World of X

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Nachtschwärmer

von Steffi Raatz

Kapitel 1

Das Glas, vor ihr stehend, war leer. Das wievielte mochte es sein? Das dritte, das vierte? Sie war sich nicht mehr sicher. Nur eines wußte sie, ein weiteres würde folgen. Sie hob die Hand und gab dem Barkeeper Zeichen.

Während sie auf ihr nächstes Glas wartete, sah sie sich in den Räumlichkeiten um. Ihre Blicke blieben an so manchem hängen, doch keiner der Anwesenden erreichte ihre ungeteilte Aufmerksamkeit.

Der Barkeeper reichte ihr das nächste Glas und sie versank wieder in Gedanken. Kurz sah sie auf, als sich die Tür zur Bar öffnete und registrierte interessiert, daß ein junger Mann den Raum betreten hatte und sich an der Theke niederließ.

Er hatte ihr den Rücken zugewandt, doch was sie sah, war sehr ansprechend. Kurzer Haarschnitt, gut gebauter Körper, groß - alles nach ihrem Geschmack. Sie ließ sich dazu verleiten, ein wenig länger hinzusehen, als gewöhnlich.

Schon lange hatte kein Mann mehr ihr Interesse geweckt. Lange war sie einem Traum hinterher gejagt, einem Mann, der nicht einmal wirkliches Interesse an ihr gezeigt hatte - bis auf eine Nacht.

Als sie registrierte, daß sie gedankenverloren auf den Hintern des jungen Mannes gestarrt hatte, spürte sie eine leichte Röte aufsteigen.

Ihr Blick wanderte wieder ein wenig höher und blieb an dem unverkennbar attraktiven Gesicht hängen. Erschrocken riß sie die Augen auf. Wie lange mochte er sie schon ansehen?

Durch den Alkoholeinfluß dauerte es schließlich auch einige Sekunden, ehe sie erkannte, daß ihr Gegenüber ein Bekannter war. Sie sog scharf die Luft ein und drehte ihr Gesicht weg.

Meine Güte, sie hatte tatsächlich Alex Krycek angestarrt und für attraktiv befunden!

Peinlich wie ihr das wahr, trank sie nur noch schnell ihr Glas aus, legte dem Barkeeper Geld auf den Tresen und floh aus der Bar.



+++



Scully hatte ihre Kopfschmerzen überwunden und starrte auf ihren Monitor. Es waren am Vorabend definitiv ein paar Gläser zu viel gewesen. Sie dachte wieder an ihre Begegnung mit Krycek und zuckte zusammen, als sie die Stimme ihres Partners vernahm: "Wollen Sie nicht auch Feierabend machen?"

Sie sah zu ihm auf. Er hatte sich bereits seinen Mantel über den Arm geworfen und den Griff der Tür in der Hand.

"Ja, vermutlich ist es wirklich an der Zeit", erwiderte sie und drückte den Aus-Knopf ihres Rechners.

Sie nahm ihre Jacke vom Stuhl und ließ sich die Tür aufhalten: "Wollen wir nicht noch etwas trinken gehen, Mulder?"

"Ach wissen Sie, ich werde wohl noch zu Hause einige Akten durchsehen und anschließend kommt das große Science Fiction Special im Kabelprogramm..." er brauchte nicht weiter sprechen, sie verstand.

Er würde sich lieber stundenlang vor seinem Fernseher verkriechen, als mit ihr etwas zu unternehmen. Resigniert verabschiedete sie sich auf dem Parkplatz von ihm und steuerte ihr Auto an.

Dann würde es mal wieder ein Abend allein werden...



"Das gleiche noch mal!", kam es vom Barkeeper und er stellte das Glas vor ihr hin.

Sie nickte dankbar und umschloß es sogleich mit den Händen. Es war bereits das zweite an diesem Abend und ihr war durchaus bewußt, daß noch mehr folgen würden - wie immer - dachte sie von sich selbst angewidert.

Jahrelang hatte sie sich nicht dazu herabgelassen, Alkohol in einer Bar in sich hinein zu schütten und nun tat sie es bereits an zwei Abenden in Folge. Was war nur aus ihr geworden?

Ihr Blick schweifte durch den Raum und blieb am anderen Ende des Tresens haften - schon wieder Krycek.

Er saß da, starrte in sein Glas und wirkte nachdenklich, einsam. Eigentlich ebenso wie sie.

Angewidert sah sie wieder weg. Wie konnte sie sich nur mit diesem Individuum vergleichen? Doch sie sah noch einmal hin und registrierte, wie er sie ansah. Ihre Blicke blieben einen Augenblick aneinander hängen, dann drehten sie sich beide wieder ab.



