World of X

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Retro in Tempore

von Denise, Mona

Kapitel 2

Inzwischen waren ungefähr drei Stunden vergangen. Sie hatten fast den gesamten Dachboden auf den Kopf gestellt und dann glücklicherweise das Buch hinter einem Stoß Holz gefunden. Und schon stellte sich ein neues Problem. Welcher Spruch war der Richtige? Das war alles in Latein verfasst.

Monica Reyes blätterte das Buch durch.



„Das scheinen Zaubersprüche zu sein”, sagte sie dann.

„Schutzzauber, Flüche, Liebeszauber... das wird Ewigkeiten dauern, bis wir den richtigen Spruch gefunden haben. Wenn wir ja noch nicht einmal wissen, was es für eine Zauber war. Es könnte einfach ein Zauber zum Unsichtbar - Machen gewesen sein, oder eine Verbannung, oder es könnte ein Zeitreisezauber sein. Und wenn wir den Zauber haben, dann müssen wir einen Gegenzauber finden.”



„Und wenn wir keinen finden?”, fragte jetzt Doggett.



Reyes sah ihn nur schweigend an.







**********





Es baute sich eine unglaubliche Spannung zwischen ihnen auf und sie schienen sich anzuziehen wie zwei unterschiedliche elektrische Ladungen. Ihre Zungen wandten sich in innigen Küssen umeinander und wahrscheinlich wäre dasselbe passiert wie schon einmal, wären sie nicht gestört worden.



„Hey, Sie da! Ich will ja nicht stören, aber haben Sie vielleicht mein Pferd hier vorbeilaufen sehen? Es ist ausgebrochen!”



Scully und Mulder lösten sich abrupt aus ihrer Umarmung und drehten sich erschrocken um.

Ein Mann, der ähnlich wie Mulder gekleidet war, stand vor ihnen und fuchtelte mit einem Strick herum.



„Mhhm, nein! Wir haben kein Pferd gesehen”, stotterte Mulder, der als erster die Fassung wiedererlangte.



Der Mann betrachtete sie etwas argwöhnisch.



„Sie sind wohl nicht von hier”, sagte er dann.



Das musste er wohl am Dialekt erkannt haben. Aber zum Glück waren sie wenigstens in einem englischsprachigen Land gelandet, und nicht in Frankreich oder Deutschland.



„Nein, wir sind ... auf der Durchreise”, improvisierte Mulder dann.



„Mhhm, dann noch viel Spaß”, sagte er, grinste und verschwand im Unterholz.



„Das war knapp”, flüsterte Scully, die ihre alte Kleidung unter ihrem Rock hervorzog, wo sie sie gerade unauffällig verschwinden hatte lassen. Dann stopften sie alles unter einen Laubhaufen.



„Wo gehen wir jetzt hin?”, fragte sie dann.



„Also, ich bekomme langsam Hunger, was ist mit Ihnen?”



Eigentlich hatte Scully keinen Hunger, aber hier rumstehen wollte sie auch nicht, also nickte sie. Die Wäscherin hatte den Fluss inzwischen verlassen. Wahrscheinlich war ihr gar nicht aufgefallen, dass Sachen fehlten, bei dem Berg Wäsche, den sie mit sich herum geschleppt hatte. Das machte die Sache leichter. Mulder und Scully mussten nur den Fußspuren folgen, die sie im nassen Sand am Flussufer hinterlassen hatte und schon bald gelangten sie in ein Dorf. Zuerst waren sie nervös und unruhig. Vielleicht würden sie doch irgendwie auffallen, aber die Leute grüßten alle freundlich und nahmen ihnen somit jede Befürchtung. Vielleicht hofften sie, ein paar Einnahmen durch Fremde machen zu können. Aus einer Tür torkelte plötzlich ein Mann und hätte Scully beinahe vor ein Pferdefahrzeug gestoßen, hätte Mulder sie nicht rechtzeitig zur Seite gezogen.



*Ja, nicht nur Autos waren gefährlich*, dachte er.



„Das ist dann wohl so etwas wie ein Wirtshaus”, sagte Mulder an Scully gewandt und deutete auf die Tür, wo der Mann herauskam.



„Vielleicht können wir da ja ein Zimmer bekommen”, fügte er dann hinzu.



„Ich weiß nicht, Mulder...”, zögerte Scully.



„Wollen Sie die Nacht vielleicht draußen verbringen?”



Sie schüttelte den Kopf. Dann betraten sie gemeinsam die Stube. Muffige, nach Alkohol und Essen riechende Luft schlug ihnen entgegen. Drinnen war alles aus Holz. Es gab so etwas wie eine Theke, hinter der ein dicker Mann mit Schürze stand, der sie argwöhnisch betrachtete. Ansonsten standen Holztische, die von Holzstühlen umgeben waren, im Raum. An einem davon saßen drei Männer. Sie warfen ihnen kurz einen Blick zu, vertieften sich dann aber wieder in ihr Gespräch. Mulder und Scully atmeten auf.



