World of X

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Anticipate The Unforeseen

von XS

Chapter 1

Krachend schlug die Tür gegen die Wand. Ungefähr ein Dutzend Männer in schwarzer Kleidung stürmten die kleine Wohnung, die mit einer Menge Gerümpel vollgestopft war, welches sich teilweise nahezu bis an die Decke stapelte. Obwohl auf den ersten Blick keine Ordnung in der Art zu sehen war, wie die Männer die Wohnung stürmten, war alles gut durchdacht. Jeder von den Männern trug Waffen bei sich und auf der Rückseite ihrer dunkelblauen Jacken war in gelben Buchstaben das Wort ‚FBI‘ zu lesen.

Im Nebenraum hatte ein Mann erschrocken den Kopf gehoben, als er das Krachen der Tür gehört hatte. Schnell sprang er auf, schnappte sich einen Gegenstand und rannte zum Fenster. Er warf noch einen Blick auf die Tür, die zugesperrt war. Doch in diesem Augenblick wurde die Tür aufgebrochen. Bevor er sich noch rühren oder etwas sagen konnte, wurde er schon von den Beamten überwältigt. Wie in Trance hörte er noch, wie jemand „Brian Roberts“ sagte und damit begann, ihm seine Rechte vorzulesen. Währenddessen wurde er bereits aus seiner Wohnung hinausgeführt und er sah, daß mittlerweile alle Anwesenden damit beschäftigt waren, diese zu durchsuchen.

„Scully“, sagte eine Stimme aus dem Nebenzimmer, wobei er nicht erkennen konnte wem diese Stimme gehörte. Eine Frau ging daraufhin ins Nebenzimmer. Scully sah, wie Mulder mit einem triumphierenden Lächeln den Gegenstand, den Roberts zu vernichten versucht hatte, unter einem Schrank hervorholte und hoch hielt. Es handelte sich um eine, zum Glück unbeschädigte, CD- ROM.

Zwei Wochen später

Scully und Mulder trugen Taschenlampen und gingen einen dunklen Gang entlang. Etwas an diesem Bild war merkwürdig, irgend etwas fehlte oder störte. Es war vergleichbar mit dem Gefühl, das man hat, wenn plötzlich jemand eine Angewohnheit aufgab, zum Beispiel aufhörte, jeden Morgen Kaffee zu trinken oder in der Mittagspause eine Zigarette zu rauchen. Oder das Gefühl, daß man hat, wenn man einen Film sieht, in dem man eine Stimme oder ein Gesicht erkennt, aber man nicht weiß, in welchem Zusammenhang diese stehen. Es fällt einem zwar auf, doch man kann dieses Gefühl nicht zuordnen. Doch plötzlich, ohne den geringsten Anlaß, weiß man es. Es trifft einen wie ein Blitz.

Das war es! Der Blitz hatte eingeschlagen! Die Blicke! Mulder und Scully guckten nicht wie sonst, kühl und professionell. Ihre Blicke wirkten gehetzt, als ob sie von etwas verfolgt würden, oder als ob sie vor etwas oder jemandem Angst hätten. Als wäre es kein normaler Fall.

