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Beyond the Truth

von XFilerN

Kapitel 3

~* 3 *~



Seattle-Tacoma Flughafen



Scully stand etwas nervös vor dem Haupteingang des Flughafens und dachte schon, dass John nicht kommen würde, nachdem er sich um 10 Minuten verspätet hatte. Doch kaum, als sie zum wiederholten Male auf die Uhr gesehen hatte, hielt ein Taxi unmittelbar vor ihr und John stieg aus. Schnell bezahlte er den Fahrer, der ihm dann seine Tasche aus dem Kofferraum gab und anschließend seine Fahrt fortsetzte.

„Guten Morgen“, grüßte John freundlich und trat auf Scully zu.

„John – Ich befürchtete schon, dass Sie nicht kommen würden“, meinte sie ernsthaft, doch dann musste sie lächeln. Auch Mulder war beinahe zu jedem Termin zu spät gekommen, weshalb sollte sich also nicht auch sein neues ‚Ich’ verspäten? Scully dachte einen Augenblick, dass es beinahe wie früher war. Sie hoffte inständig, dass sie in Washington erfolgreich sein würde und John sich wieder, wenn auch nur ein wenig, an seine Vergangenheit erinnern würde. „Wir sollten uns besser auf den Weg machen, wenn wir unseren Flug nicht versäumen wollen“, sagte Scully schließlich, hob ihre kleine Reisetasche vom Boden hoch und ging durch den Haupteingang.



Washington-Dulles Flughafen



Nachdem beide ihre Taschen geholt und das Flughafengelände hinter sich gelassen hatten, sah Scully sich beinahe wehmütig um. Wie viele Male zuvor war sie schon hier gewesen? Sie wusste es nicht mehr, aber sie freute sich, nach all den Jahren wieder die Hauptstadt zu sehen. Hier hatte sie einen wichtigen Teil ihres Lebens verbracht. Hier war sie glücklich gewesen, glücklich mit ihrer Familie, mit Mulder und auch mit ihrem Job.

Es hatte sich nichts geändert – nichts bis auf die Tatsache, dass sie mit einem Mann hier angekommen war, der zu dieser glücklichen Zeit dazu gehörte und dem sie helfen musste wieder der Alte zu werden.

„Waren Sie schon mal in Washington DC, John?“, fragte Dana neugierig und sah sich dabei immer noch um.

„Nein, bisher hatte ich nie die Gelegenheit.“

„Ist es nicht wunderschön hier?“, fragte Dana erneut und hoffte, dass er sich an etwas erinnern würde, dass ihm irgendetwas bekannt vorkam.

„Bisher habe ich ja noch nicht sehr viel von der hiesigen Hauptstadt gesehen, aber sie ist zweifellos sehr groß und wirkt sehr imposant“, antwortete John und sah hinunter zu Scully.

Sie nickte nur, „Ja, das ist sie“. Dann sah sie sich erneut um und steuerte eine Autovermietung an.

„Wir brauchen einen Wagen, wenn wir nicht bis zur Zentrale laufen wollen“, meinte sie schließlich und blieb nahe der Vermietung stehen.

John stellte seine Tasche ab, „Ich besorge uns einen Wagen“.

„Okay, dann warte ich hier“, erwiderte Scully, als John bereits in die Vermietung eintrat.



Kurze Zeit später kam er wieder heraus und hielt einen Schlüssel in der Hand, an dem ein Anhänger mit einer Zahlenreihe darauf baumelte. Suchend sah er sich um und winkte dann Scully zu sich, als er das Auto gefunden hatte.

„Ein Taurus...“, raunte Dana lächelnd.

„Soll ich einen anderen Wagen holen?“ fragte John in der Annahme, dass er keine gute Wahl getroffen hatte.

„Nein, es ist okay. Wir haben uns sehr oft einen Taurus gemietet“, erklärte Dana und John nickte nur.

Nachdem sie beide ihre Taschen im Kofferraum verstaut hatten, fragte John, „Wollen Sie fahren, Dana?“

„Wäre wohl besser, denn ich kenne mich hier auch nach fünf Jahren noch aus“, schmunzelte sie und stieg auf der Fahrerseite ein.



