World of X

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Nachtschwärmer

von Steffi Raatz

Kapitel 3

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Scully stand am Fenster und betrachtete die vorbei fahrenden Fahrzeuge. Seit nunmehr mehr als drei Monaten traf sie sich regelmäßig mit Alex, hatte ihre Skrupel über Bord geworfen und akzeptiert, daß es so gekommen war und nicht anders. Mulder war immer noch nicht gewahr geworden, mit wem sie ihre Freizeit verbrachte und das war auch gut so. Sie hatte es so geheim wie möglich gehalten, dennoch hatte ihre Mutter von der ganzen Sache Wind bekommen. Während diese jedoch noch glaubte, daß Alex der junge Geschäftsmann aus dem Restaurant sei, versuchte Scully einen Weg zu finden, ihr die Wahrheit zu verschweigen.

"Dana..." die Tür schnappte zu und sie hörte erleichterte Alex Stimme hinter sich.

"Gott sei Dank, ich hab mir schon Sorgen gemacht", sie nahm ihm die Jacke ab und küßte ihn zärtlich. Er sah gehetzt aus.

"Es wird immer schwieriger die Leute vom Konsortium abzuschütteln. Seit sie sich um die Hälfte reduziert haben, sind sie noch vorsichtiger geworden", er strich ihr liebevoll über die Wange.

"Lange kann ich meine Mutter auch nicht mehr hin halten und Mulder wird immer mißtrauischer. Alex, wir müssen uns was einfallen lassen", ihre Stimme war dünn.

"Wir sollten uns trennen", kam es von ihm und sie zuckte zusammen.

"Nein, das ist keine Lösung! Das ist... ist..."

Er unterbrach sie: "Das ist die einzige Lösung, Darling!"

Dana schüttelte den Kopf. Das konnte nicht die einzige Lösung sein. Zum erstenmal in ihrem Leben fühlte es sich richtig an, zum erstenmal war sie nicht allein.

"Wenn wir zusammen bleiben, werden wir beide untergehen", er hatte sie an beiden Schultern gepackt und sah sie fest an. Seine Stimme zitterte leicht. Sie konnte sehen, daß es ihm genauso nahe ging wie ihr.

"Ich will dich aber nicht gehen lassen, Alex!", kam es schneller von ihr, als sie hätte drüber nachdenken können.

"Bitte sei vernünftig. Mulder muß nur einmal mit deiner Mutter sprechen und schon weiß er, was hier los ist und wenn das Konsortium mich auch nur einmal hier sieht, dann bist auch du nicht mehr sicher!", liebevoll strich er ihr über das Haar.

Sie schluckte. Er hatte Recht, er hatte mal wieder so gottverdammt Recht, aber sie wollte es nicht wahr haben. Das Vernünftige zu tun, hieße, ihre Beziehung aufzugeben, Alex gehen zu lassen, doch das wollte sie nicht... sie konnte es nicht - nicht mehr!

Der traurige Ausdruck in seinen Augen schmerzte sie und setzte sie gleichermaßen in Alarmbereitschaft. Er würde doch nicht...

"Dann ist dies unser letzter Abend..." sie schloß bei seinen Worten die Augen - er würde doch. Der Schmerz in ihrem Inneren war schier unerträglich.

"Alex, das kann nicht sein!", sie schluchzte.

"Hör mir gut zu, mein Engel! Wir hätten diese Beziehung von vornherein nie eingehen dürfen. Du weißt das, ich weiß das. Dennoch waren wir beide so töricht und haben uns von unseren Emotionen leiten lassen. Wir wußten, daß wir irgendwann die Konsequenzen dafür tragen müßten", er klang energisch.

"Du hast ja Recht, so verdammt Recht, mein Verstand drängt mich dazu, sich von dir zu trennen, doch etwas anderes in mir..." sie verstummte. Zwar hatten sie oft über Gefühle und Emotionen gesprochen, aber das Wort Liebe war nie zwischen ihnen gefallen. Während sie ihm gegenüberstand und wußte, daß er aus ihrem Leben weichen würde, fragte sie sich ernsthaft, was sie für ihn empfand. Warum hatte sie sich ihm zuliebe über die Konventionen hinweg gesetzt? Weshalb hatte sie übersehen, daß er ihr Feind war, sogar ihre Schwester auf dem Gewissen hatte?

