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Samt & Seide

von Steffi Raatz

Kapitel 2

- Teil 2 –

Es war schlimm genug gewesen, zu wissen, dass er bei ihr übernachtet hatte und dass sie ihn derzeit ärztlich versorgte, noch schlimmer war jedoch die Tatsache, dass sie in ihrem Büro gesessen hatte. Acht lange Stunden und es nicht über das Herz gebracht hatte, Mulder zu erzählen, wen sie als derzeitigen Hausgast beherbergte. Dana rieb sich gestresst den Nasenflügel und schloss ihre Wohnungstür auf. Irgendwie schien ihr Leben momentan ein wenig zu kompliziert für ihren Geschmack und mit Alex Krycek wurde es nicht besser.

Der Schlüssel klickte im Schloss, die Tür öffnete sich und das erste was sie tat, war ihre Schuhe in irgendeine Ecke zu feuern. Dann warf sie ihr Jackett über die Couchlehne und wanderte, die obersten Knöpfe ihrer Bluse öffnend barfuss in ihre Kochzeile. Das kalte PVC kribbelte unter ihren Füßen und ließ sie kurz frösteln. Doch der Drang nach einem starken schwarzen Kaffee war stärker als das Kältegefühl.

Dana setzte Kaffee auf und war gerade dabei die Dose mit dem Kaffeepulver wieder in den Schrank zu stellen, als sie ein Geräusch neben sich vernahm. Ihr Kopf ruckte herum und blieb an Alex Krycek hängen, der geschwächt an der Wand lehnte und sich nur mühsam aufrecht halten konnte.

Dana überlegte kurz, ob die Wunde wirklich so schwer war oder ob ihm nicht noch etwas anderes zugesetzt hatte. Immerhin hatte sie am morgen festgestellt, wie er das Brötchen verschlungen hatte, mit dem sie ihn gefüttert hatte. Sie lachte kurz innerlich auf. Ja, gefüttert. Es war zum Schreien komisch. Sie hatte Alex Krycek gefüttert. Er hatte ihr tatsächlich aus der Hand gefressen. Wenn das kein Grund war, von jeglichem Glauben abzufallen, dann wusste sie auch nicht.

Sie schloss die Schranktür und schob ihre verrückten Gedanken beiseite. Alex ging es schlecht und er benötigte dringend ihre Hilfe. Also stieß sie sich vom Küchentresen ab und griff ihm unter die Arme. Ihr Blick und ihre Stimme klangen vorwurfsvoll, während sie ihn wieder Richtung Schlafzimmer lotste.

"Können Sie mir mal verraten, was das werden sollte? Wollen Sie sich etwa umbringen?"

"Kämen Ihnen das nicht gelegen?", erwiderte er mit zusammengebissenen Zähnen.

"Nicht hier!", brummte sie und ließ ihn los, als er das Bett erreicht hatte.

"Schon klar", kam es erschöpft von ihm und zum ersten Mal fühlte sie sich schuldig ihm gegenüber. Ein völlig dummes und unnötiges Gefühl, das dieser Mann überhaupt nicht verdient hatte, dennoch empfand sie es und hätte sich dafür ohrfeigen können.

Mit einem lauten Seufzer ließ sie sich am Fußende des Bettes nieder und sah hinauf ans andere Bettende, wo er, sich die Wunde haltend, in eine halb sitzende Position rutschte.

"Wenn Sie glauben, ich würde mich über Ihre Gegenwart freuen, dann muss ich Sie enttäuschen Alex, allerdings kann ich Ihnen zu Ihrer Beruhigung mitteilen, dass niemand weiß, dass sie sich hier aufhalten. Nicht einmal Mulder. Also wer oder was auch immer Ihnen das angetan hat, wird sie vermutlich überall vermuten, nur nicht hier."

Zu ihrem Erstaunen erstarrte er in seiner Bewegung und fixierte sie mit seinem Blick. Plötzlich war dort ganz deutlich Unglaube zu erkennen. Noch etwas, was sie an diesem Mann nicht kannte. Es kamen immer mehr neue Seiten zum Vorschein, wie Dana interessiert zur Kenntnis nahm. Irgendwie fragte sie sich, was er noch alles vor der Menschheit versteckte. Freundlichkeit? Hilfsbereitschaft?

Absurd! Sie strich sich mit der Hand durch ihr Haar.

