World of X

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Richtung Nirgendwo - Im blauen Hotel

von Nicole Perry

Kapitel 2

Charlie warf einen Blick auf seine Armbanduhr, als er sein Fahrrad von dem Ständer losmachte. Er brauchte immer einen Moment, um die Position der Zeiger auf dem Ziffernblatt richtig zu deuten. Obwohl die Uhr große Zahlen hatte, kam er immer noch durcheinander. Nach kurzem Überlegen stellte er fest, dass er noch etwa eine Stunde hatte, bevor sein Vater nach Hause kam. Es war genug Zeit, um nachzusehen, ob der Engel heute wieder da war.

Charlie überprüfte noch einmal seinen Rucksack, um sicherzugehen, dass sein Notizbuch sicher zwischen seinen Schulbüchern verstaut war. Es war da - ein wenig zerfetzt und mitgenommen, doch es standen alle seine Notizen und Listen darin. Erleichtert begann er, nach Hause in die Pedale zu treten.

Charlie hatte die Angewohnheit, alles Wichtige aufzuschreiben, das er nicht vergessen durfte. Seine Großmutter hatte ihn immer wieder an die Wichtigkeit von Aufzeichnungen erinnert, als er noch kleiner war. Listen von seinen Lieblingsstraßen in New Orleans, Öffnungszeiten seiner liebsten Geschäfte, und Ereignisse, die er als wichtig erachtete (zum Beispiel, als er das aller erste Mal ganz alleine einen Fisch gefangen hatte) waren alle sorgfältig in dem kleinen Büchlein notiert. Es war noch eine ziemlich kurze Liste, fiel ihm auf, als er in die Pedale trat. Seine Großmutter hatte ihm immer Geschichten von Engeln erzählt, die in menschlicher Gestalt auf die Erde gekommen waren, und über die Leute wachten. Sie waren kleine Wunder Gottes, so hatte sie sie genannt, und Charlie hatte nach ihrem Tod geschworen, sie zu finden und ihre Gegenwart festzuhalten.

Er fuhr wie immer vorsichtig um die Ecke, stets auf den Gegenverkehr bedacht, und trat fester in die Pedale, um schneller zu Hause zu sein.

Charlie hatte vom ersten Moment an, in dem er sie gesehen hatte gewusst, dass sie ein Engel war. Er achtete immer auf Dinge, die in seiner Nachbarschaft passierten, und er hatte vor allen anderen gewusst, dass das leere Apartment in der Pension endlich vermietet war. Es hatte fast einen ganzen Monat leer gestanden und schon allein deswegen wusste Charlie, dass etwas Wichtiges im Gange war, als sich endlich Mieter eingefunden hatten. Das Apartment war so wichtig, weil es die Nummer drei hatte. Drei war Charlies Glückszahl. Er tat fast alles dreimal. Er putzte sich dreimal am Tag die Zähne, trank seine Milch nach dem Essen in drei langen Zügen und faltete seine Bettlaken dreimal, in der Hoffnung, böse Monster davon abzuhalten, aus dem Schrank zu kommen, wenn das Licht ausging.

Er wusste, dass etwas Wichtiges passieren würde. Immerhin war es jetzt fast drei Jahre her, seit seine Großmutter gestorben war. Und bis jetzt war es ohnehin schon ein magisches Jahr für Charlie gewesen. Er war jetzt neun, und er wusste, dass neun praktisch drei Dreien zusammen waren. Er freute sich gar nicht so richtig auf seinen zehnten Geburtstag, denn zehn konnte man gar nicht durch drei teilen.

Zu Hause angekommen stellte Charlie sein Rad in die Garage und ging ins Haus, nachdem er sich die Schuhe an der Matte draußen abgeputzt hatte. Auf dem Tisch lag ein Zettel von seiner Mutter, dass er nicht vergessen solle, den Müll herauszubringen und die Blätter im Vorgarten zusammenzuharken. Charlie ließ den Zettel links liegen, denn wenn er sich beeilte, schaffte er die Arbeit dennoch, bevor sie zurückkam.