"Alex, ich..."

Er hob die Hand und brachte sie zum Schweigen: "Keine unbedachten Worte!"

Sie nickte und warf sich in seine Arme. Bittere Tränen benetzten ihre Wangen, doch er küßte sie hinfort. Ihre Münder fanden einander und ergaben sich ein letztes mal der süßen Leidenschaft, die zwischen ihnen brannte. Dana spürte, wie er sie hoch hob und in ihr Schlafzimmer trug und ihr wurde sehr schwer ums Herz...



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Übelkeit - bittere Galle und Übelkeit. Dana wischte sich angewidert den Mund ab. Bisher hatte sie jeden Flug unbeschadet überstanden und auf einmal hatte sie die Flugkrankheit? Sie sah sich besorgt im Spiegel an. Ihre Gesicht schien außergewöhnlich blaß und dunkle Ränder unter ihren Augen zeugten von schlaflosen Nächten.

"Alles okay, Scully?" Mulder lugte durch die nur einen Spalt geöffnete Tür der Damentoilette.

"Es geht gleich wied..." sie kam nicht zum Ende des Satzes - ein weiterer Würgekrampf überkam sie und so eilte sie zurück zur Toilette.

"Verflucht..." schimpfte sie, als sie zum zweiten mal vor dem Waschbecken stand. Sie war doch noch nie flugkrank geworden?

Als sie die Damentoilette wieder verließ, war sie noch immer sehr blaß und spürte, wie ihr Kreislauf sich nur mühsam wieder erholte.

"Ist wirklich alles in Ordnung?" Mulder stützte sie und sah reichlich besorgt aus.

Er hatte sich wirklich liebevoll um sie gekümmert, als er bemerkt hatte, daß sie in ein tiefes Loch der Verzweiflung gestürzt war, ja, er hatte sogar einige Abende mit ihr verbracht.

Dana war ihm unendlich dankbar für seine Fürsorge, dennoch war die Zeit vorbei, wo er ihr alles geben konnte, was sie brauchte. Ihr Leben hatte eine unglückliche Wendung genommen und Mulder war nicht mehr der Mann, der sie aus der Krise führen konnte.

Sie vermißte Alex schmerzlich. Seit jenem Abend hatte sie ihn nie wieder gesehen.

"Scully..." Dana sah in Mulders besorgtes Gesicht und registrierte, daß sie ihm ja noch gar keine Antwort gegeben hatte.

"Mir geht es soweit ganz gut. Ich schätze, es ist die Flugkrankheit", murmelte sie und stützte sich an der Wand ab, da die Übelkeit erneut zurück kam.

"Sie waren noch nie flugkrank!", erwiderte er und strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht.

Dana wehrte seine Hand ab und griff nach ihrer Tasche: "Wäre ich nicht unfruchtbar, würde ich mir selbst eine Schwangerschaft diagnostizieren!"

Sie lächelte gequält: "Also muß es die Flugkrankheit sein!"

"Waren Sie denn schon beim Arzt?", langsam ging ihr Mulders Bemutterung doch auf den Geist.

Ihre flache Hand klatschte auf den kalten Stein und ihr Blick war wütend: "Ich bin Ärztin, Mulder! Verdammt! Mir geht es gut, es wird schon alles gleich vorüber sein!"

Er zuckte nur mit den Schultern und hob abwehrend seine Hände.



Die Übelkeit nahm natürlich kein Ende. Dana verbrachte die Hälfte des Tages in ihrem Bad auf dem Hotelzimmer, während Mulder Nachforschungen anstellte. Langsam wurde Dana unheimlich. Seit mehreren Tagen konnte sie essen was sie wollte, ihr schmeckte einfach alles und am nächsten Morgen dann, überkam sie eine furchtbare Übelkeit.

