World of X

Das älteste Archiv für deutsche Akte-X Fanfiction

Das ewige Leben

von Petra Weinberger

Kapitel 3

***

Als Scully aufwachte, war es stockfinster. Verschlafen tastete sie zur Seite, in der Hoffnung, den Schalter ihrer kleinen Nachttischlampe zu finden.

Sie griff ins Leere. Langsam fiel ihr wieder ein, daß sie ja auf dem Sofa gelegen hatte und dort auch eingeschlafen sein mußte.

Sie erhob sich und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Die Leuchtziffern ihrer Armbanduhr zeigten ihr, daß es schon wieder spät abends war. Sie mußte fast den ganzen Tag verschlafen haben. Aber es hatte ihr gut getan. Sie hatte ihren Schlaf wirklich gebraucht.

Sie atmete einmal tief durch, um neue Kraft zu tanken und stand auf. In der Dunkelheit tastete sie sich zu ihrem Badezimmer vor. Als sie das Licht einschaltete, mußte sie kurz geblendet blinzeln.

Wieso war es in ihrer Wohnung eigentlich so dunkel gewesen? Normalerweise fiel das Licht von der Straße herein und ließ wenigstens Schatten erkennen. Doch diesmal war es pechschwarz gewesen.

Verwundert darüber schüttelte sie den Kopf und drehte die Brause an. Schnell schlüpfte sie aus ihren Kleidern und stellte sich unter die Dusche. Das Wasser prickelte wohltuend auf ihrer Haut. Sie genoß die sanfte Massage, die langsam ihre Sinne wieder erweckte.

Neu gestärkt und frisch, schlang sie sich schließlich ein Handtuch um den Leib und tapste ins Schlafzimmer, um sich frische Wäsche aus dem Schrank zu holen.

Bereits eine halbe Stunde später saß sie wieder in einem Taxi und ließ sich zum Memorial Medical Center bringen. Sie kannte den Weg zur Intensivstation auswendig. Schon früher war sie öfter in diesem Krankenhaus gewesen.

Sie lief gleich zur Intensivstation und betrat Mulders Zimmer durch. Eine Schwester saß neben seinem Bett und trug verschiedene Daten in ein Krankenblatt ein.

Ein Kloß bildete sich in Scullys Magen. Ihr Blick galt den Geräten. Das EEG war eingeschaltet.

Scully preßte sich die Hand vor den Mund, als sie die Werte sah. In verschiedenen Bereichen seines Gehirns konnten keine Aktivitäten mehr gemessen werden. Sie wußte, was das bedeutete. Hirnzellen waren abgestorben und er würde langsam einen Hirntod sterben.

‘Hallo Scully, ich hoffe, du hast gut geschlafen und dich etwas erholt.’

Scullys Blick glitt zu Mulder und sie schloß kurz die Augen. Okay, sie wurde wahrscheinlich nicht verrückt. Auf irgendeine absurde Art schien er tatsächlich mit ihr zu kommunizieren. Ohne das es dafür eine wissenschaftliche Erklärung gab.

Die Schwester sah von ihren Unterlagen auf, "Miß Scully?"

Scully nickte und wandte den Blick ihr zu, "Wo ... – wo ist Mrs. Mulder? Sie war doch hier, oder?"

"Ja. Sie hat mir eine Nachricht für Sie hinterlassen. Ich habe auf Sie gewartet."

"Sie..." Scully holte tief Luft und stieß sie ganz langsam wieder aus. "Sie ist wieder gegangen?"

"Ja. Sie hat sich bereits von ihrem Sohn verabschiedet. Sie sagte, sie könne nicht mit ansehen, wie ihr einziger Sohn stirbt. Sie hat mit dem Arzt gesprochen und entsprechende Papiere, betreffs seiner Weiterbehandlung unterschrieben. Danach ist sie gegangen."

Scully konnte nicht glauben, was sie da hörte.

‘Scully, sprich mit mir. Bitte.’

‘Halt den Mund, Mulder.’ fuhr es ihr durch den Kopf.

‘Das heißt: du willst nicht mit mir reden?’

‘Jetzt nicht. Ich muß mich konzentrieren. Ich muß das hier irgendwie entwirren. Das stimmt doch alles nicht. Das kann es doch nicht geben.’ Sie dachte es nur, und doch schien er sie zu verstehen.

‘Scully ...’

"Jetzt nicht!" brummte sie und wandte sich an die irritierte Schwester. "Was meinen Sie mit seiner Weiterbehandlung?"

