World of X

Das älteste Archiv für deutsche Akte-X Fanfiction

Gefährliche Träume

von Petra Weinberger

Kapitel 2

***

Mulders Apartment; 22 Uhr; 9. Juli

Scully fischte den Ersatzschlüssel zu Mulders Wohnung aus der Tasche und schloß die Tür auf. Nachdem sie mehrfach geklopft und gerufen hatte, wollte sie nun sehen, ob ihr Partner zuhause war und wie es in der Wohnung aussah. Es war immerhin möglich, daß man auch hier alles aus den Schränken geräumt und durchsucht hatte. Egal, wer nun dafür verantwortlich war.

In der Wohnung war es dunkel. Nur im Wohnzimmer brannte eine kleine Lampe. Mulders Jacke hing am Haken, der Rest seiner Kleidung war über den Fußboden verteilt und bildete eine Spur zum Badezimmer. Von dort hörte sie das Rauschen von Wasser. Ihr Partner war also zuhause.

"Mulder?", rief sie noch einmal. Sie wollte ihn schließlich nicht in einer peinlichen Situation überraschen.

Sie erhielt jedoch keine Antwort. Langsam steuerte sie das Badezimmer an und rief ihn erneut. Doch auch jetzt wartete sie vergeblich auf eine Reaktion ihres Partners. Die Tür zum Badezimmer war nur angelehnt. Scully blieb davor stehen und klopfte an. Noch immer tat sich nichts.

"Mulder, ist alles in Ordnung?", rief sie.

Nichts. Hörte er sie nicht durch das Wasser?

Sie drückte die Tür ein Stück auf und rief ihn noch einmal. Doch noch immer tat sich nichts. Scully drückte die Tür ganz auf und warf einen vorsichtigen Blick ins Zimmer. Im nächsten Augenblick war sie im Raum und öffnete die Tür der Duschkabine. Schnell drehte sie das Wasser ab, dann erst beugte sie sich zu ihrem Partner hinunter.

Mulder lag auf dem Boden der Kabine und rührte sich nicht.

Scully tastete nach seinem Puls. Er war langsam und seine Haut war kalt.

Die Agentin hatte keine Ahnung, wie lange er schon so in der Dusche lag und das nur mäßig warme Wasser über ihn lief. Doch ihr Partner war eindeutig unterkühlt. Seine Lippen und Fingernägel schimmerten leicht violett.

Scully sammelte schnell ein paar Handtücher zusammen und rieb ihn trocken. Dann wickelte sie ihn in eine dicke Decke und zog ihn aus der Kabine heraus.

Mulder war nicht gerade leicht und Scully brauchte etwas, bis ihr Partner endlich auf dem Fußboden ausgestreckt lag.

Nun untersuchte sie ihn genauer. 

Er hatte keinerlei Anzeichen von irgendeiner Verletzung. Es sah fast so aus, als sei er einfach in der Dusche zusammen gebrochen. Anhand seiner Haut konnte sie sehen, das er ziemlich lange im Wasser gelegen haben mußte, da seine Haut am ganzen Körper die deutlichen Spuren zeigte. Nicht nur seine Hand- und Fußflächen waren runzlig.

Scully überprüfte erneut seine Vitalfunktionen. Gegenwärtig bestand keine Gefahr für ihn.

Schnell durchsuchte sie den Inhalt seines Arzneischrankes. Doch etwas brauchbares konnte sie darin nicht finden.

Sie seufzte und überlegte. Schließlich beschloß sie, ihren Partner kurzzeitig alleine zu lassen. Sie wollte ihre Tasche aus ihrem Wagen holen. Als ausgebildete Ärztin, war es selbstverständlich, daß sie immer einen kleinen Notfallkoffer in ihrem Wagen hatte. Darin befanden sich die wichtigsten Medikamente für eine Erstversorgung.

Mit ihrer Tasche bewaffnet, betrat sie abermals sein Badezimmer. Nach einer kurzen Überprüfung stellte sie fest, daß sich sein Zustand noch immer nicht gebessert hatte. Sie nahm Mulder etwas Blut ab, dann zog sie schnell und sicher eine Spritze auf und injizierte ihm das Mittel in die Vene. 