War es Nacht? Es hatte zwar den Anschein, aber sie befanden sich in einem dunklen Keller, deshalb hatte es den Anschein, daß es Nacht war. Es war nicht direkt ein Keller, eher ein Gang, der zu einer Lagerhalle für Wein führen konnte. Aber auch das stimmte nicht. Die Wände sahen wie Fels aus, wie in einer Grotte. Doch Scully und Mulder konnten sich nicht in einer Grotte befinden. Sie waren durch eine graue, schwere Stahltür eingetreten. Die Lichtkegel ihrer Taschenlampen huschten über die grauen, kahlen Felswände. Nichts war zu sehen. Doch plötzlich glitt der Schein von Scully´s Taschenlampe über einen weißen Gegenstand. Es waren Gitterstäbe, die senkrecht und nahe am Boden angebracht waren. Sie befanden sich vor einem halbmondförmigen Fenster, das natürlich nur grob in Stein gehauen war und keine Fensterscheiben hatte. Man konnte aber nicht hineinsehen, weil von der anderen Seite Pappstücke angebracht waren. Doch Mulder und Scully machten sich nicht die Mühe die Pappstücke zu entfernen, obwohl das wahrscheinlich nicht schwer gewesen wäre. Es schien so, daß die beiden Agenten genau wußten, wohin sie gehen mußten, und das sehr schnell. Gleichzeitig schien es, als ob sie nicht so recht wußten, was sie erwarten würde. Man konnte auch nicht sehen, welchen Zweck der Gang erfüllte, oder wohin er führte, denn nach einigen Metern verlief er in einem Bogen nach rechts. Es gab noch ein zweites Gitterfenster, das am Ende des Ganges lag. Zwischen den beiden Fenstern befand sich eine graue Steintür, die man im ersten Moment nicht erkennen konnte, weil sie dem Stein der Wände angepaßt war. Mulder leuchtete die Tür mit seiner Taschenlampe ab. Es gab kein Schloß, sondern nur einen altmodischen Riegel, an dem sich ebenfalls kein Schloß befand. Scully und Mulder näherten sich vorsichtig der Tür. Mulder horchte vorerst an der Tür, aber wie es schien, konnte er nichts hören, was ihn davon abgehalten hätte, die Tür zu öffnen.

Das war noch etwas, was merkwürdig war. Man konnte nichts hören. Nicht das kleinste Geräusch. Selbst das Zuschlagen der schweren Stahltür, durch die Scully und Mulder den Gang betreten hatten, war nicht zu hören gewesen. Man sah sogar, wie sie sich unterhielten, aber man konnte keinen Laut hören. Es war, als ob man taub wäre, oder jemand die Lautstärke des Fernsehers abgeschaltet hätte.

Mulder zog den Riegel der Tür langsam zurück. Dann stellte er sich daneben und nickte Scully zu. Mit einem Ruck zog er die Tür dann abrupt auf. Was Scully und Mulder sahen, ließ einem das Blut in den Adern gefrieren. Hunderte, nein Tausende von Ratten türmten sich vor ihnen auf. Und plötzlich hörte man ein ohrenbetäubendes piepsen und quieken. Die Ratten fielen beinahe heraus und Mulder und Scully entgegen. Es passierte alles mit einer unglaublichen Geschwindigkeit, so daß sie sich nicht bewegen konnten. Im gleichen Moment als sie die Ratten sah wußte sie, daß es zu spät war. Mulder und Scully würden sterben.

„Neeeiiiin!!!!!!!“.

Schweißgebadet und zitternd wachte Laura auf, wäh­rend der Klang ihrer eigenen Stimme verstummte. Jetzt wußte sie, warum das Piepsen der Ratten zu hören gewesen war. Es war ihr Wecker, der schellte. Mit zitternden Fingern stellte sie das monotone Schellen aus. Leise schluchzte sie. Der Traum war so real gewesen, als wäre sie dabeigewesen und hätte alles wirklich erlebt; das war das Erschreckende.


Eine Woche später/ Agent Mulder’s Büro

„Guten Morgen, Scully! Und, haben Sie heute Nacht gut geschlafen?“, fragte Mulder mit einem verschmitzten Lächeln auf dem Gesicht, als Scully das Büro betrat. Diese lächelte nur schwach zurück. Mulder wußte sehr gut, daß sie letzte Nacht kaum geschlafen hatte, weil erst gestern, in den frühen Morgenstunden ein Fall abgeschlossen werden konnte. Man sah nur leider ihr die Müdigkeit mehr an als Mulder, der aussah, als hätte er zwölf Stunden geschlafen. Aber er war ja schließlich daran gewöhnt, ganze Nächte über X- Akten zu verbringen.

„Wenn Sie, wie es scheint, so gut geschlafen haben, Mulder, sind Sie doch sicher auch ausgeschlafen genug, um den Abschlußbericht zu schreiben, oder?“, fragte Scully mit einem spöttischen Unterton und einem zuckersüßen Lächeln auf dem Gesicht. Bevor Mulder antworten konnte, klopfte es an der Tür. Ohne eine Antwort abzuwarten, wurde die Tür geöffnet und gehetzt betrat jemand das Büro.