"Mrs. Mulder hat zugestimmt, daß die Geräte abgeschaltet werden, wenn sich sein Zustand bis morgen früh nicht bessert. Wir würden seinen Tod nur unnötig hinauszögern und das möchte sie ihm ersparen. Sie möchte es ihn selbst beenden lassen. – Es tut mir leid, daß ich keine besseren Nachrichten für Sie habe. Ich weiß, es ist schwer so etwas zu hören. Aber die Ärzte haben keine Hoffnung mehr, daß er sich wieder erholt. – Bleiben Sie bei ihm und geben Sie ihm Kraft für diesen letzten Weg, den er jetzt antreten wird."

Wie in Trance nickte Scully und ging auf sein Bett zu. Vorsichtig berührte sie seine Hand und schloß ihre Finger darum. So, wie sie es schon unzählige Male getan hatte, wenn sie ihn trösten oder überzeugen wollte.

Wie durch Watte hörte sie, wie die Schwester das EEG abschaltete und das Zimmer verließ. Sie war mit Mulder allein.

‘Scully!’

Ihr Blick glitt zum EKG, daß noch immer kontinuierlich seine Herztöne aufzeichnete.

Sie selbst hatte eine solche Verfügung für sich getroffen. Sie wollte nicht auf diese Weise am Leben gehalten werden. Sie wollte für sich das Recht in Anspruch nehmen human zu sterben. Dieses Recht mußte sie auch ihm und seiner Mutter zugestehen.

‘Scully!’

Doch niemals zuvor hatte sie sich auf dieser Seite des Bettes befunden und zusehen müssen, wie ein geliebter Mensch starb. Zumindest nicht, weil man die Geräte, die ihn am Leben hielten, einfach abgeschaltet hatte.

‘Scully, komm schon. Rede mit mir. Bitte.’

Scully schluckte trocken und ließ sich auf dem Stuhl nieder. Ihr Blick glitt zu seinem Gesicht.

‘Scully, bitte. Ich weiß, daß du mich hören kannst. Ich weiß, daß du mich verstehst.’

Es war, als würde er direkt neben ihr stehen. Sie schloß die Augen. Vielleicht konnte sie den Schmerz etwas dämpfen, wenn sie ihn nicht in diesem Bett vor sich sah. Wenn sie nur seine Stimme hörte. Vielleicht konnte sie sich dann einreden, daß er tatsächlich hinter ihr stand und sich mit ihr unterhielt.

Langsam nickte sie, "Mulder, ich ... – ich habe Angst."

‘Ich weiß. Glaube mir, ich kenne das Gefühl. Deshalb solltest du mir zuhören. Vertraue mir. Bitte.’

Vertrauen? Sie hatte ihm immer vertraut. Doch sie wußte nicht, was das jetzt noch helfen sollte. Was es daran ändern sollte, daß er sterben würde.

‘Hast du über meine Frage nachgedacht?’

"Welche Frage meinst du?" Ihre Stimme klang rauh und sie mußte schlucken. "Ob ich an Gott glaube?"

‘Ja. Hast du darüber nachgedacht?’

Sie nickte schwach, "Ja. Doch ... – ich fürchte, meine Gebete werden dir nicht mehr helfen können."

‘Sag so was nicht. Laß es uns einfach versuchen. Okay? – Laß es uns versuchen.’

"Ich weiß nicht ob..."

‘Schhh. – Hör mir zu. Bitte. Du mußt mir zuhören.’

"Ich höre dir ja zu, Mulder, aber ..."

‘Nein, Scully. Kein Aber. Wir beide werden es schaffen und es wird alles wieder gut. Du vertraust mir doch, oder?’

"Ja, natürlich."

‘Glaubst du auch an mich?’

"Was?"

‘Glaubst du an mich, Scully?’

"An dich glauben? Wie? An deine Stimme? An deine Realität? An was glauben?"

‘An mich, Scully. Glaubst du an mich? – Du kannst niemandem helfen, wenn du nicht an ihn glaubst.’

"Ich weiß nicht, an was ich glauben soll, Mulder. An dich, okay. Aber woran dabei? An deine Überzeugungen? An deine Theorien? Daran, daß du es überleben wirst?"

Sie hörte ihn seufzen. ‘Okay. Dann eine andere Frage. Glaubst du an Gott?’

"Das hatten wir schon, Mulder."

‘Scully, beantworte nur meine Frage. Glaubst du an Gott?’

"Ja."

‘Du hast keinen wissenschaftlichen Beweis für seine tatsächliche Existenz, aber du glaubst an ihn?’

"Ja, ich glaube an ihn. Ich glaube an seine Kraft, an seine Güte und Stärke."

‘Glaubst du an das, was wir bei unserer Arbeit erfahren haben?’

