World of X

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Richtung Nirgendwo

von Nicole Perry

Kapitel 3

Scully hatte das Bündel Kleider in eine Papiertasche gepackt, die sie unter dem Bett gefunden hatte und saß nun auf dem Bett und wartete auf Mulder. "Alles fertig?" fragte er, als er zurückkehrte.

"Ja", sagte sie. "Ein lieber Engel -- die Kellnerin von heute morgen -- hat uns ein Geschenk gebracht."

Sie hörte, wie Mulder in die Tasche schaute und den Inhalt untersuchte, bevor er erleichtert seufzte. Plötzlich fühlte sie eine Welle von Zuneigung für ihn. Sie ahnte, wie es für ihn sein musste und sie liebte ihn dafür, dass er bei ihr war.

"Wunderbar", sagte er und nahm sie beim Arm. "Lass uns gehen."

Sie hörte, wie er die Tasche mit der anderen Hand nahm und ließ sich von ihm aus dem Zimmer zum Auto führen. Sobald sie saß, tastete sie nach dem Sicherheitsgurt und ließ ihn einklinken, als er den Wagen startete.

"Wohin fahren wir?" fragte sie.

"Oh, Richtung... Nirgendwo", antwortete er. "Vorerst."

Als das Auto die Einfahrt verließ und auf die Straße fuhr, ließ Scully sich in ihrem Sitz zurücksinken. Sie fühlte sich sicher und geborgen mit Mulders Hand auf ihrem Arm. Vorerst... dachte sie. Wenigstens geht es uns vorerst gut. Weiter mochte sie gar nicht denken. Aber vorerst...

Das Auto beschleunigte auf dem Highway und raste einem unbekannten Ziel zu.



"...you think you've got the devil on retreat but he's back up on his feet and he's looking for you..."

- pete droge

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Oh, mein Gott! :) Ich möchte mich bei allen bedanken, die eine so enthusiastische Antwort auf meine kleine Geschichte geschrieben haben! Ich bin froh, dass einige von Euch gerne eine Fortsetzung lesen würden. Ich hatte sehr viel Spaß beim Schreiben... Das Lustige ist, dass ich diese Geschichte am Freitag gepostet habe und mir danach ein kleiner Epilog einfiel, den ich unbedingt aufschreiben musste. (Gut, dass die Leute Raenne mögen...) Ich kam in mein Büro und eine Menge liebenswerter E-Mails warteten in meiner Mail-Box auf mich! :) Ich denke also, dass es noch mehr geben wird...

Wort der Autorin: Dieses ist ein Epilog zu einer Story, die ich gestern gepostet habe (...) nvrgrim@aol.com

Dementi: Dieselbe alte Geschichte -- Danke an Chris Carter, 1013 und Fox Inc. für das Schaffen dieses wundervollen Stückchen Welt und an dem ich teilhaben kann...





RICHTUG NIRGENDWO - EPILOG von Nicole Perry nvrgrim@aol.com




'--... es ist einfach nicht dasselbe, wenn ich aufwache und dich nicht neben mir sehe. Der Tag beginnt völlig anders und es scheint, als ob er niemals zu Ende geht. Aber ich möchte, dass du weißt, dass ich an dich denke, die ganze Zeit über, und ich weiß, wir werden immer zusammen sein--')

"Raenne!" Lizzies scharfe Stimme riss sie aus ihrer Träumerei. Sie faltete den Brief schuldbewusst wieder zusammen und steckte ihn in ihre Tasche. Es war nicht so, als ob sie ihn noch lesen musste -- sie konnte die Worte klar in ihrem Kopf hören -- aber sie fühlte sich dadurch irgendwie näher bei ihm, wenn sie ihn in den Händen hielt. Lukes Briefe waren sowieso selten genug. Sie nahm an, dass sie etwa zehn Briefe für einen von ihm geschrieben hatte.

"Hol' bitte die Biskuits aus dem Ofen, bevor sie anbrennen", sagte Lizzie und Raenne beeilte sich, das Gesagte auszuführen.

"Entschuldige bitte, Lizzie", sagte sie, als sie den Herd ausschaltete und nach den Topflappen griff, bevor sie die Platte mit dem süßlich riechenden Brot heraus holte.

"Liest du etwa schon wieder den Brief?" lächelte Lizzie als sie in der Küche rumorte.

"Er ist Gold wert", sagte Raenne und bei dem Gedanken an Luke überkam sie ein Gefühl der Zufriedenheit. Nur noch sieben Monate... sie war sich sicher, dass sie noch so lange aushalten konnte. Und außerdem würde er genau zu ihrem Geburtstag wieder da sein. Genau richtig, um ihr den Ring an den Finger zu stecken, von dem sie träumte.

