World of X

Das älteste Archiv für deutsche Akte-X Fanfiction

The Sky of Armageddon (2)

von Lord Sijar

Kapitel 3

~xXx~



Sie saßen in dem kleinen Speiseraum des großen Gebäudes vor den Resten ihres Abendessens. Die Speisekarte war keineswegs vielfältig gewesen, aber die wenigen Gerichte, die die Herrin des Hauses anbot, waren frisch und reichlich. Ein Hühnereintopf in dem der Löffel in den Einlagen stecken blieb und Tortillas die die Bezeichnung „gefüllt“ auch wirklich verdienten, zeigen, dass Gastfreundschaft hoch gehalten wurde. Doggett hingegen schien seinen Wagemut, nämlich von dem hausgemachten Chili zu kosten, inzwischen zu bereuen. Scully hatte schon beim Anblick des dunkelroten Eintopfs nach einem Feuerlöscher Ausschau gehalten und Skinners Blicke waren äußerst misstrauisch gewesen, lediglich Mulder hatte den Mut gehabt Doggett um eine kleine Kostprobe zu bitten. Seinen Reaktionen nach zu urteilen wäre ein Kerosinbrand wohl die angenehmere Alternative gewesen. Doggett aber hatte sich mit einem siegessicheren Lächeln über seine Portion hergemacht. Abgesehen von einem akuten Schweißausbruch schien er seine Mahlzeit auch ganz gut überlebt zu haben, aber jetzt - eine halbe Stunde später - sah das anders aus.

„Also Agent Doggett, ich kann mir zwar durchaus vorstellen, dass Sie die Arbeit an den X-Akten rein mental gesehen, stärker gemacht hat und sie Scheußlichkeiten aller Art jetzt besser verkraften, aber ich denke Ihre Organe sehen das anders.“ Mulder griente schadenfroh als er in Doggetts blasses Gesicht sah. Doggett kam nicht mehr dazu sich eine passende Antwort zu überlegen, sondern stand hastig auf und verschwand in Richtung der Toiletten. Skinner sah ihm mitleidig hinterher.

„Wissen Sie, Mulder, können wir uns das mit der Zimmerordnung noch mal überlegen? Ich habe das ungute Gefühl das Agent Doggett diese Nacht kein Auge zutun wird.“ Skinner knüllte unglücklich seine Serviette zusammen. Mulder warf ihm einen anteilnehmenden Blick zu der seine Erheiterung jedoch nicht verbergen konnte.

„Ich wünsche Ihnen auf jeden Fall viel Spaß mit Ihrem Zimmergenossen.“ Seine Äußerung wurde mit einem Killerblick quittiert. Dann musterte er die beiden Agenten vor sich und konterte:

„Den werden Sie gewiss haben.“ Skinner stellte mit einer gewissen Befriedigung fest, dass Mulder und Scully wenigstens den Anstand hatten rot zu werden. Doggett kehrte zum Tisch zurück. Er hatte einen Teil seiner Gesichtsfarbe zurückgewonnen.

„Habe ich etwas verpasst?“ fragte er die grinsende Runde. Scully begann zu kichern.

„Nichts was erörtert werden müsste Agent Doggett,“ schmunzelte Skinner und registrierte nebenbei den Schuldbewussten Blick, den ihm Mulder zuwarf. Dann befahl er seinem Gehirn wieder auf „Vizedirektor-Modus-im-Einsatz“ zu schalten und ernst zu werden. Er verlangte nach der Rechung. Zumindest das war er seinen Mitarbeitern schuldig. In nächster Zeit würde ohnehin niemand mehr auf die Idee kommen, nach Geld zu fragen. Skinner fühlte sich schuldig und gleichzeitig erleichtert darüber, dass die Nachrichten von den Angriffen noch nicht bis hier her in die Wüste gedrungen waren. Solange die Kommunikation, die Fernsehsatelliten und Radiosender außer Betrieb blieben, würde hier auch niemand etwas erfahren. Eintracht und Frieden blieben hier konserviert bis zu der Sekunde in der die ersten UFOs am Horizont erschienen.

Zehn Minuten später standen sie vor ihren Zimmertüren. Doggett fischte gähnend seinen Schlüssel aus der Tasche und öffnete die Tür mit der Nummer dreizehn. Dreizehn dachte er missmutig. Überall lauerten böse Zeichen. Die Tatsache, dass das Chili unter der Nummer sechsundsechzig aufgeführt worden war, hätte ihm eigentlich zu denken geben müssen. Er warf einen Blick nach hinten zu Mulder und Scully und zu Skinner der die beiden ebenfalls ansah. Keine schönen Zeiten für die beiden. Dann drehte er sich um und verschwand im Raum. Skinner blieb noch einige Augenblicke draußen stehen.

*Agent Doggett, falls Sie schnarchen sollten werde ich mich gezwungen sehen, Sie zu erschießen.....*



~xXx~



Die Bedeutung des Wortes *Verlust* erklärt sich von selbst. Doch wenn man das über alles im Leben geliebte verliert, geht der Verlust über das bloße *etwas verlieren* hinaus. Er wird zu einem inwendigen schwarzen Loch, zu einem immerwährenden verloren sein mit dem Verlorenen.

Ich kenne dieses Gefühl und ich kann es benennen, weil ich es jetzt zum vierten Mal in meinem Leben erlebe. Und ich verliere die, die ich liebe immer an die selbe Finsternis. Aber nichts kann finsterer sein als der Ort, an dem meine Seele gerade nach den Verlorenen sucht. Ich habe meine Schwester an DIE Sache verloren und wenngleich ich zumindest den Frieden in Rache durch einen Fremden wiederfand, der keinen Deut besser war, als der Mann der sie tötete, so ist der Verlust noch immer präsent. Ich verlor meine Tochter, ein Kind das mein eigenes war und doch nicht, weil es seine Existenz und seinen Tod DER Sache verdankte. Ich konnte nicht einmal Trost in dem Wissen finden, dass sie ihren Frieden gefunden hat, weil der Sarg den ich beerdigen ließ leer war. Ich verlor den Mann den ich liebe an DIE Sache und das erste Mal in meiner persönlichen Historie des Verlierens, habe ich ihn wiedergefunden. Aber selbst das ist nur ein schwacher Trost in anbetracht des letzten Verlusts den ich erleben musste. Mein Sohn um dessen pure Existenz als Mensch ich gefürchtet habe, um dessen Leben ich schon vor seiner Geburt fürchten musste, wurde von DENEN geholt. Zum ersten Mal wurde ich Zeuge des Verlierens, das nicht mehr oder weniger war als simpler Raub. Ich will nicht auch noch das letzte verlieren, dass mir geblieben ist, nämlich mein Mitleid und meine Menschlichkeit, aber ich fühle wie dieses Denken ebenfalls langsam verloren geht und schleichend durch das Gift der Trauer und des Zorns ersetzt wird.

Ich würde DENEN gern zeigen, was *Verlust* bedeutet.



~xXx~



Mulder rieb sich die müden Augen als er den Raum betrat. Es war eindeutig kein Motelzimmer. Die niedlichen Dekorationen und die liebevolle Einrichtung zeigten ganz deutlich, dass es sich im wahrsten Sinne des Wortes um ein Familienunternehmen handelte. Es gab keinen Fernseher, wohl aber eine ganze Schrankwand voller Bücher und verblichene Kartons, die von Brettspielen stammten.

„Nette Abwechslung nicht wahr, Scully?“ kommentierte er ihre Unterkunft. Scully saß schweigend auf den großen Doppelbett. Das sollte ja eigentlich kein Problem mehr für sie sein. Als sie ihm nicht antwortete, ließ er sich neben ihr nieder und blickte sie von der Seite an.

„He Scully?“ startete er einen neuen Versuch. Scully war in letzter Zeit auffallend schweigsam gewesen, woraus er schloss, dass es ihr nicht gut ging, selbst nach den neuen Maßstäben.