Sie hätte jeder anderen Frau eine Schwangerschaft diagnostiziert, doch sie war unfruchtbar. Zu 100 % nicht zeugungsfähig! Kein Leben konnte in ihrem Schoß entstehen. Nichts! Und dennoch hatte sie alle Symptome.

So abstrus es auch war, sie ging zu einem der ortsansässigen Frauenärzte und ließ sich untersuchen. Irgendwer mußte ihr bestätigen, daß sie nicht schwanger war, daß die Symptome ganz andere Ursachen hatten, doch das Ergebnis war niederschmetternd.

Schwanger - hallte es durch ihren Kopf, der nunmehr leer gefegt zu sein schien - schwanger.



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Sie hatte lange mit sich kämpfen müssen, um zu Marita Cavaroubias gehen zu können, doch sie überwand sich. Fünf Monate waren bereits seit Alex' Verschwinden vergangen, fünf lange Monate, die ihr ins Gesicht geschrieben standen.

"Agent Scully", Marita wirkte nicht sehr freundlich, aber Dana hatte nichts anderes erwartet.

Sie zog ihren Mantel ein wenig fester um ihre leichte Bauchwölbung und versuchte das Kind und sich selbst zu schützen: "Ich habe gehört, Sie können mir Kontakt zu Alex Krycek vermitteln."

"Krycek ist gefährlich, Agent Scully. Sie wissen, was sie da wollen?" Maritas Stimme hatte eine leichte unterschwellige Drohung im Ton.

"Es ist mir durchaus klar, wer Krycek ist, Marita, aber ich muß ihn dringend sehen!" Dana beharrte auf ihrer Bitte.

Maritas Blick fiel skeptisch aus: "Sie sind doch nicht etwa übergelaufen, Scully?"

"Sicher nicht", kam es giftig von ihr zurück, "würden Sie nun meine Bitte erfüllen? Es ist sehr wichtig!"

"Hören Sie, ich werde ihn informieren, ob er Sie jedoch aufsucht, ist seine Sache, klar?" Marita würde die Info überbringen, mehr nicht, doch selbst dafür war Dana dankbar.

"Sagen Sie ihm, es geht um sein und mein Leben!", sie spürte, wie ihre Stimme zitterte.

"Was wollen Sie damit sagen? Wollen Sie ihn warnen oder gar in eine Falle locken?", natürlich konnte Marita sich nicht vorstellen, daß sie und Alex einander zu getan waren. Sie konnte es ja selbst kaum begreifen.

"Bitte, Marita, sagen Sie es ihm! Es ist sehr wichtig!"

Marita Cavaroubias nickte, wenngleich sie der Sache nicht ganz traute.

Dana atmete tief ein und aus. Sie hatte den ersten Schritt getan und konnte nur hoffen, daß alles weiterhin nach Plan verlief.



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Die kleine Bar war fast leer. Es kam ihr vor, als ob noch immer die gleichen Leute hier verkehrten als vor fast einem Jahr. Mein Gott, sie schauderte, es war tatsächlich schon fast ein Jahr her.

Sie hatte keine Ahnung, wo und wann sie mit Alex zu rechnen hatte, dennoch erschien ihr die Bar als idealster Ort für ein Treffen.

Immer wieder schweifte ihr Blick zur Tür und sie wollte schon fast wieder aufgeben und gehen, da betrat er den Raum. Schwarze Lederjacke, schwarze Hose, schwarze Handschuhe - er war der Krycek, den sie einen Lebtag als ihren Feind betrachtet hatte. Sein Blick war vorsichtig und lauernd, kalt und berechnend und einen Augenblick wußte sie nicht, ob sie das richtige getan hatte.

Dann erblickte er sie und in seinen Augen erschien jene Wärme, die sie seit seinem Verschwinden vermißte.

"Dana!", er zog sie in die Arme und küßte sie kurz und leidenschaftlich, dann schob er sie von sich weg und setzte sich ihr gegenüber.