Raenne ging zu den verschiedenen Tischen im Diner, füllte Kaffee nach und nahm Bezahlungen entgegen. Die Klingel über der Tür läutete und ein Mann betrat das Diner.

Er war groß und hager. Sein Haar war grau-braun und auf seinem Gesicht zeichneten sich tiefe Falten ab. Er hatte einen Anzug unter seinem Trenchcoat an, was nicht allzu ungewöhnlich war, da Geschäftsreisende immer wieder das Diner aufsuchten. Aber Raenne zog bei dem Anblick seiner Augen unwillkürlich die Luft ein.

Er hatte dunkle Augen, die böse glänzten. Er hatte die Sorte Augen, denen Raenne nie begegnen wollte. Diese Augen hielten ein Wissen, von dem sie nicht das Geringste erfahren wollte.

Raenne schlüpfte hinter die Theke und versuchte so, eine Trennung zwischen sich und dem Fremden aufzubauen. Aber er sah sie und kam mit festen Schritten auf sie zu. "Ich suche den Sheriff... Jim McAllister. Unten am Bahnhof hat man mir gesagt, ich könne ihn hier finden." Raenne brachte plötzlich kein Wort mehr hervor und zeigte nur auf McAllister, der wie üblich in der Nische in der Ecke des Raumes saß.

Der Mann drehte sich um und näherte sich dem Sheriff, der seine Zeitung und die Kaffeetasse absetzte und dem Mann den Stuhl gegenüber anbot. Der Fremde setzte sich und holte seine Marke aus seinem Mantel. Sie redeten kurz miteinander, aber Raenne war zu weit entfernt, um zu verstehen, was sie sagten. Von ihrem Platz hinter der Theke beobachtete sie, wie der Mann einen Umschlag aus seiner Manteltasche holte und ihn dem Sheriff reichte. McAllister sah vorsichtig nach dem Inhalt und schüttelte den Kopf. Der Mann stand auf und nahm den Umschlag zurück.

Die Erleichterung, die Raenne überfiel, als sie erkannte, dass der Mann im Begriff war zu gehen, verschwand urplötzlich, als McAllister sie zu sich winkte.

"Hey, Raenne! Könntest du mal für einen Moment herkommen?"

Raenne zögerte, ihre Füße wollten ihr plötzlich nicht mehr gehorchen.

"Rae?" rief der Sheriff ungeduldig und sie wusste, dass sie ihn nicht ignorieren konnte. Langsam ging sie zu dem Tisch. Sie konnte die Augen des Fremden die ganze Zeit auf sich fühlen.

"Kann ich etwas für Sie tun, Sheriff?" fragte sie ruhig.

"Ja", sagte McAllisters ruhig. "Dieser Herr hier ist von der Regierung. Er sucht zwei Flüchtige, die vielleicht hier gewesen sein könnten. Ich kann mich nicht erinnern, sie gesehen zu haben, aber ich weiß, dass du den ganzen Tag hier bist. Ich wäre dir dankbar, wenn du einen Blick auf die Fotos werfen könntest."

Raenne nickte McAllister zu, als der Mann ihr den Umschlag gab. Ein unwohles Gefühl überkam sie, als sie ihn entgegen nahm. Sie wollte den Inhalt überhaupt nicht sehen.

"Warum werden sie gesucht?" fragte sie. "Was haben sie verbrochen?"

Der Mann beantwortete ihre Frage mit eiskalter Stimme. "Diebstahl von Regierungseigentum", sagte er. "Und Mord an einigen FBI-Agenten."

McAllister fiel ein. "Sie sind gefährlich und bewaffnet." Er schüttelte den Kopf und wiederholte, was der Mann zuvor gesagt hatte, um die Wichtigkeit der Situation deutlich werden zu lassen. "Der Befehl lautet zu schießen, wenn sie gesehen werden."

"Oh", machte Raenne. "Ich fürchte, ich kann Ihnen nicht helfen. Ich habe so jemanden hier nicht gesehen."

"Woher wollen Sie das wissen?" fragte der Mann. "Sehen Sie sich doch die Fotos erst einmal an."