„Was ist los mit Dir? Du bist doch sonst nicht so ruhig Partner.“ In seiner Stimme lag ein sanftes Lächeln, aber er meinte es ernst. Besorgt.

Scully drehte sich ein wenig zur Seite. Die Kälte der Trauer und des Verlustes lasteten schwer auf ihrer Seele und sie fühlte sich leer und ausgehöhlt, seit diesen letzten Tagen. Ihre Welt, ihr Glaube an die Existenz des Guten ihre Hoffnung ihr Kind wiederzufinden, all dies war zu Asche gebrannt in der nur noch ein schwacher Funke des Willens glühte und der auch zu erlischen drohte.

„Mulder es ist nichts. Ich mag nicht darüber reden,“ erwiderte sie leise. Er musterte sie eingehend, erkante die vergrabene Trauer in ihr und er verstand den Grund.

„Es ist wegen William, nicht wahr?“ Er wusste, dass es gefährlich war, diese Frage zu stellen, denn bisher hatten sie nicht darüber gesprochen. Wie Scully reagieren würde, konnte er nicht sagen. Wie es sich auf ihrer beider geistiger Gesundheit auswirken würde erst recht nicht. Ihre Antwort überraschte ihn

„Das ist kein gutes Thema, Mulder.“ Vorsichtig nahm er ihre rechte Hand in seine und hielt sie fest. Dann blickte er in ihre eisblauen Augen in denen so viel Schmerz und Trauer zu lesen waren.

„Aber es ist etwas worüber wir reden müssen, ganz egal ob es gut oder schlecht ist.“ Scullys Antwort ging nicht darauf ein.

„Mulder... wie hältst du das alles durch? Wie schaffst du es trotz alledem beim Abendessen Doggett zu veralbern und mit Skinner zu reden als sei nichts geschehen? Wie kannst du das hier so einfach durchstehen?“ Ihre Stimme klang verwundert und ein wenig ratlos. Mulders Antwort war sanft.

„Scully, weißt du... das ist seltsam.... Sehr lange Zeit bist du derjenige von uns beiden gewesen, der seine Gefühle verbarg und sein Herz vor dem uns umgebenden Horror verschloss. Du hast dich auf deine Wissenschaftlichkeit und deine Klugheit verlassen und ich kenne keinen Menschen, der das in einer bewundernswerteren Weise getan hat. Ich habe stets versucht von Dir zu lernen. Aber eines ist ganz gewiss: Kalt lässt mich das hier nicht.“ Mulder schwieg ein wenig.

„Wir sind beide Meister darin geworden, unsere Gefühle zu verbergen, nicht wahr?“ fügte er dann hinzu. Er wurde mit einem sanften Lächeln belohnt.

„Oh ja Mulder, wir waren so gut, dass es schließlich alle wussten, außer wir selber,“ meinte sie mit leiser Ironie

„Scully, du bist albern!“ Ein schwaches Grinsen huschte über Mulders Lippen, das schon Sekunden später wieder erlosch, denn er wusste dass es hier nicht um Scherze ging.

„Ich bin nicht albern, ich bin traurig,“ erwiderte sie gedämpft. Wie gerne würde er ihr helfen einen Teil dieser Trauer von ihrer Seele zu nehmen, aber sie trauerten um das gleiche, auch wenn sich Mulder mit diesem Schicksal nicht abfinden wollte.

Unvermittelt sagte er:

„Ich glaube, dass Will noch lebt!“ Er wusste nicht woher dieser Gedanke stammte, aber er glaubte an seine Worte. Scully starrte ihn wortlos an.

„Wie kannst du Dir so sicher sein?“ flüsterte sie.

„Es ist eine Frage des Glaubens. Solange der Glaube an etwas besteht ist es noch nicht alles verloren. Das wissen wir beide. Wie oft schon, Scully hat uns unser Glaube gerettet? Ich meine nicht den Glauben an eine höhere Macht, sondern den Glauben an das Gute, den Glauben an die Wahrheit, den Glauben an uns selbst. Dein Glaube an meine Überzeugung, dass SIE da draußen sind und mich geholt haben, rettete mir das Leben. Wir sind erst besiegt, wenn wir uns geschlagen geben.“

Scully spürte die Wärme seiner Worte, die unerschöpfliche Hoffnung, die er immer noch in sich trug, und seinen unerschütterlichen Glauben an die Wahrheit. Sie spürte auch, wie sie diesen Worten vertrauen wollte und an IHN glauben. Mulder hatte es schon immer geschafft, ihr neue Hoffnung zu geben. Vielleicht würde der Funke auch in ihr wieder auflodern.

„Du hast etwas vergessen,“ meinte sie mit leichtem Lächeln, dass einen Teil des Schmerzes aus ihren Gesichtszügen verbannte..

„Unser Glauben an Liebe hat ein Wunder ermöglicht.“ Mulder senkte seinen Blick ein wenig. Schüchtern, ging es ihr durch den Sinn. Unbewusst rückte sie etwas näher an ihren Partner, Kollegen.... Freund.... was immer sie auch waren, heran. Sein warmer Blick traf ihren.

„Es hindert uns Nichts daran, es noch einmal zu tun.“ Die Bedeutung dieses Kommentars war explizit klar.



~xXx~



Die Erde versank im Chaos. SEINE Bediensteten sahen mit Genugtuung auf das herab, dass sie verursacht hatten. Es bleib nur noch wenig zu tun. Bevor SIE jedoch fortfahren würden, die lästigen Plagegeister aus dem Weg zu räumen, würden sie zuerst die Atmosphäre der kleinen blauen Welt von dem elektronische Spielzeug säubern, das die störrischen Menschenwesen in die Umlaufbahn um IHRE Welt gebracht hatten und das ihnen eine primitive Kommunikation ermöglichte. Andererseits untersuchten SIE mit Misstrauen, den Verlust eines ihrer Schiffe. Den Zeichen nach zu urteilen, gab es auf der Erde keine Macht, die groß genug wäre, um eines IHRER erhabenen Schiffe zu zerstören. Doch es war geschehen. Eine unbedeutende Unvorhersehbarkeit, doch kein noch so kleines Hindernis für SEINEN Plan.



~xXx~



18.03 UHR WASHINGTON



Yeahhh! ICH HAB’S!!!“ Dieser Jubelruf stammte von Frohike, der im Büro der Einsamen Schützen vor ihrem neuen Rechner saß. Der Raum war verhältnismäßig gut aufgeräumt, trotzdem war der nagelneue Computer mit zweikommacht Gigahertz Taktfrequenz auf dem Fußboden aufgebaut, und seine Kabelinnereien mit anderen Rechnern, der Telefonleitung und einer Satellitenschüssel verbunden worden. Byers und Langley stürzten aus dem Nebenraum herbei.

„Du hast’s?“

„Yeah Man!“

„Zeig mal her!“ Byers drehte sich den Bildschirm zur Seite. Sein einziger Kommentar bestand aus einem ehrfurchtsvollen und neidischen:

„Wow!“ Frohike grinste stolz:

„Ich präsentiere: Die offizielle Kommunikationsplattform der größten Verschwörung aller Zeiten. Wir sind drin. Mulders Dad mag ein mieser Schweinehund gewesen sein, aber seine Arbeit ist große Klasse. Alles vom feinsten.“ Seit ihnen Mulder den neusten Autorisierungscode für das Projekt mitgeteilt hatte, versuchten sie, eine stabile Verbindung zu den Zentralrechnern von Camp Unity aufzubauen. Zum ersten mal in der Geschichte der Lone Gunmen, stellte nicht mehr die Zugangsberechtigung zu gesicherten Daten, sondern eine unzureichende Technik, das Problem dar. Rein technisch gesehen, hatten sie die Erlaubnis auf die Rechner zuzugreifen erhalten, aber die Tatsache, dass ein Grossteil des Leitungsnetzes und wichtige Kontenpunkte der Kommunikation während der Angriffe in Mitleidenschaft gezogen worden waren, machte eine störungsfreie Übertragung zu einem Hindernisparcours. Von den Problemen im Satellitenempfang ganz zu schweigen. Trotzdem hielt es Mulder für wichtig, dass auch die Daheimgebliebenen über die Vorgänge in Camp Unity unterrichtet wurden. Plötzlich schrillte das Telefon. Langley bekam den Hörer als erster zu fassen.