Es dauerte nicht mehr lange, bis sich sein Zustand besserte und er schließlich die Augen öffnete. Verstört sah er sich um, "Scully, was ... - wie ... ."

"Was ist passiert, Mulder? Können Sie sich noch daran erinnern?", fragte sie und sah ihn forschend an.

Mulder versuchte sich langsam in die Höhe zu drücken und schüttelte den Kopf.

Scully half ihm auf und brachte ihn in sein Wohnzimmer. Dort drückte sie ihn auf sein Sofa.

"Sie können sich nicht mehr daran erinnern, was geschehen ist?", forschte Scully erneut.

Mulder ließ den Kopf sinken und wickelte sich fester in die Decke. Er zitterte, ihm war kalt, "wir hatten Streit und Sie wollten sich versetzen lassen", sagte er leise und mühsam.

Scully verzog das Gesicht zu einem schiefen Grinsen, "und danach?", 

"Ich bin ziellos durch die Gegend gelaufen und habe versucht nachzudenken."

"Gelaufen? - Mulder, Sie sind gerannt und haben dabei stellenweise den Verkehr lahmgelegt."

Mulder hob entschuldigend die Schultern, "ich war in Gedanken. Aber, weshalb sind Sie hier? Was tun Sie hier?", 

"Skinner hat mich geschickt, um nach Ihnen zu sehen. Wir haben uns Sorgen gemacht und dachten schon, es sei etwas geschehen."

Mulder sah auf und ihr in die Augen. Doch nur für einen winzigen Augenblick, dann senkte er den Kopf wieder, "Sie haben sich auch Sorgen gemacht?", 

"Natürlich sorge ich mich um Sie, wenn Sie plötzlich, mir nichts dir nichts, verschwinden. Wir sind seit 6 Jahren Partner. Haben Sie das vergessen? - Was war denn in der Dusche mit Ihnen los?", 

Mulder hob ratlos die Schultern, "ich fürchte, ich bin einfach zusammen geklappt."

"Und wann war das?", 

"Als ich von meiner Wanderung nach Hause kam. Ich weiß nicht, wie spät es war. Ich habe nicht auf die Uhr gesehen."

"Wann waren Sie wandern?", 

"Nach unserem Streit und nachdem ich das Büro verließ", antwortete Mulder ungeduldig.

"Heute Mittag?", war Scully überrascht.

"Wie spät ist es denn?", 

"10 Uhr abends. Mulder, wir hatten um etwa 12 Uhr den Streit. Daraufhin sind sie gegangen und quer durch die Stadt gerannt, bis sie gegen 13 Uhr einer Streife auffielen. Kurz darauf liefen sie weiter und niemand weiß, wohin. Wollen Sie mir sagen, Sie haben 9 Stunden unter der Dusche gelegen? Im kalten Wasser?", 

Mulder schüttelte verwirrt den Kopf, "ich war noch im Park und bin von dort gegen 2 Uhr weg und in ein Lokal. Dort habe ich um 5 Uhr das letzte Mal auf die Uhr gesehen. Ich war noch eine Weile dort und bin dann nach Hause. Ich habe mich ausgezogen und unter die Dusche gestellt. Mir war furchtbar heiß und ich wollte mich etwas erfrischen und ... . - Ich habe fast 6 Stunden unter der Dusche gelegen?", 

Scully seufzte und musterte ihn nachdenklich, "dann müßten Sie ja jetzt eigentlich ausgeschlafen haben."

Doch Mulder schüttelte den Kopf, "überhaupt nicht. Ich habe das Gefühl, als hätte ich schon ewig nicht mehr geschlafen."

Scully untersuchte ihn noch einmal, "was haben Sie in dem Lokal getrunken?", 

"Nur Wasser."

"Und wann haben Sie zuletzt etwas gegessen?", 

"Ich habe gefrühstückt, ehe ich ins Büro kam."

"Also heute Morgen", folgerte Scully. "Hatten Sie irgendwelche Beschwerden? Übelkeit, Leibschmerzen, Schwindel, Kopfschmerzen, Fieber oder sonst irgendwas?", 

"Kopfschmerzen. Ich habe zwei Aspirin genommen, ehe ich unter die Dusche bin."