„Guten Morgen, Agent Mitchell, was verschafft uns die Ehre Ihres Besuchs?“, fragte Mulder. Eigentlich hatte Mulder nicht so sarkastisch fragen wollen, aber er war ja gerade dabeigewesen auf Scully´s Frage zu antworten. Er machte sich allerdings keine Sorgen darüber, denn er wußte, daß Special Agent Laura Mitchell das nicht so ernst nehmen würde.

Sie war ein Mensch, der viel Spaß verstand und war einfach ein außergewöhnlicher Mensch mit einer außergewöhnlichen Ausstrahlung. Immer, wenn Laura einen Raum betrat, hatte man das Gefühl in eine andere Zeit versetzt worden zu sein. Sie umgab eine Aura von Liebe, Frieden und Musik, eine Aura der 60er Jahre: Woodstock! Und das lag nur an ihrer Ausstrahlung, denn auch sie trug ein schlichtes Kostüm, wie alle FBI- Agenten. Es war einfach ihr ganzes Wesen, das diese Herzlichkeit ausdrückte.

Doch als sie näherkam, sah er kein Lächeln auf ihrem Gesicht. Auch hatte sie nichts zu erwidern, obwohl sie sonst immer so schlagfertig war. Erst als Mulder sie näher betrachtete fielen ihm die dunklen Ringe unter ihren Augen auf. Außerdem sah Mulder, daß Laura Mitchell‘s Hände zitterten. Was weiterhin unge­wöhnlich war, war die Tatsache, daß sie die Tür hinter sich geschlossen hatte. Kaum jemand machte die Tür zu, weil sich niemand freiwillig längere Zeit im Keller bei ‚Spooky‘ Mulder aufhielt, wenn es nicht unbedingt nötig war. Dabei gab es nur wenige Ausnahmen, zu denen Laura Mitchell eigentlich nicht gehörte. Scully schien auch registriert zu haben, in welchem Zustand sich Laura befand, denn sie fragte sanft: „Können wir irgend etwas für Sie tun, Agent Mitchell?“

Laura Mitchell setzte sich daraufhin erschöpft auf einen Stuhl und stammelte nur: „Bitte, ...bitte, ...Sie müssen mir helfen. Und vor allem müssen Sie mir glauben. Ich weiß, daß sich das jetzt wahrscheinlich unglaubwürdig anhört.“

Mulder warf Scully einen fragenden Blick zu. So hatten die beiden Agent Mitchell noch nie gesehen. Sonst war sie eine logisch denkende und sachlich vorgehende Agentin, wie Scully. Allerdings war Agent Mitchell offener gegenüber übernatürlichen Phänomenen.

„Was ist denn passiert?“, fragte Mulder vorsichtig.

„Ich, ...ich habe einen Traum, ...in dem Sie beide vorkommen“, fing Laura Mitchell an.

„Aber das ist doch nichts Ungewöhnliches“, antwortete Scully mit einem fragenden Unterton, „man träumt oft von Personen, die man kennt.“

‚Egal, wie gut‘, fügte sie in Gedanken hinzu, denn bisher hatten Mulder und Scully nur wenig mit Agent Mitchell zu tun gehabt. Deshalb war sie noch überraschter, daß Laura gerade zu ihnen kam.

„Es ist kein gewöhnlicher Traum. Er ist immer gleich. Jedes einzelne Detail. Letzte Woche habe ich ihn jede Nacht geträumt. Außerdem ist er so, ...so real.“

Mulder sah Scully an. Er konnte ihr ansehen, daß sie dem Traum keinerlei Bedeutung schenkte.

„Ich hatte außerdem schon früher solche Träume“, drang da die Stimme von Laura in Mulder’s Überlegung.

„Und was sind das für Träume gewesen?“, fragte Scully gleichgültig.

„Na ja, eigentlich waren diese Träume nichts Besonderes. Ich habe beispielsweise einmal geträumt, daß mich eine Freundin anrufen wird. Und genau an dem Tag zu genau der Uhrzeit, rief sie mich tatsächlich an“, antwortete Laura. Als Mulder Scully einen Blick zuwarf, sah er wie sie die Augen verdrehte. Scully glaubte die Geschichte also nicht, oder sie glaubte nicht daran, daß der Traum irgend etwas mit der Realität zu tun hatte.