"Ich glaube an das, was ich beweisen konnte."

‘Aber du hast nicht für alles einen Beweis erhalten, daß du mit eigenen Augen gesehen oder gehört hast. Glaubst du auch an diese Dinge?’

Scully schüttelte hilflos den Kopf, "Ich weiß es nicht. Ich – die meisten Dinge waren einfach zu absurd und trotzten jeglicher Erklärung. Ich kann sie nicht einfach so glauben."

‘Aber du hast sie gesehen. Du hast sie mit eigenen Augen gesehen und mit eigenen Ohren gehört, und trotzdem glaubst du nicht daran? Du mißtraust deinen eigenen Sinnen, Scully?’

"Sie waren vielleicht nur Trugbilder. Einbildungen. Ich weiß es nicht."

‘Scully, du mißtraust dem, was du am eigenen Leibe erlebt hast. Wenn du dir selbst mißtraust, wie kannst du mir dann vertrauen, oder Gott?’

"Das ist doch etwas ganz anderes. Mulder, bitte. Du sagst, du willst mir helfen, dir zu helfen. Aber du sagst mir nicht, wie ich es tun kann. Sag mir, was ich tun muß, bitte. Wir haben doch nicht mehr viel Zeit."

‘Ganz ruhig, Scully. Wir haben alle Zeit der Welt.’

"Verdammt, Mulder. Das ist kein Spaß mehr. In ein paar Stunden stellen sie die Maschinen ab und du wirst ..." Scullys Augen füllten sich mit Tränen.

‘Was? – Sterben?’

Scully nickte nur und schluckte verzweifelt an dem Kloß in ihrem Hals, der immer dicker wurde und ihr das Atmen schwer machte.

‘Scully, keine Angst, ich werde nicht sterben. Ich werde immer bei dir sein.’

"Wie willst du das anstellen? Über die Hälfte deines Gehirns ist bereits tot und der Rest wird nur noch von Maschinen in Gang gehalten. Ich – wir haben doch gar keine Chance mehr, Mulder."

‘Scully, habe ich dich jemals angelogen?’

Sie hatte keine Ahnung, was diese Frage sollte. Sie wollte nicht darüber nachdenken, zudem war sie sich sowieso sicher, daß er sie niemals belogen hatte. Er hatte ihr zwar manchmal die Wahrheit verschwiegen, aber er hatte sie auch nie angelogen. Sie schüttelte kurz den Kopf und wischte sich die Augen trocken.

‘Na also, weshalb willst du mir dann jetzt nicht glauben? Glaubst du, daß ich dich ausgerechnet jetzt anlüge?’

"Nein, natürlich nicht," murmelte sie leise.

‘Scully, vertraue mir. Bitte. - Vertraust du mir?’

"Ja doch. Mulder, das hatten wir doch schon."

‘Ich weiß, aber es ist wichtig.’ Sie hörte, wie er abermals seufzte. ‘In Ordnung, Scully. Bitte hör mir zu. Was ich dir jetzt sage ist wichtig. Es ist für dich wichtig und für mich. Hörst du mir zu?’

"Ja. Mulder, ich höre dir die ganze Zeit zu. Seit ich in dieses Zimmer gekommen bin höre ich dir zu."

‘Du sollst mir richtig zuhören. Du sollst mir zuhören und einmal auf mich hören, bitte.’

"Okay, ich höre dir zu."

‘Scully, du hast verdammt kurze Beine.’

"Was?"

Sie hörte ihn lachen. Er lachte. Sie konnte es nicht glauben. Sie heulte sich wegen ihm die Augen aus, und er lachte. Wie konnte er das tun?

‘Okay, okay. Ich wollte nur sichergehen, daß du tatsächlich zuhörst. – Du hast übrigens sehr schöne Beine und ich wünschte, ich könnte sie jetzt streicheln. Sie sehen so zart und samtweich aus. Ich ... – nein. Nicht jetzt. Scully ... – entschuldige, ich wollte dir nicht weh tun. Ich brauche deine Hilfe, und du kannst mir nur helfen, wenn du an mich glaubst. Versuche es.’

"Ich weiß nicht wie."

‘Erinnere dich daran als du im Krankenhaus gelegen hast. Du hast verzweifelt gegen den Krebs angekämpft. Erinnere dich an deinen Glauben. Ich weiß, daß du an Gott glaubst. Mit deinem Herzen, glaubst du an ihn. Doch dein Verstand zweifelt an der Kirche. Damals hattest du den Tod vor Augen. Doch dein Glaube hat dich stark gemacht. Du hast den Pater zu dir gebeten und mit ihm über Gott gesprochen. Erinnerst du dich daran?’

