World of X

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Trust someone

von Steffi Raatz, Svenja Frahm

Kapitel 2

Am nächsten Morgen, noch bevor die Sonne ihren höchsten Stand erreicht hatte, wachte er auf. Doch was war das?! Mulder glaubte seinen Augen kaum zu trauen.

Er rieb sich die Augen und erwartete, daß sich das Trugbild vor ihm in Luft auflösen würde, doch nichts geschah.

Scully schlief noch und er drapierte ihren an ihn gelehnten Kopf vorsichtig zur Seite, um aufstehen zu können. Dieses Phänomen mußte er sich näher ansehen.

Diese Form, diese Struktur, es konnte sich nur um einen Kristall vor ihm handeln. Doch warum schwebte dieser wenige Zentimeter über dem Boden?

Die Neugier in seinem Inneren setzte sich über alle Vorsichtsmaßnahmen hinweg, als er die ersten Schritte Richtung Erscheinung tat. Mit einem kecken Sirren, kaum wahrnehmbar, entfernte der Kristall sich immer wieder von Mulder je näher er ihm kam.

War das ihre Lichtquelle, der sie stundenlang gefolgt waren?

Das leichte Glimmen des Kristalls verwandelte sich in ein gleißendes Licht, als Mulder seine Finger danach ausstreckte.

Ja, das war ihre Lichtquelle...

Dann traf ihn das Licht und eine Schmerzwelle begann, ihn zu überrollen.

Die Erkenntnis traf ihn wie ein Schlag. Die ganze Nacht waren sie diesem Kristall gefolgt und hatten sich in die Irre leiten lassen.

Sie waren im Nichts - irgendwo in der Wüste Nevadas, ohne Wasser, ohne Lebensmittel, ohne Chance auf Rettung. Doch warum?

Es gab keine Erklärung auf diese Frage - jetzt zumindest noch nicht.

Er hatte sich noch nie so erbärmlich gefühlt wie in diesem Augenblick.

Sein Blick schweifte zu Scully.

Ihre Haltung verriet ihm, daß sie bereits das Kindesalter erreicht haben mußte. Wollte er sie wirklich wecken und ihr diese Qualen weiter zumuten? Sicher, alterungsbedingt hatte er die größeren Qualen, doch wenn sie jemals wieder eine Chance auf Normalität bekommen würden, würde sie sich zutiefst in ihrer Würde verletzt fühlen, wenn sie nun kichernd und glucksend vor ihm stehen würde. Das würde sie sich und ihm nie verzeihen.

Also ließ er sie schlafen, widmete sich erneut dem Licht und beobachtete genau die Verhaltensweisen des Kristalls auf bestimmte Bewegungen.

Wenn dieser Kristall oder zumindest das Licht in der Lage waren, ihn altern zu lassen und sie zu verjüngen, dann würde es auch die Möglichkeit einer Umkehrung geben.

Er würde eine Lösung finden und er würde auch den Grund für das alles herausbekommen und wenn er dafür 100 Jahre opfern mußte...

Er testete weiter. Streckte er langsam seine Hand aus, so wich der surrende Kristall um die Länge seines Armes zurück, zog er sie wieder zurück, so kam er auch wieder näher...

Er schimmerte türkis-grün. Mulder starrte ihn an.

Er war bemüht, sich aufrecht zu halten, weil sein Rücken wieder höllisch wehtat... er hatte Hunger... sein Magen gluckste schon seit er aufgestanden war, doch jetzt gab er einen seltsamen Knurrlaut von sich und der Kristall machte einen kleines Lufthüpfer. Mulder lächelte überwältigt. Was war das bloß für ein Dings... er zweifelte inzwischen schon daran, dass es tatsächlich ein Kristall war. Ihm schien, als würde er sehen, wie sich im Inneren etwas hin- und her bewegte... außerdem kannte er weiß Gott keinen Kristall, der über dem Boden schwebte und Luftsprünge veranstalten konnte.

"Buh!", sagte er, und folgte der Reaktion dieses Dings, die es wieder ein wenig in die Höhe trieb. Es folgte also Bewegungen genauso wie Geräuschen... schloss er daraus. Nur, dass Töne ihn hochtrieben und Bewegungen vor und zurück... aber wie war das möglich? Was würde passieren, wenn er Ton und Bewegung zugleich machen würde? Würde es dann schräg nach hinten oben fliegen? Irgendetwas in seinem Kopf warnte ihn davor, weitere Versuche mit dem Ding durchzuführen, doch was sollte er sonst tun? Rumsitzen und warten, bis er verdurstet war? Es war heiß, da die Sonne immer höher stieg. Nicht mehr lange, und sie würde gebraten werden, dachte er. Mulder warf Scully einen kurzen Blick zu. Sie hatte sich umgedreht, schlief aber immer noch selig vor sich hin. Er wusste, dass sie ihn davor gewarnt hätte, weiter zu probieren, doch seine Neugierde, aber auch seine Furcht trieben ihn dazu, es doch zu tun.

Er streckte in einer ruckartigen Bewegung seine beiden Hände nach vorne und schrie dazu wirres Zeug. Doch die Reaktion hatte er nicht erwartet... durch seine ruckartige Bewegung hatte sich für kurze Zeit eine Delle in das Etwas gebohrt, doch dann war es schreckartig nach hinten in die Höhe geschreckt. Ihm kam es fast so vor, als wäre es ein Wesen und kein Kristall... jedenfalls war es kein konstantes Material, da es sich verformen ließ... Es hatte selber auch einen kleinen Laut von sich gegeben, was Mulder als Warnung verstanden hatte.

