World of X

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Prophecy

von Steffi Raatz

Kapitel 2

- 2 -

Objekt No. 3



Texas, geheimes Forschungslabor der Regierung - 26.05.

Professor George McArthur überflog die Akte der Versuchsreihe mit wissenschaftlicher Neugier. Seit nunmehr wenigen Tagen zeigte das Versuchsobjekt merkwürdige Verhaltensmuster und abnorme Wachstumsschübe. Er konnte sich die Ursachen nicht erklären, stellte jedoch mit äußerster Zufriedenheit fest, dass seine zweite Testreihe ein wesentlich stärkeres Immunsystem entwickelt hatte, wie die erste. Unglücklicher Weise hatten sie in den letzten Tagen zwei der drei Testobjekte eliminieren müssen. Ihre Verhaltensmuster hatten Abnormitäten entwickelt, die zu Selbstzerstörung und Wahnsinn geführt hatten. Ihm war nichts anderes übrig geblieben, als auf die zwei Testobjekte zu verzichten.

Nur kurze Zeit nach der Entfernung der zwei verzichtbaren Objekte, hatte das dritte Objekt Anzeichen von Trauer und Verzweiflung aufgezeigt und Prof. McArthurs Theorie bestärkt, dass durch den gleichen genetischen Code auch die Schmerzempfindungen identisch sein mussten. Versuchsobjekt No. 3 entwickelte sich seit diesem Tag mit einer rasenden Geschwindigkeit und war innerhalb von wenigen Tagen massiv gealtert. Test in der Hautstruktur hatten ergeben, dass das Testobjekt innerhalb kürzester Zeit mehr als 6 Jahre älter geworden war.

George wischte sich mit der Hand über die feuchte Stirn. Nicht nur im Inneren des Forschungslabors war es in den letzten Tagen zu merkwürdigen Erscheinungen gekommen. Die Temperatur außerhalb war fast unerträglich warm und die Klimaanlagen schienen ihren Geist aufzugeben. Es war sicherlich kein Zufall, dass zum gleichen Zeitpunkt die Stromgeneratoren verrückt spielten und die Versuchsobjekte merkwürdige Verhaltensmuster an den Tag legten. Er spürte es. Hier ging etwas vor, was er nicht zu definieren vermochte. Und je länger es andauerte, desto nervöser wurde er. Er griff zum Telefon und wählte eine Nummer, die es eigentlich nicht hätte geben sollen und ließ sich verbinden:

"Hallo? Ja, ich bin's George. Was geht hier vor?"

"Wir sind nicht sicher...", ertönte eine tiefe Stimme am anderen Ende.

"Was heißt, Ihr seid nicht sicher? Ich musste bereits zwei Versuchsobjekte eliminieren lassen, weil sie aggressiv wurden und atypische Verhaltensmuster an den Tag legten und unser drittes Objekt beginnt ebenfalls bereits mit einer merkwürdigen Verwandlung. In den letzten Tagen ist unser Objekt um 6 Jahre gealtert! Also sagt mir, was hier vor sich geht!", fluchte McArthur aufgebracht. Wozu gab es diese angeblich allwissenden Leute, wenn sie einem keine vernünftigen Antworten geben konnten?

"Hören Sie zu, McArthur, wir können Ihnen nur eines mit Sicherheit sagen, es handelt sich nicht um den Beginn der Kolonialisierung. Das was hier passiert, scheint andere Ursachen zu haben. Wir sind dabei herauszufinden, was es ist, aber wir wissen noch nichts Genaues."

George legte den Hörer auf und fuhr sich verzweifelt über seine hohe Stirn.

Wenn das Projekt schief ging und das dritte Versuchsobjekt sich ebenfalls in eine unberechenbare Furie verwandelte, dann waren rund 20 Jahre Forschung verloren und das konnte das Konsortium sich nicht leisten.

Wieder flackerte das Licht und McArthur verfluchte es, am Morgen überhaupt aufgestanden zu sein. Er griff sich seine Akte und setzte sich an den Schreibtisch, um sie nochmals in aller Ruhe durchzugehen.

Wenn er doch nur gewusst hätte, was vor sich ging. Vielleicht hätte er dann dem entgegenwirken können, vielleicht hätte er dann wenigstens ein weiteres Versuchsobjekt retten können. Versuchsobjekt No. 3 war einfach nicht ausreichend Forschungsmaterial. Wie konnte er soziales Verhalten, Gewalttätigkeit und all diese anderen Faktoren testen?

Besorgt ließ er seinen Blick durch die Glasscheibe an der ihm gegenüber liegenden Wand gleiten. Objekt No. 3 saß zusammengekauert auf dem Boden und regte sich nicht.

Dies war eines der so atypischen Merkmale, die er seit kurzem registriert hatte. Objekt No. 3 verfiel in eine starre, regungslose Haltung und schien sich aus der Realität auszuklinken. Er hatte es mit Musik, mit Lärm, Essenentzug und weitaus unfreundlicheren Methoden versucht, aber diese Starre hielt grundsätzlich ein paar Stunden an. Zu gern hätte er gewusst, welche Gedanken Objekt No. 3 in diesen Augenblicken hatte. Zu gern hätte er miterlebt, was in seinem Testobjekt vorging, doch es gab kein Durchdringen für ihn.

Als sie die Testreihe vor Jahren begonnen hatten, war es immer wieder zu Missbildungen und totalen Fehlschlägen gekommen. Erst die zweite Testreihe der neuen Serie hatte Erfolg gebracht. Hatte Testreihe eins noch Immunschwächen aufgezeigt, so war Testreihe zwei erfolgreich verlaufen. Die merkwürdigen Vorkommnisse der letzten Tagen hatten jedoch einen erheblichen Rückschlag gebracht. Versuchsobjekt No. 3 war nun seine letzte Chance und je länger er allein mit ihr zu tun hatte, desto mehr schloss er sie ins Herz und zweifelte am Sinn ihrer Testreihen. Wenn er daran dachte, was für Opfer er und andere unbewusst hatten bringen müssen, um soweit zu kommen, war er sich beinahe sicher, dass es das nicht wert war.

Er dachte zurück an den Waggon Nr. 235 auf dem Abstellbahnhof in Washington DC, wo sie die Eizellen entnommen hatten, die für Testreihe eins uns zwei sein sollten. Er hatte damals die Schönheit des Opfers bewundert und hatte gebetet, der Eingriff würde ihr nicht schaden und ihr wenigstens eine kleine Chance auf Kinder gewähren, doch er wusste vom Konsortium, dass dem nicht so war. Innerlich verfluchte er sich dafür. Dieser Eingriff und diese wundersam starke Ausstrahlung des Opfers hatten ihn zum Zweifeln gebracht.

Er zuckte zurück, als das Licht auf einmal völlig erlosch und versuchte sich von seinem Stuhl Richtung Tür zu tasten. Im Hintergrund hörte er das Bersten von Glas und eine Sirene, die ihren Klagelaut anstimmte. George zwang sich ruhig zu bleiben und lauschte auf ungewöhnliche Geräusche. Plötzlich ging das Licht wieder an und er sah sich Objekt No. 3 gegenüber, doch es war kein Erstaunen in seinem Gesicht zu sehen, sondern nur ein mildes, fast väterliches Lächeln. Er strich ihr über die Wange und bewunderte die Ähnlichkeit mit ihrer genetischen Mutter. Und als ob er gewusst hatte, dass Objekt No. 3 fliehen würde, drückte er ihr einen Zettel mit einer Adresse in die Hand:

Agent Dana Kathrine Scully

Washington DC.

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