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Die Stalkerfliege

von danafuchs

Kapitel 6

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Scully beobachte ihren Boss aus den Augenwinkeln. Er hatte den Sitz am Gang eingenommen und schlief friedlich, wobei seine Beine in den Gang ragten.

Obwohl sie Skinners Gesicht noch nie so entspannt gesehen hatte, strahlte der Mann neben ihr eine ungeheure Autorität aus.



*Wie kann er jetzt nur schlafen?* dachte Scully während das Flugzeug eine für ihren Geschmack etwas zu plötzliche Seitwärtsbewegung machte.

Eigentlich hatte sie gedacht, dass ihre Flugangst mittlerweile Vergangenheit sei. Mit Mulder war sie schließlich schon oft ohne Probleme geflogen.



*Mit Mulder.*

Wenn Mulder bei ihr war, dann war sie in Sicherheit. Er würde nicht zulassen, dass ihr irgendetwas zustieß. Natürlich wusste sie, dass auch Mulder einen Flugzeugabsturz nicht verhindern könnte. *Aber ich hätte die Möglichkeit ihm zu sagen, dass ich ihn liebe bevor ich sterbe.*



Scully bemerkte, dass der Hinweis zum Anlegen der Sicherheitsgurte aufleuchtete und beschloss nach kurzem Zögern Skinner wachzurütteln.

"Wir werden gleich landen!", verkündete sie ohne die Aufregung in ihrer Stimme verbergen zu können.



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Mulder war angespannt.

Er hatte alles getan, was er tun konnte. Nun kam alles darauf an, ob sein Plan funktionieren würde oder nicht.

Der letzte Teil seines Plans war am leichtesten gewesen, ging es ihm durch den Kopf, während er seine Joggingschuhe zuknotete.

Er wusste wo er Scully finden konnte, wenn sie die Nachricht erhalten hatte und mit ein wenig gutem Zureden hatte er Valerie schließlich dazu gebracht die Straße in ihre tägliche Joggingstrecke einzubauen.



Gleich war es wieder so weit.

Er hoffte, dass er sie sehen würde. Egal ob sie ihn auch bemerkte oder nicht – ein kurzer Blick auf sie würde genügen um seine Kraftreserven wieder aufzufüllen.

Den Gedanken daran, was geschehen würde, wenn Valerie Scully entdeckte, schob er weit von sich.



Er wusste, dass Valerie keine Waffe mehr bei sich trug, aber er war sich durchaus ihrer Stärke bewusst. Viele Dinge, die dort buchstäblich auf der Straße lagen, konnten in den Händen dieser Frau zu einer tödlichen Waffe werden.

*Scully ist auch nicht ohne.*

Er lächelte bei dem Gedanken daran wie oft Scully ihn schon mit - für ihre Größe - fast übermenschlicher Stärke überrascht hatte. Körperlich aber vor allem emotional.



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Skinner saß auf dem Beifahrersitz des Mietwagens und beobachtet Scully, die den Wagen zielsicher durch den Stadtverkehr von San Diego lenkte, aus den Augenwinkeln.

Obwohl er die Agentin neben ihm nicht so genau kannte wie Mulder, war er doch in der Lage mehrer Emotionen aus ihrem Gesichtsausdruck herauszulesen.

Sie war leicht unsicher. Skinner wusste, dass weder Mulder noch Scully an Zufälle glaubten und Scully konnte sich sein plötzliches Auftauchen an diesem Ort beim besten Willen nicht erklären.

Aber er konnte auch erkennen, dass die Entschlossenheit, die er stets an Scully respektiert - vielleicht sogar bewundert - hatte, zurückkehrte und das beruhigte ihn.

Außerdem schwang ein bisschen Ärger, vermutlich über das Verhalten ihres Informanten, der bekannter Maßen nicht sonderlich gut auf den vermissten Agenten zu sprechen war.



"Wir sind gleich da.", verkündete Scully als sie den Wagen in ein Wohngebiet lenkte.



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"Valerie.", keuchte Mulder und verlangsamte seine Schritte weit mehr als es nötig gewesen wäre.

Sie hatten die Straße erreicht und er wollte sie nicht früher verlassen als unbedingt nötig.

Von außen sah das Haus so aus wie immer. Mulder konnte keinen anderen Wagen erkennen, aber das musste nicht heißen, dass Scully nicht da war.

Es war durchaus denkbar, dass er sie vom Flughafen abgeholt hatte.



Mulder beugte sich nach vorn und stützte seine Hände auf die Knie.

"Valerie - kurze Pause?", bat er.

Sie kam lächelnd auf ihn zu.



Plötzlich überkam Mulder ein unerklärliches Gefühl der Sicherheit, des Vertrauens, der Hoffnung.

Er kannte dieses Gefühl - es war was er immer fühlte, wenn Scully in seiner Nähe war.

Erwartungsvoll streckte er den Rücken durch und sah sich in alle Richtungen um.

Nichts.



Aber er wusste, dass sie bald kommen würde. Er spürte es. Spürte ihre Nähe. Spürte sie.



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"Das dritte Haus auf der linken Seite.", berichtete Scully während sie nach links abbog.

Aus irgendeinem Grund beschleunigte sich ihr Herzschlag als sie den Wagen abbremste und ihn langsam die Straße entlang rollen ließ.

Aufmerksam sah sie sich um. Es gab nichts Außergewöhnliches zu sehen.