+++



Der Kater hatte Scully wieder fest im Griff, als sie im Büro saß. Eine Aspirin nach der nächsten schluckend, versuchte sie sich über den Tag zu retten, doch es gelang ihr nur mehr oder weniger und so fand sie sich auch überaus frustriert am Abend wieder in der Bar ein.

Sie hatte noch nicht einmal das erste Glas bestellt, da ging ihr Blick bereits suchend durch den Raum, doch dieses mal konnte sie Alex Krycek nirgendwo sehen.

"Das gleiche wie sonst?" hörte sie eine Stimme hinter sich und rutschte auf ihrem Barhocker herum.

"Sie!", kam es keuchend aus ihrer Kehle.

"Sieht so aus!", erwiderte Krycek und orderte beim Barkeeper zwei Drinks.

"Was zum Teufel suchen Sie hier?", ihre Stimme klang ein wenig grell.

Er nahm die Gläser entgegen und hielt Scully eines hin: "Wozu ist man in einer Bar? Agent Scully, da hätte ich aber mehr Spürsinn erwartet. In eine Bar geht man bekanntlich um etwas zu trinken!"

"Hören sie doch auf, Krycek!", sie ignorierte das Glas in seiner Hand, "Sie sind nirgendwo zufällig."

"Habe ich das behauptet? Natürlich hat es einen Grund, warum ich hier bin. Ich wollte was trinken", konterte er und drückte ihr das Glas in die Hand.

Wütend stellte sie es wieder auf den Tresen: "Ich glaube Ihnen kein Wort!"

"Irgendwie habe ich auch nichts anderes erwartet", entgegnete er zynisch und ließ sich neben ihr auf dem Barhocker nieder.

"Ich habe Sie nicht eingeladen, Platz zu nehmen!", kam es ärgerlich aus ihrem Munde, doch er ignorierte es.

So stand sie auf, streifte ihn kurz mit einem wütenden Blick und verließ die Bar.



+++



Eigentlich war ihr gar nicht klar, warum es sie immer wieder in diese Bar trieb. Ihre Begegnung mit Krycek tags zuvor hätte sie eigentlich abschrecken müssen, doch sie saß wieder auf ihrem Stammplatz und winkte den Ober heran.

"Man könnte meinen, das ist ihr Stammlokal!", ertönte es zynisch neben ihr.

Sie brauchte sich nicht umzudrehen. Sie kannte die Stimme und hatte irgendwie auch fest damit gerechnet, Krycek anzutreffen.

"Nicht nur meines", konterte sie und wollte bestellen.

"Lassen Sie sich diesmal einladen?", brummte Krycek und sah sie an.

Seufzend nickte sie: "Wenn ich Sie dann los werde!?"

Er bestellte zwei Drinks und ließ sich neben ihr auf dem Barhocker nieder. Lange saßen sie schweigend nebeneinander. Beiden war nicht wohl in ihrer Haut.

Als der Barkeeper die Gläser gebracht hatte, hob Krycek seines: "Auf diesen Abend?"

"Ich weiß nicht, worauf man da anstoßen sollte!", erwiderte sie ein wenig zerknirscht.

"Worauf dann?", er sah sie fragend an.

"Darauf, daß ich überhaupt mit ihnen rede!", erwiderte sie und ließ ihr Glas klirrend gegen seines prallen.

"Auf die Ice-Queen, die sich herabgelassen hat, mit einem Verstoßenen zu reden!", konterte er und Scully verschluckt sich an ihrem Getränk.

Böse und gekränkt blitzten ihre Augen auf: "Ich bin nicht gefühlskalt!"

"Nicht?" Kryceks Stimme klang sehr ungläubig und Scully spürte einen Stich.

"Verdammt, nein! Ich habe durchaus Gefühle!", platzte es aus ihr heraus, "ich kann sehr leidenschaftlich sein..."

"Soso...leidenschaftlich", schmunzelte Krycek.

"Ja, sehr leidenschaftlich! Mir fehlte bisher nur der richtige Mann!", ereiferte sie sich.

"Wie muß denn der Mann sein, der den Eisberg zum Schmelzen bringt?", er lächelte amüsiert.

"Jedenfalls völlig anders als Mulder!", schoß es aus ihr heraus, ehe sie etwas dagegen unternehmen konnte.

Erschrocken über ihre eigenen Worte, nahm sie einen tiefen Schluck aus ihrem Glas und starrte Krycek mit großen Augen an.

Dieser hatte eine Augenbraue erstaunt in die Höhe gezogen und begutachtete seine Nebenan interessiert.

