World of X

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A day without rain

von Kjaelle

Kapitel 1

Scully schüttelte sich die Regentropfen von ihrer Jacke und hängte sie sorgsam auf einen Bügel, um sie trocknen zu lassen. Sie war gerade bei ihrer Freundin Rebecca zum Abendessen gewesen, hatte mit ihren Kindern geredet und sich fast mit ihrem Mann Vincent über die Todesstrafe gestritten. Scully war nicht für die Todesstrafe und Vincent, der von Beruf Richter war, hatte noch nie in solches Urteil verhängt, worüber er sehr froh war. Doch etwas war ihr an diesem Abend aufgefallen, während Rebeccas Söhne Nelson und Elias wie vollkommen normale Jungen im Alter von elf und acht benommen hatten, war Clara, die vierjährige, die ein durchaus liebreizendes Mädchen war, etwas schüchtern gewesen, obwohl sie ansonsten ab und zu mit Scully etwas unternahm. Rebecca war ganz offen auf Scully zugekommen als diese vollkommen resigniert durch die Straßen joggte und Rebecca mit Clara auf den Spielplatz gegangen war. Rebecca hatte sofort gespürt, dass es ihr nicht gut ging und schon am ersten Tag hatte Scully Rebecca ihr halbes Leben erzählt, was ansonsten überhaupt nicht ihre Art war. Und Rebecca hatte sie verstanden. Seit dem waren die beiden Freundinnen und Rebecca hatte Scully angeboten, dass sie, da sie sich doch so sehnlichst ein Kind wünschte, Zeit mit Clara verbringen sollte. Als eine Tante, die das Kind begleitete. Scully war sehr gerührt gewesen und hatte das Angebot freudestrahlend angenommen. Seit dem verbrachte Scully einen Nachmittag in der Woche mit der kleinen Clara. Sie machten zusammen ganz einfache Dinge, die Vierjährigen Spaß machen. Sie gingen auf den Spielplatz, Schwimmen und in den Zoo. Scully liebte diese Tage oder Nachmittage mit Clara, die Scully sehr mochte und sie Dannii nannte. Mulder hatte sie von diesen Nachmittagen jedoch nie etwas erzählt, da er sich dann über sie lustig machen würde. Wenn auch nicht im Ernst, aber er würde es nicht verstehen können. Rebecca war sehr froh darüber und sie hoffte, dass diese Freundschaft lange bestehen würde. Doch etwas war Scully nicht ganz geheuer, Rebecca hatte noch eine ältere Tochter, Imme. Dieses Mädchen strahlte etwas aus, was Scully nur zu gut kannte, doch sie konnte es nicht zuordnen. Imme hatte lange braune Haare und ihre Augenfarbe war ein melancholisches Regengrün. Nicht wie Rebeccas Augenfarbe, ihre war blauer. Auch hatte sie äußerlich keinerlei Ähnlichkeit mit ihrer Mutter; Rebecca war klein und hatte eine üppige Figur, ohne das sie dick war. Etwas, was Scully nicht verstand, war, dass Rebecca aussah, als wäre sie gestern erst sechzehn geworden. So jung und schön, obwohl sie bereits über dreißig sein musste. Sie sprach nicht über ihr Alter. Imme war groß und dünn. Ihre Augen hatten den Ausdruck, als würde sie in der Ferne etwas suchen. Sie war nicht Vincents Tochter, sie hatte einen anderen Vater, das war klar. Aber wer mochte dieser Mann sein? Rebecca sprach nicht über ihn. Niemals. Einmal hatte Scully sie darauf angesprochen und sie hatte in Rätseln gesprochen. „Der Mann, der Immes Vater ist, ist genauso suchend wie sie.“ Das war Rebeccas Antwort, aber Scully konnte sich darauf keinen Reim machen. Genauso suchend. Ja, es gab viele Menschen, die suchend waren. So viele und auch wahnsinnig viele große Männer mit braunen Haaren. Doch Imme erinnerte sie an etwas, was sie nur zu gut kannte, denn einmal, als Imme sich mit ihrer Mutter darüber gestritten hatte, ob sie nun um 20.00 Uhr mit ihrer Freundin ins Kino gehen dürfe, flammte eine derartige Leidenschaft in ihren Augen auf, an die Scully sich erinnert fühlte. Imme war vierzehn Jahre alt.







Nun war sie zu Hause und freute sich darüber, dass Rebecca gleich nebenan wohnte und sie nicht erst lange fahren musste. Sie machte Licht und Musik an. Felix Mendelssohn Bartholdy- Ein Sommernachtstraum, sie mochte dieses Stück, denn es erinnerte sie daran, wie sie mit Melissa dazu getanzt hatte. Das war zwar schon ein paar Jahre her, aber sie erinnerte sich noch genau daran. Wie die Instrumente die Fantasiegestalten der Sommernacht darstellten, manchmal dachte sie daran jetzt noch ein Musikinstrument zu erlernen. Doch sie hatte einfach keine Zeit, oder sollte sie Mulder sagen, „Weißt du, wir können heute nicht auf Alienjagd gehen, ich habe Oboenunterricht?“ Nein. Schließlich holte sie sich ein elfenbeinfarbenes Seidennachthemd aus ihrem Schrank und zog sich um. Sie lächelte als die die Spaghettiträger begutachtete. Im Sommer würde sie sich mal ein derartiges Top kaufen und es ins Büro anziehen. Ohne BH, wie sich von selbst versteht. Aber sie verwarf diesen neckischen Gedanken wieder. Das war doch nicht die Dana Scully, die unerschrocken auf Monsterjagd ging. Nein, das war die lebenslustige Frau, die ihren Partner und alle Kollegen gerne mal ins Schwitzen bringen wollte. Das Top müsste bauchfrei sein und dazu eine enge Jeanshüfthose mit breitem Nietengürtel und Sandalen mit fünfzehn Zentimeter hohen Absätzen. Scully musste bei dieser Vorstellung kichern. Nein, das hat noch Zeit. Madonna macht das ja schließlich auch noch mit ihren zweiundvierzig Jahren. Lächelte sie und fuhr sich, bevor sie ins Bett ging, noch einmal mit einer Bürste durch ihr glänzendes rotes Haar.