Er nahm seinen Notizblock aus der Schultasche und lief die Treppe zu dem alten Zimmer seiner Großmutter. Charlie wusste, dass er nicht in dieses Zimmer durfte, aber wenn niemand daheim war, konnte er es wagen. Man konnte immer noch das Veilchenparfüm riechen, das sie immer getragen hatte. Seit ihrem Tod hatte sich nicht viel in dem Zimmer verändert. Seine Mutter kam nur ab und zu hier herein, um Staub zu wischen.

Charlie öffnete die Balkontür und kletterte auf den Balkon, indem er sich an einem Ast eines Baumes festhielt, der ziemlich nahe an das Haus herangewachsen war. Er schätzte die Entfernung ab und griff nach einem weiteren Ast, an dem er sich höher an dem Baum heraufzog. Er erreichte das Dach des Hauses und schluckte, als er sah, dass sie wirklich da war.

Er nahm sein Notizbuch unter seinem Hemd hervor, zog einen Stift aus der Tasche und fing an, seine Aufzeichnungen durchzugehen, ein Ellenbogen auf den Ast gestützt.

Sie war ein Engel, weil sie so ruhig war, als ob sie Gott selbst zuhören würde. Es war heute schon der zweite Tag, an dem er sie auf dem Dach gesehen hatte. Sie saß friedlich auf der geteerten Oberfläche der Mauer. Vor vier Tagen war sie am späten Abend mit einem großen, bärtigen Mann gekommen, aber wenn sie hier heraus kam, war sie immer allein. Sie sah genauso aus wie der Engel auf dem Fensterbild in der Kirche, die Charlie gewissenhaft jeden Sonntag besuchte. Dunkles Haar, blasse Haut und blaue Augen, die Charlie von seiner Position aus deutlich sehen konnte.

Er saß ruhig da und bewunderte ihre stille Schönheit.

Die Zeit verging und Charlie fiel ein, dass er seine Arbeit tun musste. Doch er wollte noch nicht gehen. Er sah, wie sie aufstand und langsam zurück zur Tür des Treppenhauses ging. Ihre Bewegungen waren vorsichtig und sie hielt beim Gehen stets die Hände vor sich. Charlie wusste, er hatte es schon vom ersten Augenblick an gewusst, dass sie blind war, genauso wie der alte Mr. Coleman, der so oft auf der Bank vor seiner Schule saß. Er wusste nicht, warum Gott einen blinden Engel auf die Erde schickte, aber er hatte es sich aufgeschrieben und nahm an, dass der Grund dafür ihr Zuhören war.

Auf einmal stolperte sie und fiel zu Boden, und Charlie hörte einen lautes Klimpern. Er erstarrte vor Angst, dass sie verletzt sein könnte und war erleichtert, dass sie wieder aufstand. Ein ängstlicher Ausdruck stand nun in ihren Augen und sie suchte auf Knien hastig nach etwas auf dem Boden. Nach kurzer Zeit bekam sie Panik und ihr Gesicht verzog sich zu einer Grimasse. Charlie sah auf die Uhr. Es war schon spät und er wusste, dass er mit seiner Arbeit anfangen musste. Aber er konnte ihre wachsende Angst nicht ignorieren. Er kletterte wieder zurück in das Zimmer seiner Großmutter und rannte dann ins Treppenhaus.





Scully tastete, sie fühlte die ganze Oberfläche ab. Sie versuchte, die Tränen zurückzuhalten, die bereits in ihr aufstiegen. Er muss hier sein, dachte sie und suchte weiter nach dem glatten Schlüssel.

Sie war zum zweiten Mal auf dem Dach der alten Pension. Den ersten Tag hatten sie zusammen verbracht, hatten ausgeschlafen, sich von dem Unfall erholt und überlegt, was sie als nächstes machen würden. Am zweiten Tag hatte Mulder Nachforschungen angestellt in dem Versuch, das Puzzle zusammenzusetzen, das sie so verzweifelt lösen wollten. Es war ihr bald langweilig geworden, das Apartment zu erkunden und so hatte sie den Schlüssel genommen, den er auf dem Tisch liegen gelassen hatte, und das Haus erkundet. Sie wollte sich nicht mit den Grenzen abfinden, die die Blindheit ihr bot. Sie hielt es für wichtig, den Weg zu dem Apartment ihres Vermieters zu kennen und den zum Ausgang. Vorsichtig war sie Schritt für Schritt ihren Weg gegangen und hatte letztendlich die Tür gefunden, die zu den versteckten Treppen auf das Dach führten.