Sein Blick ging verfolgt hin und her. Was mochte unterdessen geschehen sein? Die Neugierde brannte in ihr, doch sie hatte etwas anderes mit ihm zu besprechen: "Alex..."

"Es ist verdammt unvorsichtig, daß wir uns treffen!", unterbrach er sie.

"Alex, ich..."

Wieder kam sie nicht zuende: "Das war echt unvernünftig von dir!"

"Ich..."

"Ich möchte mir gar nicht ausmalen, was geschiet, wenn das Konsortium uns hier sieht!", unterbrach er sie ein weiteres mal.

"Alex!", energisch fuhr sie ihn an.

Erstaunen lag in seinem Blick, als sie sich vorbeugte und ihn verschwörerisch an sah: "Willst du denn gar nicht wissen, weshalb ich nach dir gesucht habe?"

"Es klang so merkwürdig", erwiderte er und umschloß ihre Hände mit seinen.

"Wir sind in Gefahr. Ich bin in Gefahr und ich brauche deine Hilfe!", versuchte sie sich dem eigentlichen Thema zu nähern.

"Du?" er war verwirrt.

Sie nickte und strich ihm zärtlich über die Wange: "Du mußt mich irgendwo hin bringen, wo es sicher ist."

"Wieso... ich meine, was ist passiert?" er sah ihr in die Augen und versuchte zu ergründen, was in ihrem Inneren vor sich ging.

Langsam rutschte sie auf den Stuhl neben ihn und legte seine Hand auf ihren leicht gewölbten Bauch. Erst begriff er nicht, dann weiteten sich seine Augen und er sah sie ungläubig an.

"Ich brauche dich jetzt, Alex!", ihre Stimme war ein Flehen, dünn und zitternd.

"Du warst unfruchtbar, ich meine... " weiter kam er nicht, ihre Tränen flossen bereits.

Tröstend zog er sie in seine Arme, strich ihr über ihr Haar und küßte ihren Haaransatz. Er begriff nicht, was sie wollte. Sie konnte doch unmöglich von ihm verlangen, bei ihr zu bleiben. Es wäre sein Todesurteil gewesen.

"Bring mich bitte irgendwo hin, wo ich sicher bin. Wo wir sicher sind!", bittend sahen ihren Augen zu ihm auf.

"Dana, Darling, du kannst nicht mit mir gehen wollen. Es wäre kein Leben, ständig auf der Flucht. Das könnte nie funktionieren", seine Stimme klang dünn. Er wollte sie nicht in dieser Situation allein lassen, doch was sollte er tun?

"Es muß einen Weg geben, Alex!", ihre Stimme war brüchig und nah am Wasser gebaut.

Verzweifelt fuhr er sich mit der Hand durch das Haar. Es konnte keine Lösung geben. Sie kamen aus viel zu unterschiedlichen Welten. Er war der Bösewicht, sie die Gute.

"Alex, schnell!" Marita Cavaroubias tauchte neben ihnen auf und Dana schreckte hoch.

"Dana, Schatz, ich muß!" Alex sah zu ihr herüber und wischte mit seinem Finger ihre Tränen fort.

"Wir müssen einen Weg finden, Alex, wir müssen!", versuchte sie verzweifelt ein weiteres mal einen Weg zu ihm zu finden, doch Marita drängte.

Er küßte sie flüchtig und sprang von seinem Stuhl auf, dann war er fort und ihre Welt schien in alle Einzelteile zu zerbrechen...



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Müde und dennoch nicht in der Lage zu schlafen, starrte sie aus dem Fenster, ließ die Lichter der vorbeifahrenden Fahrzeuge passieren und strich sich unbewußt über ihren Bauch. Immer schon hatte sie sich Kinder gewünscht, dann war ihre Unfruchtbarkeit über Nacht gekommen und sie hatte eine Verzweiflung in sich gespürt, die jetzt nicht hätte größer sein können. Sie hatte einen Traum, der sich erfüllen würde und dennoch konnte sie nicht wirklich glücklich sein.

"Scully?" Sie wirbelte herum und starrte den Mann in Schwarz an.