"Kein Wort!", drohte sie ihm und hob die Hand abwehrend.

Er zuckte nur mit den Schultern, ließ aber seinen Blick nicht von ihr.

Scully wurde heiß und kalt. Was mochte er jetzt denken?



+++



Noch den ganzen Vormittag des folgenden Tages mußte Scully daran denken, was sie Krycek erzählt hatte. Wie hatte sie so ein Gespräch überhaupt mit einer Person wie Krycek führen können? Welcher Teufel hatte sie geritten?

Unauffällig ging ihr Blick zu ihrem Partner, der sich in eine Akte vertieft hatte. Was würde er wohl von ihr denken, wenn er wußte, daß sie ihre Abende in der gleichen Bar verbrachte, wie Alex Krycek? Sie schüttelte den Gedanken wieder fort. Es war ihr egal! Mulder war ihr egal! - Jedenfalls versuchte sie sich das einzureden. Sie schien ihm jedenfalls egal.

Ihr Blick glitt zur Uhr. In weniger als 3 Stunden würde sie wieder die Bar aufsuchen und Krycek darum bitten, daß er das Gesagte für sich behielt. Am Vorabend hatte sie einfach mal wieder die Flucht ergriffen und ihn am Tresen stehen gelassen. Kein feiner Schachzug von ihr, auch wenn es sich um Krycek handelte...



Als sie die Bar betrat, sah sie sich bereits suchend um. Ihr Blick schweifte umher und blieb an Krycek hängen, der an einem der Tische rechts der Bar saß.

Sie zog ihren Mantel im Gehen aus und warf ihn auf einen der Stühle gegenüber von Krycek. Dieser sah erstaunt auf, als sie sich ihm gegenüber hinsetzte: "Der Platz ist doch sicherlich noch frei, oder?"

"Sie kommen zu mir an den Tisch?", er wirkte irritiert.

"Hören Sie Krycek, wegen gestern..." begann sie, wurde jedoch sogleich wieder von ihm unterbrochen.

"Scully, sie brauchen sich keine Gedanken machen, ich werde ihrem Partner schon nichts erzählen!"

"Keine Gedanken machen? Krycek, wann waren Sie das letzte mal ehrlich?", brummte sie und winkte den Ober herbei.

"Schon gut!", zischte er ein wenig verärgert, "Sie können sich dieses mal aber auf mich verlassen!"

Lediglich ein ungläubiges Schnaufen kam von ihr und ihr Gegenüber verzog leicht angesäuert das Gesicht.

Minutenlanges Schweigen breitete sich zwischen den beiden Erzfeinden aus, dann kam der Ober.

"Das gleiche noch mal?", sie sah Krycek fragend an.

"Soll das eine Einladung sein?", er wirkte erstaunt, wenngleich zynisch.

"Gleich überleg ich es mir noch mal!", erwiderte sie bissig, doch er deutete dem Ober bereits an, daß er das Gleiche wie zuvor bringen sollte.

"Was treibt Sie jeden Abend in diese Bar?", er sah sie unverwandt an und sie fühlte sich augenblicklich ein wenig überrumpelt.

"Das geht Sie gar nichts an!", funkelte sie ihn an, wich jedoch seinem Blick aus, als sie den forschenden Ausdruck in seinen Augen sah.

"Sie sitzen wegen Mulder hier, stimmt's?", erkannte er zu ihrem Schrecken sofort.

Lediglich ein müdes Nicken kam von ihr, während sie das Glas Alkohol dankbar vom Tablett des Obers nahm.

Die kalte, klare Flüssigkeit rann ihre Kehle hinab und gab ihr wenigstens kurzfristig einen geringen Trost. Krycek beobachtete sie fasziniert. Er war erstaunt, daß sie sich auf ein Gespräch mit ihm einließ, erstaunt, daß ihr Partner es geschafft hatte, seine hübsche Kollegin zur Verzweiflung zu treiben.

"Ich hasse ihn!", platzte es aus ihr heraus, dann folgte der Restinhalt ihres Glases und floß brennend ihre Kehle hinunter.

"Ist das nicht ein etwas zu hartes Wort?", er wirkte mehr als nur erstaunt.

"Ja, irgendwie schon", murmelte sie, "ich hasse nicht ihn, sondern vielmehr das, was er mir angetan hat!"

Krycek fuhr sich nachdenklich durch das Haar: "Sie sind sich aber bewußt, daß Sie mir das erzählen?"

"Ach, wem soll ich es denn sonst erzählen?" Scully war sich im Klaren darüber, daß er alles gegen sie verwenden konnte, doch es war die Realität, sie sehnte sich nach jemanden, den sie ihr Herz ausschütten konnte.