In den Vorgärten der Häuser lagen Kinderspielsachen herum. In einigen standen Hundehütten und ein paar ältere Frauen waren mit Gartenarbeiten beschäftigt.

Ein paar Jogger waren unterwegs.

Ein normaler Tag in einer ruhigen Nachbarschaft.



Der Wagen rollte an den Joggern vorbei.

Scully blickte in den Rückspiegel.

Mit einem Mal stoppte ihr rasendes Herz. Wie in Trance steuerte sie den Wagen bis zum Ende der Straße und bog nach rechts.

"Scully? Ich dachte Sie sagten...." Skinners Worte würde von dem Rauschen in ihren Ohren übertönt.



Als sie den Wagen zwei Blocks weiter abstellte, rollten Tränen über ihre Wangen.

Ein einziges Wort drang als ein Flüstern kaum hörbar über ihre bebenden Lippen.

"Mulder."



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Binnen Sekunden hatte Skinner den Wagen verlassen, ihn umrundet und öffnete die Fahrertür.

Sanft ließ er seine Hand auf Scullys Schulter sinken. Selten hatte er die Agentin so aufgelöst gesehen.

"Agent Scully, steigen Sie aus dem Wagen aus."

Scully sah ihn fragend an, tat aber wie ihr geheißen wurde.

"Warten Sie hier einen Augenblick. Dann gehen Sie zur ihrem Bruder. Versuchen Sie

soviel wie möglich von ihm zu erfahren, aber vor allem: Versuchen Sie sich zu beruhigen."

Scully nickte. Sie hatte ihre Fassung wieder gefunden und in ihrem Blick war wieder die vertraute Entschlossenheit zu lesen.

"Ich werde den Wagen nehmen und ihnen folgen. Ich bin sicher, dass Mulder uns erkannt hat.", erklärte er, zog die Tür zu und startete den Wagen.



Während Scully ihm nachsah, rann einen einzelne Träne ihre Wange hinunter.



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Valeries Tempo war bei weitem nicht der einzige Grund für das hektische Schlagen seines Herzens.

*Es hat funktioniert!* war der einzige Gedanke in seinem Kopf.

Scully hatte ihn gesehen. Valerie hatte Scully nicht gesehen. Und Skinner war auch hier. Was sollte da noch schief gehen?



Allerdings hatte er nun schon seit zwei Blocks nichts mehr von dem Wagen gesehen, den sie gemietet hatten.

So wie es aussah, hatten sie auch nicht Bills Wagen genommen um sie unauffälliger zu verfolgen.

Mulder wusste, dass er sich so lange wie möglich in dem Wohngebiet aufhalten musste. Ein langsam fahrendes Auto war hier nicht sehr auffällig.



Da bog der Wagen plötzlich hinter ihnen in die Straße ein.

Skinner saß am Steuer. Von Scully gab es keine Spur. Trotzdem fiel eine große Last von Mulders Schultern und das Gefühl der Hoffung wärmte ihn von innen.



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Bill schüttelte verständnislos den Kopf.

"So wirkte es auf mich aber nicht.", stellte er fest.

"Zum letzten Mal, Bill, „, Scully holte tief Luft und schluckte den in ihr aufkeimenden Ärger herunter, "Mulder wurde entführt. Wir sind immer noch Partner, Freunde. Und er ist bestimmt nicht mit dieser Frau zusammen!"

Verärgert hielt sie ihm das Fahndungsphoto von Valerie Hoffmann unter die Nase.



"Ich wäre dir wirklich dankbar, wenn du mir hilfreiche Informationen geben würdest.

Wenn du das nicht kannst - oder willst - dann wäre ich dir zumindest dankbar, wenn du deine verrückten Theorien für dich behältst und nicht länger meine Zeit verschwenden würdest."

Wütend sprang sie auf und ging zur Tür.

"Dana!", rief Bill ihr vergebens hinterher.



Draußen angekommen, ließ Scully sich auf die Gartenmauer des Nachbarn sinken und kramte nach ihrem Handy.

Nachdem sie ein Taxi gerufen hatte, rief sie ihren Boss an.



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Skinner hatte den Wagen einen Stück von dem Hotel entfernt geparkt und beobachtete den Eingang, während er aus den Augenwinkeln wahrnahm, wie ein Taxi hinter ihm hielt.

Agent Scully stieg aus und er lehnte sich zur Seite um die Beifahrertür für sie zu öffnen.



"Und?", fragte sie erwartungsvoll.

"Sie haben das Hotel vor einer knappen halben Stunde betreten." antwortete Skinner nach einem Blick auf die Uhr.

"Hinterausgänge?", fragte Scully, in vollem Ermittlungsmodus. Skinner schüttelte den Kopf.



Dann öffnete Skinner die Wagentür.

"Bleiben Sie hier. Ich werde mich mal an der Rezeption nach unserer Verdächtigen erkundigen."

Scully nickte und glitt auf den Fahrersitz.



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Langsam beschlich Mulder ein Gefühl der inneren Unruhe.

Seit sie wieder im Hotel waren, hatte Valerie verdächtig oft aus dem Fenster gesehen.

Das konnte nur bedeuten, dass sie etwas ahnte.



Auch er wagte einen kurzen Blick aus dem Fenster. Was er sah ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren.

Er hoffte, dass Valerie nicht gesehen hatte was er... zu spät.



Sie warf ihm einen angsteinflößenden Blick zu, verließ aber ohne ein Wort das Zimmer.

Er hörte wie der Schlüssel von außen im Schloss gedreht wurde.