"Mulder, was machen Sie hier?" für einen Augenblick hatte sie gehofft, Alex zu sehen.

"Sie wirkten vorhin im Büro so abwesend und nachdem sie nicht ans Telefon gegangen waren..." er spielte verlegen mit ihrem Schlüssel und ihr Blick ging zum Anrufbeantworter. Er blinkte. Sie hatte es wirklich nicht wahrgenommen.

"Mir... mir geht es gut", versuchte sie ihre Angst, ihre Verzweiflung zu vertuschen.

Seine Hände legten sich auf ihre Schultern, versuchten ihr Trost zu spenden, doch es machte alles nur noch schlimmer: "Ihnen geht es alles andere als gut. Erzählen Sie mir, was los ist!"

Er spürte das Zittern ihres Körpers unter seinen Händen: "Ich kann nicht. Sie würden es mir nie verzeihen."

"Kann es so schlimm sein?"

Sie trat einen Schritt vor und entwich seinen Händen, dann holte sie tief Luft. Es war an der Zeit alles offen zu legen: "Ich bin schwanger."

"Aber das ist großartig, Scully!", lächelte er und legte ihr erneut die Hände auf die Schultern. Er freute sich ehrlich für sie und ihr kamen die Tränen. Wie hatte sie ihn die ganze Zeit nur anlügen können?

"Das Kind ist von Krycek!", ihre Stimme bebte und sie spürte wie der Griff an ihren Schultern fester wurde, bis er schmerzte.

"Was hat er ihnen angetan?" hörte sie die verbitterte Stimme ihres Partners.

Sie mußte es ihm erklären, alles mußte sie ihm erklären: "Er hat mir nichts angetan. Er war der Mann, mit dem ich mich drei Monate lang getroffen habe, Mulder. Er war mein Freund, mein Liebhaber..."

Jedes Wort schmerzte ihn, jede Silbe fügte ihm Qualen zu. Sein Erzfeind, der Mörder seines Vaters - sie hatte ihm ihren Körper dargeboten, hatte ihn näher an sich gelassen, als je einen Mann zuvor. Es schmerzte, es tat außergewöhnlich weh. Er fühlte sich hintergangen.

"Mulder, ich..." sie verstummte und brach in Tränen aus.

"Er hat sie sitzen lassen!", platzte es verärgert aus ihm heraus.

"Nein, wir haben uns getrennt, wegen dem Konsortium, wegen ihnen, wegen meiner Mutter, dem FBI, einfach allem. Er wußte nichts von dem Kind. Ich wußte es ja selbst nicht einmal", sie sah zu Boden.

Mulder schluckte. All das mußte er erst einmal verdauen.

"Mulder, helfen Sie mir. Ich liebe ihn!", kaum hatte sie es ausgesprochen, da wußte sie, daß es die Wahrheit war. Sie liebte Krycek. Tief in ihrem Inneren hatte dieses Gefühl schon so lange gesessen, doch sie hatte es nicht akzeptieren können. Jetzt war so oder so alles verloren, jetzt konnte sie es sich auch eingestehen.

Mulders Gedanken spielten verrückt. Seine Partnerin, seine Scully, verliebt in diesen Verbrecher Alex Krycek? Er konnte es nicht glauben.

Ihre Augen trafen sich und dort sah er die Wahrheit. Eine Wahrheit, mit der er lieber verschont geblieben wäre, doch sie hatte sich ihm anvertraut und hoffte auf seine Hilfe.

Wie konnte er ihr helfen, wenn sie den Mann liebte, den er abgrundtief haßte?

Er spürte ihre Hand an seinem Arm und sah das Flehen in ihren Augen. Verdammt, Scully, warum tun sie mir das an? Seine Hand umschloß ihre und führte sie zu seinem Mund. Zärtlich hauchte er ihr einen Kuß auf den Handrücken. Sie war sein Halt. Alles was er wollte, war, daß sie glücklich war. Wenn sie dazu Krycek brauchte, dann würde er ihr helfen, so sehr er sich dafür hassen würde...