Gerade, als der Schlaf sie übermannen wollte, hörte sie ein verhaltenes Knarren der Tür und sie schoss hoch. Etwas verschlafen schaute sie sich um, erblickte aber niemanden. Da fiel ihr ein, dass sie das Küchenfenster offen gelassen hatte. Schnell war sie aus dem Bett und schlich in ihrem Nachthemd durch die Wohnung, um das Fenster zu schließen. Dann spürte sie einen kalten Windhauch, der um sie herumflatterte. Sie fröstelte und machte schnell, um wieder in ihr warmes Bett zu kommen. Doch als sie das Schlafzimmer betreten wollte, spürte sie eine kalte Hand auf ihrer Schulter. Es durchzuckte sie und dann riss sie sich fort und drehte sich kampfbereit um, doch gerade als sie um Hilfe schreien wollte, wurde sie zu Boden gerissen und der Mund zugehalten. Die Angst stieg in ihr hoch, denn sie war in einer taktisch derart ungünstigen Lage, dass es schier unmöglich war, sich zu befreien. Sie wand sich, doch der starke Körper lag schon über ihr. Der Mann sprach nicht, und da es dunkel war konnte sie sein Gesicht nicht erkennen. Selbst sein Geruch war undeutlich. So lag sie nun da. Nicht fähig sich zu bewegen, aber sie wollte kämpfen. Würde sich dem nicht hingeben. Sie versuchte ihre Hüfte zu drehen und wand sich immer wieder, doch er war zu stark, sie konnte nichts tun. Mit seinen starken Armen nahm er die ihren und legte ihr in nur wenigen Sekunden Handschellen an, mit denen er sie am Bettpfosten fest kettete. Er unternahm alle Maßnahmen um sie nicht stören zu lassen, so verband er ihr den Mund mit einem Klebestreifen. Sie war hilflos, ja absolut hilflos gegen das, was kommen würde, und sie wusste es. Ja, es war ihr klar. So klar wie das Amen in der Kirche. Sie hatte keine Chance sich zu wehren. Der Gedanke schmerzte. Ihre Gedanken schweiften ab und sie wollte sich an all die schönen Dinge erinnern. An ihre Schwester Melissa und wie sie zum ersten Mal Wimperntusche benutzt hatte. Sie erinnerte sich an die besten Momente ihres Lebens. Und es waren viele. Nicht zuletzt zählte dazu auch, dass sie Mulder kennen gelernt hatte. Doch dann konnte sie sich nicht mehr abschirmen und sie nahm war, was um sie herum passierte. Doch sie hatte es schon vorher gewusst und es gab, für diesen Fall, kein taktisches Protokoll, dass sie Quantico einmal auswendig gelernt hatte. Nichts. Was sollte man in diesem Fall auch tun? Sie versuchte sich zu winden und ihm alles so schwer wie möglich zu machen. In diesem Moment empfand sie es als Glück, dass sie auf dem Teppich in ihrem Schlafzimmer lag, denn sie stellte sich die harten Kacheln im Badezimmer vor. Plötzlich spürte sie seine Hände überall auf ihrem Körper, wie er durch ihr Nachthemd glitt und es zerriss. Nein, nicht mein schönes Nachthemd! Wollte sie schreien, doch sie konnte nicht. Sie hatte dieses Nachthemd mit Melissa gekauft, was zwar schon ein paar Jahre her war, aber dennoch. Nein. Seine Finger glitten über ihren Körper und sie hatte das Gefühl sich übergeben zu müssen. Doch das Klebeband klebte fest auf ihrem Mund und außerdem hatte sie das Gefühl, innerlich auszutrocknen. Es war, als würde ihr ihre Seele geraubt. Langsam aber bestimmt. Der Mann bekam mit, dass sie zitterte und plötzlich fiel etwas Licht auf sein Gesicht. Es kam vom Fenster her, eine Nachbarin hatte drüben das Licht angemacht. Er lächelte nicht und plötzlich hatte Scully das Gefühl, dass er das, was er tat, nicht aus freiem Willen machte. Sie konnte ganz deutlich in seinen Augen lesen, „Tut mir Leid, Miss, aber ich muss das tun.“, hätte er diese Worte ausgesprochen, wäre Scully wahrscheinlich wild geworden, denn wer konnte schon zu grausam sein und einem Mann befehlen eine Frau zu vergewaltigen? Sie wollte es gar nicht wissen. Der Mann fuhr fort und am liebsten hätte sie bei jeder neuen Handlung erneut lauf aufgeschrieen, sie schien wie betäubt. Doch sie wollte kämpfen, wollte es nicht zulassen. Konnte es nicht zulassen, doch es würde geschehen und sie konnte nichts dagegen unternehmen.







Rebecca wollte gerade ins Bett gehen, doch plötzlich überkam sie die Angst. Nackte Angst und in sie mischte sich ein Schamgefühl. Sie zog die Rosa Bettdecke des Himmelbettes höher und kuschelte sich an die Matratze, inbrünstig hoffend, dass dieses Gefühl versiegen würde, bevor ihr Mann das Zimmer betrat. Sie begann zu zittern und Nichts hielt sie mehr im Bett. Fluchend stand sie auf und wandelte im blauen Nachthemd durch das dunkle Schlafzimmer. Sie begutachtete das Himmelbett, das Vincent ihr zur Hochzeit geschenkt hatte. Doch sie zitterte noch immer. Was ist das? Was soll das? Es sind sieben Jahre vergangen, seit das das letzte Mal so stark war. Ich hasse diese Art von Verbundenheit, immer wenn es jemandem schlecht geht, der mir am Herzen liegt, bekomme ich seine Gefühle zugeschoben. Doch Rebecca konnte nicht wissen wer so fühlte. Nein, sie wusste es, war aber nicht bereit es zu erfahren. Deswegen stapfte sie aus dem Raum und setzte sich in ihr Zimmer an ihren Laptop.