„Haben Sie denn noch andere Träume gehabt, die mit der Realität übereingestimmt haben?“, fragte Scully, mehr gelangweilt als interessiert, wie es Mulder schien. Aber er bemerkte das nur, weil er Scully so genau kannte.

„Ich habe außerdem noch von einem Picknick geträumt, das war, während ich noch zur Schule ging. Ich konnte genau die Umgebung sehen, aber ich kannte sie nicht. Wir, das heißt meine Freunde und ich, haben meinen Geburtstag gefeiert. Zwei Tage nach dem Traum hatte ich auch Geburtstag, und meine Freunde haben mich mit einem Picknick überrascht. Es fand in einem Park statt, in dem ich noch nie gewesen bin, oder etwas von ihm gehört hatte. Die Landschaft sah genauso aus, wie in meinem Traum. Außerdem geschah alles so, wie es in meinem Traum passiert ist“, erzählte Laura eindringlich, in der Hoffnung, daß Mulder, und besonders Scully ihr glauben würden.

„Vielleicht sollten Sie uns jetzt erst einmal von dem eigentlichen Traum erzählen“, sagte Mulder, um Laura zu zeigen, daß wenigstens er ihr glaubte, „schließlich sind Sie ja deshalb zu uns gekommen. Außerdem werden wir dann sehen, ob wir Ihnen helfen können.“

Da Laura zögerte, wollte auch Scully sie ermuntern den Traum zu erzählen.

„Wir wollen Ihnen ja glauben, aber Sie verstehen doch, daß das sehr schwer ist. Aber vielleicht ist der Traum, den Sie uns erzählen wollen, so überzeugend, daß wir gar nicht daran zweifeln werden.“

Laura wurde durch die ermunternden Worte ruhiger und begann zu erzählen. Sie berichtete haargenau, bis ins kleinste Detail ihren Traum. Die Blicke, die Umgebung und besonders das Ende, schilderte sie ausführlich. Am Ende fügte sie hinzu: „Ich wußte nicht einmal, warum Sie beide dort sind. Aber in den letzten beiden Nächten war der Traum etwas länger. Ich träumte so etwas, wie eine Art Vorspann. Ich sah einen Mann den gleichen Gang entlang laufen. Aber ich konnte sein Gesicht nicht erkennen, ...nur verschwommen. Er...“, Laura stockte für einen kurzen Augenblick, in welchem sie registrierte, daß Mulder und Scully ihr noch immer aufmerksam zuhörten, wofür sie sehr dankbar war. Auch dafür, daß die beiden sie nicht einmal unterbrochen hatten, war hilfreich gewesen, denn sonst hätte sie vielleicht nicht den Mut gehabt weiterzuerzählen.

Laura fuhr fort: „...er trug etwas auf der Schulter. Beim ersten Mal, als ich diesen Traum hatte, konnte ich nicht erkennen, worum es sich handelte. Aber in der nächsten Nacht wollte ich dieses Bündel erkennen und habe versucht mich darauf zu konzentrieren. ...Er trug eine bewußtlose Frau über seiner Schulter.“

Nach einer kurzen Pause, um das eben gehörte auf sich wirken zu lassen, fragte Mulder: „Sie glauben also, daß wir versucht haben diese Frau zu befreien?“

Scully fand, daß er ziemlich nüchtern fragte, dafür, daß er eben gehört hatte, wie er sterben würde. Da Scully ihn so genau kannte, wußte sie, daß er den Traum als eine Zukunftsvision deutete und somit die nächste X- Akte aufgespürt hatte. Laura antwortete auf Mulder’s Frage mit einem Nicken. Scully fand, daß sie erleichtert wirkte, vielleicht, weil Mulder sie verstand, oder sie sich alles hatte von der Seele reden können.

Vielleicht um sich selber zu beruhigen, stellte Scully ebenfalls ziemlich nüchtern fest: „Ich denke aber, daß jeder manchmal einen Traum dieser Art hat. Es ist zwar merkwürdig, wenn man hört, daß man in diesem Traum stirbt, aber sonst würde ich sagen, ist das nichts Besonderes.“

„Aber..., er wirkte so echt. Realer als normale Träume. Ich konnte förmlich die stickige, modrige Luft riechen, so real war es“, erwiderte Laura schon fast verzweifelt.