Auf dem Dach war es wunderschön für Scully. Die Luft war erfüllt von vielerlei wundervollen Gerüchen, wohlriechende Aromen von dem Restaurant unten auf der Straße, und der Duft von frischem Kaffee gemischt mit dem von frischem Brot. Sie konnte den Verkehr der Straße hören und einige Unterhaltungen von Fußgängern, die über die Straße gingen, genau wie das entfernte Hupen der Schiffe, die den Fluss auf- und abwärts fuhren. Von Zeit zu Zeit hörte sie die Glocke der St. Louis Kirche, die alle Viertelstunde ertönte und ihr half, die Zeit wahrzunehmen. Der Wind blies kühl und frisch, und sie saß zufrieden da und stellte sich das aufgeregte Treiben der Innenstadt von New Orleans vor. Sie hatte sich, abgesehen von kurzen Durchfahrten bei Routinefällen, die Stadt nie richtig angesehen und hatte nie die Zeit gefunden, eine der Stadtrundfahrten mitzumachen, die jährlich tausende von Touristen anzogen. Jetzt konnte sie sich fast bildlich vorstellen wie die Stadt aussah, basierend auf einem inneren Bild gemalt durch verschiedene Empfindungen und Eindrücke. Es war ein Zeitvertreib, bis Mulder zurückkehrte.

Heute war sie noch einmal aufs Dach gekommen und es hatte ihr wieder gefallen - bis jetzt. Sie hatte das Gleichgewicht verloren und war gestürzt, wobei sie den Schlüssel zu ihrem Apartment fallengelassen hatte. Jetzt konnte sie ihr kleines Geheimnis nicht mehr für sich behalten und Mulder würde aus lauter Angst um sie wütend sein.

Scully suchte verzweifelt nach dem Schlüssel, denn sie wusste, dass er bald zurückkommen würde. Ein lauter Knall ließ sie vor Schreck innehalten. Eine Reihe von Klettergeräuschen waren zu hören, dann leichte Schritte auf dem Dach.

"Lady?" fragte eine sehr leise, fast flüsternde Stimme. "Haben Sie sich verletzt?"

Scully zögerte unsicher, doch spürte dann keine Gefahr. "Nein", antwortete sie langsam. "Ich kann nur meinen Schlüssel nicht finden."

Die Schritte kamen näher und sie verspannte sich. Dann hörte sie ein Kratzten auf dem Teerbelag des Daches. "Hier ist er", sagte die Stimme und sie fühlte, wie ihr der Schlüssel in die Hand gedrückt wurde.

"Danke", sagte sie und versuchte, sich ein Bild von ihrem Helfer zu machen. "Wohnst du hier?"

"Nee", kam die Antwort. "Ich wohne nebenan in einem Reihenhaus."

Es war eine Kinderstimme mit südlichem Akzent, erkannte sie, als sich ihre anfängliche Panik gelegt hatte. Scully lächelte und fragte, "Wie heißt du?"

"Charles", sagte der Junge. "Aber alle nennen mich Charlie."

"Aha", erwiderte sie und stand auf. "Ich bin froh, dass du in der Nähe warst, Charlie." In diesem Moment fiel ihr eine Frage ein. "Wie bist du eigentlich hier hoch gekommen?"

"Über die Feuerleiter, Ma'am", antwortete er. "Es ist sehr einfach. Ich war schon oft hier oben."

Scully streckte eine Hand aus und nach einem Moment fasste der Junge sie und sie schüttelte seine kleine Hand. "Danke noch mal, Charlie", sagte sie. "Ich muss jetzt gehen."

"Kommen Sie zurecht?" Sie nickte auf seine zögernde Frage hin, aber bevor sie noch irgend etwas sagen konnte, hörte sie ein strenges Rufen von der Straße unten.

"Charles!" rief ein Mann laut und ärgerlich. Ein Schauer lief ihr über den Rücken, als der Laut an ihre Ohren drang. "Junge, wo bist du?"