Nach ein paar Minuten entstand ein klares Bild eines Mannes, der bestimmt schon über fünfundsechzig Jahre alt war. „Was gibt Rebecca?“, fragte er rasch. Eigentlich wollte sie etwas ganz anderes sagen, doch das schoss ihr jetzt durch den Kopf, „Ich, ich, was macht Morris, Mr. Oldman?“, Oldman schaute sie fragend an und meinte dann gelassen. „Nichts, was Sie angehen könnte. Aber Sie haben mich nicht deswegen konsultiert.“ Rebecca schüttelte den Kopf, „Ich empfange gerade starke Gefühle und ich weiß nicht von wem sie sind. Aber Morris hat etwas damit zu tun, Sir.“ Oldman nickte und meinte dann nochmals, „Das ist nichts, was in ihren Aufgabenbereich fällt. Am besten wenden Sie sich an Dr. Jewis, wenn Sie wissen wollten warum Sie sich nicht gut fühlen.“ Rebecca verabschiedete sich und musste sich sehr bremsen um ihn nicht wütend anzumachen. Aber Gerald Oldman war ihr direkter Vorgesetzter und sie hatte seine Entscheidungen nicht anzuzweifeln. Doch aufgeben? Nein. Wütend griff sie zum Telefon und wählte eine Nummer, dabei strich sie sich ein paar Strähnen aus der Stirn. Am Telefon meldete sich eine kräftige Männerstimme. „Ja?“ „Dylan? Hier ist Rebecca, sagst du mir, was Morris heute Nacht macht?“ Er seufzte, „Ein Anfall? Es ist ungewöhnlich, dass du mich zu dieser Zeit anrufst!“ „Ja, aber was zum Teufel macht Morris? Ich habe Oldman konsultiert und er meint, dass es mich nichts angehe.“ Dylan klang besorgt, „Setzt dich hin und am besten trinkst du gleich etwas Fencheltee. Du weißt, was passieren kann.“ Dylan hatte einmal mitbekommen, dass Rebecca bei einem Anfall zusammengebrochen war und daraufhin vier Tage bewusstlos geblieben war. Damals waren die beiden fünfzehn Jahre alt gewesen. Seitdem war er besorgt um sie, wenn sie einen dieser Anfälle hatte, denn sie war wie eine Schwester für ihn. „Ja. Was ist los?“, „Morris hat wahrscheinlich den schlimmsten Auftrag seines Lebens bekommen. Er soll eine Frau vergewaltigen. Reicht das?“ Am liebsten hätte Rebecca jetzt irgendetwas an die Wand geschmissen, denn die Wut kochte nur so in ihr. Sie zitterte wie verrückt, denn ihre Empfindungen überschlugen sich. „Name?“, zitterte sie und der kalte Schweiß lief ihr den Rücken herunter. Sie spürte wie das Blut aus ihrem Gesicht und ihren Händen wich, sie wurde bleich. Dylan räusperte sich, „Nun, da es keine große Sache ist, werde ich dir ihren Namen sagen; Dana Scully, die arbeitet an den X-Akten.“ Rebecca heulte auf, „Was? Danke Dylan. Bis dann.“, dann legte sie auf, denn sie wollte keine weiteren Ratschläge hören, was sie bei einem Anfall alles tun sollte. Sie stand auf und wischte sich die schweißnassen Haare aus dem Gesicht. Die normale Reaktion wäre gewesen zu Scully zu rennen und Morris wegzujagen, aber das konnte sie nicht tun, denn damit würde sie nicht nur ihr eigenes Leben, sondern auch das von Dylan gefährden. Sie wollte auf keinen Fall, dass ihre Kinder ohne Mutter aufwuchsen. Denn das hatte sie selbst erlebt, da ihre Familie gestorben war, als sie gerade einmal zehn Jahre alt war. Doch eines hatte sie gelernt. Man musste sich auf jeden Fall an die Spielregeln halten, sonst würde man verlieren. Außerdem hatte sie das Gefühl, dass Morris fertig war und sie spürte Scullys Schmerz und Scham. Wieder strich sie sich eine Strähne aus dem Gesicht und fragte sich, warum das ihr passieren musste. Warum hatte sie die Gabe die Gedanken der anderen Menschen zu lesen. Warum? Doch sie wusste, dass es ihr nichts einbrachte darüber zu spekulieren, wer ihr diese Fähigkeiten geschenkt hatte, da sie diese Antwort bereits kannte.







Scully lag auf dem Boden ihres Schlafzimmers und blutete. Sie wand sich hin und her, immer schwächer werdend und sich quälend, da sie noch immer festgebunden war. Das Blut rann ihr zwischen den Beinen heraus und sie fragte sich kurzzeitig, wie lange es wohl noch dauern würde, bis sie das Bewusstsein verlor und verblutete. Doch am liebsten hätte sie laut aufgeschrieen und hätte den Mann selbst zur Strecke gebracht, der ihr das angetan hatte. Doch sie konnte nicht, zum Einen, weil sie schon dabei war, das alles zu vergessen. Ja, sie verdrängte es schneller, als es gekommen war, aber der Preis dafür war hoch, denn die verdrängten Gefühle hinterließen eine Gefühllosigkeit, die nicht einmal mehr den Hass, auf die Person, die ihr das angetan hatte, zuließ. Sie wollte gerade einen neuen Gedanken aufschnappen, da stand Rebecca in der Tür und schaute sie nur aus großen Augen an. Das war nicht die Rebecca, die sie kannte. Die starke Frau. Nein, das hier war das kleine Mädchen, das sehr bleich aussah, doch Rebeccas Stimme nahm sofort wieder einen bestimmten Ton an. „Oh Gott, Dana“, murmelte sie und sofort ließ zu ihr, um zu sehen. Sie sah, was passiert war, auch wenn sie es schon vorher wusste. Scully hatte eine große Beule an ihrer rechten Stirnhälfte und ihre Unterlippe war stark angeschwollen. Mehr konnte sie nicht sehen, da das Nachthemd sie bedeckte. „Dana, rede mit mir!“, versuchte sie, aber sie war nicht bei Bewusstsein und es hatte überhaupt keinen Sinn, so etwas zu tun. Da hörte Rebecca die Tür klappen und eine tiefere Mädchenstimme erschallte, „Mama?“, „Imme, ruf sofort die Polizei und einen Krankenwagen!“ Imme stellte keine Fragen und tat wie befohlen. Rebecca versuchte immer wieder Scully aufzuwecken, doch es sollte nicht von Erfolg gekrönt werden. Imme hatte den Krankenwagen gerufen und rief nun ihrer Mutter durch den Flur zu, „Soll ich wieder rüber gehen?“ Rebecca wusste nicht, was sie antworten sollte, denn einerseits war es besser, dass ein vierzehnjähriges Mädchen nachts schlief, aber andererseits war Imme ein sehr aufgewecktes und mitfühlendes Mädchen. Außerdem musste dieses Mädchen im Moment davon abgelenkt werden, dass sie ihren Vater nicht kannte, da ihr das sehr zu schaffen machte. „Imme, ich habe noch etwas für dich zu tun, Dana hat uns doch gesagt, dass wir, wenn so etwas passieren sollte, ihren Partner anrufen sollen. Die Telefonnummer liegt in einer Schublade in der Küche. Ruf den Typ an.“ Imme schaute ihre Mutter etwas überrascht an, sie sollte Danas besten Freund anrufen? Sie wusste, dass Dana ihn Rebecca gegenüber nicht sehr häufig erwähnte, aber wenn sie nur mit Clara oder ihr sprach, war es ein leichtes für Imme herauszuhören, was er ihr bedeutete. Schnell fand sie die Telefonnummer und wählte schleunigst. Sie wunderte sich über sich selbst, da es für nicht normal war, jemandem solche Nachrichten zu überbringen und in dieser Situation war es ein Vorteil, dass sie ihn nicht kannte.