Scully nickte, "ich fürchte, sie hatten einen Kollaps. Das kalte Wasser hat zwar die Dauer der Ohnmacht verlängert, aber das Aspirin hat dafür gesorgt, daß Ihr Kreislauf nicht völlig zusammenbricht."

"Aha", sagte Mulder nur und kippte langsam zur Seite.

Scully erhob sich und suchte eine weitere Decke, womit sie ihn zudecken konnte, um ihn langsam wieder aufzuwärmen. Sie fand eine im angrenzenden Zimmer, welches zwar das Schlafzimmer sein sollte, indem aber nur einige Schränke und Kartons standen. Mit der Decke kehrte sie ins Wohnzimmer zurück und mußte feststellen, daß ihr Partner bereits eingeschlafen war.

Scully zog ihr Handy aus der Tasche und wählte die Nummer ihres Chefs, "Sir, ich habe Mulder gefunden. Er lag bewußtlos in seiner Dusche. Ein Kollaps. Er erholt sich gerade und schläft. Ich werde hier bleiben und warten, bis er wieder wach ist. Vielleicht kann ich dann mit ihm reden."

"Was hoffen Sie von ihm zu erfahren?", 

Scully lachte verbittert auf, "es gibt ja wohl einige Ungereimtheiten. A: weshalb verließ er so früh sein Büro? B: weshalb rannte er wie ein Halbverrückter durch die Stadt? C: was geschah in seinem Büro? und D: was ist mit ihm los? Darauf hätte ich gerne einige Antworten. Ich meine, Mulder verhält sich zwar manchmal nicht gerade so, wie die meisten anderen Agenten. Aber so verrückt benimmt er sich normalerweise doch nicht, und ich wüßte gerne, welchen Grund das hat."

Im Hörer blieb es kurz still. "Okay. - Glauben Sie, daß Mulder einsatzfähig ist?", 

"Im Augenblick schläft er gerade", antwortete Scully erstaunt.

"Ich meinte, wenn er wieder wach ist. Gibt es gesundheitliche Einschränkungen?", 

"Das kann ich im Augenblick noch nicht sagen. Sein Kreislauf ist noch etwas schwach. Doch ich denke, wenn er ausgeruht ist, ist er wieder normal. Allerdings erklärt sein schwacher Kreislauf nicht, weshalb er so verstört reagierte. Das würde ich gerne noch herausfinden. Vorher kann ich dazu noch nichts sagen. Ich habe ihm etwas Blut abgenommen und würde die Probe gerne im Labor analysieren lassen."

"Okay", hörte sie Skinner seufzen. "Bleiben Sie bei ihm. Ich schicke Ihnen jemanden, der die Blutprobe ins Labor bringt. Bitte geben Sie mir Bescheid, wenn Sie näheres wissen."

"Natürlich, Sir", damit drückte Scully auf den Knopf, der das Gespräch beendete.

***

Mulders Apartment; kurz nach Mitternacht; 10. Juli

Mulder wälzte unruhig den Kopf von einer Seite auf die andere. Schweiß perlte von seiner Stirn. Selbst im Schlaf verzog er gequält das Gesicht.

Scully wußte von seinen Alpträumen, die er seit vielen Jahren hatte. Im Schlaf sah er dann wieder seine Schwester, als sie entführt wurde und er hilflos zusehen mußte. Damals war er gerade 12 und seine Schwester 8.

Scully erhob sich und beugte sich zu ihm hinunter.

Vorsichtig rüttelte sie ihn an der Schulter, "Mulder, wachen Sie auf."

Er öffnete tatsächlich die Augen. Verschlafen und irritiert blinzelte er sie an. Dann schloß er die Augen wieder und fiel in einen ruhigen Schlaf.

Scully ließ sich wieder auf dem Sessel nieder und blätterte in einer Zeitschrift. Nach einer Weile erhob sie sich und stapfte in die Küche, um Tee zu kochen. Sie hatte leichte Kopfschmerzen und hoffte, daß der Tee ihr etwas helfen würde.

Als der Tee zog, verschwand sie kurz im Badezimmer, um sich etwas zu erfrischen. Gerade als sie nach dem Handtuch griff und sich das Gesicht abtrocknete, hörte sie aus dem Wohnzimmer einen Schrei.