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Alex besah sich die Fotos und sah seinen Gegenüber bewundernd an. Dieser Mann tat etwas, was er vermutlich nie im Leben zustande gebracht hätte. Nie hätte er einem seiner Feinde derart verzeihen können. Mulder war wirklich ein außergewöhnlicher Mann.

Dankend reichte Krycek ihm die Hand, ehe er die gefälschten Papiere in seine Innentasche steckte. Marita sah ihm ein wenig beunruhigt zu: "Ihr müßt euch beeilen!"

Er nickte und sah zu Scully hinüber, die ihre Mutter in einer langen Umarmung umfangen hielt. Er wußte nicht, was sie ihr erklärt hatte, aber es war nicht die Wahrheit.

Als sie zu ihnen hinüber kam, beobachtete er sie - den leicht gewölbten Bauch mit seinem Kind, ihren gesunden Teint und die Unsicherheit, die in ihrem Gesicht geschrieben stand.

"Ihr müßt", schaltete sich jetzt auch Mulder ein und sah auf Scully hinab - auf seine Scully.

"Vielen Dank für alles!" Dana umarmte ihn kurz und gab ihm einen Kuß auf die Wange.

"Sie werden mir fehlen!", rutschte es ihm heraus und er drückte sie fest an sich.

Sie spürte, wie er kurz davor war, Tränen zu vergießen und dafür liebte sie ihn - liebte ihn wie einen Bruder.

Er hatte ihr die Papiere besorgt, die ihnen nun die Chance auf eine gemeinsame Zukunft ermöglichen sollten. Er hatte ihr geholfen, Alex zu finden und ihre Fährte bis hierher zu verwischen.

Es machte ihr Angst, daß sie ihn alleine ließ, daß sie ihn nicht mehr vor sich selbst schützen konnte. Sie fühlte ihr schlechtes Gewissen, weil er sie gehen ließ und unendlich viel Dankbarkeit.

Als sie ihm erzählt hatte, daß sie Krycek liebte, da hatte sie erwartet, von ihm verstoßen zu werden, hatte befürchtet, ihn zu verlieren, doch es hatte sie zu ihrem Erstaunen noch fester mit einander verbunden. Sie hatte endlich das in ihm gesehen, was er stets gewesen war - ihr Vertrauter, ihr bester Freund, ihr zweites Ich.

Tränen schimmerten in ihren Augen: "Sie werden mir auch fehlen, sehr sogar!", dann riß sie sich los und folgte Alex. Ihre Hand umklammerte seine und zwei einfache goldene Ringe blitzten auf.

Einst hatte Mulder zu ihr gesagt, daß er alles in seiner Macht stehende tun würde, um sie glücklich zu machen, damals hatte sie ihm nicht geglaubt, jetzt hatte sie ihm alles zu verdanken.

"Darling?" Alex nahm ihre Bordkarte und reichte sie der Stewardess, dann stiegen sie in den Flieger.

Sie nahm am Fenster Platz und blickte zum Flughafengebäude. Instinktiv wußte sie, ihre Mutter und Mulder würden dort stehen.

Vermutlich sah sie sie in diesem Augenblick das letzte mal und es tat weh, doch etwas anderes, aufregendes geschah mit ihr, mit ihrem Leben.

Es war ein Neuanfang, ein völlig neuer Start mit dem Menschen, den sie liebte. Sie mußte jetzt nur einfach alles auf sich zukommen lassen.

Ihre Hand ruhte auf ihrem gewölbten Leib, während der Flieger startete.

"Leb wohl, mein Freund!", flüsterte sie und legte ihre Hand auf die Scheibe. Mulder im Inneren des Gebäude tat es ihr gleich und irgendwie fanden sie für einen kurzen Augenblick eine seelische Verbindung. Tränen benetzten beider Augen.

Ein letztes mal sah sie zum Flughafengebäude, dann verschwand es im Nichts. Sie schloß die Augen und sah zu ihrem Mann, zu ihrem neuen Leben und einer ungewissen Zukunft, doch sie lächelte...





Ende
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