Raenne musste tun, wie ihr gesagt wurde und sie zog die Bilder aus dem Umschlag. Das eine war von einem jungen Mann in dunklem Anzug und auffallender Krawatte. Er war glattrasiert und ernst, aber seine braunen Augen strahlten Intensität und Intelligenz aus, die geradezu aus dem Foto herausstachen. Das andere Bild war das einer jungen Frau mit elfenbeinfarbener Haut und kastanienbraunem Haar. Sie lächelte, und ihr Lächeln unterstrich ihre blauen Augen. Es schien, als versteckte sie tief in ihnen ein schönes Geheimnis, das sie vor dem Fotografen verbergen wollte.

"Schwer zu glauben, was?" kommentierte McAllister. "Sie sehen überhaupt nicht wie diese Sorte Mensch aus."

"Vertrauen Sie mir", sagte der Mann. "Manchmal ändern sich die Dinge."

Raenne konnte die Richtigkeit dieser Worte nicht abstreiten, aber sie konnte die beiden einfach nicht vergessen, obwohl es schon zwei Wochen her war, dass sie in dem Diner aufgetaucht waren. Der Mann war so zärtlich und zuvorkommend mit der Frau umgegangen und die Frau schien so stark und mutig zu sein. Die Art, wie sie sich zusammen bewegten, nur verbunden durch ein unsichtbares Band, eine Verbindung, die keine Worte brauchte und die so tief und kraftvoll war, dass Raenne sie deutlich spüren konnte.

Es war schwer vorstellbar, dass diese vor Leben sprühenden Leute dieselben sein sollten, wie das erschöpfte, müde Paar, das sie bedient hatte. Der Mann hatte Recht -- es hatte sich etwas für die beiden verändert, etwas Seltsames und Schlimmes. Sie mögen ja bewaffnet sein, aber Raenne wusste mit einer intuitiven Sicherheit, dass sie nicht gefährlich waren.

Sie wusste instinktiv, dass sie diejenigen waren, die in Gefahr waren.

Raenne zog die Luft ein und steckte die Bilder wieder in den Umschlag. "Hab' keinen von denen hier gesehen." Sie sah den Mann nicht an, sie gab ihm lediglich den Umschlag und hielt Augenkontakt mit McAllister.

Der Mann sagte nichts. Er steckte den Umschlag zurück in seine Manteltasche und holte eine Packung Zigaretten hervor. Es war eine unübliche Marke, die Raenne nicht kannte. Der Mann zündete ein Streichholz an und inhalierte dann den Rauch der Zigarette. Dann fasste er mit seiner anderen Hand mit Bestimmtheit an Reannes Kinn und hob ihr Gesicht etwas an.

"Sind Sie sicher?" sagte er leise, fast zischend. "Ganz sicher?"

Raenne sah ihn an und fühlte sich in seinem bohrenden Blick gefangen wie Wild im Scheinwerferlicht eines Autos. Eine Rauchwolke zog über seinen Kopf und in diesem Moment hatte Raenne richtige Angst. Nicht um sich, sondern für das mysteriöse Pärchen, das ihr einfach nicht aus dem Kopf gehen wollte. Sie ignorierte das Hämmern ihres Herzens und zwang sich zu einem endgültigen Kopfschütteln und entzog sich dem Griff des Mannes.

"Ich bin mir sicher."

Der Mann starrte sie noch eine Sekunde an, dann zog er ein weiteres Mal an seiner Zigarette.

"Sir?" Raenne drehte sich um und sah Lizzie sich über die Theke lehnen. Sie sah unerbittlich aus. "Dies ist ein Nichtraucher Lokal."

Der Mann blickte die weißhaarige Frau an, doch er antwortete nicht. "Danke", sagte er zu McAllister und Raenne und wandte sich zum Gehen. Als er durch die Tür ging, nahm er noch einen Zug von der Zigarette und ließ sie vor der Türschwelle fallen. Er warf Raenne einen seltsamen Blick zu und drückte die Zigarette mit der Sohle aus. Dann trat er aus der Tür, welche hinter ihm in die zufiel.

Raenne brauchte einen Moment, um sich wieder bewegen zu können. Der Schrecken steckte ihr noch in den Gliedern. Sie ging zur Tür, hob den Stummel mit einem Papiertaschentuch auf und beförderte ihn in den Papierkorb. Sie schickte ein Stoßgebet zum Himmel.

Bitte, Gott... lass nicht zu, dass ihnen etwas geschieht.

In diesem Moment betrat eine vierköpfige Familie das Lokal und Raenne steckte im Handumdrehen wieder in Arbeit. Aber sie konnte den unheimlichen Mann und den bösartigen Blick, den er ihr beim Gehen zugeworfen hatte, bis zum späten Nachmittag nicht vergessen.

'... pleased to meet you, won't you geuss my name? What's puzzling you is the nature of my game...'

- Rolling Stones
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