"Ich werde jetzt zurück in die Küche gehen und Ihnen etwas zu trinken und zu essen bringen. Ich will keine Fragen über das warum oder wie. Ich habe das getan, weil Sie mich um Ihre Hilfe gebeten haben, Schluss und Vorbei. Akzeptieren Sie diese Antwort einfach und ich werde nicht fragen, warum Sie ausgerechnet mich aufgesucht haben. Es ist egal. Es ändert sowieso nichts mehr. Haben wir uns verstanden?"

Er nickte und sah sie mit großen Augen an. Entweder hatte es ihm tatsächlich die Sprache verschlagen oder er war intelligent genug, um zu wissen, dass sie keine Scherze machte. Sie wusste es nicht und im Endeffekt war es ihr auch egal.

Ohne einen weiteren Blick stand sie wieder auf und wanderte zurück in die Küche.

"Ich muss wahnsinnig sein!", sagte sie laut zu sich selbst und goss sich einen starken Kaffee ein. Schwarz, ohne Milch und Zucker, so wie sie ihn augenblicklich brauchte.

"Wieso müssen Sie wahnsinnig sein?"

Dana wirbelte herum, verschüttete fast ihren Kaffe und starrte in das Gesicht von ihrem Partner Mulder. Fast augenblicklich schienen all ihre Gesichtszüge zu entgleisen.

"Mulder!" Mehr brachte sie nicht hervor. Ihre Hand begann unwillkürlich zu zittern, etwas, was er auf keinen Fall bemerken durfte. Also stellte sie blitzschnell ihren Becher auf den Tresen und betete inständig, dass aus dem Schlafzimmer kein Geräusch kommen würde.

"Was… was machen Sie hier? Ich meine, wie sind Sie…?"

"Es tut mir leid, dass ich den Schlüssel trotz Ihrer Anwesenheit benutzt habe, doch sie haben nicht auf das Klingeln reagiert und ich…", begann er und betrachtete die Schuhe am Couchtisch irritiert. Seine Stimme wurde leiser. "Störe ich?"

Fast hätte sie sich die Hand an die Stirn geschlagen, konnte sich jedoch gerade noch zusammenreißen. Himmel, wie hatte sie vergessen können, die Schuhe dort wegzunehmen. Erst ihre Mutter, jetzt Mulder. Das war… Sie schüttelte den Kopf und legte den Kopf anschließend schief. Mit einem bezaubernden Lächeln sah sie ihren Freund und Partner an. "Was genau kann ich denn für Sie tun?"

Mulder sah wieder zu ihr hinüber und begann verlegen zu lächeln. "Sie haben doch einen Schlüssel für meine Wohnung. Nun ja, ich habe meinen verloren und Sie sind meine letzte Rettung."

"Oh…" Irgendwie hatte sie sonst was erwartet, doch nicht das. Vielleicht war sie ja auch schon paranoid. Nicht auf diese fanatische Weise wie Mulder, mehr so auf eine liebenswert verrückte Art. Ja, das war durchaus möglich.

Sie ging hinüber zu ihrer Kommode, die nahe der Tür stand und holte ihre Schlüssel auf einer der Schubladen hervor. Den Schlüssel von ihrem Schlüsselbund zu lösen dauerte einen Moment länger als üblich, dann jedoch hielt sie ihn ihrem Partner hin, der ihn dankend entgegen nahm.

"Sie sind ein Engel!", erklärte er und küsste sie auf die Stirn. Wieder entglitt ihr ein dümmliches Grinsen und ein leiser Seufzer.

Dana hatte ihn fast aus der Tür, als ein Husten aus ihrem Schlafzimmer erklang. Mit zusammengebissenen Zähnen versuchte sie es zu überhören und nickte Mulder freundlich zu.

"Sie haben also doch Besuch!" Sein Blick ging erst an ihr vorbei Richtung Schlafzimmertür, dann traf er sie und wenn sie es nicht besser gewusst hätte, hätte sie den Ausdruck in seinen Augen in geringem Maße eifersüchtig betitelt. Doch in jedem Fall lag Neugierde darin. Ausgeprägte Neugierde, die sie nicht weiter provozieren wollte.

"Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend, Mulder!", platzte es aus ihr heraus, ehe sie ihn zurückdrängte und mehr oder weniger fast die Tür vor dem Kopf zuschlug.