Dann vernahm er ihre schnellen Schritte auf der Treppe.



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Nachdem er die Frau an der Rezeption davon hatte überzeugen können, dass er tatsächlich für das FBI arbeitete, hielt Skinner nun endlich den Zimmerschlüssel in den Händen.

Gerade als sich die Aufzugtüren öffneten nahm er eine Bewegung aus seinen Augenwinkeln wahr.

Trotzdem traf ihn der Schlag unerwartet in die Rippen.



Er stürzte in die Aufzugkabine und sie folgte ihm. Niemand in der Lobby hatte etwas bemerkt.



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Wie ein wildes Tier in einem zu kleinen Käfig lief Mulder pausenlos in dem Zimmer umher.

Bis jetzt hatte er noch keine verdächtigen Geräusche von draußen gehört, die darauf hindeuteten, dass Valerie eine Auseinandersetzung mit Skinner gehabt hatte.

Immer wieder führte ihn sein Weg zum Fenster. Nichts.

Er hatte gehofft, dass draußen irgendein Sonderkommando auf seinen Einsatz warten würde.



Er musste selbst etwas tun. Jetzt.

Es gab keinen Balkon, über den er hätte entkommen können, und die Markise vor dem Haupteingang würde seinen Sprung aus dem fünften Stockwerk kaum abfedern.

Blieb nur noch die Tür.

Sie öffnete sich nach innen, was die Arbeit erschweren würde, aber Mulder war sich sicher, dass er sie aufbrechen konnte.



Allerdings würde die aufgebrochene Tür sofort auffallen und er konnte nur beten, dass Valerie nicht durchdrehen würde, sobald sie seinen Fluchtversuch bemerkte.

Suchend sah er sich in dem kleinen Raum nach einer Waffe um, die er zur Verteidigung einsetzten konnte.



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Scully saß angespannt in dem Wagen und trommelte mit den Fingern aufs Lenkrad.

*Er ist schon viel zu lange fort* dachte sie. Es traf sowohl auf Skinner als auch Mulder zu.

Entschlossen griff sie nach ihrer Waffe und machte sich auf den Weg in das Hotel.



In der Lobby schien alles seinen gewohnten Gang zu gehen. Obwohl sie ihren Ärger und ihre Frustration gerne aus sich herausgeschrieen hätte, zwang Scully sich ebenfalls ruhig zu bleiben um keine unnötige Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.

Als sie ihren Ausweis aus der Tasche zog um ihn der lächelnden Empfangsdame zu zeigen, achtete sie darauf, dass keiner der anwesenden Gäste ihre Marke zu sehen bekam.



"Mein Name ist Dana Scully, ich bin beim...", begann sie.

"FBI.", schloss die Empfangsdame.

Scully nickte.

"Mein Boss war..."

"Ich erinnere mich!", sagte sie lauter als bisher, was Scully dazu brachte sich noch einmal umzusehen. *Alles in Ordnung, Dana. Beruhig dich*

"Er ist bereits mit dem Ersatzschlüssel unterwegs nach oben. Fünfter Stock. Zimmer 513."

Scully nickte ihr dankbar zu und machte sich auf den Weg zum Aufzug, wobei sie sich zwingen musste nicht zu rennen.



Der Aufzug befand sich momentan im neunten Stock und war auf dem Weg nach oben.

Scully wusste nicht, ob sie wirklich schneller sein würde, wenn sie die Treppe nahm, aber auf keinen Fall konnte sie untätig in der Lobby herumstehen bis der Aufzug kam.

Mit einem Ruck riss sie die Türen zum Treppenhaus auf. Da sich niemand sonst hier befand, konnte sie endlich die Stufen hinauf rennen ohne jemanden zu beunruhigen.



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Mulder hatte alle Gegenstände, die ihm den Weg zur Tür versperrten, weggeräumt und war gerade dabei vom anderen Ende des Raums aus Anlauf zunehmen, um die Tür wenn möglich mit nur einem Versuch aus den Angeln zu drücken, als in ein unbestimmtes Gefühl innehalten ließ.



Langsam ging er zurück zur Tür, wobei er auf jedes kleinste Geräusch auf dem Flur achtete.

Je näher er der Tür kam, desto sicherer war er sich was dieses Gefühl bedeutete.

Jemand war im Flur. Valerie? Skinner? Oder etwa Scully? Sein Herz setzte einen Schlag aus.



Wer auch immer da draußen war, versuchte leise zu sein. Er atmete tief durch.

Valerie hatte keinen Grund sich so leise zu verhalten. Blieben noch Skinner oder Scully.

Er lauschte angestrengt.



Die Schritte waren sehr leise. Er vermisste das rhythmische Klicken von Scullys Absätzen.

Dann fiel ihm ein, dass der Teppichboden im Flur dieses Geräusch vermutlich absorbierte.



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Langsam ging Scully den Flur entlang. Obwohl sie dieses Hotel noch nie zu vor betreten hatte, musste sie den Zimmernummern keinerlei Beachtung schenken, um zu wissen hinter welcher Tür er sich befand. Ihr Hauptgewinn.

Genauso sicher wusste sie, dass er allein war. Allerdings empfand sie das nur kurz als erleichternd, denn es bedeutete, dass Valerie Hoffmann irgendwo frei in diesem Hotel herumlief und jeden Moment auftauchen könnte.



Sie zog ihre Waffe und betete, dass Skinner jetzt nicht plötzlich auftauchen würde, denn sie war bereits so nervös, dass die Hand, die die Waffe hielt, leicht zitterte und sie konnte nur hoffen, dass sie nicht einfach drauflos schießen würde, sobald sich etwas bewegte.