Scully sah Laura skeptisch an, da sie sich nicht vorstellen konnte, so einen Traum zu haben. Außerdem konnte Laura nichts beweisen, was auch schwer möglich war bei einem Traum.

„Wir glauben Ihnen ja“, hörte Scully Mulder sanft und beruhigend sagen, „aber was sollten wir Ihrer Meinung jetzt tun? Wir wissen ja nicht einmal wer entführt wird und wann.“

„Außerdem muß der Traum nicht gleich bedeuten, daß das alles wirklich passiert“, fügte Scully hinzu.

Um Lauras Vertrauen ganz zu gewinnen, sagte Mulder noch freundlich: „Sie können uns ja jederzeit infor­mieren, auch anrufen, falls der Traum wiederkommt, und Sie darüber reden möchten. Vielleicht auch dann, wenn etwas von dem Traum passiert, oder Ihnen etwas anderes wichtig erscheint.“

„In Ordnung“, antwortete Laura ein wenig hoffnungsvoller, „und vielen Dank, daß Sie mir zugehört haben.“

Dann verabschiedete sie sich und verließ den Raum.

„Und Mulder, eine neue X- Akte in Sicht?“, bemerkte Scully spöttisch.

„Das werden wir dann ja noch sehen. Aber ich werde dem Traum jedenfalls so viel Beachtung schenken, wie nötig, damit ich nicht von Ratten überfallen werde“, antwortete Mulder verschmitzt lächelnd. Dann begann er den Bericht des letzten Falles zu schreiben.


Am Abend

„Hallo Dana, hier ist Mum! Ich wollte nur mal hören, wie es Dir geht! Ruf mich doch mal an. ...Und grüß‘ Fox von mir! Bis dann!“

Das war die letzte Nachricht gewesen, die Scully am Abend des gleichen Tages von ihrem Anrufbeantworter abhörte. Sie war ziemlich geschafft und wollte früh zu Bett gehen, also zog sie sich sofort um. Sie machte sich noch eine Kleinigkeit zu essen und setzte sich auf das Sofa, um während des Essens das Fernsehprogramm zu verfolgen. Nachdem sie gegessen hatte, räumte sie noch das Geschirr weg. Sie wollte sich noch einen Film zu Ende ansehen. Doch mitten im Film fielen Scully die Augen zu. Sie schlief tief und traumlos.


01:04 Uhr- Scully´s Appartement

Die Wohnung wurde erfüllt von dem ständig wiederkehrendem Läuten des Telefons. Langsam, zuerst schwach, aber dann immer lauter, drang das Läuten in Scully´s Bewußtsein. Endlich waren ihre Gedanken so klar das sie bemerkte, daß das Telefon noch immer läutete. Als sie aufstand, um den Hörer abzunehmen fiel ihr erst auf, daß sie auf dem Sofa eingeschlafen war und der Fernseher noch lief. Sie schaltete den Fernseher aus und nahm anschließend den Hörer ab: „Scully“, meldete sie sich müde.

„Agent Scully?“, hörte sie eine aufgeregte und ängstliche Stimme am anderen Ende der Leitung fragen.

„Ja, wer ist denn da?“, fragte Scully verwundert und ärgerlich über die nächtliche Störung.

„Ich bin es, Laura Mitchell. Es tut mir wirklich sehr leid, daß ich sie geweckt habe und stören muß, aber es geht um den Traum. Er..., er hat sich verändert.“

Scully hörte diese Aussage mit gemischten Gefühlen. Einerseits war sie genervt, weil es ja ‚nur ein Traum war. Andererseits konnte sie sich nicht vorstellen, wieso jemand wegen eines Traumes mitten in der Nacht anrufen sollte.

„Darf ich Ihnen und Agent Mulder den Traum erzählen?“

Diese Worte unterbrachen Scully in ihren Überlegungen.

„Können Sie uns den Traum nicht morgen erzählen, Agent Mitchell?“

Scully war nicht gerade erfreut mitten in der Nacht angerufen zu werden, nur um einen Traum erzählt zu bekommen. Vor allem, weil sie den Traum nicht besonders ernst nahm. Allerdings konnte sie sich nicht erklären, wieso gerade Agent Mitchell überreagierte, wie Scully fand. Denn Agent Mitchell war ihr nur bekannt als sachlich vorgehender Mensch, der nicht dazu neigte zu übertreiben.