Die Rushhour hatte sie zwar aufgehalten, aber schließlich erreichten die Beiden doch noch die FBI-Zentrale. Nachdem Dana einen Parkplatz gefunden hatte, machten sie sich auf den Weg zu Assistant Direktor Skinner.

„Und hier soll ich gearbeitet haben?“, fragte John ein wenig ungläubig und sah sich in der riesigen Eingangshalle um. Dana nickte nur und lächelte ihm ein wenig zu. In diesem Augenblick kamen sie schon bei den Metalldetektoren an. Aus einem Reflex heraus entnahm Dana alle Gegenstände aus ihren Taschen und legte sie auf den kleinen Tisch. Der Detektor blieb still als sie durchging und John machte es ihr nach. Plötzlich begann eine Sirene loszuheulen und John sah sich erschrocken um.

„Haben Sie etwas metallisches an, dass Sie vergessen haben abzulegen?“, wollte Scully von ihm wissen.

„Nicht das ich wüsste“, entgegnete er. Doch dann tastete er nach seinem Hals und es fiel ihm wieder ein. „Doch, Moment...“ John zog das dünne, goldene Kettchen unter seinem Pullover hervor und zeigte es dem Beamten. Dieser nickte nur und ließ John durch die Kontrolle.

„Dana Scully“, begrüßte sie der dunkelhäutige Mann und lächelte, erfreut darüber sie wieder zu sehen, doch Dana bekam dies kaum mit. Wie in Trance war ihr Blick stur auf die Kette an Johns Hals gerichtet. Das war ihre Kette, die sie vor langer Zeit von ihrer Mutter bekommen hatte und schließlich Mulder geschenkt hatte.

„Schön Sie beide wieder zu sehen. Kommen Sie etwa zurück?“, wollte der Sicherheitswächter wissen.

Dana schüttelte den Kopf, „Nein, nicht wirklich. Wir sind hier um alte Erinnerungen wachzurufen und um Skinner zu besuchen“.

Der Wachmann nickte etwas bedauernd und gab den Beiden dann Besucherausweise, die sie sich ansteckten und überreichte ihnen wieder ihre Schlüssel und die diversen Dinge, die sie abgegeben hatten.



Kurz darauf befanden sie sich im Fahrstuhl und fuhren nach oben, in die Direktionsetage.

„Und, kommt schon etwas zurück?“ Dana sah John hoffnungsvoll an.

„Nein. Ich gebe die Hoffnung aber nicht auf. Irgendwann fällt mir vielleicht alles wieder ein“, antwortete John gelassen. „Wie lange, sagten Sie, habe ich hier gearbeitet?“

„Das waren etwas mehr als 10 Jahre, John. Sie haben nicht nur hier gearbeitet, sondern auch beinahe hier gewohnt.“

John legte die Stirn in Falten. So sehr er sich auch anstrengte, die Erinnerung wollte nicht wiederkehren.

Schließlich stiegen sie aus dem Fahrstuhl aus und Dana führte John geradewegs zu Skinner.

Kim, Skinners Sekretärin, schien auch informiert zu sein, dass die Beiden kommen wollten und stand gleich von ihrem Stuhl auf, als sie das Vorzimmer erreicht hatten.

„Wie schön Sie wieder zu sehen“, sagte sie erfreut und schüttelte beiden die Hand. „Direktor Skinner erwartet Sie bereits.“

„Danke, Kim“, entgegnete Dana und klopfte an die Holztür. John folgte ihr schweigend. Er wusste einfach nicht, was er hätte sagen sollen.

„Herein“, erklang es gedämpft durch die Tür. Die ehemaligen Agenten folgten der Aufforderung und betraten das Büro. John schloss die Holztür und trat unsicher hinter Dana, die mit einem Lächeln auf den Direktor zuging.

„Walter, wie geht es Ihnen?“

„Gut, danke.“ Skinner sah zu Mulder, der jedoch nur die Brauen hob und schweigsam hinter Dana stand. „Wie geht es Ihnen?“, wollte er von John wissen.