Schnell hängte sie das Handtuch zurück und eilte ins Zimmer. Vor ihr stand ein nackter Mulder und starrte sie irritiert an.

Sein Atem ging keuchend, als sei er meilenweit gerannt, und der Schweiß glänzte auf seinem Körper. Die Decke war ihm von der Schulter gerutscht, er hatte es noch nicht bemerkt.

"Mulder, alles okay?", fragte Scully besorgt.

Ihr Partner starrte sie noch immer verwirrt an, dann wurde ihm die Situation bewußt, in der er sich befand. Sein Blick glitt kurz an sich hinab. Im nächsten Augenblick bückte er sich, zerrte die Decke nach oben und wickelte sich, leicht errötend, darin ein.

"Entschuldigen Sie, ich wollte Sie nicht ...", begann Scully und brach ab.

Mulder erschien ihr noch immer völlig abwesend.

"Scully, was haben Sie getan?", fragte er jetzt und seine Stimme klang rauh.

"Ich habe Tee gekocht und war dann im Badezimmer. Wieso ...", war sie verwundert.

"Sie haben ... - Sie ... - wir ... ", stotterte Mulder und kniff die Augen zusammen. Verwirrt schüttelte er den Kopf und fuhr sich mit einer Hand über die Stirn. "Scully, Sie haben ... - Sie haben mit mir geschlafen", brachte er plötzlich gequält heraus.

Scully starrte ihn verblüfft an und schüttelte dann den Kopf, "Sie haben geträumt, Mulder."

Doch ihr Partner starrte sie noch immer irritiert an, "nein, das war nicht so ... - so ein Traum. Das war ... - Sie haben mich ... - Sie."

Scully seufzte und ließ sich ihm gegenüber nieder, "Mulder, ich bin sicher, wenn ich mit Ihnen geschlafen hätte, würde ich mich daran erinnern. Oder glauben Sie nicht?"

Mulder schüttelte nur den Kopf und massierte sich die Schläfen.

"Glauben Sie mir, Sie haben nur geträumt. - Was allerdings ein Kompliment für mich ist", versuchte sie zu scherzen.

Mulder ging darauf nicht ein. Er schien noch immer verwirrt.

"Hören Sie, Mulder. Vielleicht sollten Sie mal duschen gehen, um sich zu erfrischen und dann einen Tee trinken. Danach können wir über alles reden und Sie werden einsehen, daß sie nur geträumt haben. Okay?", 

Mulder nickte und verschwand, in die Decke gehüllt und noch immer verwirrt, im Badezimmer.

Als er 20 Minuten später, angezogen, ins Wohnzimmer zurückkehrte, schien er wieder normal.

Er ließ sich, gegenüber von Scully, auf dem Sofa nieder und senkte, leicht verlegen, den Kopf, "es tut mir leid, daß ... ."

Scully nickte ernst und musterte ihn, "daß Sie träumten, mit mir Sex gehabt zu haben? - Vergessen Sie es einfach, Mulder. Sie brauchen sich, wegen irgendwelcher Träume, nicht vor mir zu rechtfertigen. Okay?", 

Mulder nickte dankbar und atmete tief durch. Es war ihm trotzdem peinlich. Nicht, daß er von ihr geträumt hatte, sondern daß sie davon wußte.

"Was tun Sie hier eigentlich?", fragte er und räusperte sich.

"Ich wollte warten, bis Sie sich etwas erholt haben und ich mit Ihnen reden kann", antwortete Scully und hob ihre Tasse an.

"Erholt? Wovon?", Mulder sah sie irritiert an.

"Sie hatten einen Kreislaufkollaps. Wissen Sie das nicht mehr?", 

Mulder überlegte und schüttelte den Kopf.

Scully seufzte und erklärte, was sich in den letzten Stunden alles ereignet hatte.

Mulder schüttelte nur verwirrt den Kopf. Zwar konnte er sich ziemlich gut an seinen Tagesablauf erinnern, doch nicht daran, daß Scully ihn unter der Dusche hervorgezogen und aufs Sofa gepackt hatte.

"Was war los mit Ihnen? Weshalb sind Sie wie ein Berserker durch die Stadt gerannt? Und das bei diesen Temperaturen."