„Ich weiß zwar nicht mit Sicherheit, ob der Traum etwas mit der Zukunft zu tun hat, aber wenn doch, dann könnte es sich doch schon um den Morgen handeln“, klang Lauras Stimme aus dem Hörer.

„Ja, es könnte sein“, erwiderte Scully gelangweilt, wobei sie das Wort ‚könnte‘ betonte.

„Deshalb würde ich den Traum lieber jetzt erzählen, ...wenn Sie damit einverstanden sind“, fügte Laura, jetzt wieder ein wenig ängstlich, hinzu.

„Also gut“, gab Scully auf. Laura tat ihr mittlerweile Leid.

„Wollen Sie in meine Wohnung kommen? Ich werde dann versuchen Agent Mulder zu erreichen.“

„Danke, ...danke vielmals. Das wäre wirklich nett. Ich werde dann gleich losfahren. Und entschuldigen Sie noch einmal, daß ich Sie geweckt habe“, bedankte sich Laura ein weiteres Mal.

Scully wollte nicht, daß sie sich noch mehr bedankte, also sagte sie nur: „Wir sehen uns dann gleich.“

Nachdem sie den Hörer aufgelegt hatte, rieb sich Scully einmal kräftig die Augen, um festzustellen, ob sie das nicht alles nur geträumt hatte. Als sie sicher war, daß das nicht zutraf, wählte sie Mulder’s Nummer. Während es am anderen Ende der Leitung klingelte, fragte sie sich, ob Mulder schlief, über einer Akte brütete, oder ob er überhaupt da war. Schließlich bekam er oft mitten in der Nacht Tips von irgendwelchen geheimnisvollen Informanten. Scully konzentrierte sich wieder auf das Telefon und zählte, wie oft das Telefon läutete.

Nach dem achten Klingeln wurde der Hörer abgehoben: „Mulder“, klang eine verschlafene Stimme an Scully´s Ohr.

„Guten Morgen Mulder“, antwortete Scully, „wollen Sie eigentlich den ganzen Tag verschlafen?“

„...Was? ...Ach Scully, Sie sind’s. Sie wissen doch, um diese Zeit halte ich immer meinen Mittagsschlaf“, erwiderte Mulder schlagfertig. Ein Lächeln erschien auf Scully´s Gesicht, welches sich jedoch verzerrte, da sie laut gähnen mußte.

„Jetzt einmal Spaß beiseite. Ich rufe Sie ja nicht aus Langeweile mitten in der Nacht an.“

„Ach, wirklich nicht?“, unterbrach Mulder Scully.

„Mulder“, erwiderte Scully streng, wobei sie sich aber ein Lächeln nicht verkneifen konnte.

„Entschuldigung“, sagte Mulder und fügte ernster hinzu, „...worum geht es denn? Es muß ja ziemlich wichtig sein, wenn Sie mich mitten in der Nacht anrufen.“

„Das weiß ich ehrlich gesagt noch nicht so genau. Eigentlich ist es Laura Mitchell, der es so wichtig ist. Sie hatte wieder diesen Traum, aber diesmal hat er sich verändert. Sie klang ziemlich verzweifelt und wollte uns den Traum unbedingt erzählen. Am Ende habe ich ihr dann vorgeschlagen, daß sie in meine Wohnung kommen kann, um uns den Traum zu erzählen“, erzählte Scully das Telefongespräch mit Agent Mitchell und fragte, „Würden Sie deshalb die Güte haben auch in mein Appartement zu kommen, Mulder?“

„Ja, ich werde gleich da sein“, gähnte Mulder in den Hörer.

„Also gut, bis gleich.“

Scully legte den Hörer auf und hätte sich gerne wieder schlafen gelegt. Statt dessen zog sie sich einen Morgenmantel über ihren Pyjama und kochte Kaffee. Es war draußen kalt und das ungemütliche Gefühl wurde noch dadurch verstärkt, daß sie mitten in der Nacht aus dem Schlaf gerissen worden war.

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