"Okay, Ma'am, ich muss wohl gehen." Scully hörte ein Zittern in seiner Stimme und ein Stottern, das eine Sekunde zuvor noch nicht da gewesen war. Der Junge sagte nichts weiter, aber sie hörte ihn über das Dach laufen und kurz darauf wieder den metallischen Klang der Feuerleiter, als er hastig herunter kletterte.

Scully horchte und hörte wieder die Stimme des Jungen, diesmal gedämmt durch die Entfernung.

"Entschuldige, Papa. Ich habe nicht auf die Uhr geguckt."

Der stechende Klang einer Ohrfeige war laut genug, um bis zu ihr auf das Dach zu gelangen. "Du Idiot", hörte sie den Mann schelten. "Wozu habe ich dir denn die Uhr gegeben?"

"Weiß nicht, Papa. Tut mir leid." Das war das letzte, was Scully hören konnte, obwohl sie noch einen Moment abwartete. Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken. Dann fasste sie sich und ging langsam zurück zu der Tür, die zur Treppe und zu ihrem Apartment führte.





Mulder steckte den Schlüssel ins Schlüsselloch und öffnete die Tür. Es war schon spät und es war ausgenommen von dem Mondlicht, das durch das Fenster einfiel, völlig dunkel. Er tastete nach dem Lichtschalter und knipste das Licht im Wohnzimmer an. Es war leer und völlig still.

Er schloss die Tür hinter sich und rief leise nach ihr. "Scully?" Er erhielt keine Antwort und sein Herz begann, schneller zu schlagen. Er knipste auch das Licht in der Küche an und sah nach, bevor er im Schlafzimmer suchte.

Die Lampe an der Zimmerdecke brauchte eine Sekunde, bis sie anging. Sie lag zusammengerollt auf dem Bett, das Kissen fest an ihr Gesicht gepresst. Sie war völlig angezogen in Jeans und Tennisschuhen und dem großen grünen Pullover. Ganz so, als ob sie unbeabsichtigt eingedöst sei. Ihre Augen waren geschlossen und ihr Brustkorb hob und senkte sich gleichmäßig mit jedem Atemzug. Er trat neben sie ans Bett, doch er zögerte, sie zu wecken. Er wusste, wie sehr sie den Schlaf brauchte. Nach einem Moment setzte er sich neben sie und das Gewicht seines Körpers reichte aus, um sie zu wecken.

Scully regte sich und schlug die Augen auf. Für eine Sekunde war ihr Gesicht angsterfüllt, doch dann atmete sie tief durch und lächelte. "Mulder", sagte sie verschlafen. "Du kommst spät."

"Ich weiß", gab er zu und strich ihr übers Haar. "Ich habe die Zeit vergessen." Er beugte sich näher zu ihr und sie legte ihre Hand auf seinen Schenkel. "Hast du Hunger?"

"Ein wenig", sagte sie mit einem Gähnen. "Hattest Du Glück?"

Mulder seufzte. "Nicht viel. Ich muss eine Menge Informationen durchgehen."

Er hatte wieder fast den ganzen Tag in der Bibliothek der Tulane University verbracht und war jedes Medizin-Magazin und jedes Fachbuch durchgegangen, in der Hoffnung, einen Bestandteil der Substanz zu finden, die Scully in dem Labor gesehen hatte. Den Namen dieser Substanz hatten sie den Einsamen Schützen gegeben, die diese Information durch jedes Suchprogramm gejagt, das sie zu Verfügung hatten, nur um mit leeren Händen enden zu müssen. Nichtsdestotrotz hatte Scully den Namen, den sie auf den Fläschchen gesehen hatte, mit allen möglichen Verbindungen und in allen Varianten mit Hilfe ihres medizinischen Wissens aufgeschrieben. Mit dieser Liste bewaffnet war er in die Bücherei gegangen, um danach zu suchen.

Scully wurde wach durch seine Worte und sie setzte sich mit einem weiteren Gähnen auf. "Hast du irgendwelche Ansätze mitgebracht?"

"Ein paar. Wir können beim Abendessen darüber reden."





Scully spürte, wie Mulder vom Bett aufstand und nach einem Moment folgte sie ihm. Sie nutzte den Klang seiner Schritte als Richtungsweiser und hielt an, wenn er anhielt. Sie streckte die Hand aus und fühlte den Türrahmen zum Badezimmer vor ihr.