"Ich wollte nachdenken, und wenn ich in Bewegung bin, kann ich das am besten. - Aber, ich weiß nicht, weshalb Sie das so interessiert", brummte er und schien schon wieder schlechte Laune zu haben.

Scully atmete einmal tief durch, "weil ich einige Antworten brauche."

"Worauf?", 

"Es gibt da etwas, was ich Ihnen bisher noch nicht gesagt habe", begann sie.

Mulder sah auf und blickte ihr kritisch und fast mißtrauisch entgegen, "was?", 

"Skinner hat mich in unser Büro gebracht, nachdem er mir berichtete, was geschehen war."

"Was ist denn geschehen? Ist das FBI abgebrannt, oder die Regierung auf den Mars verbannt worden?", fragte er spöttisch.

"Nein, aber Ihr Büro wurde verwüstet und ich wüßte gerne, wer dafür verantwortlich ist. Das ist alles", antwortete Scully, mit erzwungener Ruhe.

"Vorhin war es noch unser Büro und jetzt ist auf einmal mir?", 

"Verdammt, Mulder. Sie wissen genau, was ich meine", brauste sie nun doch auf.

Mulder sah sie herausfordernd an, "wollen Sie demnächst dort aufräumen?", 

"Dieses Chaos? Wer war das? Haben Sie das gemacht oder wurde dort tatsächlich eingebrochen?", 

"Wenn die Tür offen steht, kann man schlecht von Einbruch reden, oder?", 

"Mulder, haben Sie etwas damit zu tun? Ja, oder nein?", verlor Scully langsam die Geduld.

"Ja", sagte er nur, recht heftig.

Scully sah ihn erstaunt an, "ja?", 

"Ja. Sie wollten doch, daß ich mal aufräume."

Scully konnte nicht glauben, was sie da hörte, "Sie - Sie haben dieses Chaos veranstaltet, und nennen das auch noch aufräumen?", 

Mulder grinste provozierend, "nein, ich nenne es: Chaos veranstalten. - Was wollen Sie eigentlich, Scully? Ich meine, Sie kommen mitten in der Nacht hierher, behaupten, mich vor dem Aufweichen gerettet zu haben, machen sonst was mit mir und beschweren sich dann über das Büro? Was soll das?", Mulder wurde langsam wieder ärgerlich.

"Ich habe mit Ihnen gar nichts angestellt. Ich habe Ihren Kreislauf stabilisiert und mir Sorgen um Sie gemacht. Das ist alles. - Mulder, Sie sind nicht mehr normal, sonst hätten Sie dieses Chaos im Büro nicht angerichtet. Sie sollten sich mal von einem qualifizierten Arzt untersuchen lassen - oder nehmen Sie irgendwelche Drogen?", 

Mulder lachte laut auf, "Drogen? Ich? Nein, wozu auch. Mein Leben ist schon beschissen genug, seit ich Sie kenne. Da brauche ich mich durch Drogen nicht noch tiefer hinab ziehen zu lassen. Im übrigen sollten Sie eher einen Arzt aufsuchen, anstatt sich über schlafende Männer herzumachen."Er sah sie feindselig an.

Scully schnappte zweimal nach Luft. Dann drückte sie sich wortlos in die Höhe und packte ihre Tasche, "ich gehe besser, denn ich habe keine Lust, mich länger von Ihnen beleidigen zu lassen. Versuchen Sie selbst Skinner ihr Handeln zu erklären. Vielleicht versteht er es ja eher, als ich."

Damit drehte sie sich um und ließ ihn alleine. Diesmal konnte sie jedoch gerade noch unterdrücken, die Tür hinter sich ins Schloß zu schmettern. Wütend hastete sie zu ihrem Wagen und schwang sich hinter das Steuer. Die Reifen drehten durch, als sie Gas gab und den Wagen in den fließenden Verkehr einfädelte. Sie war verletzt und wütend. Wütend auf ihren Partner, der anscheinend langsam wirklich durchdrehte.