Obwohl sie langsam lief, schien sich ihr Puls nach dem Sprint über die Treppe nicht beruhigen zu wollen.

Zitternd lehnte sie sich gegen die Wand neben der Tür zu Zimmer 513.

*Tief durchatmen, Dana.* zwang sie sich.



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Mulder starrte immer noch unsicher die Tür an, die mittlerweile eine unglaubliche Anziehungskraft auf ihn ausübte.

Er lehnte sich an die Wand und es war als würde ein elektrischer Schlag durch seinen Körper fahren.

"Scully?", fragte er, obwohl er die Antwort schon kannte.



"Mulder.", kam die leise Antwort.



"Ich bin hier drin!", rief er nun. "Valerie ist gegangen und hat die Tür abgeschlossen. Ich glaube ich kann sie aufbrechen. Geh von der Tür weg."

Obwohl er sie nicht sehen konnte, wusste er, dass sie nickte.



Von einem Gefühl des Glücks beflügelt, nahm er erneut Anlauf und schmiss sich mit all seiner Kraft gegen die Tür.

Mit einem lauten Krachen gab diese nach und Mulder landete keuchend auf dem Boden.



Sein Blick wanderte den Flur entlang, da er fürchtete, dass die anderen Gäste oder sogar Valerie selbst von dem Lärm aufgeschreckt worden waren.

Doch der Flur war leer.

Abgesehen von ihm und der kleinen rothaarigen Frau, die neben ihm auf die Knie fiel und sanft über seine Haare strich um nach Verletzungen zu suchen.



"Es geht mir gut.", flüsterte er sanft und legte sanft einen Arm um die Schultern seiner Partnerin, auf deren Wange eine einzige Träne glitzerte.

"Mulder...", wisperte sie mit gebrochener Stimme, "Gott... ich hatte solche Angst, dass ich Sie nie wieder sehen würde!"



Wehmütig dachte er an das letzte Mal zurück, dass er sie in den Armen hielt. *Sie.*

Er schluckte die in ihm aufkeimende Enttäuschung herunter.

"Was hat Sie solange aufgehalten?", fragte er, um einen lockeren Tonfall bemüht.

Sie sah kurz zu ihm auf und ließ ihren Kopf dann wieder auf seine Brust sinken. "Ich bin im Krankenhaus aufgewacht und konnte mich nicht mehr daran erinnern, was passiert ist.", bestätigte sie seine Vermutung.



Seufzend löste sie sich aus seiner Umarmung.

"Aber die Erinnerung kommt langsam zurück.", mit dem Ärmel wischte sie sich die letzten Tränen aus den Augen. "Zuerst müssen wir Valerie finden."

"Und Skinner.", fügte Mulder hinzu.



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Walter Skinner wurde von einer leichten Brise geweckt, die vom Meer herüber wehte. Der salzige Geruch vermischte sich in seinem Rachen mit dem Geschmack seines eigenen Blutes, das an seiner aufgeschlagenen Lippe klebte.

Er lag auf dem Rücken und hatte das Gefühl, dass sein Kopf explodieren würde, als er seine Augen öffnete.

Über ihm kreisten ein paar Möwen.



"Wo ist sie?", fragte die kalte Stimme der Frau. Er versuchte sich aufzusetzen um sie sehen zu können. Sie hatte ihm den Rücken zugedreht und starrte aufs Meer hinaus.

"Wer?", fragte er schließlich.

"Scully!", Valerie spuckte das Wort heraus.

"Agent Scully", begann Skinner ruhig, "liegt auf Grund der Verletzungen, die Sie ihr zugefügt haben, immer noch im Krankenhaus."



Valerie fuhr herum. "Spielen Sie keine Spielchen mit mir, Skinner!", schrie sie mit einem vor Ärger geröteten Gesicht.

"Wo ist Agent Mulder?", schrie Skinner zurück.

Valerie machte ein paar schnelle Schritte auf ihn zu, stoppte aber einige Meter vor ihm ab.

Sie hob etwas vom Boden auf, das in der Sonne glitzerte. *Der Schlüssel* wurde ihm klar. Erst jetzt bemerkte er, dass auch seine Waffe auf dem Boden lag.



Valerie war wieder an den Rand des Daches getreten und schleuderte den Schlüssel hinaus in die Wellen.



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Mulder und Scully durchsuchten das Hotel gemeinsam. Bis jetzt gab es keine Spur von Valerie oder Skinner.

"Der Aufzug!", warf Scully plötzlich ein. Mulder sah sie verständnislos an.

"Skinner war vor mir hier. Die Frau an der Rezeption sagte, dass er auf dem weg nach oben sei. Ich habe ihn auf der Treppe nicht gesehen..."

"Also muss er den Aufzug genommen haben!", vollendete Mulder den Gedanken.



"Der Aufzug war im neunten Stock, als ich unten war. Auf dem Weg nach oben.", erinnerte sich Scully.

"Das Dach!", rief Mulder und schoss gemeinsam mit Scully auf die Treppe zu.

Gerade als sie die Tür öffnen wollte, fuhr Mulder dazwischen und drückte sie zu.

"Mulder?"

"Scully", begann er und legte seine Hände auf ihre Schultern, "gehen Sie zurück zur Rezeption. Sorgen Sie dafür, dass das Hotel geräumt wird."

Scully sah ihn flehend an.

