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Der Schamane

von Stephanie Tallen

Kapitel 2

"Ein Indianerfluch?" Scully war fassungslos. Das konnte doch nicht wirklich der Fall sein, an dem sie nun die nächste Zeit würde arbeiten müssen.

"Nun, das ist meine Theorie, Scully", meinte Mulder, "Die Fakten lassen in meinen Augen keinen anderen Schluß zu und die Vorgeschichte war auch mehr als hilfreich um mir zu dieser Theorie die nötigen Beweise zu liefern..."

"Vorgeschichte?", fragte Scully dazwischen.

"Ja, in meinen alten Unterlagen habe ich Material gefunden, daß fast 200 Jahre zurück reicht. Darin ist unter anderem festgehalten, daß schon zu Gründungszeiten der Stadt ein alter Indianer die ersten Siedler davor gewarnt haben soll an diesem Ort die Stadt zu errichten. Seitdem kursiert die Legende von den Geistern der Urahnen, welche sich irgendwann aus Zorn erheben und Rache üben werden an denen, die es wagten ihr geheiligtes Land zu entweihen."

"Das hört sich in meinen Ohren ziemlich theatralisch an, Mulder", konterte Scully, "Es wird sich schon noch eine angemessene Erklärung für die Vorfälle finden und ich werde dazu beitragen, alles logisch aufzudecken."

Mulder zuckte nur kurz mit den Schultern. Für ihn war die Sache bereits geklärt und er brannte darauf die Auslebung eines Jahrhunderte alten Fluches mit eigenen Augen zu sehen. Während Mulder sich seinen Phantasien ergab, schlug Scully erneut die Unterlagen auf, um sich schnell einen groben Überblick zu verschaffen. In den letzten Wochen hatte es in "New Home" mehrere Todesfälle gegeben. Alle waren bisher ungeklärt geblieben. Weder war die genaue Todesursache, noch der Tathergang bekannt. Es gab nicht einmal Verdächtige. Die Vorfälle schienen ein einziges Rätsel zu sein, doch Scully nahm sich vor, Licht in die Angelegenheit zu bringen. Es konnte nicht schwer sein, zumindest die Todesursachen festzustellen. Alles Weitere würde sich schon im Laufe der Ermittlungen ergeben...hoffte sie. Sie lehnte sich zurück und genoß den Rest des Fluges.

***

Die Stadt war in heller Aufruhr und Sheriff Houston hatte alle Hände damit zu tun, die Leute vor einer beginnenden Massenhysterie zu bewahren. "Leute, beruhigt euch!", rief er und hob beschwichtigend die Hände. Er stand vor seinem Sheriffdepartment und versuchte vergeblich, den Menschenauflauf zu zerstreuen, der sich vor seiner Amtsstube angesammelt hatte. Die Leute wollten Erklärungen, sie hatten Angst und waren gereizt.

"Wann unternehmen Sie endlich etwas gegen diese Morde?", kam es aus der Maße heraus.

"Ich arbeite bereits rund um die Uhr, Leute..."

"Das reicht aber nicht!", warf jemand dazwischen und sogleich stimmten die anderen in ein zustimmendes Geheul ein.

"Leute, Ruhe!", rief Houston nun und erhob seine Stimme, um die Leute zu übertönen, "Ich habe bereits Hilfe von außerhalb angefordert..."

"Und die ist soeben angekommen", warf ein Mann dazwischen.

Die Leute verstummten und blickten sich neugierig um. Auch Sheriff Houston blickte suchend über die Menge, da entdeckte er sie. Etwas abseits standen ein dunkelhaariger Mann und eine rothaarige Frau. Weder den einen noch die andere hatte Sheriff Houston je zuvor gesehen. Das mußten sie sein. Er winkte ihnen zu; sie sollten nähertreten.

"Leute, macht mal Platz!", rief er der Menge zu, die sich daraufhin gehorsam teilte und Scully und Mulder einen Weg zum Sheriff gewährte. Auf halbem Weg zückten sie ihre Ausweise.