"Vielleicht bin ich da aber nicht der Richtige..." versuchte er sich zurück zu ziehen, doch sie legte ihre Hand auf seine und sah ihn fest an.

"Das hätten Sie sich überlegen sollen, bevor Sie mich das letzte mal eingeladen haben!", ihre Stimme klang fordernd und zugleich flehend.

Er spürte ihren Drang, sich jemanden anzuvertrauen, doch wollte er derjenige sein?

Seufzend ließ er sich in seinem Sitz zurückfallen: "Also Lady, was ist ihr Problem?"

Sie schloß die Augen und holte tief Luft. Der Alkohol ließ nach und Scully konnte wieder ein wenig klarer denken. Nein, es war doch keine so gute Idee, sich Krycek anzuvertrauen, es war sogar eine ziemlich dämliche.

"Schon gut, Krycek, es ist keine gute Idee. Sie haben völlig Recht. Ich werde jetzt zahlen und dann gehen", ihre Stimme schwankte - gleich würde sie heulen. Sie spürte bereits den Geschmack der Tränen auf ihrer Zunge.

Krycek sprang von seinem Stuhl auf und stand plötzlich neben ihr. Seine Arme umschlossen sie, während sie sich an ihn schmiegte und ihren Tränen freien Lauf ließ. Sie spürte das sanfte Wiegen und schluckte.

Nur wenige Augenblicke später stieß sie ihn halb von sich, ergriff ihren Mantel und rannte aus der Bar. Zu zahlen hatte sie gänzlich vergessen.



+++



"Nein Mutter, das ist eines der besten Lokale der Gegend!", sie lächelte ihre Mutter ein wenig gequält an und orderte beim Kellner die Weinkarte.

"Es kommt nicht oft vor, daß du mich zum Essen einlädst, also was ist los, Dana?" Magret sah ihre Tochter forschend an.

"Ich wollte einfach nur einen Abend mit dir verbringen, ist das so schlimm?" Scully blickte ihre Mutter dabei nicht an.

"Natürlich nicht!", erwiderte diese, doch Scully spürte, daß sie ihr nicht ganz glaubte.

Während sie den Wein orderte, schweifte ihr Blick durch den Raum des Restaurants. Sie spürte eine kleine Enttäuschung und fragte sich, ob sie wirklich so einfältig war, Krycek hier zu erwarten.

Nach ihrem Gefühlsausbruch tags zuvor, hatte sie eine Abwechslung gebraucht und ein Essen mit ihrer Mutter war ihr als die beste Lösung erschienen.

Scully löffelte selbstzufrieden ihre Mousse au Chocolate und lauschte der Tanzmusik, während ihre Mutter ihr Eis kredenzte.

Auf einmal wurde der Blick ihrer Mutter aufmerksam, fast lauernd und Scully kam nicht umhin, sie fragend anzusehen.

"Kennst du den jungen Mann?", platzte es schließlich aus Magret heraus .

Scully wandte sich neugierig um, um den Blicken ihrer Mutter zu folgen und erkannte einerseits mit Entsetzen, andererseits mit Erstaunen, daß ein gewisser Jemand auf sie zusteuerte.

"Dana!", mit freundlichem Lächeln kam er auf sie zu.

"Alex!", ihr Lächeln fiel nicht weniger freundlicher aus, war aber um so falscher.

Er reichte ihr die Hand und anschließend gab er ihrer Mutter einen Handkuß. Scully war gleichermaßen erbost und erstaunt, daß sie vergaß, ihre Mutter vorzustellen, was diese ihr sichtlich übel nahm.

"Mutter, darf ich dir Alex, einen alten Bekannten vorstellen... Alex, das ist meine Mutter, Magret Scully", sie unterließ es sicherheitshalber Alex Nachnamen zu erwähnen. Ihr war nicht klar, in wie weit ihre Mutter über den Mörder von Melissa informiert war.

"Was machst du hier?", die Frage hatte sie stellen müssen.

"Oh, ich war mit Geschäftsfreunden essen", sie sah sein Zwinkern und ließ ihren Blick kurz suchend durch das Restaurant schweifen, doch sie entdeckte keine bekannten Gesichter.

"Als ich dich sah, mußte ich einfach herüber kommen und dich begrüßen", er lächelte sie gewinnend an, als eine ruhigere Melodie erklang, "würdest du mit mir tanzen?"

Nur ihre verärgert zuckenden Mundwinkel ließen ihn darauf schließen, daß sie sein Unterfangen sehr dreist fand, doch sie stimmte nach Drängen ihrer Mutter widerwillig ein.