Fast apathisch lehnte sie sich mit dem Rücken gegen die geschlossene Tür und strich sich den nicht vorhandenen Panikschweiß von der Stirn. Das war gerade noch mal gut gegangen.

Im gleichen Augenblick wurde ihr klar, was sie getan hatte. Sie ließ ihren Kopf zurückfallen bis er mit einem lauten Bong gegen die Tür fiel.

"Warum?" Ihre Stimme hatte etwas Verzweifeltes.

"Ich muss absolut irre sein. Wirklich irre!" Kopfschüttelnd stieß sie sich wieder von der Tür ab und ging auf ihre Küchenzeile zu.

Sie hätte ihm sagen sollen, was hier geschehen war. Sie hätte ihn einweihen können. Mulder war ihr Freund, ihr Partner, sie vertrauten sich alles an. Fast alles, korrigierte sie sich selber. Er hatte sie nicht überall eingeweiht, warum also sollte sie es tun? Herrje, es war schon gut so wie es war, wie hätte sie ihm auch erklären können, dass sie seinen Erzfeind in ihrem Bett schlafen ließ, dass sie ihm half und sogar soweit vertraute, dass sie ihn den Tag über allein in ihrer Wohnung ließ.

Nein, so war es das Beste. Vielleicht würde sie ihm irgendwann später davon erzählen. Später, wenn alles vorbei war. Vielleicht lachten sie dann darüber? Ja, es war bestimmt komisch im Nachhinein.

Nein, absoluter Schwachsinn. Das würde es nie sein. Mit einer wegwischenden Bewegung versuchte sie ihre Gedanken wieder auf das zu lenken, was sie eigentlich vorgehabt hatte, ehe Mulder in ihrer Tür gestanden hatte. Sie wollte Alex etwas zu Essen bringen.

Fast wie in Trance bereitete sie etwas Tee zu, kochte etwas Reis und Gemüse und holte aus ihrem Kühlschrank ein Paar Tofuwürstchen, die sie selbst hatte essen wollen. Mit einem Schulterzucken erwärmte sie sie und drapierte dann alles fein säuberlich auf einem Teller.

Bewappnet mit einem Tablett betrat sie schließlich wieder das Schlafzimmer, stellte das Tablett auf den Nachttisch und setzte sich auf die linke Seite des Bettes.

Ohne Alex ein einziges Mal anzusehen, begann sie eine Serviette auszubreiten und ihm über den Oberkörper zu legen, dann griff sie sich den Teller, nahm die Gabel und führte diese wie mechanisch zu seinem Mund.

Er ließ es stumm über sich ergehen, doch als ihre Bewegungen ins Stocken gerieten, hielt er ihre Hand fest und zwang sie ihn anzusehen. "Ich kann das auch allein, Dana, Sie müssen das nicht tun."

Sie schüttelte den Kopf und zog die Stirn kraus. "Sie sind verletzt."

"Ich habe schon ganz andere Verletzungen mit weniger Hilfe überstanden." Er hob seinen künstlichen Arm und plötzlich wurde Dana übel. Sie wusste nicht warum, sie wusste nur, dass sie es nicht mehr ertrug. Kaltschnäuzig hin oder her, sie fühlte sich schlecht. Schlecht in jeder Hinsicht.

"Dana?" Er sah ihr nach, wie sie aufsprang, dabei fast den Teller verschüttete und sich die Hände vor den Mund schlug. Am Fenster blieb sie stehen und sah in die Dunkelheit hinaus.

Ihre Finger zitterten, als sie sie von sich weg hielt und beobachtete. Was hatte das alles nur zu bedeuten? Einem Feind zu helfen, seinen besten Freund zu belügen? Warum nur?

Sie drehte sich zu Alex um und konnte spüren, wie ihre Augen feucht wurden. Keine Tränen, kein Weinen, nur dieses eigenartige Gefühl von Panik.

Er sah sie mit großen Augen an. Mit großen unschuldigen Augen. Sie biss sich auf die Zunge und drehte sich wieder weg. Tief sog sie die Luft ein und aus. Er sah so gut aus. Verdammt gut. Sie machte sich schon die ganze Zeit Gedanken darüber. Himmel, sie hatte seinen Oberkörper beim ersten Anblick als gedanklich sogar als 'lecker' bezeichnet.