„Das Büro der Einsamen Schützen....“ meldete er sich in geschäftsmäßigem Tonfall, der im krassen Kontrast des ausbrechenden Chaos stand und schaltete in alter Gewohnheit das Tonbandgerät dazu. Aber Augenblicke später verdüsterte sich seine Mine und er warf den beiden anderen Gunmen einen bedeutungsvollen Blick zu.

„Oh Agent Reyes, Sie sind es....“ Momente des Schweigens, dann räusperte sich Langley und sagte bedächtig:

„Ich fürchte, ich muss Ihre Beobachtung bestätigen.... Die Antworten seiner Gesprächspartnerin schienen alles andere als glücklich auszufallen.

„... Agent Reyes, beruhigen Sie sich. ... Ja, Agent Mulder und Agent Scully hatten recht! Aber es hilft gar nichts, wenn sie sich jetzt aufregen! .... Das beste ist, Sie kommen mit ihren Freunden so schnell wie möglich nach Washington... Agent Reyes?... Agent Reyes!“ Frustriert knallte Langley den Hörer auf.

„Verdammter Mist! Die Leitung ist schon wieder tot!“

„Was ist mit Agent Reyes?“ fragten Byers und Frohike wie aus einem Mund.

„Sie ist grade aus ihrem Urlaub in die Zivilisation zurückgekehrt,“ brummte Langley unglücklich.

„Sie wollte wissen, wo Doggett, Scully und Mulder sind.“

„Und, was will sie jetzt unternehmen?“ fragte Byers.

„Ich hab ihr geraten nach Washington zurückzukommen,“ Langley zuckte mit den Achseln „derzeitig kann sie sowieso niemandem helfen. Außerdem scheint die Leitung entgültig zusammengebrochen zu sein. Wir müssen abwarten, was Mulder und Scully hingebogen bekommen.“



~xXx~

I can't fight this feeling any longer.

And yet I'm still afraid to let it show.

What started out as friendship,

Has grown stronger.

I only wish I had the strength to let it show.

I tell myself that I can't hold out forever.

I said there is no reason for my fear.

Cause I feel so secure when we're together.

You give my life direction,

You make everything so clear.

And even as I wander,

I'm keeping you in sight.

You're a candle in the window,

On a cold, dark winter's night.

And I'm getting closer than I ever thought I might.

And I can't fight this feeling anymore.

I've forgotten what I started fighting for.

It's time to bring this ship into the shore,

And throw away the oars, forever.

Cause I can't fight this feeling anymore.

I've forgotten what I started fighting for.

And if I have to crawl upon the floor,

Come crushing through your door,

Baby, I can't fight this feeling anymore.

My life has been such a whirlwind since I saw you.

I've been running round in circles in my mind.

And it always seems that I'm following you,

Cause you take me to the places,

That I'd known I'd never find.

And even as I wander,

I'm keeping you in sight.

You're a candle in the window,

On a cold, dark winter's night.

And I'm getting closer than I ever thought I might.

And I can't fight this feeling anymore.

I've forgotten what I started fighting for.

It's time to bring this ship into the shore,

And throw away the oars, forever.

Cause I can't fight this feeling anymore.

I've forgotten what I started fighting for.

And if I have to crawl upon the floor,

Come crushing through your door,

Baby, I can't fight this feeling anymore.Ä



~xXx~



ROSE, ARIZONA 22.12 UHR



Es sind die Tage vor denen uns Krycek warnte, die letzen Tage der Welt, da wo es zu zählen aufhört, was man einmal war und für was man einstmals kämpfte. Es gibt nur noch das Ende und keine Ordnung mehr. Das Chaos bemächtigt sich dieser Erde und mit ihm schreitet die Vernichtung einher. Es wurde uns Prophezeit, dass wir untergehen würden, wie die Dinosaurier und siehe da, wir werden untergehen in einem Meer der Flammen. Ich habe an die Wahrheit geglaubt und alle meine Hoffnungen in sie gesetzt, aber nun scheint es so, als würde auch sie uns nicht mehr erretten können. Jemand sagte mir einmal, dass auch die größte aller Wahrheiten ohne eine richtende Macht, ohne ein Gesetz das ihr dient, nur ein tiefer, bodenloser Abgrund ist, der denen, die zu lange hinabstarren, den Wahnsinn beschert. Aber vielleicht bin ich über diesen Wahnsinn schon hinaus und ziehe es vor, die Wahrheit als einen Himmel voller Sterne zu sehen, den man zwar niemals erreichen kann, der einem wenigstens aber die Orientierung in der Finsternis möglich macht.“



Mulder schrieb eigentlich kein Tagebuch, das machte allein schon sein fotographisches Gedächtnis überflüssig, aber wenn ihn seine Gedanken zu ersticken drohten, dann nahm er sich ein Blatt Papier oder die Rückseite eines Werbeblatts oder sonst irgendeinen Zettel und brachte seine Grübeleinen zu Papier. Eigentlich war es längst Zeit zum Schlafen, zumal sie Schlaf dringend benötigten, aber Mulder war noch viel zu aufgewühlt um Ruhe zu finden. Deshalb saß er nun im Schein der kleinen Tischlampe an dem großen Schreibtisch in ihrem Zimmer und bemühte sich, Struktur und Harmonie in seine Überlegungen bekommen. Scully war vor fünf Minuten nach draußen verschwunden um noch einmal frische Luft zu holen, wie sie selbst gesagt hatte, aber Mulder vermutete, dass sie ebenfalls ein wenig Gedankensäuberung betreiben wollte. Er seufzte, knüllte den beschriebenen Zettel zusammen und versenkte ihn mit einem gekonnten Zielwurf im Papierkorb zu seiner Rechten. Dann fuhr er sich mit einer Hand durch sein dunkles Haar. Bei seiner *Wiedergeburt* im Krankenhaus vor zwei Monaten, war es für seinen Geschmack zu kurz gewesen, aber mittlerweile hätte er einen Frisörtermin dringend nötig gehabt. Er stand auf und griff nach einem der Handtücher, die zusammengefaltet auf dem großen Bett lagen. Scully hatte keinen abschätzigen Kommentar über die Dusche gemacht, er ging davon aus, das ihm zumindest das allabendliche Ritual der Körperpflege etwas Entspannung verschaffen würde.



Der Blutmond glomm über der Erde. Ein Halbkreis düsteren, roten Lichts beherrschte den finsteren Himmel. Scully wusste, dass es lediglich an dem Ruß in der Luft lag, der diesen bedrückenden Farbeffekt schuf, aber die weniger rationalen Teile ihres Selbst, reagierten mit Furcht und Schrecken auf dieses Zeichen, das wie ein Symbol für die sterbende Welt erschien. Vernichtung, das Ende der alten Ordnung - das Ende aller Zeiten und der Tod allen Lebens. Scully war in katholisch erzogen worden, so wie es der Tradition ihrer Seefahrerfamilie entsprach. Und obwohl sie doch eine Wissenschaftlerin war und sonst eher Mulder das Interpretieren von Legenden, Religionen und Glaubensrichtungen übernahm, so kannte sie doch die Bibel noch gut genug, um sich an die Prophezeiung der Apokalypse zu erinnern. Auch dort war der blutrote Mond das Zeichen des Weltuntergangs. Über sich selbst verärgert befahl sie ihrem Gehirn jegliche Gedanken an alte Metaphern und Prophezeiungen beiseite zu schieben. Sie schüttelte den Kopf, und beschloss dann ins Haus zurückzukehren. Es wurde nachts schnell kühl in der Wüste. Fröstelnd zog sie ihre Jacke etwas fester zusammen, bevor sie sich umdrehte und zum hell leuchtenden Farmhaus zurückkehrte. Sie war nur etwa zweihundert Meter hinaus in die Wüste gegangen, trotzdem erschien ihr der Rückweg wie eine halbe Nachtwanderung durch die Verlassenheit.