Mulder schlief noch nicht, er hatte sich unruhig von der einen auf die andere Seite gewälzt aber keinen Schlaf gefunden. Außerdem war heute Vollmond und da konnte er nie besonders gut schlafen. Er wollte sich gerade wieder auf die andere Seite drehen, als das Telefon klingelte, verschlafen nahm er den Hörer ab, „Ja?“, auf der anderen Seite der Leitung hörte er eine Stimme sagen: „Hallo? Ist da Fox Mulder?“, Mulder schüttelte den Kopf und wunderte sich darüber, dass ihre Stimme etwas unsicher klang, „Am Rohr.“ „Ich muss Ihnen leider mitteilen, dass ihre Partnerin Dana Scully in ihrer Wohnung überfallen worden ist.“ Immes Worte klangen auswendig gelernt, aber trotzdem alarmierend. Mulder stand sofort von seiner Couch auf und zog sich an, den Hörer noch immer in der Hand haltend, „Wer spricht da überhaupt?“, fragte er unerwartet und Imme zuckte zusammen, „Oh, `Tschuldigung, hier spricht Imme Parker, ich wohne nebenan. Kommen Sie bitte schnell, es ist wirklich wichtig.“ Mulder, der bisher nicht unbedingt geglaubt hatte, was dieses Ding am Teefon ihm gesagt hatte, war nun in heller Aufregung, ich bin sofort da, danke Ihnen.“ In Windeseile zog er sich an und machte sich schnell auf den Weg zu Scully. Als er fuhr, hielt er sich natürlich nicht an die Verkehrsregeln, er fuhr schneller, als die Polizei erlaubt. Fragen plagten ihn. Was ist nur passiert? Warum ruft mich ein so unsicheres Mädchen an? Warum passiert das eigentlich immer Scully? Was ist ihr angetan worden? Er fuhr sich mit der Hand über seine Augen, als er schon wieder eine rote Ampel nicht beachtete. Schon wieder war Scully irgendetwas angetan worden, und er war nicht da gewesen, um sie zu beschützen.







Als er das Haus sah, in dem Scully wohnte, erblickte er auch sogleich den Krankenwagen und den Streifenwagen vor ihrer Haustür, er stürmte in ihre Wohnung und erspähte erstmal einen Haufen Polizisten, sowie ein paar Sanitäter und dann sah er Scully auf der Trage (Ich kann es nicht ab, wenn statt Trage hier Bahre geschrieben wird, denn auf eine Bahre transportiert man nur Leichen!) liegen. Sie war bleich und Mulder war sofort klar, dass sie bewusstlos war. Sein Herz setzte einen Schlag aus, als er auf ihre geschundenes Gesicht blickte. Es kam ihm vor, als hätte jemand sein Heiligtum geschändet, denn auch wenn es ihm manchmal gar nicht klar war, sie war das Wichtigstiege in seinem Leben. Denn was wäre er schon ohne Scully, ein verbitterter Mann, dem man so vieles genommen hatte, jemand, der außer seinen X-Akten keinen Lebensinhalt vorweisen konnte. Jemand, der sein Leben verschwendete. Gerade als er seinen Blick von Scully wegreißen konnte, fiel seine Aufmerksamkeit auf eine kleine Frau mit wirren, blonden Haaren, die mit den Sanitätern sprach. Sie trug nur einen Mantel, den sie sich wohl schnell übergeworfen hatte, darunter konnte er nur ein Nachthemd erkennen. „Sind Sie Imme Parker, die Frau, die mich angerufen hat?“, fragte er, doch er wurde, von einem Polizisten unterbrochen, „Wer sind sie überhaupt und was haben Sie hier zu suchen?“ Er zückte seinen Dienstausweis und der Polizist nickte, während sich die Augen Rebeccas weiteten. „Nein, ich bin nicht Imme Parker.“, sagte sie mit fester Stimme und Mulder erschrak. Er schaute sie ungläubig an, und schüttelte dann den Kopf, da er dachte, er würde träumen. Doch dann schaute er in ihre furchtlosen grünen Augen, sie schaute ihn wartend an, und er sammelte sich langsam, „Nein, du bist nicht Imme Parker, du bist Rebecca „Shine“ Sens.“, plötzlich klang seine Stimme warm und sein Blick glitt ab, des Vergangenen nachsinnend. „Ja. Ich wusste, dass du Danas Freund bist, Fuchs.“, ihre Stimme war kühl und etwas verängstigt. „Was ist mit Dana geschehen?“, fragte er weiter und Rebecca senkte ihren Blick, um eine Träne aus ihren Augen zu blinzeln, „Sie ist sehr brutal vergewaltigt worden und hat sehr viel Blut verloren.“ Mulder schluckte hart und Rebecca sah in seinen Augen, dass er sehr wütend war und am liebsten etwas zerschlagen wollte. Ja, er wollte diesen Kerl finden und ihn quälen und ihm seine gerechte Strafe geben. Da sah er dass Rebecca weinte und mit sich rang. Er sah, dass sie einen Anfall gehabt hatte, aber er spürte auch, dass sie etwas wusste. „Geh zu Dana, bitte geh, ich kann nichts für euch tun. Hilf ihr, dass ist alles, was du tun kannst.“ Mulder erschrak, dass dem Mädchen, mit dem er seine Jugend verlebt hatte, dem er grenzenlos vertraut hatte, ihn nun bat nicht den Peiniger seiner Freundin zu suchen, war sie doch früher immer so für die Gerechtigkeit gewesen. Er stand noch immer unbewegt vor ihr und wollte eine weitere Antwort. Da schaute sie ihn an, ihre alte Stärke zurückgewinnend. „In den letzten fünfzehn Jahren ist so viel passiert. Meine Kinder brauchen ihre Mutter, denn sie dürfen auf keinen Fall das gleiche erleben, was ich erlebt habe und erlebe. Aber Fuchs, ich weiß nicht, wie ich es sage soll, aber ich habe deine Karriere verfolgt und du solltest jetzt wirklich auf Dana acht geben. Mehr kann ich dir nicht sagen, ich hoffe du verstehst das.“ Mulder schüttelte den Kopf, er wollte Antworten und er wusste, dass Rebecca sie zum Teil kannte und sie auch besorgen könnte, „Rebecca, du sagst du bist Danas Freundin, warum hilft du uns dann nicht?“, Mulder hielt sie an den Schultern und Rebecca kullerten wieder die Tränen aus den Augen. Er schrie und zum Glück waren sie in ein anderes Zimmer gegangen. „Ich mache das nicht, weil ich eure Freundin bin. Ja, ich bin auf eurer Seite, aber ich will nicht, dass ihr dafür sterbt, denn das lohnt sich nicht. Man wird Dana töten, wenn ich euch zuviel sage. Bitte verstehe doch. Ich kann nicht.“ Plötzlich ließ Mulder sie los und Rebecca sank in sich zusammen. Die Nachwirkungen des Anfalls begannen uns wenn sie nicht so schnell wie möglich etwas Ruhe bekam, würde sie ins Koma fallen. Gerade als Mulder hinausgegangen war, um mit den Sanitätern zu sprechen, ging Imme zu ihrer Mutter und meinte besorgt, „Komm Mami, du musst jetzt nach Hause und dich ausruhen.“ Rebecca schaute zu ihr hoch und Imme sah die Tränen in ihren Augen. Sie nickte.