„Gut. Ich bin etwas nervös, wenn ich ehrlich sein darf. Ich weiß, dass Sie beide große Hoffnung in dieses Treffen gesteckt haben, aber ich bin mir nicht sicher, ob es von Erfolg gekrönt sein wird“, erwiderte John. Skinner und Scully wechselten einen kurzen Blick, dann bat der Direktor beiden an Platz zu nehmen. Während es für Dana eine schöne Erinnerung war, auf demselben Stuhl zu sitzen, wie früher, wenn sie ihre Berichte abgegeben hatten, war es für John nichts Besonderes. Er fühlte sich ein wenig unbehaglich, in einem Büro des FBI zu sitzen. Noch dazu in der Chefetage. Jedoch versuchte er seiner Unsicherheit zu überspielen, indem er direkt auf das zu sprechen kam, was ihn letztlich hergeführt hatte. Seine Vergangenheit.

Assistant Direktor Skinner bestätigte Scullys Geschichte. Er erzählte John auch nochmals von der Suche, die er und Scully so lange aufrechterhalten hatten, wie es ihnen damals möglich gewesen war. Dinge, wie die Schwangerschaft und die Tatsache, dass John der Vater des Kindes war, ließ er jedoch unausgesprochen. Es war Danas Sache ihm davon zu erzählen, wenn sie das Gefühl haben würde, dass der richtige Augenblick gekommen war. Er wünschte es Scully, dass sie die Gelegenheit dazu bekommen würde, für sie und für das kleine Mädchen, dass Skinner nur von Fotos kannte. Sie würden es nicht leicht haben, ihm die Vergangenheit nahe zu bringen, dass wusste Skinner, aber sie würden es versuchen.



Etwas später standen die Drei vor dem kleinen Kellerbüro, auf dessen Tür ein kleines Namensschild angebracht war. Special Agent John Doggett, stand darauf geschrieben und Dana erinnerte sich an die Zeit, als Doggett ihr damals zugeteilt wurde. Zu Anfang hatte sie sich gegen ihn, als neuen Partner gewehrt, doch mit der Zeit begann sie ihn und seine Arbeit zu schätzen und anzuerkennen. Ihre Partnerschaft war jedoch nicht von langer Dauer, denn nachdem Scully in den Mutterschutz kam und danach ihr Kündigungsschreiben eingereicht hatte, trennten sich ihre Wege wieder. Eine Weile hatten die Beiden den Kontakt noch aufrechterhalten, welcher jedoch abriss, als auch Scully wieder zu arbeiten begonnen hatte.

Zaghaft klopfte sie an die Tür und öffnete diese einen Spalt. Gemeinsam mit Mulder und Skinner trat sie ein.

„Das glaube ich einfach nicht“, entkam es Doggett freudig während er sich aus seinem Stuhl erhob und zu den Dreien hinüber ging. „Agent Dana Scully, meine Güte ist das lange her. Wie geht es Ihnen?“ Scully reichte ihm die Hand, die er sanft aber bestimmt drückte.

„Es geht mir gut, danke der Nachfrage. Und wie man unschwer erkennt haben auch Sie sich an das Büro im Keller gewöhnt und es sich gänzlich zu Eigen gemacht“, erwiderte Dana im Scherz und zog die Brauen einwenig in die Höhe.

John Doggett nickte. Dann fiel sein Blick auf die Person, die nach Direktor Skinner ins Büro trat. Es überraschte ihn wenig, dass es Fox Mulder war. Dass Scully nicht ohne Grund plötzlich wieder auftauchen und ihm einen Besuch abstatten würde, war ihm klar gewesen, als sie seine Räumlichkeiten betreten hatte. Irgendwie hatte er nie so recht daran glauben wollen, dass Scully die Suche so leicht aufgegeben hatte. Es hatte ihr einfach zu viel bedeutet, dass war Doggett schon nach kurzer Zeit bewusst geworden. Und dieses Gefühl bestätigte sie ihm ganz besonders, zu Beginn ihrer Partnerschaft, da sie ihm gegenüber lange gebraucht hatte, sich zu öffnen und ihm zu vertrauen. Im Nachhinein musste er sich auch eingestehen, dass er sicher ebenso feindselig gewesen wäre, hätte man ihm einfach einen neuen Partner zugeteilt, nachdem der eigentliche noch nicht einmal, als gänzlich unauffindbar galt.