Als sie das Zimmer betrat, kam Mulder gerade aus der Dusche. Er trug nichts weiter als seine dunklen Boxershorts. Sein Haar war noch nass und wirkte im schwachen Licht beinahe schwarz, während sein muskulöser Oberkörper in einen warmen Goldton getaucht zu sein schien. Schlank, athletisch und von würdevoller Statur, Perfektion, genau wie seine warmen ausdrucksstarken Blicke und seine vollen geschwungenen Lippen. Mulder sagte nichts, als er ihre Blicke auf sich spürte, aber seine dunklen, funkelnden Augen musterten sie mit der selben Intensität, die Scully erschaudern ließ. Sie verfluchte ihn für die Wirkung, die er auf sie hatte, denn es war definitiv nicht der richtige Zeitpunkt für diese Gedanken. Und trotzdem machte es ihr auf beinahe beängstigende Weise klar, wie sehr sie Fox Mulder begehrte. Als Ein und Alles, als Kollegen, als Partner, als Schulter zum anlehnen, als gelegentliches Ärgernis, als Sandsack, als Freund ... und wohl auch als den einzigen wahren Liebhaber den sie je gehabt hatte. Er besaß nichts von dem, was als Norm galt. Weder einen netten Platz zum Leben, geregelten Lebensrhythmus oder auch materiellen Reichtum. An ihm war nichts konventionell oder gewöhnlich, doch dieses normale durchschnittliche Leben war ohnehin nicht zu Scullys Leben geworden, aus unzählbaren Gründen. Sie hatte einen anderen Weg gewählt und war dabei mit einem Menschen konfrontiert worden, mit dem sie kaum eine Gewohnheit, Vorliebe oder Charaktereigenschaft teilte. Genau deshalb aber waren sie vom ersten Tag an zu einer perfekten Einheit geworden, was beinahe alle Situationen ihres Lebens betraf. Wie das Meer und der Himmel, wie der Mond und die Sonne. Seelengeschwister auf verschiedenen Wegen mit einer gemeinsamen Aufgabe und einem gemeinsamen Ziel.

Sie erahnte was Mulder dachte, als er sie betrachtete. Aber sie waren beide nicht bereit dafür. Vielleicht physisch aber keineswegs emotional. Vorerst sollten sie sich damit begnügen, was sie hatten. Die Nähe des Anderen, ihre Zuneigung und Kameradschaft. Das war es, was ihr ihr Verstand riet, doch sie beide wussten, dass sie dieses Spiel diese Nacht weitertreiben würden, um einen kleinen Teil des Glücks zurückzuholen, das man ihnen genommen hatte während all der vergangen Jahre.

„Du denkst zuviel, Scully!“ Mulders Stimme war auf ein kratziges Flüstern reduziert, als er die kurze Distanz zwischen ihnen überwand und sie sanft in seine Arme schloss. Sie erlaubte es ihm immer noch zu selten, sie einfach nur zu trösten. Scully erwiderte seinen warmen Blick und sie wusste, das sie sich in diesen Augen verlieren konnte.

„Das ist nicht die richtige Zeit dafür, Mulder.“ Es war die Stimme der Vernunft in ihr, der diese Worte geschaffen hatte, aber Scully glaubte nicht länger an diese Art der Vernunft. Und Mulder wusste es.

„Wann wird die richtige Zeit dafür sein?“ Wortlose Kommunikation: Er kannte die Antwort bereits.

Statt es auszusprechen schmiegte sich Scully dichter an seinen warmen starken Körper und legte ihre Hände auf seine Brust. Vorsichtig neigte er seinen Kopf zu ihr herab, wissend darum, dass sie einander heute Nacht Freunde sein würden, sich gegenseitig tröstend und die Leere in ihren Herzen ausfüllend in ihrem Beisammensein. Sie spürte seinen warmen Atmen in ihrem Gesicht, die beinahe schüchterne Frage, wie weit sie es sich erlauben sollten, diese Nacht zu gehen. Behutsam zeichnete sie die Linie seiner Wangenknochen und seines Kinns nach, ihm bestätigend, seine Frage verstanden zu haben und sie gleichzeitig zu bewilligen. Er zog sie dichter an sich heran, bis sie fest aneinander geschmiegt waren, beließ eine Hand um ihre Taille und umfasste mit der anderen ihr Genick, während ihre Fingerspitzen begannen Kreismuster auf seiner Brust zu zeichnen. Seine sanften Blicke waren noch immer in ihren Augen gefangen, in denen das Leben aufzulodern schien. Sie traf die Entscheidung für sie beide, als sie ihre Hände über sein Schlüsselbein wandern ließ, seine Schultern, seinen Hals streifte und schließlich in seinem Nacken zur Ruhe kommen ließ, um seinen Kopf weiter zu sich herunterzuziehen. Sie küsste ihn, vorsichtig dennoch fordernd und er seufzte leise, wie zur Bestätigung. Es war nicht ihr erster Kuss, aber der erste Kuss in einer dem Untergang geweihten Welt. Sanft wenngleich doch leidenschaftlich genug, um auch ihr ein leises Stöhnen zu entlocken, streiften seine samtigen Lippen die ihren. Seine Liebkosungen waren schon immer Gift für ihre Selbstbeherrschung gewesen, aber nun spendeten sie Trost und Geborgenheit, das einzige, das sie sich noch zu geben hatten.

„Weißt du, dass diese Liebe keine Zukunft hat?“ flüsterte sie, als sie sich wieder voneinander lösten.

„Sshh, Scully, sag so etwas nicht, denn Liebe ist nie ohne Hoffnung. Sie definiert die Hoffnung“. Der zweite Kuss war zärtlich und aber der Beginn, ein altes Versprechen einzulösen. Es wurde Zeit die *extremen Möglichkeiten* miteinander zu erwägen und das weiterzuführen, dass sie vor einem Jahr begonnen hatten, bevor das Schicksal ihn von der Welt fortgenommen hatte.