"FBI-Agent Mulder und Scully", stellte Scully sich und ihren Partner routiniert vor.

"Was ist denn hier los?", fragte Mulder hingegen und ließ seinen Blick über den Menschenauflauf schweifen.

"Es hat einen weiteren Todesfall gegeben", erklärte Sheriff Houston, "Aber, kommen Sie doch bitter herein. Ich erkläre ihnen dann alles Weitere."

Im Inneren des Departments war die Luft klimatisiert und bot einen spürbaren Kontrast zu der staubig trockenen Luft draußen. Scully und Mulder setzten sich auf die Stühle, die Sheriff Houston ihnen anbot, nachdem sie sich begrüßt hatten.

"Also", begann Scully, "was haben Sie für uns?"

"Nun", begann Houston und räusperte sich. Es fiel ihm sichtlich schwer mit Außenstehenden über das Anliegen zu sprechen, für dessen Klärung er zuständig war. Doch es war sein Entschluß gewesen und er fuhr fort: "Seit einigen Wochen - um genau zu sein, seit dem 200-jährigen Jubiläum unserer Stadt - häufen sich hier merkwürdige Todesfälle und Ereignisse, die sich bisher nicht hinreichend aufklären ließen. Wir haben hier niemals Schwierigkeiten mit ähnlichen Vorfällen gehabt, selbst unsere Verbrechensrate ist verschwindend gering und eine Mordrate existierte bis vor wenigen Wochen so gut wie nicht. Ich kann mir das Ganze einfach nicht erklären..."

"Und da haben sie mich angerufen", folgerte Mulder.

Der Sheriff nickte stumm. "Der Freund eines Bekannten ist Sheriff in Cawker City und er gab mir Ihre Nummer. Er erzählte mir von dem Fall, den Sie vor knapp einem Jahr in seiner Stadt gelöst haben und da dachte ich mir, daß Sie mir nun vielleicht ebenfalls helfen könnten."

"Wir werden unser Bestes tun", versicherte Mulder, "Sie erwähnten neben den Todesfällen noch andere unerklärliche Ereignisse...?"

"Nun, ich weiß nicht, ob sie so unerklärlich sind, jedenfalls sind sie sehr ungewöhnlich. Zum einen gibt es hier von Zeit zu Zeit dichte Nebelbänke, in denen man die Hand vor Augen nicht sehen kann. Niemand wagt es dann, einen Schritt aus dem Haus zu tun...", Sheriff Houston zögerte kurz, ehe er fortfuhr, "Nun, man sagt sich hier mit dem Nebel käme der Tod." Scully wollte gerade Einspruch erheben, doch Houston ließ sich nicht unterbrechen. "Ich weiß, daß ist nur dummer Aberglaube, aber...vergleicht man die Todesfälle mit dem Auftreten einer solchen Nebelbank, dann haben die Leute recht; jedesmal, nachdem sich der Nebel wieder verzogen hatte, wurde eine weitere Leiche gefunden." Er zuckte ratlos die Achseln. "Aber, um noch auf weitere Ereignisse zu kommen, mir liegen mehrere Aussagen vor, in denen die Leute leise Trommelgeräusche gehört haben wollen, sowie unmenschliche Schreie und leises Flüstern und Wispern. Mir ist klar, daß sich dies alles für sie nach einer Massenhysterie anhören muß, aber ich bürge für meine Leute und vertraue ihnen."

"Das ist uns klar, Sheriff Houston", warf Scully ein, "Doch meinen Sie nicht, daß die Leute aufgrund der ungeklärten Todesfälle leicht zu Übertreibungen - ob nun bewußt oder unbewußt - neigen?"

Sheriff Houston seufze nur. "Ich weiß es wirklich nicht, Agent Scully."

"Könnten wir uns die Leichen ansehen?", fragte Mulder schnell, um auf ein anderes Thema zu kommen.