„Agent Mulder“, begrüßte Doggett ihn schließlich und nickte Skinner nur kurz anerkennend zu, um ihm zu zeigen dass er ihn nicht übersehen hatte. Dann wandte er sich aber wieder an Scully, nachdem er sich von Mulder nur einen unsicheren Blick eingefangen hatte. „Wie und wann?“

Scully wusste natürlich, was mit dieser knappen Frage gemeint war. „In einem Buchladen in Seattle, vor wenigen Tagen. Es war purer Zufall“, gestand sie und schenkte Doggett ein kleines Lächeln.

„Sind Sie hier um Ihren alten Job, Ihr Büro und die X-Akten zurückzufordern?“, wollte Doggett von Mulder wissen.

„Nein“, antwortete dieser kopfschüttelnd. „Ich versichere Ihnen, dass es nicht meine Idee war hierher zu kommen und dass ich Ihnen nichts wegnehmen werde.“

„Mulder hat sein Gedächtnis verloren, Doggett, und es bis Dato nicht wieder gefunden. Ich habe ihn in der Hoffnung, dass er es durch die vertraute Umgebung wieder findet hergeführt und mich an Skinner gewandt“, fiel Scully wieder in die Unterhaltung ein.

Agent Doggett nickte. „Wenn ich Ihnen irgendwie behilflich sein kann, dann lassen Sie es mich wissen, Scully.“

„Sie können uns helfen. Vielleicht kommen Fragmente seiner Erinnerung zurück, wenn er sich ein paar der alten Fälle durchliest“, sagte Dana und deutete mit einem Kopfnicken in Richtung des Aktenschranks.

Abermals nickte Doggett, „Einverstanden“.

„Dana, ich werde wieder in mein Büro gehen und mir weitere Gedanken machen und mir dort überlegen, was noch hilfreich sein könnte“, meinte Skinner schließlich, als er bemerkte, dass er hier nicht benötigt wurde. Scully stimmte ihm zu und auch Mulder nickte nachdenklich. Nachdem Direktor Skinner das Büro dann verlassen hatte, entnahm Scully einem der Schränke einen Stapel Akten, um sie gemeinsam mit den Beiden durchzugehen. Sie mussten einfach erfolgreich sein – sie mussten es.



Die Stunden verstrichen, die Akten stapelten sich wirr auf dem Schreibtisch und auf dem Boden. Die Drei saßen müde um den Tisch herum und schauten sich ratlos an. Nichts hatte sich ergeben, nicht einmal ein bisschen war die Erinnerung zurückgekehrt und allmählich verlor Scully die Hoffnung. Sie rieb sich die Augen und legte das Dosier, welches sie mit Mulder durchgegangen war, zurück in die Mappe und warf diese, auf den Stapel rechts neben sich, zu den Übrigen.

„Es tut mir leid, Dana. Ich weiß, dass Sie sich viel davon versprochen haben“, raunte John und sah sie traurig an. Nicht nur, dass sie enttäuscht war, dass er sich an nichts erinnerte, egal wie viel Mühe sie sich gaben, auch er war enttäuscht. Sein damaliger Job war ihm egal, er wollte doch nur wissen, wer er gewesen war, welche Ziele er verfolgt und wem er vertraut hatte. Hatte er viele Freunde? Wenn ja wer waren sie? Welche Beziehung hatte er zu dieser Frau, die sich alle Mühe gab, ihm sein Leben zurückzugeben? Die Antworten zu all seinen Fragen lagen tief in ihm verborgen, so tief, dass er nicht sagen konnte, ob sie je wieder an die Oberfläche gelangen würden.

„Hey“, sagte Scully sanft, „Sie müssen sich nicht entschuldigen, John. Ich tue das alles schließlich für Sie.“

„Nicht nur für mich, Dana. Das sehe ich in Ihren Augen. Sie sind voller Trauer, Angst und Hoffnungslosigkeit. Ihnen liegt ebenso viel daran, wie mir selbst, wenn nicht gar mehr.“ Mulder sah sie ernst, aber mit sanftem Blick an. „Warum machen Sie sich diese Mühe?“

Scully blinzelte, nachdenklich und überrascht, dass er offenbar nach wie vor, wie kein anderer ihre Gedanken zu kennen schien. Was war mit der professionellen Agentin geworden, die sie einst war? War sie nicht mehr imstande ihre Gefühle zu verbergen? Oder lag es an ihm? Sprach eben vielleicht der alte Mulder aus ihm, den sie so verzweifelt versucht hatte, wieder zu finden?