~xXx~





As I wake up in this morning on life’s big roller coaster

I’m looking for the devil in disguise

As I look into the haze

And maze and the lightning and the thunder

I hope an angel’s on my side, on my side



‘Cause time, time don’t give damn about tomorrow

And time don’t really care about no yesterdays

Time is only watching all the pain we bear

All of the joy we share, do we care

Time to wonder



As I look in all the faces I’ve just got to stop and wonder

What are we searching for

Everybody spies and lies and tries to talk about the future

As we’re marching off to war, anybody keeping score



‘Cause time, time don’t give damn about tomorrow

And time don’t really care about no yesterdays

Time is only watching all the pain we bear

All of the joy we share, do we care

Time to wonder



Take a look around at all the time we’re wasting

Take a look around and know you’re just passing through

Will you find the truth, that light inside the darkness

Will it ever come to be that you’ll find the key that will set you free

That will set you free, that will set you free

It’s only Time

Time to wonder



Looking out of my window I see good an I see the evil

I see the joy and dispair

Do you want the pain, the strain, the insane that will take us under

Or do we find some way to share

Does anybody really care



‘Cause time, time don’t give a damn about tomorrow

And time don’t really care about those yesterdays

Time is only watching you

Time is only watching me

What are you going to do with your life



Time is watching all of the pain we bear

And all of the joy we share, do we care

Time to wonder

It’s time to wonder, it’s time to wonder

What war you going to do with your life

What ware you going to do with the time that you’re given there

It’s time to wonder, it’s time to wonder, it’s time to wonderÄ



~xXx~



ROSE, ARIZONA 06.35 UHR



Der Morgen kam viel zu schnell, fand Doggett, als er sich missmutig zur Seite rollte, und prompt auf dem Fußboden neben der Couch landete. Eine Welle der Übelkeit überrollte ihn und verstärkte den bitteren Geschmack in seinem Mund. Sein Magen rebelliert noch immer. In dieser Nacht hatte er den Weg zur Toilette bereits so oft zurückgelegt, dass ihm jetzt noch die Füße schmerzten, zumindest fühlte es sich so an. Nach der zweiten Unterbrechung der Nachtruhe, hatten ihn Skinners mürrische Blicke dann dazu veranlasst, sein Quartier direkt neben der Tür des Badezimmers zu beziehen. Aber vom Vizedirektor war schon längst keine Spur mehr zu sehen, wahrscheinlich saß er schon längst beim Frühstück. Doggett hasste diesen Tag schon jetzt. Er war kein ausgeprägter Frühaufsteher und die Vorstellung jetzt irgendwelche Nahrungsmittel zu sich nehmen zu müssen, behagte ihm erst recht nicht. Das Sitzmöbel auf dem er übernachtet hatte, fühlte sich klamm an und der fast schmierige Grauschleier der es bedeckte, verstärkten seine Übelkeit. Gut, dass er das gestern Nacht im Dunkeln nicht gesehen hatte, sonst hätte er sich unter Skinners strengen Blicken als Putzkolonne seines Mageninhaltes beweisen müssen. Langsam erhob er sich und wankte ins Badezimmer. Kaltes Wasser und eine Rasur ließen ihn wieder beinahe wie einen Menschen fühlen. Er warf seinem Spiegelbild einen grimmigen Blick nach dem Motto „Tu mir nichts, dann tu ich Dir auch nichts, Kumpel“ zu, dann griff er nach seinem T-Shirt. Für einige Sekunden spielte er mit dem Gedanken joggen zu gehen, wurde sich aber des Wahnsinns bewusst. Wahrscheinlich würde er seinem geschwächten Körper damit den Rest geben. Doch auf seine übliche Morgengymnastik wollte er nicht verzichten. Seit er an den X-Akten arbeitete, hatte er mit regelmäßigem Training begonnen. Die Außeneinsätze forderten Kondition und Kraft, viel mehr, als die Tätigkeit in einem normalen Polizeirevier. Scully hatte ihm von Anfang an ziemlich klar gemacht, was zu ihren Aufgeben gehörte und er war überrascht gewesen, wie leicht sie selbst mit den körperlichen Anstrengungen klar kam, trotz ihrer Schwangerschaft, selbst wenn er zu diesem Zeitpunkt noch nichts davon gewusst hatte. Die Tatsache, dass eine schwangere Frau ihn mehr als einmal abgehängt hatte, hatte er zum Anstoß genommen, sich etwas mehr auf Vordermann zu bringen. Als er vor die Tür trat empfing ihn strahlender Sonnenschein. Die Luft war noch kühl und ein feiner Nebel lag über der Wüste. Doggett begann mit Liegestützen, doch plötzlich hörte er Sand in seiner Nähe knirschen. Seine vom FBI und dem Leben trainierten Instinkte ließen ihn wachsam werden. Er rappelte sich auf, aber es war Skinner, der in zügigem Tempo eine kleine Anhöhe heruntergejoggt kam. Doggett blinzelte verwirrt. So hatte er seinen Chef nicht eingeschätzt. Skinner war um einiges älter als Mulder oder er selbst, trotzdem schien er vor Energie nur so zu strotzen.

„Oh, Agent Doggett, begrüßte er ihn munter.

„Wie geht’s Ihrem Magen?“ Doggett schüttelte andeutungsweise den Kopf.

„Na ja, ich habe mich schon besser gefühlt, aber es ist soweit wohl wieder alles in Ordnung.“

„Freut mich,“ meinte Skinner.

„Sind Scully und Mulder schon auf den Beinen?“

„Ich habe sie noch nicht gesehen.“ Skinner grinste Doggett breit an.

„Und ich glaube wir warten besser, bis sie von alleine kommen.“



~xXx~



CAMP UNITY, COLORADO, 16.48 UHR



Das Gefühl, das sich in Mulders Magen breit gemacht hatte, als sie die breite, doch gut verborgene Zufahrtsrampe zum Camp Unity herauffuhren, war definitiv als unangenehm einzustufen. Schließlich hatten sie ihr Ziel erreicht. Falls es einen organisierten Wiederstand gegen die Aliens geben sollte, so würde er von hier aus gelenkt werden. Mulder drehte sich zu seinen Mitfahrern um. Doggett schlief - Mulder nahm an, das ihm das Chili eine schlaflose Nacht bereitet hatte - Skinner blickte aus dem Fenster und Scully schrieb schon seit einer halben Stunde irgendwelche Notizen. Sie war völlig in Gedanken versunken.

Wieder versperrte ein hohes Maschendrahttor dem Jeep den Weg. Das dritte seiner Art. Mulder griff erneut nach seinem Ausweis, und wie schon an den beiden vorausgegangenen Wachposten veränderten auch hier die Soldaten sofort ihr Verhalten, als sie erkannten, um wen es sich handelte. Mulder schüttelte den Kopf, als er sah, wie ehrerbietig sich die Wachen plötzlich verhielten. Für einige Sekunden schoss ihm ein völlig absurdes Bild durch den Kopf. Er sah sich selbst in der Rolle seines Vaters, die Militärs und Wissenschaftler, die ihm unterstellt waren, zu bitten, ihn einfach nur „Mulder“ zu nennen. Er grinste vor sich hin. Dann öffnete sich das Tor und er steuerte den Truck geschickt über eine abschüssige Piste auf einen großen, beinahe natürlich wirkenden Höhleneingang zu. Als der Truck etwas ins Rutschen geriet, hörte Mulder eine Wache noch rufen:

„Achten Sie auf die Mienenfelder, Sir!“ Wie schön, dass die ihm das jetzt sagten, dachte Mulder sarkastisch. Scully blickte auf, griff nach seiner freien Hand und drückte sie kurz.

„Das wirst du auch noch schaffen,“ meinte sie leise.

„Halt Stopp Scully, sonst hast du dich immer über meine Fahrkünste beschwert!“

Es gelang Mulder glücklicherweise ohne irgendwelche Zwischenfälle den Eingang zu dem weitverzweigten Höhlensystem zu erreichen, in dem Camp Unitiy errichtet worden war. Das Innere der ersten großen Höhle glich einem riesigen Fuhrpark. Leichte und mittelschwere Einheiten - Versorgungsfahrzeuge, Truppentransporter und kleine Panzer - waren auf einer Fläche von mehreren Tausend Quadratmetern geparkt, zwanzig Meter über ihnen erstreckte sich die rötlichbraune Decke. Skinner hatte Doggett aufgeweckt, damit auch er die Gelegenheit hatte, sich die Umgebung genau einzuprägen.

„Wie lange bauen die wohl schon daran?“ war sein einziger Kommentar zu den gewaltigen Ausmaßen des Kavernensystems.

„Wahrscheinlich haben die schon vor ein paar Jahren angefangen, Löcher in die Felsen zu bomben,“ murmelte Mulder achselzuckend.

„Hauptsache ist, das es überhaupt steht.“

„Alles meine Steuergelder,“ brummte Skinner missgelaunt. Seine Anmerkung entlockte den drei anderen ein Grinsen.

„Skinner, denken Sie eigentlich immer nur an ihre Steuerausgaben?“ löcherte ihn Doggett.