Mulder hatte die Sanitäter überreden können im Krankenwagen mitzufahren, da er jetzt unbedingt bei Scully sein wollte. Vielleicht wäre es für ihn besser gewesen, wenn er allein in seinem Auto führe, aber er wollte sehen, wie es ihr ging. Er wollte dabei sein, wenn sie erwachte und vor allen Dingen lenkte sie ihn davon ab, was eben passiert war. Er hatte seine alte Freundin wieder getroffen und er wusste nicht, wie er damit umzugehen hatte, dass sie Antworten kannte, denn eigentlich wusste er wenig über ihr Leben. Sie war mit zehn Jahren nach Amerika gekommen und hatte ihm geholfen, als Samantha weg war. Sie hatte ihm gezeigt, was Liebe ist und sie hatte ihn gestärkt. Doch sie war damals auch nicht so oft da gewesen, denn sie war schon immer etwas Besonderes gewesen.







Was ist Liebe?







Was ist Liebe?



Ein Feuer, das Luft braucht?



Ein Traum, der sich in Helligkeit tauch?



Eine Illusion, die man mag?



Oder ein Freund, der dich liebt Tag für Tag?



Noch habe ich es nicht erkannt,



Dein Bild hängt an meiner Wand



Nur eine Antwort weiß ich bestimmt



Und die heißt:



Ich liebe dich!



