World of X

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Retro in Tempore

von Denise, Mona

Kapitel 3

Langsam kam Mulder wieder zu sich und blinzelte ein paar Mal. Er drehte vorsichtig seinen Kopf. Mann, tat das weh! Er fasste mit der Hand zu der Stelle von der der Schmerz auszugehen schien. Sie war blutig. Er musste eine heftige Platzwunde abbekommen haben. Erst jetzt erinnerte er sich langsam an die Geschehnisse. Er sah sich dann verwirrt um.

*Wo bin ich?*, schoss es ihm durch den Kopf.



Mulder setzte sich auf und stellte fest, dass er auf ein paar Strohsäcken lag.



*Und wo ist Scully?!*



Die Tür ging auf und eine blonde Frau trat ein.



„Wie geht es Ihnen?“, wollte sie wissen und blieb in der Mitte des Raumes stehen.



„Mhh,...Mein Kopf tut weh...“, sagte Mulder vorsichtig.



„Das ist normal, wenn man ins Gesicht geschlagen wird“, meinte sie.

„Haben Sie Hunger?“



„Wo ist Scully?“, fragte Mulder, anstatt auf die Frage zu antworten und sah die junge Frau an.

„Ist sie hier?“



Die blonde schüttelte den Kopf und blitzte ihn böse an.



„Sie wollte den Jungen umbringen! Gott sei dank kam unser Arzt noch dazu und hat das in Ordnung gebracht!“, schnaubte sie wütend.

„Sie ist eine verdammte Hexe!“



Mulder sprang auf und trat vor sie.



„Das ist sie nicht!“, sagte er nachdrücklich, was das Mädchen ein paar Schritte zurückweichen ließ.



Er wollte gar nicht wissen, was sie gerade mit Scully anstellten. Er hatte so eine Angst um sie – und um ihr - sein - Kind.

Mulder ließ sich verzweifelt wieder auf seinen Strohsack sinken und schlug die Hände vors Gesicht.



„Wenn ich je wieder nach Hause kommen sollte, bringe ich diesen Mistkerl um“, flüsterte er vor sich hin.



„Was haben Sie da eben gesagt?“



„Ach, nichts, das würden Sie sowieso nicht verstehen“, gab Mulder leise zurück.



Doch die Neugier des Mädchens schien geweckt zu sein. Sie setzte sich neben ihn und sah ihn von der Seite an.



„Wie ist eigentlich Ihr Name und wo kommen Sie her?“, fragte sie dann



„Mulder“, antwortete er, „und ich komme aus Washington DC, in einem Land, das vielleicht in ein paar Jahren entdeckt wird, oder auch schon entdeckt ist, falls wir schon nach 1492 haben. Von einem Portugiesen, Christopher Columbus“, fügte er hinzu.

„Und wie heißen Sie?“



Vielleicht würden Sie ihn jetzt auch als Hexer abstempeln. Schließlich konnte er anscheinend die Zukunft vorhersagen.



„Allegra“, antwortete sie nach einer Weile und sah ihn weiterhin gespannt an.



„Kann ich zu Scully?", wollte Mulder dann wissen.



Allegra zögerte.



„Sie ist eine Hexe!“, sagte sie nochmals mit Wut in der Stimme „und sie wird heute bei Morgengrauen verbrannt werden. Wie es sich für Hexen gehört!“



„Hören Sie!“, fauchte Mulder sie jetzt an.

„Das ist alles ein riesiges Missverständnis! Sie bekommt bald ein Kind und auch wenn sie mir das jetzt nicht glauben! Aber, wir kommen aus der Zukunft, weil mein Vollidiot von Chef diesen alten Zauberspruch gelesen hat!“



Allegra starrte ihn an.



„Sie kommen aus der Zukunft?“, sagte sie dann leise.



„Ja, aus dem Jahr 2001.“



„Schwören Sie mir, dass es wahr ist“, sagte sie dann.



Mulder sah sie überrascht an. Warum sollte sie ihm glauben?



„Ich schwöre, wenn ich irgendetwas hätte, womit ich es... - .“

Da fiel ihm etwas ein.

„Hören Sie, gehen Sie ans Flussufer. In dem Dickicht neben der Stelle, wo Wäsche gewaschen wird, da ist ein Laubhaufen. Darin ist ein Bündel Kleidung. Können Sie mir den holen?“

„Keine Angst, ich laufe schon nicht weg“, fügte er dann hinzu als er Allegras skeptischen Blick sah.



Kurze Zeit später kehrte sie mit dem Bündel ihrer Kleidung unter dem Arm zurück.

Mulder stürzte sich auf sein Jackett und zog seinen Ausweis hervor.



„Hier, lesen Sie! Mein Name, mein Geburtsdatum.”



„13.10.1961“, flüsterte Allegra.

„Dann hatte meine Grandma also Recht!“



Mulder sah sie fragend an.