„Wenn ich alles, was ich unserem Finanzamt seit Beginn meines Dienstes vor einundvierzig Jahren abgetreten habe, zurückbekäme, könnte ich wahrscheinlich den ganzen Saftladen USA damit aufkaufen.“ Skinners ungewohnter Zynismus verwunderte Mulder nicht wenig. Vermutlich war es sein Chef einfach nur Leid geworden, dauernd den Vorzeigeboss zu spielen. Jetzt nicht mehr, nicht mehr unter diesen Umständen. Aus der Dunkelheit eines Nebentunnels tauchte ein weiteres Fahrzeug auf, dem mehrere Soldaten und ein uniformierter Spender entstiegen. Sie begrüßten sich den Umständen entsprechend kühl und knapp, ein Soldat parkte ihr Fahrzeug in einem anderen Hangar.

„Es ist gut, dass Sie in der Lage waren so schnell hierher zu kommen, denn es haben sich neuerliche Schwierigkeiten ergeben,“ berichtete ihnen Spender, als sie gemeinsam einen der zahlreichen gut beleuchteten Tunnel entlang gingen, die in das innere des Felsmassivs führte. Immer wieder gelangen sie an Kreuzungen und passierten hohe Stahltore. Der Komplex besaß eine ungeheure Ausdehnung

„Was ist es diesmal?“ seufzte Mulder. Spender sah seinen Sohn von der Seite an.

„Bevor unsere Kommunikationssysteme vor vier Stunden entgültig versagten, erhielten wir noch die letzten Statusberichte aus den zerstörten Gebieten. Es wurden zum Zeitpunkt des letzten Kontakts bereits einhundertzweiundsiebzig Leichen entdeckt, die die üblichen Spuren der Infizierung mit Purity aufweisen. Entweder sie wurden nicht von unsern Impfmaßnahmen erreicht, oder der Schwarze Krebs ist mutiert.“

„Scheiße!“ fluchte Mulder entsetzt und beschrieb damit vortrefflich, was die anderen dachten. Es brannte ihm aber noch etwas ganz anderes auf den Nägeln. Er sah Spender ernst an:

„Haben wir die üblichen Symptome?“

„Wenn du die Auflösung von Zellgewebe und das heranreifen einer extraterrestrischen Biologischen Entität im inneren des infizierten Organismus mit „Die üblichen Symptome“ beschreibst, dann muss ich diese Frage positiv beantworten.“

„Spender, verdammt tun Sie nicht so affektiert!“ brummte Mulder. Was sich hinter der salbungsvollen Beschreibung seines Vaters verbarg, war nichts weiter, als das Todesurteil. Denn auf die einhundertzweiundsiebzig toten Menschen, kamen einhundertzweiundsiebzig neue, auf töten programmierte Alienlarven, die ihrerseits in der Lage sein würden, andere Menschen umzubringen oder schlimmer noch - zu infizieren.

„Was konnte bisher als Gegenmaßnahme eingeleitet werden?“ fragte Skinner den alten Mann.

„Uns bleiben kaum Optionen,“ gestand Spender ein.

„Um eine weitere Ausbreitung von Purity zu verhindern, habe ich angeordnet, alle Infizierten sofort zu verbrennen.“

„Sie haben *Was* getan?“ keuchte Mulder entsetzt, als er die lapidare Formulierung seines Vaters vernahm.

„Du hast mich richtig verstanden, Fox.“ Spender blieb stehen.

„Was bleibt uns eine andere Möglichkeit? Manchmal muss das Leben weniger geopfert werden, um Vielen das Leben zu retten.“

„Aber es existiert doch ein Impfstoff! Ich habe ihn schon selbst in der Hand gehalten, um Scully zu retten!“ schrie Mulder seinen Vater an. Spender maß ihn mit einem kühlen Blick.

„Und für wie lange existiert er dann? Wie schnell werden Resistenzen auftreten? Wie sollen wir den Impfstoff schnell genug zu den Betroffenen bringen? Ein Großteil der Bevölkerung sollte doch ohnehin immun sein, dafür ist dein Sohn gestorben.“ Mulder wandte sich angeekelt ab. Er benutzte ganz bewusst eine persönliche Anrede, so wie Spender es tat.

„Wie kannst du so kalt sein?“

„Verwechsle Kälte nicht mit Pragmatismus, Fox. Glaubst du, dass Bill Mulder deine Schwester - meine Tochter - gerne gehen ließ? Genau wie ich, tat er dass, was von ihm verlangt wurde. du solltest das langsam lernen.“ Mulder funkelte seinen Vater wütend an.

„Wie kannst du so etwas sagen? Wie kannst du es überhaupt nur *wagen* Samantha hier reinzuziehen? Du selbst hast sie verraten und wie wir jetzt sehen noch nicht einmal zu einem guten Zweck, denn wir sind ohnehin alle dem Tod geweiht. Langsam wird mit klar, dass du noch elender bis, als ich ohnehin gedacht habe! Du willst mich zu deinem Erben machten? Aber dann akzeptiere, dass ich NIEMALS zu einem solchen Bastard werden will, wie du!“ Spender nickte erhaben.

„Genau diese Antwort habe ich von Dir erwartet, Fox. Doch so lange ich lebe, werden einige Dinge nach meinen Prinzipien gehandhabt. Falls du dich je in meiner Position finden wirst, wirst du deine Sichtweise überdenken. Und nun sollten wir weitergehen.“ Mulder schnappte bei der Unverfrorenheit seines Gegenübers nach Luft, aber er verschluckte alle weiteren Kommentare, die ihm noch auf der Zunge lagen. Stattdessen konzentrierte er sich auf die Bauweise der unterirdischen Zentrale und musterte dabei unauffällig die Gesichter von Scully und Doggett. Scully lebte mit ihrer Trauer ohne sich von dem Schmerz besiegen zu lassen, aber Doggett begann ihm ernsthaft Sorgen zu machen. Seine unnatürliche Blässe und die glasigen Blicke konnten unmöglich von einer Portion Chili in einem schwachen Magen herrühren und Mulder hoffte inständig, dass sich sein Kollege keine Grippe oder dergleichen eingefangen hatte. Spender lotste seine kleine Gruppe durch unzählige Flure. Mit einem Lift ging es mehrere Stockwerke nach unten. Scully räusperte sich:

„Mr. Spender?“

„Ja bitte Agent Scully?“

„Welche Art von Forschung betreiben Sie genau, hier unten?“

„Bis vor kurzem studierten wir das Genom des fremden Virus, um einen wirksamern Impfstoff, und vor allen Dingen auch eine biologische Waffe, gegen unsere Angreifer konstruieren zu können. Warum fragen Sie, Agent Scully?“ Scully dachte nach, vielleicht könnten ihre Erfahrungen mit Purity von Nutzen sein, aber sie entschied sich dagegen es zu erwähnen.

„Nein, Mr. Spender, es war lediglich eine Interessensfrage.“ Der alte Mann musterte sie mit einem scharfen, durchdringenden Blick. Genau wie Mulder, schoss es ihr durch den Kopf. Auch Spender schien die Gabe zu besitzen, jede ihrer Lügen zu entdecken, doch er beließ es dabei.

Sie durchquerten eine hohe graue Stahltür die von zwei Soldaten flankiert wurde und betraten einen gewaltigen, hell erleuchteten Saal. Vielleicht nicht ganz so riesig wie der unterirdische Fuhrpark, aber aufgrund der weißen Grundfarbe der Wände und Gerätschaften optisch viel größer. Offensichtlich waren an diesem Ort die Forschungseinrichtungen zusammengelegt worden. Mulder erkannte den Raum als den Ort aus einer Videokonferenz mit seinem Vater wieder. Gegliedert in zwei Hauptbereiche schien sich ein Teil der Wissenschaftler mit Biologie zu beschäftigen, während der andere Abschnitt der Halle den Technikern zu gehören schien. Mehrere Flugzeuge wurden in einer der hinteren Sektion ausgerüstet. Spender uns seiner Gruppe wurde keine weitete Beachtung geschenkt, als sie die Halle besichtigten.