War es das, warum sie Mulder und ihrer Ma verschwieg, dass sie ihn hier beherbergte. War das diese zweite Seite in ihr. Diese dunkle Seite, die ihr das Tattoo beschert hatte? Die etwas riskieren wollte? War sie wieder mal derart frustriert, dass sie bereit war, sich mit einem Mörder einzulassen? Nun, es war nicht ihr erster Liebhaber, der sich als Mörder entpuppte. Sie kaute auf ihrer Unterlippe herum und sah wieder zu dem Mann in ihrem Bett.

Wieso kam diese Eingebung eigentlich wie ein Blitz über sie? Was hatte gerade eben zu diesem unwirklichen Gedanken geführt? Dana fuhr sich durch ihr Haar, brachte die Frisur durcheinander und stützte sich mit ihrem rechten Arm an der Wand ab.

Ganz klar, es war die Berührung gewesen. Dieser Moment, als er ihre Hand gegriffen, nein, gepackt hatte. Dieser feste Griff, der ihr sowohl Übelkeit als auch ein Ziehen verursacht hatte. Sie hatte diesen Drang gespürt, ihn zu provozieren. Sie hatte den Drang vernommen, etwas Unanständiges zu tun. Ihr Schicksal herauszufordern. Alles andere danach, war an ihr vorbei gegangen.

Sie lachte innerlich auf. Er würde sie vermutlich verspotten. In seinen Augen waren diese Gedanken, die sie hatte, reinstes Amüsement. Und eigentlich schämte sie sich auch schon wieder dafür.

Lahm stieß sie sich von der Wand ab, ging hinüber zum Bett, setzte sich wieder neben ihn und begann weiter, ihm das Essen einzuflößen. Einfach so tuend, als ob gar nichts geschehen wäre. Als ob weder eine Unterhaltung noch eine Reaktion von ihr erfolgt wäre. Stumm und emotionslos.

Seine Blicke folgten ihren Bewegungen, folgten ihr, als sie den Teller abräumte und in die Küche zurück brachte. Sein Blick erfasste sie augenblicklich wieder, als sie zurück ins Schlafzimmer kehrte.

Fast lethargisch waren ihre Bewegungen, als sie zu ihrem Kleiderschrank ging, die großen Flügeltüren öffnete und sich hinter einer dieser entkleidete und in ihr riesiges T-Shirt schlüpfte. Erneut ruhten seine Augen auf ihr, als sie wieder hervortrat, die Schranktüren schloss und in akribischer Feinarbeit ihre Kleidungsstücke über einem Stuhl sortierte.

Sie ignorierte seinen Blick, trat zu ihrem Stuhl hinüber, rückte das Kopfkissen zurrecht und zog sich die Decke über die Beine, ehe sie das Licht ausschaltete.

"Wollen Sie wirklich so schlafen?", erklang es leise neben ihr.

Die Decke ein Stück höher ziehend, kniff sie die Augen fest zusammen. "Wäre nicht die erste Nacht."

"Das tut mir leid."

Sie knipste das Licht wieder an und sah ihn skeptisch an.

Es brauchte einen Augenblick, dann knipste sie das Licht wieder aus und zog die Decke wieder hoch.

"Tut es nicht!"

"Ich kann verstehen, dass Sie mir nicht glauben", erklärte er und sie konnte hören, wie er sich im Bett neben ihr bewegte.

Wieder ging das Licht schlagartig an und Alex blinzelte sie geblendet an.

"Ich… hören Sie zu, Alex, was genau wollen Sie damit bezwecken?"

Er zuckte mit den Schultern, verkniff das Gesicht, als der Schmerz seine Seite durchfuhr und versuchte mit seinen Händen eine fragende Geste zu machen. "Wieso sollte ich etwas bezwecken? Hören Sie, Dana, ich werde aufstehen, meine Sachen nehmen und gehen. Ich kriege das hin. Wäre nicht das erste Mal. Sie können wieder in Ihrem Bett schlafen und haben Ihre Ruhe."

"Das geht nicht!", platzte es aus ihr heraus.

"Wieso?" Er kniff die Augen zusammen.

"Weil derjenige, der Ihnen das zugeführt hat, Sie erneut angreifen könnte. Zudem sind sie ja nicht mal in der Lage gewesen, weiter wie bis zur Küche zu gelangen! Und da wollen Sie Ihrem Gegner entkommen? Lachhaft!" Sie stand auf und tigerte im Schlafzimmer auf und ab.