Sie hörte, wie die Tür des Medizinschränkchens mit einem leisen Knirschen aufging. "Mulder..." begann sie, doch sie kannte bereits die Antwort bevor sie überhaupt gefragt hatte. "Es ist noch hier."

"Ich weiß", sagte sie. "Ich möchte nur sichergehen."

Scully hörte den Klang von Metall gegen Glas. "Und?" fragte sie. Er antwortete ihr nicht und sie trat weiter ins Badezimmer, bis sie mit dem Rücken an den Rand des Waschbeckens lehnte. "Und?" wiederholte sie neben ihm.

"Es ist noch hier."

"Gib es mir für eine Sekunde." Scully streckte beide Hände mit den Handflächen nach oben aus und fühlte einen Moment später das kühle, raue Metall. Sie strich mit den Fingerspitzen um das Objekt herum, vorsichtig, um die fragilen Rinnen nicht zu beschädigen.

Obwohl sie es nicht mehr sehen konnte, konnte sie sich deutlich daran erinnern. Es war eine runde Platte, eine flache Scheibe, etwas halb so groß wie eine Diskette. Sie wusste, das die Rillen auf der Oberfläche verschiedene Farben hatten, aber sie konnte sich nicht mehr an das Design erinnern. Die höherstehenden Furchen hatten ebenfalls eine besondere Bedeutung, aber für Scully waren die Rillen von größerer Bedeutung. Sie waren klein und gleichmäßig über der Diskette verteilt und jede war an einem Ende eingekerbt, als ob es die Halterung für ein noch kleineres Objekt ist.

Ein Objekt von der Größe des Chips, der in ihrem Nacken implantiert gewesen war.

Vage, halb vergessene Worte schwirrten durch ihr Gedächtnis. Ein Mikroprozessor... mit extremer Komplexität und weitreichender Mikrolithographie als Basis von Computerprogrammen, weil er auf menschliche Gehirnwellen durch direkte elektro-chemische Kopplungen zurückgreifen konnte...

Irgendwie war Scully sich sicher, dass dieses Objekt der Schlüssel war. Der Schlüssel für eine Art von neutralem Netzwerk, das nicht nur Informationen sammeln konnte, sondern auch künstlich Gedanken reproduzieren konnte...

Es schien schon so lange her, dass sie im FBI-Labor den kleinen Chip untersucht hatte, den sie aus ihrem Nacken hatte entfernen lassen. Ein Chip, der so zerbrechlich war, dass er während der Untersuchung zerstört worden war. Aber vielleicht war dieser Verlust es ja auch wert. Es hatte sie immerhin bis hierhin gebracht, dachte sie bei sich.

Scully hielt es noch einen Moment fest, bevor sie es Mulder wortlos zurückgab. Es fühlte sich gar nicht wie der Lebensinhalt oder der Talisman an, zu dem es ohne Zweifel geworden war. Sie hörte, wie er es wieder zurück in das vorübergehende Versteck legte. Normalerweise trug Mulder es immer in seiner Tasche und genau wegen diesen Vorsichtsmaßnahme hatte die wertvolle Diskette den Autounfall überstanden. Aber der Metalldetektor der Bibliothek hielt ihn davon ab, weder die Diskette noch seine Waffe mitzunehmen. So musste er sie in dem Apartment lassen. Scully trat einen Schritt zurück und streifte mit ihrem Arm gegen etwas, das scheppernd zu Boden fiel.

"Oh!" sagte sie und verfluchte ihre Tollpatschigkeit.

"Scully?" Für einen Moment hörte er sich besorgt an, doch dann sagte er beruhigend, "Nichts passiert. Das ist bloß mein Rasierzeug."

Sie hörte, wie er die Sachen von Boden aufhob und sie zurück in das Regal räumte. "Rasierzeug? Nicht, dass du das in letzter Zeit gebraucht hättest..."

Sie hörte ein Lächeln in seiner Stimme, als er antwortete. "Ich muss diesen Bart immerhin in Form halten oder?"

"Wie auch immer..." grinste sie. "Las uns essen, Mulder."
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