Stumm begleitete sie ihn zur Tanzfläche. Auch wenn sie verärgert über seine Dreistigkeit war, so kam sie nicht umhin, sein äußeres Erscheinungsbild zu mustern. Zu ihrem Erstaunen hatte er sich wirklich gut in die Umgebung eingepaßt. Scully mußte Alex Krycek wirklich dazu gratulieren. Hätte sie es nicht besser gewußt, dann hätte sie ihn für einen reichen Geschäftsmann gehalten, so gut stand ihm der Anzug.

Sie legte ihre Hand in seine und spürte, wie er seine andere Hand auf ihrem Rücken positionierte. Mit einem Lächeln, welches nicht falscher hätte sein können, betrachtete sie ihren Tanzpartner. Kaum waren sie jedoch aus der Sichtweite ihrer Mutter, so entglitten ihr jegliche Gesichtszüge: "Was zum Teufel machen Sie hier, Krycek?"

"Ich habe nach ihnen gesucht", kam die Antwort prompt.

"Spionieren Sie mir nach?", giftig war gar kein Ausdruck für ihren Blick.

Er griff in seine Jackentasche und zog während des Tanzens eine kleine Börse hervor. Scully starrte sekundenlang irritiert auf das Lederetui.

"Sie haben ihr Portemonaie in der Bar liegen gelassen", kam es verbittert von ihm, ehe er ihr die Börse in die Hand drückte.

Verwirrt ging ihr Blick von der Börse zu Krycek: "...d..danke!"

Sie war verlegen, hatte sie doch nur das schlimmste vermutet.

Als sie endlich wieder Worte fand, war die Musik kurz vorm Ende: "Ich hätte nicht vermutet, daß Sie..."

"Daß ich ihnen ihre Börse wiederbringe?", er lächelte mühsam.

"Ja, irgendwie schon", sie stotterte, "kann ich das irgendwie gut machen?"

"Tanzen Sie den nächsten Tanz auch noch mit mir?", es war eine einfache Frage und dennoch war sie erstaunt darüber.

"Ähm, ja", kam es lediglich aus ihrem Mund und sie steckte in der kurzen Pause, als die Musik erlosch, ihr Portemonaie ein.

Als der erste Takt des nächsten Liedes erklang, wurde sie von Krycek mit Schwung herum gewirbelt, daß sie verblüfft zu ihm aufsah. Während sie sich zu den ersten langsamen Takten nur schwingend hin und her bewegten, zeigte ihr Tanzpartner im schnelleren Part des Liedes sein wahres Können. Scully und er schwebten regelrecht über das Parkett. Sie war beeindruckt von seinen tänzerischen Fähigkeiten und ließ sich mitreißen.

Selten hatte sie sich so gut dabei gefühlt.

Als die Musik endete, ließ sie sich lächelnd von der Tanzfläche führen. Sie konnte gar nicht glauben, daß es ihr Spaß bereitet hatte.

"Tanzen wir jetzt öfter?", kam es von ihrer Seite.

Sie mußte schmunzeln: "Diese Frage von ihnen?"

"Ja", lachte er, "ich entdecke gerade Seiten an mir, die mich erstaunen!"

"Das Tanzen?", fragte sie und hakte sich bei ihm ein.

"Nein, das Tanzen an sich nicht, nur die Tatsache, daß es mir mit ihnen außerordentlichen Spaß gemacht hat. Sie tanzen sehr gut, wissen Sie das eigentlich?", er sah sie herausfordernd an.

"Ist mir neu, aber wenn Sie das sagen?", erwiderte sie und fragte sich, warum sie das Lächeln einfach nicht mehr aus ihrem Gesicht bekam. Sie stand schließlich ihrem Erzfeind gegenüber.

"Dana, es war mir ein Vergnügen. Vielleicht sehen wir uns demnächst ja mal wieder", er spielte wieder gekonnt den Geschäftsmann und schob ihr den Stuhl zurecht.

"Sicher, Alex. Und das Vergnügen war ganz auf meiner Seite!", sie lächelte immer noch. Verflixt, was war nur mit ihr los.

Krycek verabschiedete sich galant bei ihrer Mutter, ehe er dann das Restaurant verließ. Scully blickte ihm noch einige Augenblicke hinterher.

Als sie die Augen ihrer Mutter auf sich spürte, drehte sie sich wieder um. Ein großes Fragezeichen stand in Maggie Scullys Gesicht geschrieben.

Scully verdrehte leicht die Augen und seufzte. Was sollte sie ihrer Mutter nur erklären?
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