Agent Doggett warf einen Blick auf seine Armbanduhr und meinte dann gespielt erstaunt: „Wow, wo ist nur die Zeit hin? Ich denke, ich mache für heute Feierabend.“ Er stand auf, nahm sein Jackett von der Lehne seines Stuhls und wandte sich dann an Scully. „Sie wissen ja, wo Sie mich finden, falls Sie noch etwas benötigen. Vergessen Sie nicht die Tür hinter sich zu schließen.“

„Danke für alles Agent“, sagte Mulder, erhob sich ebenfalls und reichte ihm die Hand.

„Nichts zu danken.“ Doggett schüttelte ihm und auch Scully die Hand, dann ließ er die Beiden allein.

„Also, warum tun Sie das für mich?“, nahm John das Gespräch mit Scully wieder auf.

Sie schmunzelte, zog dann die Unterlippen in den Mund, um darauf zu knabbern. Wie sollte sie ihm das alles nahe bringen, was zwischen ihnen gewesen war, ohne mit der Tür ins Haus zu fallen? Sie wurde mit jeder Sekunde, die verstrich nervöser, während Mulder sie wartend ansah.

„Sie haben Recht, John. Meine Bemühungen sind nicht ganz uneigennützig...“, begann sie letztlich. „In diesen sieben Jahren unserer Partnerschaft ist vieles passiert, was uns eng verbunden hat. Sie waren mehr mein bester Freund, als mein Partner und...“ Sie unterbrach sich selbst, noch immer unsicher, ob er bereit war, die ganze Wahrheit zu erfahren.

Ihr Zögern machte John stutzig und er runzelte die Stirn. „Hatten wir etwa – eine Affäre?“, fragte er heiser und musterte angestrengt ihre Mimik. Wo er ein Lachen erwartet hatte, kam keines. Sie schien nicht einmal überrascht zu sein. Stattdessen blieb sie einfach schweigsam und entgegnete seinem Blick.

„Als eine Affäre würde ich es nicht bezeichnen... John, in den Jahren unserer Zusammenarbeit haben sich Gefühle entwickelt, bei Ihnen und auch bei mir, die über das Platonische hinausgingen.“ Scully atmete tief durch, hielt seinen Blick jedoch fest. „Einmal sagten Sie mir auch, dass Sie mich lieben würden. Allerdings habe ich Sie damals nicht sehr ernst genommen. Sie lagen in einem Krankenhaus unter medikamentöser Behandlung, daher...“

„Sie dachten es läge daran?“

„Ja. Im Laufe der Zeit jedoch wurde unsere Freundschaft immer inniger und eines Nachts fragte ich mich, ob Sie nicht doch die Wahrheit gesagt haben könnten. Ich begann unsere Beziehung zu analysieren und auch meine Gefühle für Sie und musste mir letztlich eingestehen, dass...“ Sie hielt inne, denn plötzlich berührte John sie. Es war nichts besonderes, denn er legte lediglich seine Hand auf ihre Schulter, aber auf der anderen Seite war es ein sehr intensives Gefühl. Eine herzliche Geste, um ihr zu zeigen, dass er sie verstand, dass er begriff, warum sie sich all diese Mühe gab. Sie versuchte nicht nur ihren ehemaligen Partner in ihm wachzurufen, sondern vielmehr auch den Mann, dem ihre Liebe galt. Er sah es an ihren feucht gewordenen Augen, an dem Funkeln darin, dass sich diese Gefühle für ihn nicht geändert hatten.