Alex zog die Augenbrauen hoch und sah sie erstaunt an. Vielleicht auch ein wenig verstört.

"Dann legen Sie sich doch wenigstens auf die Couch, wenn Sie schon meinen Schutzengel spielen wollen!", brummte er schließlich, doch sie hob abwehrend die Hand.

"Nein, Ihr Fieber ist noch nicht abgeklungen und ich kann es als Ärztin nicht verantworten, Sie in diesem Zustand allein zu lassen!"

Er schüttelte ungläubig den Kopf. "Ich stehe nicht an der Schwelle des Todes, Agent Scully!"

"Trotzdem", erwiderte sie und fragte sich zeitgleich, was sie hier eigentlich tat.

"Ich würde Ihnen ja anbieten, die linke Hälfte des Bettes zu nutzen, aber das würden Sie wahrscheinlich als Nötigung ansehen und ich könnte mich dann dankbar schätzen, wenn ich lediglich mit einer Ohrfeige zu rechnen hätte." Er sah sie provozierend an und wusste ganz genau, dass sie jetzt nur noch zwei Optionen hatte. Ihn zu bestätigen, in dem sie tat, was er prophezeite und sich stur wieder auf den Stuhl setzen oder aber genau das Gegenteil.

Hin und her gerissen sah sie auf das Bett und auf Alex Krycek, der sie neugierig abwartend ansah. Unschlüssig sah sie zu, wie er über die Bettdecke strich und den Stoff fühlte. Für einen winzigen Augenblick wünschte sie sich, der Stoff zu sein.

"Was ist das? Satin?", fragte er und spürte ihren Körper plötzlich neben sich. Das Licht ging aus.

"Seide!", erwiderte sie brummend und rollte sich neben ihm, ganz am äußersten Rand des Bettes in ihre Decke ein.



::+::



Die ersten Sonnenstrahlen des heran brechenden Morgens drangen durch das Schlafzimmerfenster und kitzelten sie an der Nase. In einem Reflex zog sie ihre Hand unter der Decke hervor und rieb sich ihre Nase. Noch mit geschlossenen Augen ließ sie ihre Hand vor ihrem Gesicht sinken und schmiegte sich wieder in die richtige Position. Es war so warm, weich, so ungemein angenehm. Dana seufzte und zog die Decke wieder ein Stück höher. Sie konnte sich gar nicht mehr daran erinnern, wann sie das letzte Mal so gut geschlafen hatte.

Der Radiowecker begann zu piepsen und hörte genauso abrupt auf. Ihr kam nicht in den Sinn, darüber nachzudenken, warum dem so war, es war einfach zu schön um wahr zu sein.

Dana gähnte genüsslich und streckte ihr Bein aus. Warme Haut rieb aneinander. Sie lächelte zufrieden und rückte noch näher an den warmen weichen Körper neben sich.

Sie spürte die Bewegung neben sich und verlagerte das Gewicht ihres Kopfes ein wenig. Es dauerte nur Sekunden, da riss sie die Augen auf. Ihre Bewegungen waren erstarrt.

Vorsichtig versuchte sie zu realisieren, wie ihre Position war und kam zu der Einsicht, dass sie das vielleicht doch lieber nicht wissen wollte. Immerhin konnte sie spüren, dass eines ihrer Beine mit seinen Beinen verschlungen war und dass ihr Kopf an seiner Seite ruhte, während ihre Hand auf seinem Bauch lag. Sie lagen unter einer Decke. Dana war sich sicher, dass sie das nur träumen konnte. Andererseits, waren diese verdammt guten Gefühle zu realistisch.

"Das fühlt sich nicht gut an", murmelte sie leise vor sich hin, wie um Bestätigung ringend, und versuchte langsam und vorsichtig Abstand von Alex zu bekommen.

Nachdem sie schon so einfältig gewesen war, sich das Bett mit ihm teilen zu wollen, um ihm etwas zu beweisen, war das Ganze auch noch dabei in einer persönlichen Katastrophe für sie zu enden.

Als sie genug Distanz zwischen sich und Alex gebracht hatte, sah sie ihn an. Sie erwartete ein süffisantes Lächeln, ein diabolisches Grinsen, Häme, Selbstgefälligkeit, doch alles was sie sah, war, dass er schlief. Er schien nichts davon mitbekommen zu haben. Diese Selbstverständlichkeit, wie ihre Beine ineinander verschlungen waren, seine Hand an ihrem Rücken, das war aus einem Reflex im Schlaf entstanden.