„Nun Fox, ich hoffe ich enttäusche dich nicht. War diese Einrichtung nicht die Mühe wert, die ich mir gemacht habe, um sie geheim zu halten?“

„Hören Sie zu Spender, Sie hätten hier auch ein Disneyland reinbauen können, und Sie würden trotzdem keinen Beifall von mir bekommen,“ war Mulders frostige Antwort. Er kam nicht umhin, diese Anlage zu bewundern, aber er würde es seinem Vater nicht unter die Nase reiben. Spenders Schultern sackten ein wenig in sich zusammen. Mulders Antwort und seine strikte Weigerung das Unvermeintliche zu akzeptieren schienen ihn ein wenig zu bekümmern.

Scully betrachtete die Geräte des Biologenteams näher, als sie eine Rampe herabgingen. In mehreren hohen Glaszylindern schienen komplette Körper in einer milchig-trüben Flüssigkeit zu schweben. Der blasse Grünschimmer hüllte die Lebewesen ein, die sich darin befanden. Scully konnte nicht erkennen, ob es sich um Menschen, Aliens oder etwas gänzlich anderes handelte. Sie erschauderte bei der Vorstellung, dass die Versuchsobjekte vielleicht tatsächlich menschlichen Ursprungs waren. An Moral schien es den Wissenschaftlern, genauso wie ihren Befehlshabern jedenfalls zu mangeln.

„Worum handelt es sich hierbei?“ fragte sie schließlich. Spender drehte sich zu ihr herum und musterte seinerseits die Tanks.

„Geklontes außerirdisches Material. Wir brauchen Testobjekte, die wir unseren Neuentwicklungen aussetzen können, um deren Wirksamkeit zu überprüfen. Die Lebensformen sind identisch mit den Kreaturen, die entstehen, wenn ein Mensch mit Purity infiziert wird. Es handelt sich um den fortgeschrittenen Larvenzustand der Fremden. Solange sie sich in diesen Behältern aufhalten, geht keine Gefahr von ihnen aus.“ Scully schluckte, das, was in diesen Tanks gelagert und untersucht wurde, glich den Kreaturen, die Mulder und sie am Skyland Mountain angegriffen hatten, und auch den Monstern, die inzwischen durch die Straßen San Diegos schlichen, um die verbliebenen Menschen beseitigten. Scully fragte sich, wann der Rest der USA dran sein würde. Es hatte auch an anderen Orten der Erde diese Überfälle gegeben, aber es gab auch noch relativ viel unzerstörtes Land. Diese Angriffe waren eine Probe aufs Exempel gewesen, inwieweit sich die Menschen zu verteidigen wussten, der zweite Schlag würde wohl um einiges vernichtender sein, wenn sie nicht schnell eine Möglichkeit finden würden, sie aufzuhalten. Ohne die Hilfe der Dracos, die immer noch verschwunden waren, bestand darauf aber kaum Hoffnung.

„Das soll heißen, das diese... Viecher leben?“

„Natürlich.“

„Und Sie haben keine Angst, dass diese Wesen ausbrechen?“

„Warum? Wir halten sie in einem Zustand der Stasis. Die Flüssigkeit in den Tanks ist gerade Nullkommazwei Grad Celsius warm. Die einzige Möglichkeit diese Lebensformen zu kontrollieren. Sie reagieren empfindlich auf tiefe Temperaturen.“

„Gibt es hier noch mehr von denen?“

„Keine lebenden Exemplare. Die Risiken müssen minimiert werden. Wir haben allerdings einige tote Exemplare. Wollen Sie sie sehen?“ Scully fühlte sich ein wenig überrumpelt. Allein die Vorstellung ließ sie schaudern, aber dann siegte doch ihr wissenschaftliches Interesse.

„Ja!“ Sie bemerkte die verwunderten Blicke von Mulder und Doggett. Spender trat auf eine graue Stahlwand zu und tippte eine Zahlenkombination in ein Sicherheitsschloss ein. Das Schott glitt nach oben und gewährte freie Sicht auf weitere Flüssigkeitstanks, die jedoch mit einer klaren Lösung gefüllt waren. Zum ersten Mal war es Scully möglich, eines der außerirdischen Monster ungestört zu betrachten. In einem morbiden Horrorkabinett zwar, aber das zählte nicht, bei dem Gedanken, dass der Erde ein ähnliches Schicksal bevorstand. Schon jetzt waren hunderte Entführte bei den Experimenten der Fremden umgekommen, schon jetzt waren hunderte Menschen von der schwarzen Pest ermordet worden. Von den entführten Menschen in dem riesigen UFO am Südpol, aus dem Mulder sie gerettet hatte, ganz zu schweigen. Sie fühlte eine Art Genugtuung, bei dem Gedanken, dass diese Bestien keinen Menschen mehr etwas zu Leide tun würden.

Es waren verschiedene Entwicklungsstufen der Biester zur Schau gestellt. Ähnlich wie ein Bienenvolk organisiert war, waren auch den Lebensphasen der Aliens verschiedene Aufgabenbereiche zueigen. Die primitivste Stufe glich einer Wurmartigen Kreatur, beinahe wie ein Embryo doch die langen graugrünen Ausläufer die sich rund um den Körper, Fangarmen gleich, ausbreiteten, offenbarten die Parasitäre Natur des Wesens. Scully unterdrücke ein Würgen. Dieses kleine Biest tat nichts anderes, als seinen Wirt, einen Menschen langsam von innen her aufzufressen und dessen Überreste in Schleim zu verwandeln. Scully hatte mit dem schwarzen Krebs infizierte Menschen gesehen, in deren Inneren ein Alien heranwuchs. Ihre Blicke wanderten über die kleine Kreatur. Deutlich waren schon die pechschwarzen, kalten Augen zu erkennen, genauso wie lange säbeldünne Klauen, an den noch kaum vorhandenen Vordergliedmaßen. Scully stellte sich vor, wie diese Klauen einem Opfer bei jeder Regung, von innen her die Organe zerfetzten. In diesem Zusammenhang wirkte ein Ende in Flammen, das Spender den Todgeweihten bescherte, wie eine Erlösung. Mit einem Mal war ihr schlecht. Mulder hatte sie vor drei Jahren vor entsprechendem Schicksal bewahrt. Die zweite Stufe der Fremden, war ihr ebenso bekannt. Groß wie ein Mensch, mit langen dürren Gliedmaßen und drahtseildicken Sehnen unter einer knotigen Haut, die von einem zähen Schleimfilm bedeckt war. Sie hatten schon die charakteristische Gestalt der Fremden, aber ihre Haut war graugrün und sie besaßen noch die messerartigen Klauen und kleine spitze Zähne. Das Exemplar vor ihr, war offenbar verletzt worden, denn in Bauchhöhe klaffte ein Loch, durch das die Organe des Wesens sichtbar wurden. In derartigem Zustand ging von den Aliens vielleicht die größte Gefahr aus, denn in dieser Phase ihrer Metamorphose, war ihre Körperflüssigkeit der Schwarze Krebs - wer einen Alien verletzte, musste damit rechnen, ebenfalls infiziert und damit zu einer Brutstätte zu werden.

Und wieder stachen ihr die eisigen Blicke der Aliens ins Auge. So tot wie sie waren, schien ihnen immer noch ihr Killerinstinkt innezuwohnen. Der dritte Typ Ungeheuer war schließlich ein klassisches Alien, dachte Scully zynisch. Ein Grey, etwa so groß wie sie selbst und damit kleiner als seine Vorstufe, besaß es die typische glatte weißgraue Haut und die dunklen Mandelaugen. Ohne Klauen und Zähne schien es beinahe harmlos zu sein, aber Scully wusste genau, das auch diese Monster eine enorme Gefahr darstellten. So gut wie unverwundbar und ausgestattet mit grünem giftigen Blut, dass das Blut eines Menschen gerinnen ließ und seine Schleimhäute verätzte, waren diese Wesen zusätzlich in der Lage ihre Gestalt zu verändern und als Mensch zu erscheinen. Sie schüttelt angewidert den Kopf, als sie in einem weiteren kleineren Behältnis etwas entdeckte, das wie Hautfetzen aussah. Eine leere Hülle, an der noch Teile von Muskeln und Fleisch klebten. Ihr wurde klar, dass sie entsprechendes schon einmal gesehen hatte - in einem Atomkraftwerk - es war die abgestoßene Haut und Muskelmasse eines jungen Alien, der sich nach dem Schlüpfen in einen ausgewachsenen Grey verwandelte.