Sabrina aus Remscheid















Langsam nahm Mulder ihre Hand und er wunderte sich nicht, dass sie so kalt war. Sie war kalt und weiß und sie bekam Sauerstoff. Der Wagen für mit Blaulicht, aber es dauerte trotzdem eine halbe Ewigkeit, bis sie im Krankenhaus eintrafen. Mulder hatte während der ganzen Fahrt ihre Hand gehalten und hoffte inbrünstig, dass es nicht zu spät war. Im Krankenhaus wurde Scully sofort in die Notaufnahme gebracht und eine Schwester kam auf Mulder zu, sie hatte kurze, schwarze Haare und stellte sich als Schwester LaTrice Prisson vor. „Kommen Sie doch bitte mit, ich habe hier ein paar Formulare zum Ausfüllen.“, sie konnte Mulder ansehen, dass er unbedingt zu Scully wollte, aber sie meinte beschwichtigend, „Hey, das wird schon wieder werden. Ihre Freundin ist hier in guten Händen.“ Wie oft hatte Mulder etwas Derartiges schon gehört und wie oft stimmte es nicht? Wie oft hatte man sie schon betrogen und ihnen gesagt, dass alles okay ist? Doch dafür konnte LaTrice Prisson ja nichts. Sie tat einfach ihr bestes und drückte Mulder die Zettel und einen Kugelschreiber in die Hand. Sein Gesichtsausdruck wirkte gequält, als er sich den Fragen zuwandte. Name, Geburtsdatum, Arbeitgeber, Krankenkasse. Alles Dinge, die leicht für Mulder waren. Ja, er kannte Scully besser als irgendjemand sonst. Er setzte sich auf einen unbequemen Plastikstuhl im Warteraum und begann. Doch er konnte sich nicht konzentrieren, seine Gedanken waren bei Scully. Wer konnte ihr nur so etwas antun? Warum immer sie? Was wusste Rebecca über den Täter? Wollte sie ihn schützen? Fragen über Fragen, doch im Moment bekritzelte er die Formulare, denn LaTrice wollte sie so schnell wie möglich wieder haben. Da kam sie wieder und lächelte ihn freundlich an, „Danke, dass Sie das so flott gemacht haben“, „Was ist mit Scully?“, fragte er unruhig und LaTrices Miene verdunkelte sich etwas. Mulder malte sich schon aus, wie es wäre, wenn sie tot ist, aber LaTrice begann mit sorgsam gewählten Worten, „Mr. Mulder ihre Partnerin, Freundin…“, Mulder merkte, dass es ihr nicht leicht fiel, diese Worte zu sprechen und er nickte ihr zu, „Sie ist ja vergewaltigt worden und zwar sehr, wirklich sehr brutal. Das sie überleben wird, steht nicht in Frage, aber… Ich glaube, dass sollte Dr. Bernstein Ihnen lieber selbst erklären. Ms. Scully wird gerade noch behandelt und dann wird er Ihnen alles erklären, okay?“ Mulder nickte und schaute dann in LaTrices Gesicht, „Danke, Ms. Prisson.“ LaTrice lächelte und eilte davon. Am liebsten wäre Mulder jetzt losgerannt und hätte sofort den Täter gesucht, doch er vertraute Rebecca, denn sie hatte ihn noch nie belogen. Klar, sie hatte ihm auch nicht alles erzählt, aber belogen? Niemals. Plötzlich hörte er eine tiefe Männerstimme neben sich, die er nur zu gut kannte. Er erblickte Skinner, der ihn musternd ansah. „Die Polizei hat mich informiert. Was ist da genau geschehen?“ Mulder schüttelte den Kopf, „Ich weiß es nicht, aber diejenige, die uns das sagen kann, wird gerade behandelt.“ Ihre Blicke trafen sich und Mulder konnte sehen, dass Skinner das Ganze schon berührte. „Hat die Spurensicherung Fortschritte gemacht?“, wollte Mulder wissen und Skinner nickte, „Die schicken die Fingerabdrücke und das andere nach Quantico und lassen es dort analysieren.“ Mulder schüttelte abwertend den Kopf, blieb aber stumm. Schließlich meinte Skinner, „Sie wissen, dass ich Ihnen die Ermittlungen nicht übertragen kann, oder?“ Mulder nickte, „Ja, ich hänge da zu sehr mit drin.“ „Rufen Sie mich bitte an, wenn Sie etwas Neues in Bezug auf Scully haben.“, meinte er abschließend und ging dann. Kurz darauf kam LaTrice wieder auf Mulder zu, „Mr. Mulder, kommen Sie bitte mit. Dr. Bernstein möchte jetzt mit Ihnen sprechen. Er wurde von der kleinen Frau in ein helles Büro geführt und sie wies ihn an dort zu warten. Mulder erinnerte sich daran, als er mit Maggie Scully und Melissa auch in so einem Büro gesessen hatte, aber damals mussten sie über Leben und Tod entscheiden aber diesmal war es zum Glück anders. Allerdings war er allein, denn Melissa war tot und Maggie Scully besuchte gerade ihren Sohn Charles in Kalifornien. Da betrat ein älterer Arzt das Büro und setzte sich hinter den Schreibtisch, er machte einen freundlichen und vertrauensvollen Eindruck. „Ich bin Dr. Carl Bernstein, Sie sind Agent Mulder?“, fragte er mit einer freundlichen Bassstimme und Mulder nickte, er war froh, dass dieser Mann kein Grünschnabel war, den man gerade frisch von der Universität geworben hatte. „Wie geht es Ms. Scully?“, fragte Mulder besorgt und Dr. Bernstein verwebte seine Finger miteinander. „Nun es geht ihr den Umständen entsprechend. Sie hat mehrere Quetschungen und Blutergüsse sowie vier gebrochene Rippen.“, er holte tief Luft bevor er weiter sprach, „Außerdem ist ihre Scheidenwand von innen aufgeschlitzt worden. Wenn sie auch nur fünf Minuten später gekommen wäre, wäre sie jetzt wohl nicht mehr am Leben. Es sieht alles sehr geplant aus, denn man hat nicht das Gefühl, dass die Verletzungen willkürlich geschehen sind. Die äußeren Wunden werden heilen, aber ihre Psyche wird sehr viel Zeit und Ruhe brauchen, um sich davon zu erholen.“ Mulder hatte dem Doktor aufmerksam zugehört, doch jetzt rang er mit seiner Fassung. Er war unendlich wütend auf den Menschen, der ihr das angetan hatte. Andererseits wollte er jetzt bei ihr sein und sie beruhigen. Bei ihr sein und zeigen, wie viel sie ihm bedeutete. Bernstein jedoch sprach ganz ruhig weiter, „Sie wir jede Hilfe brauchen damit fertig zu werden und bitte drängen Sie sie nicht.“ „Wie lange muss Sie noch hier im Krankenhaus bleiben?“ Bernstein antwortete gelassen, „Etwa drei oder vier Tage, sie ist noch sehr schwach.“ Mulder nickte abermals und meinte dann zögernd, „Wir müssen Sie aber zu einer Aussage drängen, damit wir den Täter drankriegen.“ Bernstein schüttelte den Kopf, „Ich verstehe Sie ja, aber gehe Sie behutsam mit ihr, wenn Sie sie jetzt zu einer Aussage drängen, wird das Ms. Scully mehr schaden als es Ihnen nützt. Überlegen Sie sich das.“ Mulder nickte unaufdringlich und fragte dann leise, „Kann ich sie sehen?“ Dr. Bernstein nickte wohlwollend, „Aber sicher, allerdings mussten wir sie nähen und deswegen liegt sie im Moment noch in Narkose, aber sie wird bald aufwachen. Ich könnte mir vorstellen, dass sie sich freut, Sie zu sehen.“ Sie verabschiedeten sich und Mulder verließ den Raum. Auf dem Flur kam LaTrice freundlich auf ihn zu und führte ihn zu Scullys Zimmer. Auf dem Weg sprachen sie leise miteinander, „Was habe ich jetzt genau zu erwarten LaTrice?“, meinte er scheu und LaTrice schaute ihn fragend an. „Ich meine Sie haben doch schon mehr Frauen nach einer Vergewaltigung erlebt oder?“ LaTrice nickte kurz, „Jede Frau reagiert anders. Manche sind wütend und andere kapseln sich völlig ab. Wieder andere Frauen reden nicht. Da ist immer unterschiedlich. Ich kann Ihnen nur eines sagen, seien Sie behutsam und erschrecken Sie sie nicht. Aber das hat Dr. Bernstein Ihnen doch schon gesagt.“ Mulder nickte und LaTrice öffnete die Tür zu einem schönen, hellen Krankenzimmer. „Sie können mich jederzeit rufen.“, meinte sie und Mulder nickte, dann verschwand die zarte Frau. Sein erster Blick galt Scully und er stellte zufrieden fest, dass sie schon viel besser aussah. Ja, sie war noch immer blass, aber sie hatte schon mehr Farbe, als im Krankenwagen und sie brauchte keinen Sauerstoff mehr. Er zog sich einen Stuhl an ihr Bett und beobachtete ihren Schlaf, ja sie schien zu schlafen, auch wenn es ein künstlicher Schlaf war. Er sah ihre Hand und die Abdrücke von Handschellen darauf. Er wollte gar nicht wissen, wie es unter ihrem Krankenhaushemd wohl aussah. Doch er war nicht mehr richtig wütend, denn was brachte ihm das, wenn er voller Wut war, die ihm sowieso nicht weiterhelfen würde? Langsam öffnete Scully ihre Augen und schaute ihn fragend an. So, als würde sie fragen was passiert war. Doch Mulder konnte in ihrem Blick erkennen, dass die Erinnerung zurückehrte. Schmerzhaft verzog sie das Gesicht und es war ihm, als würde sie gleich anfangen zu schreien, vor Schmerz und vor Kummer. Vorsichtig legte er seine Hand auf ihre Schulter und auch wenn sie im ersten Augenblick zusammenzuckte, ließ er sie nicht los. Sie wand sich zu ihm und er sah den ängstlichen Blick in ihren Augen. Die Scham, die sie empfand, weil er wusste, was passiert war. Am liebsten hätte er ihr jetzt gesagt, dass alles okay ist, aber das stimmte nicht. Aber er konnte sie auch nicht nach ihrem Befinden fragen, weil es klar war, dass es ihr nicht gut ging. Er war sprachlos, stattdessen ergriff sie das Wort. Leise, mit gebrochener Stimme, „Er hat es nicht gewollt.“ Sie schaute Mulder mit großen blauen Augen an und er runzelte die Stirn, „Was? Scully, was redest du da?“ Scully schloss kurz die Augen und schluckte, „Er wollte es genauso wenig wie ich, aber er musste es tun.“ Jetzt schüttelte Mulder auf Heftigste den Kopf. „Was, du nimmst das Schwein, der dir das angetan hat in Schutz?“, fragte er lauter, als er es beabsichtigt hatte. „Siehst du nicht, was er dir angetan hat? Du wärst tot, hätte man dich nicht zu früh gefunden.“ Scully nickte und fuhr sich mit der Hand über die Stirn, dabei biss sie die Zähne zusammen, da ihr diese Bewegung sehr wehtat. Dann stiegen ihr die Tränen in die Augen und sie versuchte verzweifelt gegen sie anzukämpfen. „Ich hab den Ausdruck in seinen Augen gesehen, Mulder.“, meinte sie, nachdem sie die Tränen zurückgedrängt hatte. Mulder nickte schließlich, „In spätestens drei Tagen bist du hier wieder draußen, okay?“ Scully schaute ihn an und nickte schließlich. Mulde dachte lange nach, ob er sie schon danach fragen könnte, aber er wählte eine großzügigere Fragestellung, „Wie fühlst du dich?“ Scully schloss die Augen, „Ich weiß, was du hören willst. Du willst, dass ich dir schildere, was passiert ist…“ Mulder schüttelte den Kopf, als er die Tränen in ihren Augen sah. Scully hatte die Erinnerungen daran verdrängt und er konnte sehen, dass es sehr schmerzhaft für sie war sie wieder hervorzuholen. Scully wollte sich dir Tränen aus dem Gesicht wischen und zeigen, dass sie stark war, doch sie konnte nicht. „Alles was ich wissen möchte ist, wie du dich jetzt im Moment fühlst.“, stellte er friedlich fest und Scully schaute ihn unter Tränen an, „Ich fühle gar nichts und stehe noch unter Schock.“ Das war Scully, selbst in der schlimmsten Lage noch bereit wissenschaftliche Antworten zu geben. Mulder nickte und strich ihr sanft über den Kopf, „Ich weiß. Ruh dich aus.“ Sie nickte und schloss die Augen während Mulder bemerkte, dass sie über einen Tropf Beruhigungsmittel bekam. Er blieb noch eine Weile bei ihr und wachte über ihren Schlaf. Ganz ruhig und still saß er bei ihr, bis er merkte, dass LaTrice das Zimmer betrat. Sie lächelte freundlich und sagte Mulder mit einer Geste, dass sie ihn spreche wollte. Er verließ mit LaTrice den Raum. „Wie geht es ihr?“, Mulder schüttelte den Kopf, „Besser, als ich dachte, aber das liegt an den Medikamenten.“ LaTrice nickte, „Ja, sie bekommt Schmerz und Beruhigungsmittel. Das ist eine reine Vorsichtsmaßnahme, denn sie muss sich ausruhen, der Blutverlust ist hoch, auch wenn sie Blutkonserven bekommen hat.“ Mulder nickte unwirsch und meinte dann, „Ich werde jetzt versuchen herauszufinden, wer das getan hat“ LaTrice nickte, „Wenn Agent Scully nach Ihnen fragt, rufe ich sie an.“ LaTrice wollte sich schon anderen Aufgaben zuwenden, doch Mulder hielt sie kurzzeitig zurück, „Warum tun Sie das?“, sie schaute ihn überrascht an. „Weil es mein Job ist Menschen zu helfen. Ich mache das so gut ich kann.“ Mulder nickte und lächelte kurz. Er wusste, dass Scully nicht nach ihm fragen würde. Dafür war sie zu stolz, sie würde sich nicht eingestehen, dass sie Hilfe brauchte. Noch nicht.