Viel zu lange betrachtete sie ihn, dann fiel ihr Blick auf den Wecker und sie erinnerte sich vage daran, dass er bereits einmal geklingelt hatte. Es musste ungefähr zehn Minuten her gewesen sein, denn das Piepsen erklang erneut und noch ehe sie reagieren konnte, tastete ein noch schlafender Alex zur Schlummertaste und drückte diese.

Dana verließ daraufhin das Bett, umrundete es, um den Wecker komplett zu deaktivieren und ging dann ins Bad.

Während sie sich selbst im Spiegel betrachtete, kam ihr in den Sinn, dass Krycek wohl doch nicht immer allein geschlafen hatte. Sicher, einen One-Night-Stand, das hatte sie von ihm erwartet. Vielleicht auch eine Gelegenheitsaffäre, doch diese Haltung, die er eingenommen hatte, sie hatte etwas an sich. Dana konnte es nicht genau beschreiben, aber es war für sie irgendwie ein Hinweis daraufhin, dass er schon längere Beziehungen geführt hatte. War ein Alex Krycek also tatsächlich in der Lage Liebe zu empfinden?

Dana seufzte und schob sich die Zahnbürste in den Mund. Warum machte sie sich überhaupt Gedanken darüber? Und das schon am frühen Morgen! Sie bewegte die Zahnbürste in kreisenden Bewegungen und sah ihn Spiegelbild tadelnd an.



::+::



Langsam schien es zu einem Ritual zu werden. Sie betrachtete ihre Schuhe, die mit Schwung in einer Ecke des Wohnzimmers gelandet waren und schüttelte den Kopf. Ihre Jacke landete beim Vorübergehen über einem der Sessel, während sie die Küche ansteuerte. Ein weiterer Tag im Büro, ein weiterer Tag Verheimlichungen, ein weiterer Tag schlechtes Gewissen und dann auch wieder nicht. Noch ein paar Tage und sie hatte Routine darin, dann würde es ihr irgendwann egal sein. So egal, wie es nur sein konnte.

Sie öffnete ihren Kühlschrank, nahm die Milchtüte hervor und trank aus dieser. Etwas, was sie an allen Männern, einschließlich Mulder und ihrem Bruder gehasst hatte, wenn sie diese so erwischt hatte. Hinter ihr erklang ein Geräusch, doch sie zuckte nicht zusammen und dachte auch nicht daran, sich umzudrehen. Das Geräusch hinter ihr konnte nur Alex sein und wenn sie am Anfang noch gefürchtet hatte, er würde ihr Schaden zu fügen wollen, war sie sich auf eine sehr eigenartige Weise unterdessen sicher, dass nichts dergleichen geschehen würde.

"Geht's der Wunde besser?", fragte sie, ohne sich umzudrehen und stellte die Milchtüte zurück in den Kühlschrank.

"Dank Ihnen", erwiderte er und sie konnte hören, wie er sich abstützte. "Anstrengender Tag?"

Sie zog die Augenbrauen hoch und wandte sich der Kaffeemaschine zu. "Mulder anlügen, heile Welt spielen, ja, das kann anstrengend sein!" Der Sarkasmus war deutlich aus ihrer Stimme herauszuhören.

"Tja, dann werde ich wohl besser gehen!", erwiderte die Stimme hinter ihr.

Einem Instinkt folgend, schloss Dana die Augen und wirbelte herum. Ihre Hand bekam ihn am Oberarm zu fassen. "Alex, warten Sie, ich… ich habe es nicht so gemeint. Ich halte es für besser, wenn Sie noch nicht gehen."

Er begutachtete ihre Hand, die seinen Arm umfasst hatte, dann sah er sie an. "Warum?"

Dana wollte gerade die Hand heben und protestieren, da fuhr er ihr dazwischen. "Ich weiß, wir haben eine Abmachung – keine Fragen, dennoch hätte ich gern eine Antwort!"

"Und wenn ich die Gegenfrage stelle? Warum? Bekomme ich dann eine Antwort?"

Sie sahen einander in die Augen und es kam ihr wie Stunden vor. Dann atmete er tief durch und nickte schwach. Es würde keine Antworten geben.
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