"Natürlich, kommen Sie mit.", meinte Houston und führte die beiden Agenten aus seinem Amtszimmer durch ein kleines Hinterzimmer hinein in eine relativ große Halle. Neun der in die Wände eingelassenen Kühlboxen waren geschlossen und Houston öffnete nun jede einzelne von ihnen.

"Für Ihre geringe Verbrechensrate sind Sie wirklich gut ausgestattet", bemerkte Mulder und sah sich um.

"Wir teilen uns diese Halle mit drei weiteren Städten in der Umgebung. Aber sie ist dennoch selten in Gebrauch. Doch nun..." Houston wies auf die Leichen. "Das sind die bisherigen Opfer, drei Frauen, sechs Männer. Das letzte Opfer war Sally Edwards", sagte Houston und zog die auf Rollen gelegene Bahre hervor. "Sie wurde auf offener Straße in diesem Zustand gefunden." Scully schlug das Leichentuch beiseite und blickte in das schreckensverzerrte Gesicht einer jungen Frau. Mund und Augen waren weit aufgerissen, es schien fast so, als steckte in der Kehle noch immer ein lautloser Schrei.

Scully schauderte. "Wurden die anderen Opfer obduziert?", fragte sie.

"Ja, aber es wurde nichts gefunden, was auf eine mögliche Todesursache hätte schließen können", antwortete Houston.

"Ich möchte an dieser Leiche selbst eine Autopsie vornehmen." Scully deutete auf das jüngste Opfer. "Ich brauche zudem die Berichte der anderen Autopsien und die Erlaubnis, selbst noch Untersuchungen an den anderen Opfern durchzuführen."

"Die Erlaubnis haben Sie", meinte Houston, "und die Berichte erhalten Sie so schnell wie möglich."

"Danke."

"Wollen sie gleich anfangen, Scully?", fragte Mulder. Scully nickte und tauschte bereits ihren Mantel gegen einen weißen Arztkittel. "Gut, ich sehe dann später wieder bei Ihnen vorbei und befrage währenddessen die Leute hier", meinte Mulder und wandte sich zum Gehen. Sheriff Houston folgte ihm.

***

"Was halten sie von der Theorie, daß es sich bei all diesen Vorfällen um die Erfüllung eine alten Indianerfluches handelt?", fragte Mulder, als er Scully außer Hörweite wußte.

Verdutzt blickte Houston Mulder an. "Wie kommen Sie auf so etwas?"

"Nun", entgegnete Mulder, "ich kenne die Vorgeschichte ihrer kleinen Stadt. Ich habe Dokumente, die bis zu 200 Jahre weit zurück reichen."

"Sie kennen also die Legende um die Gründung dieser Stadt., stellt Houston fest, "Nun, ich weiß nicht, wie hoch der Wahrheitsgehalt dieser Erzählung ist, Agent Mulder, aber meinen Sie nicht, daß es sich nicht doch um etwas anderes handelt?"

"Das versuchen wir herauszufinden, aber die Indizien würden meine Theorie bisher bekräftigen... aber nun zurück zur Beweissuche. Haben die Opfer irgendwelche Gemeinsamkeiten?"

Houston schüttelte den Kopf. "Keine Offensichtlichen zumindest", fügte er dann hinzu.

"Gab es denn irgendwelche Zeugen oder Anhaltspunkte von Seiten der Angehörigen? Ich brauche etwas um die Spur aufzunehmen."

"Zeugen sind mir bis jetzt noch immer keine bekannt und ich glaube, es gibt wirklich keine. Von den Angehörigen und Bekannten konnte ich auch nichts in Erfahrung bringen, daß uns in diesem Fall weiterhelfen könnte."

"Nun, vielleicht haben Sie nicht die richtigen Fragen gestellt, Sheriff", gab Mulder zu bedenken und grinste.

"Sie können es gerne noch einmal versuchen, Agent Mulder", gab Houston zurück. "Hierin finden Sie unter anderem auch die Adressen der Opfer", fügte er hinzu und übergab Mulder ein dünnes Aktenbündel, welches bei diesem Fall bisher zusammengekommen war. Mulder machte sich sodann auf den Weg.

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