„Veranstalten Sie eigentlich Führungen hier unten?“ unterbrach Mulders Stimme Scullys Grübeleien. Anscheinend hatte ihn diese Sache wesentlich weniger mitgenommen, oder er verbarg sein Entsetzen einfach nur zu gut. Doggett hingegen hatte die Augen zusammengekniffen und stand dicht vor der Glaswand. Er starrte in die Tiefen des Tanks in dem Bemühen, das zu begreifen, was sich ihm nun offenbarte.

„Es ist furchtbar!“ hauchte er entsetzt.

„Das ist es John, das ist es. Aber wir dürfen uns nicht davor fürchten, denn sonst haben wir verloren, lange bevor es wirklich beginnt,“ sagte Scully bedächtig.

„Sie müssen lernen es zu akzeptieren. Diese Fremden als etwas physisch greifbares anerkennen und sie als Realität verstehen, denn sonst wird es Sie langsam fertig machen, wenn Sie sich immer wieder fragen, ob es wirklich real ist. Es ist real, sehr real und sehr schlimm. Nur wenn man bereit ist, das einzusehen, dann wird man auch in der Lage sein, dagegen zu kämpfen. Ich habe selbst gelernt damit zu leben.“ Doggett seufzte traurig.

„Ich bin vielleicht nicht so gut für diese Aufgabe geeignet wie Sie .“ Scully empfand zunehmend Mitleid für ihren Kollegen. Seine sonst so strahlend blauen Augen schienen ein wenig trüb und er war bleich. Nun, es mochte daran liegen, dass er vor den Trümmern aller seiner Überzeugungen stand und sein Weltbild Stück für Stück an Gültigkeit verlor. Scully hatte diesen Umbruch schon letztes Jahr hinter sich gebracht, zu dem Zeitpunkt, an dem sie erfahren hatte, dass sie schwanger war, um gleich darauf von Skinner zu unterrichtet zu werden, dass Mulder verschwunden war. Das war ihr Wendepunkt gewesen, von da an hatte sie es nicht länger leugnen können, dass es mehr zwischen Himmel und Erde gab, als sie erklären konnte. So wie es ihr schwergefallen war, zu glauben und zu akzeptieren, so schwer war es auch für Doggett, von all dem loszulassen, an das er selbst glaubte. Aber die Wahrheit würde sie alle schließlich doch einholen.

„Agent Doggett, wir alle haben gelernt damit zu leben und genauso wie wir, werden Sie es auch schaffen,“ meinte Skinner freundlich.

„Wenn Sie nicht zu viel Vertrauen in mich setzen.“ Doggett trat einen Schritt zurück und fuhr sich mit einer Hand durchs Haar. Scully merkte, dass sie zitterte.

„Geht es Ihnen nicht gut?“ fragte sie mit einem Anflug von Besorgnis.

„Nein schon okay, mir ist bloß etwas kalt,“ antworte er.

„Kalt?“ fragte Mulder erstaunt und blickte seinen Kollegen an.

„Es ist ziemlich warm hier drin!“ Tatsächlich war sein eigenes Haar ein wenig feucht. Skinner und Scully nickten zustimmend.

„Ich denke, Sie sind einfach übermüdet, Agent Doggett. Ich will sie nicht länger hier festhalten, wir können Morgen weiterreden, wenn Sie sich von ihrer Reise erholt haben,“ lenkte Spender ein. Er winkte einen Soldaten heran.

„Bringen Sie die drei zu den Gästequartieren!“ befahl er dem Wächter.

„Morgen um neun Uhr, werden wir unser weiteres Vorgehen besprechen.“ Die drei wendeten sich zum gehen.

„Fox?“ fragte Spender auf einmal. Mulder drehte sich um.

„Was wollen Sie noch von mir?“

„Nun ich muss gestehen, dass ich gelinde gesagt verwundert bin. Du leistest meiner Bitte hierher zu kommen Folge, und hast dann noch nicht einmal Fragen an mich?“

„Es tut mir wirklich sehr Leid, dass ich Dich enttäusche Dad, aber du solltest wirklich wissen, dass ich viele Dinge anders handhabe, als zu denkst,“ erwiderte Mulder zynisch.

„Und nun, lass mich bitte in Ruhe. Ist Dir überhaupt schon mal in den Sinn gekommen, dass deine Vaterliebe vierzig Jahre zu spät kommt?“

„Ist das deine Art, Dankbarkeit zu zeigen?“ fragte Spender flach.

„Du sprichst von Dankbarkeit? Ich habe das Gefühl, das du ein wenig weitab von der Realität lebst, oder erwartest du allen Ernstes, dass ich Dir dankbar dafür bin, dass ich deinetwegen schon öfters fast draufgegangen wäre? Du hast mich mehr als einmal beinahe umgebracht, alles zu Gunsten deines *Projekts*, schnaubte Mulder wütend.

„Ist es nicht das, das man Dir immer vorwirft: Abseits der Realität zu leben?“ Spender sprach frei von Vorwürfen.

„Du hättest Dir das vorher überlegen sollen, bevor mir Samantha von Deinen eigenen Leuten und unseren grauen *Freunden* weggenommen wurde.“ Mulders Stimme troff vor Sarkasmus.

„Du hast mich verraten und noch viel schlimmer, du hast auch die Menschen verraten, die mir je etwas bedeuteten! Scully wäre deinetwegen gestorben, genauso wie meine Mutter deinetwegen gestorben ist.“ DU bist derjenige von uns beiden, der Dankbarkeit zeigen müsste, weil ich immer noch bereit bin, Dir zu verzeihen.“

„Oh bist du das wirklich?“ fragte Spender bissig.

„Ein bisschen Dankbarkeit würde Dir ebenfalls gut stehen, was das Leben deines Sohnes angeht,“ knurrte der Raucher.

„Was ist mit William?“ fragte Mulder aufgebracht.

„Du weist genau, dass SIE ihn doch noch geholt haben! Selbst deine Macht versagt in diesen Tagen. Du hast keinen Einfluss mehr auf DEREN Entscheidungen. Sie haben Dich als Wergzeug missbraucht, so wie du die Menschen als Wergzeuge missbraucht hast. Nun wirst du fallengelassen, wie du die Menschen fallengelassen hast.“

„Ohne mein Eingreifen, würde dein Sohn gar nicht existieren,“ sagte Spender sanft.

„Ich war es, der Scullys Unfruchtbarkeit beseitigt hat, und ich war es auch, der dafür gesorgt hat, dass kein Hybrid aus ihm gemacht wurde, so wie es ursprünglich geplant war, und wie Knowle Rohrer es deinem Kollegen Doggett hat erklären wollen“. Jetzt war es an Mulder, den Kloß in seinem Hals herunter zu schlucken.

„Aber deine eigenen Leute haben es überhaupt erst verursacht, was mit Scully geschehen ist. Vergiss es, ich werde kein einziges Gramm deiner tonnenschweren Schuld tragen, solange ich lebe. Mein Sohn, dein Enkel William ist verschwunden, entführt und in diesen Zeiten bedeutet das seinen Tod. Es gibt nichts, dass du mir noch zu sagen hättest.“ Mit diesem Worten wandte er sich von seinem Vater ab und folgte seinen Kollegen in das unterirdische Tunnellabyrinth. Es war ihm egal, was sein Vater von ihm dachte.

Rezensionen