„Sie sagte, dass sie manchmal von Leuten aus der Zukunft besucht wird. Dass Zeit keine feste Größe ist. ... Sie wurde dafür verbrannt“, fügte sie mit einem traurigen Blick hinzu.



„Bitte, Allegra! Bringen Sie mich zu Scully“, flehte Mulder sie an.

„Es wird auch niemand etwas erfahren“, beruhigte er sie sanft.



Allegra nickte.

„Kommen Sie mit!“



„Vielen Dank, Allegra“, lächelte Mulder dankbar und folgte ihr aus dem Zimmer.



Er war also immer noch in dem Gasthaus.



„Wo willst du mit dem Fremden hin, Allegra?“, fragte der Wirt streng.



„Er...“, fing Allegra ängstlich an.

„Ihm ist schlecht!“



Der Wirt musterte Mulder argwöhnisch und nickte dann.



„Komm aber schnell mit ihm wieder!“, brummte er dann.



„Ja, Vater“, antwortete Allegra brav.



Mulder folgte ihr weiter, bis sie draußen waren. Dann blieb sie stehen und sah ihn an.



„Was ist?“, wollte Mulder wissen und blickte Allegra fragend an.









**********









„Agent Doggett!“, rief Skinner und drehte sich zu ihm um.



„Ja, Sir?“, fragte er und kam zu ihm.

„Haben Sie etwas gefunden?“



„Nein“, sagte Doggett nachdenklich.



Monica Reyes trat zu ihnen und sah erst Doggett, dann Skinner an.



„Ich habe noch mal mit Kersh geredet“, sagte sie dann.

„Er meinte er hätte irgendwas mit ‚tempore’ gesagt.“



„Das fällt ihm aber bald ein!“, setzte Doggett ärgerlich nach.

Dann begann er erneut das Buch durchzublättern.



„Agent Doggett! Geben Sie es mir mal! Vielleicht finde ich die Seite ja“, ertönte auf einmal Kershs Stimme.



Er griff nach dem Buch und zog daran, bevor Doggett auch nur im Geringsten reagieren konnte. Mit einem *Ratsch* zerrissen die Seiten und das sowieso schon alte Buch, zerfiel in seine Einzelteile.



Wie in Zeitlupe beobachteten die Agenten, wie die Blätter zu Boden schwebten.







**********







Mulder stand nun alleine auf einem Waldweg und sah Allegra hinterher, die wieder zurück

ging. Sie hatte gesagt, dass er nun alleine weiter müsse und dass er Scully in der Burg finden würde.



Allegra würde ihrem Vater erzählen, er sei von Rittern des Nachbarreiches verschleppt worden.



*Nun denn...*



Er marschierte den Weg weiter entlang und dachte fieberhaft nach. Wenn er Scully gefunden

hatte, wie in Gottes Namen, sollte er sie befreien und vor dem Scheiterhaufen retten?! Sie wurde bestimmt auf das strengste bewacht!



Da erreichte er die Burg. Die unteren Stockwerke hatten Gitter vor den Fenstern. Dort drinnen mussten sie Scully festhalten! Leise schlich Mulder an den schlafenden Wachen vorbei an den Fenstern entlang.



Mulder sah durch die Gitterstäbe.

„Scully?“



Keine Antwort.



„Hey, Scully?“, flüsterte er.

„Sind Sie da drin?“



„Mulder?“, kam es leise zurück.

„Sind Sie es?“



„Ja!“, sagte er.

„Kommen Sie ans Fenster.“



Es rasselte.



„Ich kann nicht!“



„Wieso nicht?“, wollte Mulder wissen.



„Weil ich angekettet bin, deshalb.“



„Alles in Ordnung mit Ihnen?“



„Ja, alles okay.“



„Warten Sie kurz...“, flüsterte er „ich hole Sie da raus!“



Er musste irgendwie da rein kommen. Den Weg durch die Gitterfenster konnte er vergessen. Also, schlich er leise zum Haupttor.

Dieses wurde von einer Wache mit langer Lanze bewacht, welche pflichtbewusster war als seine Kameraden. Er war leider wach. Mulder pirschte sich leise heran und schlug ihn mit einem gezielten Handschlag in den Hals nieder.



„Uhmm...“, gab er nicht allzu laut von sich und krachte scheppernd zu Boden.



Mulder blieb wie angewurzelt stehen. Hoffentlich waren die anderen durch den Krach nicht aufgewacht! Aber alles blieb ruhig.

Er entwendete der bewusstlosen Wache die Lanze und versuchte damit, das Tor zu öffnen.

Vergebens.

Er versuchte es mehrere Minuten, bis er plötzlich erschrak!

*Die Sonne*, schoss es ihm durch den Kopf.

*Die Sonne geht auf!*



Plötzlich wurde er von einem lauten Rattern aufgeschreckt. Das Tor wurde hochgezogen. Er hörte Stimmen. So schnell er konnte sprang er hinter den nächsten Busch und lugte hervor. Was er im Inneren des Burghofes sah, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren.