Mulder wusste, was er zu tun hatte, er musste den Namen aus Rebecca herausbekommen, denn sie wusste, wer Scully das angetan hatte. Sie konnte es herausfinden.



Doch er wusste nicht, wo sie nun genau war und so fuhr er erst zu sich nach Hause um unter die Dusche zu springen und sich zu rasieren, dann fuhr er ins Büro und setzte sich an seinen Schreibtisch, um etwas über sie heraus zu finden.



Das Büro kam ihm so lehr vor. So leblos, überall lagen Bücher und Zettel herum, aber es war kein Zeichen von pulsierendem Leben zu sehen. Keine Stimmung. Angespannt setzte er sich vor seinen Computer und suchte in einer Datenbank über Staatsangestellte nach ihr. Er gab ihren Namen ein, Sens, Rebecca und es wurde eine Seite aufgezeigt, auf der stand, dass für den Zugriff auf diese Seite Administratorenrechte nötig waren. Mulder fluchte auf und überlegte, ob die Lone Gunmen anrufen sollte, was er aber doch nicht machte. Langsam verließ ihn seine Geduld und er schaltete den Computer aus, da kam ihm eine Idee, Scully müsste ihre Telefonnummer haben und so fuhr er in ihre Wohnung.







Ihre Wohnung, ein schönes Stück heile Welt. Sie ist aufgeräumt und gemütlich, sie ist ihre Oase, in die sie sich zurückziehen und Kraft tanken kann. Doch hier ist es passiert, hier ist sie verletzt worden. Hier, in ihren eigenen vier Wänden. Warum ist es hier passiert? Warum nicht woanders? Warum nicht in einer Ecke im Park, die man auf immer und ewig meiden könnte. Ich werfe einen kurzen Blick in ihr Schlafzimmer und sehe die Blutflecken auf dem Teppich. Aber jemand hat versucht sie zu entfernen. Außerdem hat hier jemand aufgeräumt. Ich weiß wer: Rebecca, sie schafft Ordnung und Klarheit, in dem sie aufräumt. Ich weiß noch ganz genau, wie sie, ein paar Tage nachdem Sam entführt wurde, mit mir mein Zimmer aufgeräumt hat. Danach ging es mir sehr viel besser, als zu vor. Wir haben wirklich alles ausprobiert, um sie zu finden. Nein, Rebecca hat alles ausprobiert und sie hat mir geholfen besser damit zurechtzukommen. Doch dann war sie für zwei ganze Monate weg und ich war wieder ganz allein mit meiner Trauer. Doch darum geht es jetzt nicht. Es geht um Scully und ihre Gefühle in Bezug auf dieses Geschehnis, dass ich, wenn ich könnte, sofort rückgängig machen würde. Doch ich kann nicht und es ist passiert. Scully muss damit leben und ich werde ihr helfen, so wie Rebecca mir damals geholfen hat.







Die Tür öffnete sich und Rebecca trat in die Wohnung. Sie merkte sofort, dass sie nicht allein war. Langsam fuhr sie sich mit den Händen übers Gesicht, denn die letzte Nacht war anstrengend für sie. Nachdem sie der Polizei ihre Aussage gegeben hatte, hatte sie hier aufgeräumt und dann musste sie noch bin in den Morgen mit Imme darüber reden, was passiert war. Doch sie brauchte sowieso nur sehr wenig Schlaf, doch etwas Ruhe nach dem Anfall hätte auch ihr ganz gut getan. Plötzlich stand Mulder in der Schlafzimmertür, mit vorgehaltener Waffe, denn er wusste nicht, wer gekommen war, doch Rebecca beruhigte ihn schnell, „Hey, ich bin es, Rebecca. Nimm die Waffe herunter.“ Mulder stand perplex in der Tür und nahm dann die Waffe runter und steckte sie weg. „Ich dachte, der Typ würde zurückkommen. Tut mir leid.“ Rebecca nickte und meinte dann vorsichtig, „Du willst unbedingt wissen, wer ihr das angetan hat, oder?“, Mulder nickte und schaute in Rebeccas Gesicht, sie überlegte angestrengt. „Ja, ich möchte es wissen und ich weiß, dass du es weißt.“