Doch ihre Wut verflog schnell. Sie kannte Mulder bereits seit 6 Jahren, genauso lange, wie sie mit ihm zusammen arbeitete, und sie wußte, daß sein derzeitiges Verhalten alles andere als normal war. Irgend etwas mußte also mit ihm geschehen sein, damit er sich so verändert hatte. Und Scully war nicht umsonst beim FBI. Sie mußte einfach herausfinden, was mit ihrem Partner los war. Sie hing zu sehr an ihm, mochte ihn als Partner, Mensch und Freund zu gerne, als das sie die Sache auf sich beruhen lassen könnte.

Scully fuhr rechts rann und fischte ihr Handy hervor. Schnell tippte sie die Nummer des FBI Labors ein und verlangte einen Kollegen zu sprechen. Sie mußte nicht lange warten.

"Dr. Kirkwood? Scully hier. Haben Sie schon eine Analyse der Blutprobe, die ich Ihnen geschickt habe?", fragte Scully auch gleich.

"Ja, allerdings. Können Sie herkommen? Ich würde Ihnen gerne zeigen, was wir gefunden haben."

"Spuren von Drogen?", Scully fühlte sich etwas unwohl, bei der Frage.

"Ich habe keine Ahnung, aber Sie sollten es sich am besten selbst ansehen", bekam sie zur Antwort.

"Okay, ich bin in einer halben Stunde bei Ihnen", erklärte sie und beendete das Gespräch.

Eine halbe Stunde später stand sie vor Dr. Kirkwood und sah das Ergebnis der Blutanalyse ihres Partners durch.

"Mein Gott", entfuhr es ihr.

Kirkwood nickte, "ich habe noch bei keinem Menschen so hohe Werte an Adrenalin und Noradrenalin gesehen."

Scully nickte zustimmend, "ja, das ist eigentlich auch unmöglich. - Könnte eine Droge dafür verantwortlich sein?", 

Kirkwood hob ratlos die Schultern, "ich habe keine Ahnung, was solche Werte verursachen könnten. Ich habe auch keine Spuren irgendeiner Droge gefunden. Doch derjenige, von dem Sie diese Probe haben, gehört dringend in ärztliche Behandlung. Nicht nur das er selbst schwere irreparable Schäden erleiden wird. Er kann auch eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellen."

Scully nickte abermals und überlegte, "bei solchen Werten sind Aggressionen und psychopathische Anfälle jedenfalls sehr wahrscheinlich."

"Nicht nur", stimmte Kirkwood zu. "Wenn er solche Werte über längere Zeit beibehält, wird es zu schweren Schädigungen des Kreislaufs und dessen System kommen. Erhöhter Hirndruck führt zu Blutungen und Absterben von Hirnzellen. Ebenso sind alle anderen Organe davon betroffen, da sie einer solchen Belastung einfach nicht gewachsen sind. Nieren, Herz und Leber würden kollabieren, die Lungen können den Sauerstoffaustausch nicht mehr regeln. Irgendwann bricht dann das gesamte System zusammen und sämtliche Vitalfunktionen versagen. Es führt unweigerlich zum Tod. - Von wem stammt das Blut?", 

Scully schüttelte nachdenklich den Kopf, "Dr. Kirkwood, könnten Sie davon eine Zusammenfassung aufsetzen und vertraulich an Direktor Skinner leiten? Ich denke, ich sollte dringend mit meinem Patienten reden. Ich werde A.D. Skinner auch noch telefonisch benachrichtigen."

Kirkwood nickte und Scully verabschiedete sich, nachdem sie sich bedankt hatte.

Als sie wieder im Wagen saß, rief sie Skinner an. "Sir, ich habe die Analyse von Mulders Blut. Sie ist sehr beunruhigend. Dr. Kirkwood wird Ihnen einen Bericht senden, worin alles genau erklärt wird. Ich bin jetzt auf dem Weg zu Mulders Apartment. Er muß so schnell wie möglich in ärztliche Behandlung. Es könnte jedoch sein, daß ich Unterstützung brauche, da ich nicht weiß, wie Mulder darauf reagieren wird. Könnten Sie zwei Kollegen zu ihm schicken, die sich für den Notfall bereithalten? Ich werde den Kollegen mitteilen, wenn ich ihre Hilfe benötige."

