht ähnlich, was ?“



Fox drückte sie fester an sich und schüttelte nachdenklich den Kopf

„ Nein, Sie ist Danas genaues Ebenbild.“



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Ein Sturm braute sich zusammen

Unaufhaltsam, wie eine geballte Kraft, die die Zerstörung mit sich trug!

Er griff die Überreste von Skeletten auf und schleuderte sie gegen Felsen und Baumleichen

Aber es schien, als ginge dieser Orkan nicht von der Natur aus - als sei er kreiert von etwas viel Zerstörenderem!

Dann begann das Surren…
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