Als ob sie aus einem Trancezustand wachgerüttelt wurde, schüttelte sie beinahe unmerklich den Kopf. „Es tut mir leid“, sagte sie nahezu tonlos. „Ich wollte nicht, dass...“

„Schhh, schon gut. Es ist gut, dass ich es weiß. Dadurch verstehe ich nun noch mehr, was Ihnen daran liegt mir zu helfen.“ Er zog seine Hand wieder zurück und blickte auf die vielen Akten. „Vielleicht sollten wir ebenfalls für heute Schluss machen und dieses Chaos noch schnell aufräumen.“

„Okay“, meinte Scully leise und begann die Akten zusammen zu sammeln.

Zu zweit dauerte es nicht lange, bis das Büro wieder ordentlich war, sodass Doggett am nächsten Morgen keinen Schock erleiden würde. Dann verließen sie das FBI-Gebäude und checkten in einem Hotel, nur wenige Blocks entfernt, ein. Für den Moment, so dachte Scully, wäre es besser, nicht näher auf das letzte Gespräch einzugehen. Dafür würden sie bestimmt zu einem geeigneteren Augenblick die Zeit finden.





Im Hotel



Unruhig drehte sich John in dieser Nacht von einer Seite zur Anderen, doch obwohl das Bett bequem war, gelang es ihm nicht einzuschlafen. Die Ereignisse des Tages ließen ihn nicht los. Er fragte sich, ob er wirklich einmal ein FBI-Agent gewesen war? Direktor Skinner, Scully und auch Agent Doggett hatten ihm soviel gezeigt, so viele Informationen, die er einfach glauben musste.

Und auch wenn er es in diesem kleinen Büro, im Keller des Hauptquartiers nicht gezeigt hatte, so nahm ihn die Tatsache, dass er eine Schwester gehabt hatte, diese aber mit knapp vierzehn Jahren verstorben war, stark mit. Auch sein Vater und seine Mutter lebten nicht mehr, also hatte er keine Familie mehr.

In den vergangenen Jahren hatte ihm die Hoffnung, eines Tages seine Familie zu finden immer Auftrieb gegeben, um weiterzumachen, nicht aufzugeben. Doch allmählich fragte er sich, ob es so gut gewesen war, Scully hierher zu folgen. Die Kette seines Ankers war gerissen und nun drohte er in den Tiefen seiner Vergangenheit zu versinken.

Dann war da aber noch Scully. Eine attraktive Frau wie sie, die einst seine Partnerin und später auch seine Freundin geworden war. Freundin? Laut ihr, war sie im letzten Jahr ihrer Zusammenarbeit sogar noch mehr gewesen. Wie viel mehr? Hatte er ihre Gefühle tatsächlich erwidert? John wusste es nicht. Er konnte es sich zwar vorstellen, aber sicher sein, konnte er nicht.



Scully erging es nicht viel anders. Sie starrte an die dunkle Zimmerdecke ihres Hotelzimmers, die Beine und Arme weit von sich gestreckt und versuchte Schlaf zu finden.

Nur zwei Türen weiter hatte Mulder sein Zimmer. Was er jetzt, nach dem was sie ihm gesagt hatte, von ihr dachte? Hielt er sie für verrückt? Schließlich hatte sie ihm die Akten über ihre größten Fälle gezeigt. Glaubte ihr dieser neue Mulder, dass sie einer Verschwörung auf der Spur gewesen waren, dass sie Aliens gesehen hatten? Aliens, Bountyhunter, die ihn ihr genommen hatten. Nicht nur, dass sie Mulder entführt hatten, nein, sie hatten ihm jegliche Erinnerung genommen und ihn zu einem John Doe gemacht. Zu einem Mann, dem sie unmöglich sagen konnte, dass Kathryn seine Tochter war. Oder konnte sie es doch? Eines Tages vielleicht, aber vielleicht auch nicht. John hatte sein eigenes Leben und ob sie und ihre Tochter da hinein passen würden, konnte Scully nicht sagen. Selbst wenn sie es ihm eines Tages sagen würde, blieb immer noch die Frage offen, ob er Kathryn ein Vater sein wollte. Mehr noch, es bestand die Möglichkeit, dass John die Liebe nicht wieder finden würde, die Mulder ihr entgegen gebracht hatte.

Lange lag Scully noch wach und hing ihren Gedanken nach, bis sie dann plötzlich ganz unbewusst in einen tiefen Schlaf fiel.
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