Scully nickte nur. Sie wußte nicht, was er von ihr wollte. Weshalb erzählte er ihr das alles? Wollte er von ihr die Absolution? Wollte er seine Seele von überflüssigem Ballast befreien? Sie hatte keine Antwort darauf.

Mulder war nie gläubig. Zumindest nicht, was Gott betraf. Er glaubte vielleicht an den Weihnachtsmann, aber nicht an Gott. Und nun sprach er von ihm, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt. Als hätte er nie etwas anderes als die Bibel gelesen und Scully war sich so sicher, daß er noch nie einen Blick in das heilige Buch geworfen hatte. Aber sie wußte, tief in ihrem Inneren, daß sie ihm nur helfen konnte, wenn sie ihm zuhörte. Es war vielleicht die einzige Chance, ihn zu retten. Er würde zwar nie mehr ihr Partner werden, der er mal war. Dazu waren die Hirnschäden zu ausgeprägt. Doch er würde vielleicht leben. Sie würde ihn sehen können. Würde ihm in die Augen sehen und mit ihm sprechen können.

‘Bitte, hör auf, an so etwas zu denken. Du tust dir nur selbst weh, wenn du diesen Gedanken weiter verfolgst. Hör auf damit, bitte.’

Er konnte tatsächlich in ihre Gedanken sehen. "Ich kann nicht. Ich will dich nicht verlieren. Ich will, das du bei mir bleibst."

‘Ich weiß, aber ich werde immer bei dir sein. Glaube es mir doch endlich. – Scully, bitte, tu mir einen Gefallen. Öffne die Augen und sieh mich an. Bitte. Sieh mich an.’

Was wollte er denn noch von ihr? Wenn sie die Augen öffnete, dann würde sie ihn in diesem Bett liegen sehen. Würde sehen, wie sie ihn langsam verlor. Sie wollte nicht. Sie wollte das Gefühl nicht verlieren, daß er neben ihr stand. Gesund und munter.

‘Scully, bitte. – Wir haben nicht mehr viel Zeit.’

Zögernd nickte sie und öffnete die Augen. Mit ihrem Blick nahm sie sein Bild in sich auf. Ihn in dem weißen Bett, angeschlossen an Kabel und Schläuche.

‘Sag mir, was du siehst.’

"Ich ... – ich sehe dich."

‘Nein. Sag mir, was du wirklich siehst.’

"Apparate, Infusionen, ein weißes Bett und dich."

‘Wie sehe ich aus?’

"Als ob du schläfst. Du bist blaß und schmal."

‘Ach komm schon, Scully. Du mußt dich schon etwas anstrengen. Was siehst du jedesmal, wenn du dieses Zimmer betrittst?’

Scully schluckte und schloß kurz die Augen. "Ich ... ich sehe deinen – Körper. Ich sehe, wie du langsam ..."

‘Stopp. Das reicht schon. Du siehst also meinen Körper. Und was tut der? Tanzt der, sitzt der irgendwo? Was macht er?’

"Er tut gar nichts. Ich sehe deinen leblosen Körper. Ich ..."

‘Ja!’ es hörte sich an, als würde Mulder aufatmen. ‘Du siehst meinen leblosen Körper. Du siehst meine Hülle. Mehr nicht. Aber ich bin mehr, als dieser Körper. Ich bin mehr, als diese Hülle, die dort in dem Bett liegt. Der Körper ist nur ein Mittel, um Gefühle auszudrücken. Unsere Beziehung ist aber nicht aufgrund unserer Körper erwachsen. Sondern aufgrund dessen, was wir sind, wie wir sind.’

Scully verstand nicht, worauf er hinaus wollte.

Mulder versuchte es ihr genauer zu erklären: ‘Wenn du dir einen Freund ausgesucht hast, worauf hast du dann geachtet?’

"Ich habe mir keinen Freund ‘ausgesucht’. Ich habe jemanden getroffen und er war mir sympathisch."

‘Warum? Weil er so toll aussah? Bist du danach gegangen, wie ein Mann aussieht, ehe er dir sympathisch war?’

"Nein, natürlich nicht. Das Aussehen ist zweitrangig. Nur weil ein Mann gut aussieht, muß er mir nicht sympathisch sein."

‘Genau. Du hast dich mit ihm unterhalten, hast ihm in die Augen gesehen und dann hast du erst entschieden. Für oder gegen ihn. – Die Augen sind der Spiegel zur Seele, Scully, und der Körper nur ein Mittel zum Ausdruck. Nicht die Augen sind traurig, wenn sie weinen. Es ist die Seele. Nicht der Mund freut sich, wenn er lacht, sondern die Seele. Die Seele kann sich alleine nicht ausdrücken. Sie kann nicht weinen oder lachen. Sie kann dir sagen, daß sie traurig ist oder froh. Doch sie kann es nicht ausdrücken. Und das, was wir mit dem Tod verlieren werden, ist nur die nutzlos gewordene Hülle.’