"Wir können nicht riskieren, dass sie in einem Hotel Amok läuft!", er seufzte. "Vertrauen Sie mir."



Scully schluckte, blickte auf ihre Füße und nickte dann stumm. Dann nahm sie ihre Waffe aus dem Holster und reichte sie ihrem Partner, wobei sich ihre Hände länger als nötig berührten.

"Danke.", sagte er. Dann lächelte er seine Partnerin an, küsste sie auf die Stirn und flüsterte: "Ich werde schon aufpassen."

Wieder nickte sie stumm bevor sie sich umdrehte und ging.



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"Eine.... Entführerin?", fragte die Empfangsdame ungläubig. Scully hatte nicht mehr die Geduld sich mit der Frau auseinander zusetzen. Sie wünschte sie hätte ihre Waffe nicht Mulder überlassen.

"Ja.", sagte sie, "eine Entführerin und Mörderin." Die Frau schluckte.

"Kann ich jetzt vielleicht mit dem Sicherheitschef sprechen?", fragte Scully zuckersüß und beobachte zufrieden, wie sich die blasse Frau auf den Weg machte.



Wenige Minuten später erschien ein bulliger Mann, dessen Jacke die Aufschrift "Security" trug. Scully war zu angespannt um sich seinen Namen zu merken. Schnell verdeutlichte sie ihm die Lage, wobei sie ihm immer wieder versicherte, dass ihr Kollege die Frau auf dem Dach in Schach halten würde, bis das Hotel evakuiert sei.

Sie war sich nicht sicher, ob sie es nicht nur erwähnte um sich selbst zu beruhigen.



Nachdem sie sich davon überzeugt hatte, dass die Evakuierung ohne Probleme verlaufen würde, hielt sie es keine Sekunde länger in der Lobby aus. Hastig drängte sie sich an den verängstigen Menschen, die das Hotel verließen, vorbei auf die Treppe zu.



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"Wo. Ist. Sie?", fragte Valerie schwer atmend.

"Wer?"

Sowohl Valerie als auch Skinner, der sich mittlerweile aufgerappelt hatte, drehten sich überrascht zu Mulder um.

"Du weißt wen ich meine, Fox!", blaffte Valerie.



Mulder schüttelte unschuldig den Kopf während sein Gehirn die Situation verarbeite. Sein Boss schien einen Schlag auf den Kopf bekommen zu haben und Valerie schien ihn entwaffnet zu haben. Skinners Waffe lag auf dem Boden neben Valerie.

Zufrieden stellte er fest, dass man von diesem Teil des Daches aus die Evakuierung nicht bemerkte.



"Lüg mich nicht an, Fox!", schrie Valerie. "Sie hat dich aus dem Zimmer befreit nicht wahr? Wo ist sie?"

Wieder schüttelte Mulder den Kopf während er mit langsamen Schritten auf Valerie und die Waffe zuging.

"Nein, ich habe die Tür selbst aufgebrochen, Valerie.", erklärte er wahrheitsgemäß.



Skinner beobachte die Situation angespannt. Erleichtert stellte er fest, dass Mulder keine Verletzung zu haben schien.

Dennoch hatte er keine Ahnung, was Mulder vorhatte.



"Valerie, sei vernünftig.", sagte er nun leise. Immer noch bewegt er sich auf Valerie zu. Valerie wich zurück.

Auch Skinner bewegte sich nun kaum merklich auf die am Boden liegende Waffe zu. Eine Welle der Erleichterung überrollte ihn, als er bemerkte, dass in Mulders Hosenbund ebenfalls eine Waffe steckte. Er hatte Scully also doch getroffen.

"Du hast mein Vertrauen missbraucht!", schrie Valerie, die nun mit dem Rücken zur Umrandung des Daches stand.



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Keuchend erreichte Scully die Tür zum Dach des Hotels.

Sie konnte Stimmen hören. Doch sie konnte nicht verstehen was sie sagten.

Erneut wünschte sie sich das beruhigende Gewicht ihre Waffe in ihren Hände.

*Jetzt oder nie!*

Mit diesem Gedanken stieß sie rückartig die Tür auf.



Danach geschah alles in Zeitlupe.

Mulder und Skinner wirbelten herum. Valeries Augen weiteten sich überrascht. Dann machte sie einen Satz nach vorne und griff nach einer Waffe.

Mulder schrie auf und ging zu Boden. Skinner löste sich aus seiner Starre und rannte auf Valerie zu, während Scully sich über den Boden zur Seite rollte. Weitere Schreie ertönten und dann war es still.



Scully blickte auf und ließ ihre Augen umher wandern. Mulder hatte sich auf gesetzt und hielt sich den Oberarm. Er schien nur angeschossen worden zu sein.

Skinner lag auf dem Boden, auch er blutete aber Scully konnte nicht erkennen, wie schwer er verletzt war.

Scully sprang auf die Füße und rannte auf Mulder zu. Dieser schüttelte den Kopf und deute auf Skinner. Sie nickte und kniete sich neben ihren Boss.



Von Valerie fehlte jede Spur.



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Seufzend lehnte Mulder sich in den Sitz zurück. Wie gewöhnlich saß Scully am Fenster, was ihm erlaubte seine Beine in den Gang zu strecken. Es hatte nur den Nachteil, dass unvorsichtige Passagiere jedes Mal wenn sie den Gang passierten an seinen Arm stießen.