"Selbstverständlich, Agent Scully. Ich schicke Ihnen Peters und Braille zur Unterstützung. Am besten treffen Sie sie vor Mulders Haus, bevor Sie zu ihm hineingehen. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, halten Sie Mulder für gefährlich."

Scully atmete einmal tief durch. Zwar gefiel ihr dieser Ausdruck nicht besonders, aber sie mußte, in Anbetracht der Umstände, zustimmen.

Bereits 20 Minuten später war sie abermals vor Mulders Tür. Die Kollegen warteten vor dem Haus. Scully würde sie per Walkie Talkie verständigen, falls sie ihre Hilfe benötigte. Sie wollte zuerst alleine mit ihrem Partner reden.

Entschlossen klopfte sie an seine Tür.

Es tat sich nichts. Diesmal wartete sie nicht lange, sondern schob gleich den Schlüssel ins Schloß. Zur Sicherheit öffnete sie das Holster, damit sie sofort an ihre Waffe kam, wenn es denn notwendig werden sollte. Sie hoffte jedoch nicht darauf.

In der Wohnung war es ruhig. Nichts rührte sich, nirgends brannte Licht. Scully knipste das Licht im Flur an und sah sich mißtrauisch um. Vorsichtig stapfte sie zum Wohnzimmer.

Im nächsten Augenblick hielt sie ihre Waffe vor sich und zielte auf einen der Sessel. Eine Gestalt saß darin und rührte sich nicht. 

Scully tastete nach dem Schalter, das Licht flammte auf und beleuchtete eine blonde schlanke Frau, die ruhig im Sessel saß und ihr entgegen sah.

"Stecken Sie die Waffe ein, Agent Scully, ehe Sie noch jemanden erschießen", sagte sie ruhig.

Scully kannte sie. Sie hatten ihr den Namen 'Ms. X' gegeben. Sie war eine von Mulders Informanten, doch sie war mit Vorsicht zu genießen, da ihre Absichten nicht immer zum Wohle der Menschheit schienen. Was genau sie jeweils vorhatte, wußten sie nie.

"Wo ist Mulder?", fragte Scully hart und hielt weiterhin ihre Waffe im Anschlag.

"Er ist nicht hier. Doch Sie sollten ihn so schnell wie möglich finden, ehe es zu spät für ihn ist. Mulder befindet sich in großer Gefahr", sagte die Blonde ruhig.

"Das weiß ich inzwischen", knurrte Scully und schob ihre Waffe zurück ins Holster. "Wer ist für seinen Zustand verantwortlich?", forschte sie weiter.

"Eine gewisse Gruppe von Leuten kam zu dem Entschluß, daß Mulder zu gefährlich für ihre Zwecke geworden sei. Aus diesem Grund wollen sie ihn aus dem Weg schaffen. Doch ich bin nicht ihrer Meinung. Deshalb bin ich hier."

"Wodurch wird sein Zustand hervorgerufen?", wollte Scully wissen.

Die Frau grinste flüchtig, "ich denke, das wissen Sie inzwischen."

"Das Adrenalin und Noradrenalin. Wodurch werden diese hohen Werte ausgelöst?"

Ms. X drückte sich in die Höhe, "Sie sollten sehen, daß Sie ihn so schnell wie möglich finden, ehe es zu spät für ihn ist."

Scully trat ihr in den Weg und funkelte sie an, "Sie wollen, daß ich ihm helfe, dann helfen Sie mir, ihn zu retten."

Ms. X schob sie unsanft zur Seite und stapfte zur Tür, "es ist eine Droge. Sie sollten ihn von ihr fernhalten."

"Und wie nimmt er sie ein? Wie gelangt sie in seinen Körper?", rief Scully hinter ihr her.

Die Frau lief bereits auf den Aufzug zu, "das sollten Sie selbst herausfinden. Mehr kann ich Ihnen nicht sagen."Damit verschwand sie auch schon.

Scully knurrte einen Fluch. Es war zum Haare raufen. Als ob man absichtlich gegen eine Wand rennt, und das immer wieder.

Sie sah sich noch kurz in der Wohnung um, konnte jedoch keinen Hinweis auf Mulders Aufenthaltsort finden. Enttäuscht kehrte sie zu den Kollegen zurück und rief dann bei Skinner an, um eine Suchaktion zu starten.

Rezensionen