"Oh mein Gott..." flüsterte er...



Scully erwachte von einem merkwürdigen Geräusch hinter ihr.

Als sie ihre Augen öffnete, spürte sie die Hitze der Mittagssonne erbarmungslos auf ihrem Körper.

Vage erinnerte sie sich daran, daß sie mit Mulder zusammen auf einen UFO-Kongress hatte fahren wollen. Sie waren liegengeblieben mit dem Wagen, die Mitfahrgelegenheit zur nächsten Tankstelle hatte sie in der Wüste abgesetzt und sie waren endlos durch den Sand gewandert.

Abrupt setzte sie sich auf.

Irgend etwas war noch geschehen!

Mulder hatte ein Licht entdeckt und sie war ihm auf seinem Weg dorthin gefolgt - widerstrebend, aber sie war ihm gefolgt.

Scully kramte verzweifelt nach weiteren Informationen in ihrem Gedächtnis und nahm mit einem Auge ihren Partner wahr, der sich an einer merkwürdigen Lichtkugel zu schaffen machte.

Wieder erklang ein merkwürdiger Ton - fast wie ein Aufheulen.

Scully sprang aus ihrer sitzenden Position erschrocken auf.

"Mulder!"

Sein Gesicht wandte sich ihr erstaunt zu und der Lichtkegel schwang wieder dichter an ihren Partner heran.

"Scully, was..."

"Was machen Sie da, Mulder? Und was zum Teufel ist das?", sie deutete auf die Lichtkugel vor Mulder und starrte ihn mit ernstem Gesicht an.

Ehe sie sich versah, war er die wenigen Schritte zu ihr herüber geeilt und schloß sie in die Arme.

"Mulder!"

Sie wußte nicht so recht was ihr geschah. Warum hatte er nur diese euphorischen Ausbrüche? Was ging hier vor?

Sie konnte sich beim besten Willen nicht daran erinnern, was nach ihrer Strandung in der Wüste passiert war. Noch nervöser machte sie im Hinblick auf diese Gedächtnislücke die momentane Verfassung ihres Partners.

Er wirkte erschöpft und ... alt.

Scully mußte unwillkürlich an ihren Aufenthalt auf dem Schiff denken, wo sie beide gealtert waren - einer ihrer Fälle, der schon weiter entfernt lag. Aber Mulder alterte nicht äußerlich. Sie fühlte sich nicht alt und ein Blick auf ihre Hände bewies, sie sah auch nicht älter aus.

"Scully, sie sind wieder normal! Welch ein Glück!"

Sie hörte die Erleichterung darüber, aber auch die Frage, die mitschwang - warum war sie wieder normal?!

"Das ist es", er faßte nach ihrer Hand und zog sie ein gutes Stück von dem Lichtkegel fort, "je weiter wir Abstand nehmen, desto geringer sind die Auswirkungen des Lichtes. Und je weiter wir gehen, desto besser wird unser Zustand - ja, normalisiert sich sogar!"

Er schien außer sich vor Freude.

Scully sah ihn ratlos an. Was geschah hier? Wurde ihr Partner nun völlig verrückt? Und was war das für ein merkwürdiges Licht?

Sie entzog ihm ihre Hand und machte ein paar Schritte auf die Lichtquelle zu.

Das Ding schwebte ungefähr einen Meter über dem Boden und schien in gewisser Weise einem Uterus zu gleichen.

Bewegte sich im Inneren etwas?

Scully wollte näher heran. Es mußte doch eine wissenschaftliche Erklärung dafür geben.

"Scully!", hörte sie Mulders Stimme hinter sich, als sie ihre Hand vorsichtig nach dem Ding ausstreckte.

"Nicht, Scully!", erklang es erneut hinter ihr, doch sie war zu fasziniert.

Ihre Hand berührte das leuchtende Etwas und drang ein.

Erschrocken und ein wenig angeekelt wollte sie ihre Hand wieder herausziehen, doch wie von einem Strudel erfaßt, schien auf einmal ihr ganzer Körper von diesem Etwas verschlungen zu werden.

"Mulder!", drang es kreischend aus ihrer Kehle, als der Lichtkegel sie zu verschlucken drohte.

Sie spürte seine Hand, die nach ihrer freien griff, an ihr zog und ihr fast den Arm auszureißen drohte.

Ihre Augen spiegelten die pure Panik wieder. Sie verkrampfte ihre Hand um die Mulders, um ja nicht ihren letzten Halt mit der Außenwelt zu verlieren – doch sie sah sich schon in irgendeinem grünen, schleimigen Loch, wo sie für den Rest ihres Lebens sitzen müsste...

Scully fing an zu schreien...

"Scully!!!!" Mulder fasste mit einer Hand immer wieder nach, um sie ja nicht zu verlieren... doch sie drohte ihm zu entgleiten. Sie war schon bis über die Schultern in den Sog des Etwasses hineingezogen worden.

Sie spürte nur Leere unter ihren Füßen. Nichts, woran sie sich hätte abstützen können... sie strampelte ins Nichts hinein. Und immer weiter und weiter... Sie fühlte die kalte Hülle des Kristalles an ihrer Wange. Was würde mit ihr geschehen?

"Mulder!!!!!!", rief sie ein letztes Mal - dann erschöpfte seine Kraft und sie fiel...

"Oh nein! Scully!!!" Mulder hatte Tränen in den Augen. Er rang nach Luft und stürzte sich auf das leuchtende Ding. Eigentlich hätte er erwartet, dass er ebenfalls hineingesogen wurde, doch es war, als würde er abgestoßen werden...
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