Es war nur ein Streifschuss gewesen und er hatte das Gröbste bereits überstanden, dennoch schmerzte der Arm noch und hinderte ihn daran ebenfalls die Augen zu schließen und sich auf dem Weg ins Land der Träume zu machen.

Lächelnd wandte er sich seiner Partnerin zu, deren Kopf am Fenster lehnte. Sie sah friedlich aus.

Die Anspannung der letzten Tage waren von ihr abgefallen. Er gönnte ihr die Ruhe und genoss die Gelegenheit sie beobachten zu können.



Seine Augen wanderten über ihren zierlichen Körper, während er sich wieder ins Gedächtnis rief wie es sich angefühlt hatte sie zu halten.

Mit Mühe widerstand er der Versuchung die Armlehne zwischen ihnen weg zu klappen und sie auf seinen Schoß zu ziehen.

*Sie erinnert sich nicht* fuhr es ihm durch den Kopf und er stieß einen frustrierten Seufzer aus.



Neben ihm öffnete Scully die Augen und schaute ihn besorgt an.

"Alles in Ordnung, Mulder? Wollen Sie noch eine Schmerztablette? Ich habe ja gleich gesagt wir sollten...."

Mulder unterbrach die Ärztin in Scully in dem er ihr die Hand auf die Schulter legte und ihr versicherte, dass es ihm gut ginge.



Trotzdem wollte Scully nicht locker lassen.

"Was ist los, Mulder?"

"Nichts", seufzte Mulder.

"Valerie Hoffmann ist tot.", erklärte Scully.

Mulder drehte sich zu ihr und sah sie an.

"Wir haben keine Leiche gefunden."

"Mulder, sie ist vom Dach des Hotels mehr als zehn Stockwerke tief ins Meer gefallen."

Mulder nickte.

"Mir wäre trotzdem wohler, wenn ihre Leiche aufgetaucht wäre."



Scully wollte gerade antworten, als die Stewardess auf sie zukam und sie darauf hinwies ihrer Sicherheitsgurte anzulegen, da die Landung kurz bevorstand.

Mulder nutzte die so entstandene Stille um die letzten zwei Tage noch einmal Revue passieren zu lassen.



Nachdem Valeries Kugel seinen Arm gestreift hatte, hatte Skinner versucht sie zu entwaffnen, wobei er selbst getroffen wurde.

Allerdings musste es ihm irgendwie gelungen sein, Valerie von dem Dach zu stoßen.

Die Kugel hatte Skinners linke Schulter durchdrungen, aber dabei zum Glück keine Knochen oder Nerven verletzt.

Dank Scully war auch die Blutung recht schnell unter Kontrolle gewesen.



In weniger als einer halben Stunde waren sie im Krankenhaus behandelt worden und nachdem sowohl die Ärzte als auch Mulder Scully versichert hatten, dass alles in Ordnung war, hatten sie sich auf den Weg zurück zum Hotel gemacht um die Ermittlungen zu überwachen.



Trotz der stundenlangen Bemühungen von Scully sowie diversen Agenten des San Diego Field Office und der örtlichen Polizei, waren keine neuen Spuren aufgetaucht.

Skinner lag noch im Krankenhaus, würde aber in den nächsten Tagen ebenfalls die Heimreise antreten können.

Mulder selbst war nur entlassen worden, weil Scully dem Arzt versprochen hatte, sich um ihn zu kümmern. Mulder freute sich darauf.



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Auch Scully nutze die Stille um ihren Gedanken nachzugehen. Kurz bevor sie abgeflogen waren, hatte sie ein Fax aus Washington bekommen. Die Substanzen, die man in Valeries Keller gefunden hatte, waren identifiziert worden.

Es handelte sich tatsächlich um einen Drogencocktail, der der Grund für ihren Gedächtnisverlust sein könnte.

Ob sie sich je wieder an alles erinnern würde, dass Geschehen war, konnte dennoch niemand mit Sicherheit sagen.



Scully beobachtete Mulder, während sie sich nach der Landung auf den Weg zu ihrem Wagen machten. Mit einem Mal war sie sich nicht sicher, ob sie sich überhaupt erinnern wollte.

Immerhin hatte sie ihr Ziel erreicht. Mulder war zurück.

Trotzdem konnte sie spüren, dass ihn noch etwas bedrückte, während sie schweigend zu ihrer Wohnung fuhren.



Scully war froh, dass der Arzt in San Diego ihr einen Grund gegeben hatte, ihren Partner nicht aus den Augen zu lassen.

Sie hatte immer noch Angst, dass er verschwinden würde.



Auch Mulder schien von der Idee, die nächsten Tage bei ihr zu verbringen, angetan zu sein. Zumindest schien seine Anspannung recht bald verfolgen zu sein, nachdem er sich auf ihre Couch fallen ließ.

"Machen Sie es sich bequem.", sagte Scully unnötiger Weise, "Sie wissen ja wo sie Getränke finden. Mit Glück ist auch noch etwas Essbares im Kühlschrank."

Mulder nickte und Scully verließ das Wohnzimmer in Richtung Schlafzimmer.

"Ich gehe duschen.", verkündete sie.



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Mulder starrte mit leerem Blick auf den Fernseher ohne wahrzunehmen, was er sich ansah. Er hatte den Ton abgeschaltet und bis auf das Geräusch des fließenden Wassers im Badezimmer war alles still.

Anfangs hatte Mulder gedacht, dass er es schaffen könnte einfach so weiter zu machen als sein nichts gewesen, als hätte er Scully nicht seine Liebe gestanden, als hätte sie ihn nicht geküsst. Immerhin waren sowohl Scully als auch er Meister der Verdrängung.