Es war bereits ein Scheiterhaufen aufgeschichtet und die Wachen waren gerade damit beschäftigt, Scully darauf festzubinden. Sie sah schrecklich aus. Das Kleid war verdreckt und an mehreren stellen zerrissen. Ihre Haare waren zerzaust und Scullys Haut weiß wie Schnee.



*Verdammt! Was sollte er jetzt denn tun? Er konnte alleine nie etwas gegen die alle ausrichten!*









**********







Nachdem sie sich vor dem ersten Schock erholt hatten versuchten Reyes und Doggett ein paar Blätter aus dem kaputten Buch zu retten und legten sie vorsichtig auf den Boden.



„Meinen Sie, dass wir Mulder und Scully retten können, Agent Reyes?“, wollte er wissen.



„Ich weiß es nicht, John“, antwortete Monica.

„Aber wir werden alles versuchen.“



Skinner kam herauf zu ihnen. Er war im Erdgeschoss gewesen und hatte mit Kersh gesprochen.



„Kersh will, dass sie beide noch hier bleiben“, sagte er.

„Und er will ins FBI zurück fahren. Ich soll ihn begleiten.“



„In Ordnung, Sir“, entgegnete Doggett.

„Wir werden sie schon zurückholen!“



„Davon bin ich überzeugt, Agent Doggett“, meinte Skinner.

„Wir sehen uns.“



Mit diesen Worten war er gegangen. Monica sah ihm hinterher.



„Hier ist etwas!“, murmelte Doggett.



„Zeigen Sie mal.“



Monica nahm die Seite und sah sie sich genau an.



„Sieht aus, wie die Seite...“

„Ja, ich glaube, Kersh hatte die vorgelesen! Hier, ‘retro in tempore peregrinari’!“









**********







Plötzlich zischte etwas! Eine brennende Fackel wurde auf den Scheiterhaufen geworfen. Scully blickte panisch auf das Feuer, das sich um sie herum ausbreitete. Dann schweifte ihr Blick hilfesuchend durch den Burghof.

*Wo war nur Mulder?*



Auf einmal hörte sie Metall aufeinander prallen. Sollte Mulder tatsächlich so verrückt sein und annehmen, dass er es mit der gesamten Wache aufnehmen konnte?



„Verschwinden Sie von hier!“, rief die zweite Wache, als Mulder auf sie zustürmte. Ihm war jetzt alles egal. Wenn Scully hier schon sterben musste, dann wollte auch er nicht mehr leben.



„Nein!“, zischte Mulder ihn an und parierte einen Schwerthieb mit seiner Lanze.



Die erste Wache war tot. Mulder hatte sie erstochen. Scully starrte das ganze Szenario an. Die Hitze war inzwischen unerträglich geworden. Sie war schweißnass und der Rauch brannte in ihren Lungen. Sie musste hilflos zusehen, wie Mulder um sein - und ihr - Leben kämpfte.



Das Schwert streifte Mulder am Arm und er keuchte leise vor Schmerz. Dann holte er weit aus und erstach auch diese Wache. Er ließ die Lanze erschöpft fallen und lehnte sich gegen einen Holzbalken. Er musste erst einmal wieder halbwegs zu Kräften kommen.



„Mulder?!“, rief Scully panisch und brach in lautes Husten aus.



Das löste Mulder aus seiner Erstarrung. Er nahm das Schwert der getöteten Wache und lief zu Scully. Soweit heran, wie es ihm das Feuer erlaubte. Dann holte er aus und durchtrennte mit einem gezielten Schlag Scullys Fesseln. Er packte sie an der Taille und hob sie vom Haufen herunter.



„Danke, Mulder“, keuchte sie.

„Das war verdammt heiß!“



„Können Sie gehen?“



„Ich denke schon!“, antwortete Scully mit vom Rauch belegter Stimme.



„Dann sollten wir das möglichst schnell tun!“, fügte er hinzu und deutete auf einen der Türme, wo eine Wache Alarm blies.

„Laufen Sie, Scully!“, rief er dann, packte sie an der Hand und zog sie hinter sich her.









**********









Reyes und Doggett hatten nun alle Seiten gerettet, die es zu retten gab und sahen sie eine nach der anderen genau durch. Sie hatten zwar jetzt den Zauberspruch, brauchten aber den Gegenzauber.



„Schon was gefunden, John?“, erkundigte Monica sich.



„Nicht direkt“, antwortete Doggett.

„Aber hier!“



Er reichte ihr die Seite, die er meinte. Monica sah sie sich an. Es war eine Zeichnung dabei, die einen Scheiterhaufen zeigte.



„Sie meinen, Sie sind im Mittelalter?“, fragte Monica.



„Sagen wir, das ist das einzige Bild, das irgendwie halbwegs etwas mit der Vergangenheit zu tun hat. . . . Und, sehen Sie mal die Worte: ‚...retro in tempore ...’“



Agent Reyes nickte.



„Einen Versuch ist es Wert. Eine andere Wahl haben wir ja nicht und vielleicht haben wir ja Glück!“
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