„Haben Sie vielleicht ein Zimmer für uns?”, sagte Mulder, nachdem er an die Theke herangetreten war.



Noch bevor der Wirt antworten konnte wurde die Tür aufgerissen und ein Mann mit einem vielleicht fünf Jahre alten, kleinen Kind auf dem Arm stürmte herein.



„Ist der Doktor hier?”, rief er panisch.

„Ich brauche dringend den Doktor! Mein Sohn stirbt sonst!”



Die Gäste schauten auf, doch niemand reagierte. Anscheinend war der Doktor nicht hier.



„Legen Sie ihn da hin”, sagte dann Scully instinktiv und schob die Stühle um einen Tisch herum weg. Dann ging sie zu dem Mann und wollte ihm den Jungen abnehmen.



„Gehen Sie weg! Wer sind Sie? Ich lasse meinen Sohn nicht von einer Frau behandeln!”



„Wollen Sie, dass er stirbt?”, fragte Scully energisch.



Der Mann war immer noch nicht bereit, ihr das Kind zu überlassen.



„Geben Sie ihr das Kind!”, sagte jetzt Mulder jetzt nachdrücklich.



Das hatte geholfen.



Sie legten es auf den Tisch. Äußerlich konnte sie keine Ungewöhnlichkeit feststellen. Scully zog das Hemd hoch. Dann tastete sie den Bauch ab. Als sie ihre Finger in die rechte Seite drückte schrie der Junge laut auf.



„Das ist ein Blinddarmdurchbruch”, sagte Scully und sah Mulder an.

„Er muss sofort operiert werden.”



„Was brauchen Sie?”



„Alkohol, ein scharfes Messer, Tücher, Zwirn und eine spitze Nadel.”



„Was reden Sie überhaupt?”, rief der Vater des Kindes.



Inzwischen waren alle übrigen Gäste inklusive des Wirtes um den Tisch versammelt.



„Ihr habt gehört, was sie gesagt hat! Könnt ihr das besorgen?”, rief Mulder.



Sofort eilte der Wirt los und innerhalb weniger Minuten war alles zusammengetragen.



„Schneiden Sie da ein Loch mit etwa zehn Zentimeter Durchmesser rein!”, sagte Scully und reichte Mulder ein Tuch und das Messer. Dann reinigte sie es sorgfältig mit dem Alkohol, einem wohl selbstgebrannten hochprozentigem Schnaps. Als nächstes legte sie das Tuch mit dem Loch, so auf den Bauch, dass die Schnittfläche frei blieb und steckte dem Jungen ein anderes Tuch in den Mund.



„Fest drauf beißen”, sagte sie dann. „Du musst jetzt sehr tapfer sein”.



Der Junge nickte, blickte sie aber ängstlich an.



„Mulder, Sie müssen ihn festhalten, hören Sie! Ich muss das ohne Narkose machen. Nach ein paar Sekunden wird er höchstwahrscheinlich sowieso ohnmächtig.”



Mulder sah sie erschrocken an, nickte dann aber. Dann packte er den Jungen an den Armen und drückte ihn nach unten.



„Können Sie seine Beine halten?”, fragte Scully an den Wirt gewandt.



Er trat an den Tisch heran und drückte die Beine auf die Tischplatte.



„Fertig?”



Scully sah Mulder und den Wirt an. Als sie nickten, setzte sie das Messer an und zog einen ungefähr fünf Zentimeter langen Schnitt.

Der Junge spukte das Tuch aus und schrie vor Schmerz. Hätten Mulder und der Wirt ihn nicht festgehalten, wäre er wohl vom Tisch gefallen. Als der Vater begriffen hatte, was Scully da tat, schubste er zuerst den Wirt zur Seite und schlug dann Mulder hart ins Gesicht, dass er gegen die Theke geschleudert wurde und bewusstlos am Boden liegen blieb.



„Was machen Sie mit meinem Kind?”, schrie er panisch.

„Sie bringen ihn um!”



Er sah das Blut aus der Wunde strömen und dachte wohl Scully würde seinem Kind etwas zu Leide tun. Dann holte er nochmals aus und schlug Scully ins Gesicht. Sie wurde nach hinten gestoßen und die Haube fiel ihr vom Kopf. Plötzlich starrten sie alle an. Scully war noch benommen und begriff erst gar nicht, was geschah.



„Das ist eine Hexe!”, schrie der Vater des Kindes.

„Seht doch ihr Haar an!”



Plötzlich waren eine Reihe Männer um Scully herum und zogen sie an den Haaren nach oben, so dass sie wieder stand. Dann packten sie sie und schleppten sie hinter sich her aus dem Gasthaus.



„Du wirst schon sehen, was man hier mit Hexen macht, du Teufelsweib”, riefen sie.



„Mulder!”, schrie Scully immer wieder verzweifelt, doch Mulder lag immer noch regungslos am Boden.
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