Je länger er sich in ihrer Nähe aufhielt, desto klarer wurde ihm, dass das Wunschdenken war.



Er hatte Jahre damit verbracht sich vorzustellen wie es wäre sie zu küssen. Jetzt kannte er die Antwort - und er konnte sogar ziemlich sicher davon ausgehen, dass seine Gefühle erwidert wurden.

Doch er hatte immer noch mit seiner altbekannten Angst vor Zurückweisung zu kämpfen. Schließlich hatten sie sich in einer enorm stressigen Situation befunden. Vielleicht war Scully sogar davon ausgegangen, dass sie bald sterben würde.

Vermutlich hatte sie kaum über ihrer eigenen Gefühle nachgedacht, von seinen ganz zu schweigen.



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Scully unterbrach seinen Gedankenfluss, in dem sie mit zwei Menükarten und dem Telefon bewaffnet das Wohnzimmer betrat.

Ihre Haare waren noch nass von der Dusche und sie trug ausnahmsweise nicht ihr feines Bürooutfit, das stets Autorität verbreitete, sondern eine gewöhnliche Jeans und einen Pulli. Agent Scully hatte frei, es war Dana Scully, die nun vor Mulder stand. "Italienisch oder Chinesisch?", fragte sie.



Mulder, der es nur mit sehr viel Mühe schaffte seine Gedanken, auf ihre Worte zu lenken, schüttelte den Kopf.

"Egal."

Scully nickte. Nachdem was das letzte Mal geschehen war, als sie chinesisch gegessen hatten, entschied sie sich für Pizza und wählte die entsprechende Nummer.

Es erstaunte sie immer wieder, dass sie nicht zu fragen brauchte, was sie für Mulder bestellen sollte.



Als sie zurück in das Wohnzimmer kam, fummelte Mulder gerade an dem Verband an seinem Arm rum.

"Mulder.", sagte sie vorwurfsvoll und wurde dafür mit einem von Mulders patentierten Dackelblicken bedacht. Sie konnte fühlen wie der aufkeimende Ärger in Mitgefühl um schwang.

"Ich dachte Sie hätten sicher nichts dagegen, dass ich auch schnell dusche bevor die Pizza kommt. Und dafür muss der Verband runter."

Scully stieß einen Seufzer, den Mulder als Zustimmung auffasste, und ließ sich neben ihn auf die Couch sinken.



Während sie sich daran machte, den Verband von seinen muskulösen Armen zu lösen, fragte sie sich wann sie erwähnt hatte, dass sie Pizza bestellt hatte.

*Er kennt mich so gut, dass wir daraus eine X-Akte machen könnten.*

Nachdem der Verband entsorgt war und Scully den Arm, länger als nötig, untersucht hatte, trotte Mulder in Richtung Bad davon und ließ Scully auf der Couch zurück.



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Scully lehnte sich zurück und genoss die Stille. Das Geräusch der laufenden Dusche wirkte beruhigend auf sie, obwohl das wohl eher der Tatsache zu verdanken war, dass sie nun wusste, wo Mulder sich befand und dass er kaum Verletzungen davon getragen hatte.



Valerie schien ihn relativ gut behandelt zu haben, zumindest hatte sie ihm keine äußerlichen Verletzungen zu gefügt und auch Mulders Aussage zu dem Fall enthielt keine Anschuldigungen solcher Art.

Scully ging noch einmal durch was er ihr und den anderen Ermittlern berichtet hatte.



Scully war tatsächlich vor ihrer Wohnung entführt worden, Mulder hatte sich an die Verfolgung der Verdächtigen begeben und war bei dem Versuch seine Partnerin zu befreien ebenfalls in die Hände der Wahnsinnigen gefallen.

Anscheinend war auch Mulder betäubt worden, denn seine nächste Erinnerung war, dass Valerie sie zum Haus ihrer Großeltern, das mittlerweile ebenfalls durchsucht worden war, gebracht hatte.

Von dort hatte sie ihre Flucht allein mit Mulder fortgesetzt und Scully zurückgelassen.



Scully wurde das Gefühl nicht los, nicht die ganze Geschichte zu kennen. Mulder hielt etwas vor ihr zurück.

Vielleicht würde sie sich irgendwann von alleine daran erinnern. Vielleicht wäre es besser wenn sie es nicht tat.



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"Scully?", fragte Mulder hinter ihr. Er trug nichts weiter als ein Paar Jogginghosen, die

Scully besorgt hatte während er in San Diego im Krankenhaus gelegen hatte.

"Ich denke Sie sollten den Verband erneuern."

"Setzen Sie sich. Ich hole den Verbandskasten.", mit diesen Worten machte Scully sich

auf den Weg in die Küche.



Während Scullys Hände sanft über den Arm ihres Partners glitten und die Wunde versorgte, nahm sie all ihren Mut zusammen um Mulder zu fragen, was er vor ihr zurückhielt.

Als der Verband fertig war, sah Scully ihren Partner an, ignorierte das stumme Dankeschön, das aus seinen Augen sprach und öffnete den Mund um die Worte, die sie so eben ihn ihrem Hirn formuliert hatte, hinaus zu lassen.



Ein Klopfen an der Tür unterbrach sie. Seufzend stand sie auf, um die Pizza in Empfang zu nehmen. Als sie zurückkam saß Mulder nicht mehr auf seinem Platz ihm Wohnzimmer, sonder zog zwei Teller aus ihrem Schrank.