"Du meinst das ewige Leben? Die Seelenwanderung?"

‘Ja. Aber was ich dir sagen will. Du könntest auch in einem anderen Körper stecken und ich würde dich immer noch lieben. Und du liebst mich gewiß nicht, weil ich so unglaublich gut aussehe.’ Selbst Scully mußte bei der Bemerkung kurz schmunzeln.

‘Weißt du noch, was gestern Abend in meinem Apartment geschehen ist?’

Sicher, wie sollte sie das vergessen? Es war die einzige sexuelle Beziehung die sie zu Mulder hatte, wenn man sie denn als solche bezeichnen konnte.

‘Naja, wir haben immerhin beide einen Höhepunkt bekommen,’ sagte er auch schon. ‘Aber es war nur ein Ausdruck der Gefühle, die wir in diesem Augenblick hatten. Es war der letzte Beweis unserer starken Zuneigung. Es mußte einfach geschehen und deshalb kamen wir auch beide nicht dagegen an. Aber es war nur ein Ausdruck. Vergleichbar mit einem Händedruck, nur wesentlich intensiver. Aber die Liebe fühlst du mit deinem Herzen, mit deiner Seele und nicht mit deinen Genitalien. Wenn es so wäre, dann wären wir schon vor Jahren zusammen im Bett gelandet.’

"Du bist dir dessen ja sehr sicher."

Mulder lachte wieder. ‘Ja. Das bin ich wirklich und das schöne daran ist, daß ich es sogar weiß. Das heißt, ich habe im Augenblick Vorteile dir gegenüber.’

"Mulder, ich möchte nicht, daß du diesen Körper verläßt. Das er stirbt."

‘Ich weiß. Aber du weißt auch, das er ... – das ich gehen muß. Du weißt, ich könnte so nicht leben. Ich wollte zwar Ahab sein. Aber Ahab war noch gut dran. Er hatte nur ein Bein verloren. Ich würde alles verlieren. Ich würde das verlieren, was mich zu dem macht, was ich bin. Ich wäre kein Mensch mehr. Meine Mutter hat die Einwilligung dazu gegeben und ich bin dankbar dafür. – Ich weiß, ich habe mein Lebensziel nicht ganz erreicht. Zumindest aus deiner Sicht her nicht.’

"Du meinst deine Schwester?"

‘Ja.’

"Die Ärzte sagten mir gestern, sie sei hier gewesen und hätte dir Blut gespendet. Aber ..."

‘Ich weiß. Aber sie ist nicht mehr wichtig.’

"Du hast deinen Glauben an sie verloren?"

‘Nein. Ich weiß, daß ich die Wahrheit bald erfahren werde. - Scully, hör auf zu weinen. Du weißt, daß ich es nicht sehen kann, wenn du weinst. Es bricht mir das Herz und du willst mir doch nicht das Herz brechen, oder?’

Sie schüttelte fast automatisch den Kopf. "Ich, kann nicht aufhören."

‘Laß uns etwas in Erinnerungen schwelgen. Ich möchte, daß du nicht mehr traurig bist. Du wirst mich nicht wirklich verlieren. Ich habe dir versprochen, daß ich immer bei dir bleiben werde. Ich werde auf dich aufpassen und mit dir reden, wenn du es möchtest. Ich werde dich trösten, wenn du es brauchst und ich werde da sein und dir zuhören, wenn du es willst.’

Scully senkte den Kopf und fuhr sich mit den Händen über das Gesicht.

‘Scully, gib mir deine Hand.’

Sie sah wieder auf. Langsam streckte sie ihren Arm aus und schloß ihre Finger um seine rechte Hand.

‘Scully, wie spät ist es?’

Sie warf einen Blick über die Schulter, zu der großen Wanduhr, die im Flur hing. "4 Uhr morgens."

‘Dann haben wir noch zwei Stunden, ehe die Ärzte kommen und die Geräte abschalten. Laß uns die Zeit nutzen.’

" Wie kommst du auf zwei Stunden?" Scully war sichtlich erschrocken.

‘Sie haben es dir nicht gesagt? – Hm – Meine Mutter und die Ärzte wollten bis sechs Uhr warten. Das war die Frist. Wenn sich mein Zustand bis sechs Uhr morgens nicht ändert, schalten sie ab.’

Rezensionen