Rebecca nickte und meinte nachdenklich, „Ja, klar, aber ihr werdet ihn nicht finde, deswegen nützt es dir auch nichts, wenn ich dir den Namen gebe. Außerdem war er gezwungen das zu tun.“ Mulder schüttelte den Kopf, langsam wurde er wütend, „Scully hat auch so ein Scheiß geredet, ich meine, wie soll er denn einen hoch bekommen, wenn er es nicht will?“ Sie schüttelte den Kopf, „Du verstehst es nicht.“, „Doch ich verstehe es sehr gut, ihr wollt ihn schützen. Scully will ihn schützen.“ Die Leidenschaft für die Wahrheit glomm in Mulders Augen auf und auch Rebecca wurde wilder, „Ich will ihn schützen, ja. Er hat keine Schuld, denn er hat nur einen Befehl ausgeführt.“, Mulder verstand die Welt nicht mehr, wer gab bitte den Befehl zu einer Vergewaltigung? Wer konnte so brutal sein? „Was? Wer gibt solche Befehle?“, schrie er sie an. Er hatte seine Hände um die Schultern der kleinen Frau gelegt und war nah dran sie durchzuschütteln und gegen die Wand zu werfen, doch dann wäre er nicht auch nicht besser als alle anderen. Rebecca wand sich, doch er hielt sie fest, „Ich will eine Antwort“, Immer tiefer krallte er sich in ihrer Schulter fest. Vor Wut, und vor Angst, was sie ihm letztendlich sagen würde. Er drückte sie an die Wand, aber Rebecca blieb ziemlich gelassen, „Hhm, ich wäre wirklich bereit mit dir zu reden, wenn du mich loslassen würdest.“, meinte sie ruhig und plötzlich ließ Mulder sie los und seine Augen bekamen einen schuldbewussten Ausdruck, „Es tut mir leid, Shine, ich wollte dich nicht verletzen.“ Er benutzte den Kosenamen aus ihrer Jugendzeit und Rebecca lächelte und strahlte dabei wirklich. Der Name passte noch immer. „Ist schon gut, ich kann wirklich verstehen, dass du wütend bist.“ Mulder nickte und sie knuffte ihn freundschaftlich in die Seite. „Wollen wir wirklich hier bleiben?“, fragte sie ihn. „Ja, warum nicht?“, „Ein bisschen frische Luft würde auch dir gut tun.“, Mulder schaute sie unschlüssig an, „Das ist nicht der Grund, du hast Angst, dass es schlimme Konsequenzen hat, wenn du mir etwas erzählst.“ Er sprach besänftigend mit ihr, denn er wusste ganz genau, dass die Angst immer mit ihr war. Sie nickte, „Ja, aber früher hatte ich mehr Angst, also gehen wir spazieren.“







Es war ein kühler Herbstmorgen und sie spazierten zu einem nahe gelegenen Park. Zuerst sprach Rebecca nicht, sie war still und genoss die frische Luft und die Bewegung, Mulder hingegen war darauf aus, möglichst viel und so schnell wie möglich zu erfahren. Nur seine Verbundenheit und seine Erinnerungen hielten ihn davon ab, sie zu bedrohen. „Was willst du mir erzählen, Shine?“, fragte er nach einer Weile, denn er wollte so schnell wie möglich wieder zu Scully und eigentlich hatte er überhaupt keine Lust mit ihr spazieren zu gehen. Sicher unter anderen Umständen hätte er es geliebt mit seiner alten Freundin zu reden und zu spaßen, aber jetzt. Nein, Rebecca sollte endlich zur Sache kommen. „Du weißt doch, dass ich auf dieser Schule war. Dort habe ich sehr viel über Dinge gelernt, die nicht an die Öffentlichkeit gelangen dürfen. Und es waren dort noch viel mehr Kinder und Jugendliche. Nun, der Mann, der Dana das angetan hat, ist einer von ihnen und ich kenne ihn schon fast dreißig Jahre. Er hat von irgendeinem Boss den Befehl bekommen, das zu tun.“, sie schluckte hart und sah, dass Mulder Tränen in die Augen stiegen, „Ich weiß aber nicht warum. Nicht hundertprozentig. Ich kann spekulieren, aber das werde ich nicht tun. Ich kann dir nur sagen, dass Morris, so heißt er, darunter leidet, dass er das getan hat. Wir sind keine Unmenschen, sondern nur Befehlsempfänger.“ Sie stockte und Mulder schaute sie nachdenklich an, „Ich glaube dir nicht, Shine.“ Rebecca schüttelte den Kopf, „Schön, dann bringe ich dir ein Beispiel. Kennst du Alex?“ Mulder zuckte zusammen und schaute sie böse an, „Krycek? Dieses Schwein arbeitet mit dem Raucher zusammen und hat meinen Vater und Scullys Schwester umgebracht.“ Rebecca nickte und schaute auf den matschigen Boden, „Ja, genau das hat er getan und…“ Mulder fuhr sie wütend an, „Du willst mir erzählen, dass er einer von den guten ist? Vergiss es.“ Sie schaute ihn beschwichtigend an und meinte dann, „Nein, es ist niemals gut zu töten, aber er ist so aufgewachsen und er wurde wirklich schlimm erzogen, es ist kein Wunder, dass er so geworden ist.“ Mulder nickte, „Und was machst du? Läufst du Morgen los und bringst Scullys Mutter um?“ Da sah Mulder, wie Rebecca Tränen in die Augen stiegen, „Ich würde mich eher umbringen lassen, als einen Menschen zu töten. Und ich werde nicht töten, ich habe die Aufgabe den Menschen zu helfen und wenn ich das nicht mehr kann, bin ich nutzlos. Ich benutzte meinen Job und meine Fähigkeiten nur um Menschen zu helfen! “, da weit und breit kein Mensch zu sehen war, schrie sie ihn fast an und Mulder schloss kurz die Augen. „Es tut mir leid, Shine, ich wollte dich nicht verletzen.“ Behutsam legte er seine Arme um ihre Schultern, „Danke, aber damit ist den Ermittlungen nicht geholfen.“, „Lass die Ermittlungen wegen der Vergewaltigung fallen, ihr bekommt Morris nicht. Gehe zu Dana und hilf ihr. Mehr kann ich dir nicht sagen.“ Er nickte niedergeschlagen und plötzlich lächelte er schelmisch auf, „Sag deinem Mann, dass du das Beste bist, was ihm passieren konnte.“ Rebecca grinste und meinte dann genauso flapsig, aber ernst gemeint, „Schön, dann sag deiner Zukünftigen einen ganz lieben Gruß von mir.“ Mulder verdrehte die Augen und, wenn er in einer anderen Situation gewesen wäre, hätte er sie sofort durchgekitzelt, doch so blieb nur ein blödes Grienen auf seinem Gesicht. Schweigend gingen sie zusammen zurück und Mulder erinnerte sich daran, wie er dieses Mädchen geliebt hatte. Ihren Charme und ihre Heiterkeit. Er hätte sich damals, in den etwa sieben Jahren in denen die beiden ein Paar, niemals vorstellen können, sich in eine andere zu verlieben, doch als er nach England ging, zerbrach ihre Liebe. Damals war er zu Tode traurig gewesen und hatte sich mit jeder Menge anderer Frauen getröstet, doch jetzt sah er, dass es so das Beste war, denn er wäre mit ihrem „Beruf“ nicht klar gekommen. Sie verabschiedeten sich und Mulder fuhr erst einmal zurück zu Scully. Rebecca schaute ihm noch etwas nach und dann sah sie Imme aus der Schule kommen, sie winkte ihr zu und kam dann nach Hause. „Hi, Mami, wie war dein Morgen?“, fragte sie sie vergnügt und Rebecca grinste geheimnisvoll.
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