*In Mulders Wohnung würden wir die Pizza einfach aus dem Karton essen.* schoss es Scully durch den Kopf.



Mulder ließ sich wieder auf der Couch nieder und schaltete den Ton des Fernsehers ein.

Schweigend sahen sie die Nachrichten und aßen ihre Pizza. Für den Moment war die Spannung zwischen ihnen verschwunden und Scully beschloss Mulder erst morgen zur Rede zu stellen. Im Augenblick wollte sie einfach nur seine Nähe genießen.



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Nachdem sie die Pizza gegessen hatten, machte Scully sich auf den Weg in die Küche um die Pizzakartons zu entsorgen und die dreckigen Teller in die Spülmaschine zu geben.



Als sie zurückkehrte hatte Mulder sich auf ihrer Couch, so weit es für einen Menschen seiner Größe möglich war, ausgestreckt. Nun war er dabei eine bequeme Position für seinen verletzten Arm zu suchen.

Ein sinnloses Unterfangen, wie Scully schnell klar wurde.

"Mulder, Sie sollten nicht auf dieser Couch schlafen, wenn Sie ihrem Arm etwas Gutes

tun wollen."



Er blickte auf und sah sie verwundert an.

"Ähm, wo soll ich sonst schlafen, Scully?", fragte er unschuldig.

Scully gähnte. Bisher hatte es nicht besonders gut funktioniert seine Anspielungen zu ignorieren, also war es an der Zeit den Ansatz zu überdenken.

Sie zuckte mit den Schultern.

"Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass mein Bett sehr viel bequemer ist als die Couch." Mulder schwieg.

*Erinnert sie sich etwa doch?* schoss es ihm durch den Kopf, während er Scully in ihr Schlafzimmer folgte.



Zögernd ließ er sich auf dem Bett nieder, während Scully einen Schlafanzug aus dem Schrank nahm und sich in Richtung Bad davon machte.

Als sie das Schlafzimmer betrat hatte Mulder es tatsächlich geschafft sich aus seiner Starre zu lösen und sich hinzulegen und zu zu decken.



Scully schlüpfte gähnend ebenfalls unter die Decke, löschte das Licht, rollte sich auf ihrer Seite des Bettes zusammen, murmelte "Gute Nacht, Mulder." und schien schon eingeschlafen zu sein, bevor Mulder "Gute Nacht, Scully." flüstern konnte.



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Mulder wusste nicht was ihn geweckt hatte. Eigentlich wusste er nicht mal, wie es überhaupt möglich war, dass er eingeschlafen war, während er ein Bett mit Dana Scully teilte.



Dann wurde ihm bewusst, dass es Dana Scully war, die ihn geweckt hatte. Sie lag immer noch auf ihrer Seite des Bettes, aber sie war sehr unruhig, rollte von einer Seite auf die andere und hatte, dem Schmerz in Mulders Arm nach zu schließen, um sich geschlagen.

*Ein Albtraum* wurde es Mulder klar.



Vorsichtig rollte er sich auf die Seite und streckte seine Hand behutsam nach der Schulter seiner Partnerin aus.

"Scully.", sagte er kaum hörbar, während er eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht strich.

Scully Bewegungen wurden langsamer und nach einer Weile lag sie still auf dem Rücken und öffnete blinzelnd die Augen.

"M… Mulder?", brachte sie verängstig hervor, während eine einzelne Träne ihre Wange herunter lief, wo sie von Mulder weggewischt wurde.



Langsam setzte er sich auf und zog die zitternde Frau neben ihm in seine Arme.

"Es war nur ein böser Traum.", flüsterte er während er versuchte sie zu beruhigen. Er stellte erleichtert fest, wie Scullys Körper sich entspannte. Sie atmete tief ein und aus.



"Es war Valerie.", flüsterte Scully nach einiger Zeit.

"Ist schon gut, Dana. Es war nur ein Traum. Valerie ist tot.", beruhigte er sie.

*Dana.* schoss es Scully plötzlich durch den Kopf. Wann hatte er sie das letzte Mal mit ihrem Vornamen angesprochen?

Obwohl sie sich nicht mehr an die Situation erinnern konnte, wusste sie, dass er sie im Arm gehalten hatte um sie zu trösten - ähnlich wie jetzt.



Sie schloss die Augen.

*Er hat gesagt, dass er nicht zulässt, dass mir etwas geschieht. Er hat von Vertrauen geredet* fiel es ihr wieder ein. *Er hat gesagt...*

"Oh, Mulder!", schluchzte sie und drückte sich fest an ihn.

Neue Tränen strömten ihre Wangen hinunter, während sie sich daran erinnerte, wie wunderbar es gewesen war, seine Lippen auf den ihren zu spüren. Sie hatte Angst gehabt, aber in diesem Moment hatte sie sich sicher gefühlt. Unverwundbar.

Geliebt.



Langsam löste sie sich aus seiner Umarmung und sah ihm in die Augen. Er schaute unsicher zurück. Sie lächelte und drückte ihre Lippen an seine.

Nach einer Weile lehnte Mulder seine Stirn an Scullys und lächelte sie an.

"Ich dachte, du hättest es vergessen.", flüsterte er kaum hörbar.

"Beinahe.", antwortete sie atemlos.

Sein Lächeln wurde zu einem Grinsen.

"Dann muss ich mich dieses Mal wohl mehr anstrengen um Eindruck zu hinterlassen."



Ende
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