World of X

Das älteste Archiv für deutsche Akte-X Fanfiction

Merry Christmas, Mom!

von Talli W

Kapitel 7

Scully:
'Das ist alles Diana Fowleys schuld. Es ist wohl besser, wenn mir diese Frau vorläufig nicht über den Weg läuft. Wenn Fowley nicht unbedingt ihre sexuellen Leidenschaften mit Mulder hätte ausleben wollen und ihm nicht diesen Drogencocktail serviert hätte, wäre dass alles nicht passiert. Wir wären nie durch Las Vegas gezogen, wir hätten nicht gefeiert, wir hätten nicht gespielt und vor allem hätten wir nicht geheiratet.' schnaufte Scully wütend.
Nicht, dass sie nicht schon mal darüber nachgedacht hatte, wie es wohl wäre mit ihm eine Beziehung zu haben.
'Eigentlich sind wir ja schon wie ein altes Ehepaar.' dachte sie. Das hatte ihr der heutige Tag wieder einmal gezeigt. Er hatte irgendein Problem und rief nach ihr und sie war wie eine treusorgende Ehefrau sofort zu ihm geeilt. Aber wenigstens wohnten sie nicht zusammen. Mulder 8-10 Stunden täglich ertragen zu müssen, war schon anstrengend genug. Aber 24 Stunden mit ihm zusammen zu sein, war selbst für eine Scully zu viel.
Vielleicht würde er sich ja ihr zuliebe ändern, aber das hätte man erst einmal testen müssen. Auch wenn die Kirche voreheliche Beziehungen nicht gerne sah, wäre sie doch nie so leichtsinnig gewesen so Knall auf Fall eine Ehe einzugehen. Jetzt kam es ihr so vor, als hätten sie das Pferd von hinten aufgezäumt.
Zuvor hatte sie noch mit Father McClure gesprochen, kurz bevor Mulder angerufen hatte. Aber er war ihr keine große Hilfe bei ihrem Problem gewesen. Alles, was er wissen wollte, war, ob sie ihren Ehemann lieben würde. Was sollte sie darauf schon antworten. Natürlich liebte sie Mulder. "Und er liebt dich auch?" Auch das konnte sie bestätigen. Er hatte es ihr ja sogar schon einmal gesagt.
"Na dann ist doch alles in bester Ordnung. Ich gratuliere dir. Ich finde es nur sehr schade, dass ich nicht derjenige war, der euch trauen durfte. Aber das wäre wohl sowieso nicht möglich gewesen. Er ist nicht katholisch, nicht wahr?" hatte er gefragt.
Scully hatte ihm überhaupt nicht mehr zugehört. Anstatt ihm zu antworten, hatte sie sich eilig verabschiedet und war nach Hause gefahren.
"Dann ist ja alles in bester Ordnung." hatte McClure gesagt. 'Von wegen. Nichts ist in Ordnung.'
"Wenn ihr einander liebt, ist doch alles gut." 'Hah, als wenn es so einfach wäre. Aber wie sollte ein katholischer Priester das auch verstehen. Da hätte ich genauso gut Skinner um Rat fragen können.' dachte Scully als sie nach Hause fuhr.
Scully trat abrupt auf die Bremse. 'Skinner! Oh Gott, wir werden ihn informieren müssen. Schließlich ist es unerwünscht, wenn zwei Eheleute in einer Abteilung zusammen arbeiten.
Ich werde vielleicht die X-Akten verlassen müssen, um in einen langweiligen Bürojob zurückzukehren oder nervöse Möchtegern-Agenten in Quantico zu unterrichten.
Nein, bloß das nicht. Kein Mann ist das Wert. Nicht einmal Mulder. Am besten wir schweigen über alles, bis die Scheidung rechtskräftig ist. Dann sieht Skinner vielleicht darüber hinweg.
Aber wenigsten können wir jetzt wieder normal miteinander reden. Wenn wir erst die Papiere unterschrieben haben, werden wir endlich dieses unangenehme Kapitel abhaken.'
Die Scheidungspapiere waren eine Woche später immer noch nicht da. Ein Anruf in der Kanzlei in Las Vegas hatte ergeben, dass man die Papiere aus Versehen an eine Mrs Dana Mulder geschickt hatte.
Man versprach ihr neue zuzusenden. Um diesmal auf Nummer sicher zu gehen, hatte sie vorsichtshalber Mulders Adresse als Empfänger angegeben.
Dana Scully hatte inzwischen auch ihre Mutter wegen der mysteriös in Mulders Wohnung aufgetauchten Fotos zur Rede gestellt. Aus Verlegenheit hatte Mrs Scully alles auf einen Scherz ihres Sohnes Charlie geschoben und Dana versprochen, dass das aufhören würde.
Dieses Versprechen meinte sie tatsächlich ernst. Sie hatte mittlerweile eingesehen, dass ihre ganzen Verkupplungsversuche nichts brachten. 'Bei Fox und Dana ist wirklich Hopfen und Malz verloren.' war nun ihre Einstellung. Das, was Margaret Scully bei der ganzen Angelegenheit aber am meisten ärgerte, war die dumme Wette mit Skinner. Nun würde sie tatsächlich ihr Konto plündern müssen, um die Wette einzulösen.
"Guten Morgen, Scully." begrüßte Mulder seine FBI-Partnerin am nächsten Morgen.
"Das hat mir gestern Mrs Faber auf meinen Anrufbeantworter gesprochen." sagte er kurz und bündig.
Er drückte auf die Play-Taste des Abspielgerätes und die Stimme von Mrs Faber erklang:
"Agent Mulder, hier ist Elisa Faber. Es geht um Nikolaus. Ich glaube, ich weiß jetzt, was damals passiert ist und weshalb er meinen Mann angegriffen hat.
Ich habe mich mittlerweile über Sie erkundigt. Über Ihre Arbeit an den X-Akten, die Aufklärung all dieser unerklärlichen Phänomene. Nun wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn sie zurückkommen und mir helfen würden, damit Nikolaus endlich seinen Frieden findet."
Mulder schaltete den Anrufbeantworter aus.
"Ich denke, wir müssen noch einmal nach Silverstone, Scully."

Auch wenn Scully nicht so recht an diesen Geist glauben wollte, war sie doch nur allzu bereit nach Silverstone zurückzukehren. Die Ruhe und Abgeschiedenheit dort draußen hatten ihr gut gefallen. Sie verstand, warum Elisa Faber sich so wehrte dort wegzuziehen. Auch wenn sie selbst sich nicht vorstellen konnte, ihr ganzes Leben da zu verbringen, so wäre es doch eine willkommene Abwechslung nach all dem Stress in Washington einige Zeit dort ausspannen zu können.
In Silverstone angekommen, mietete Mulder eine Schneeraupe. Von seinen Erfahrungen vom letzten Mal schlauer geworden, ließ Mulder diesmal aber den Motor der Schneeraupe noch einmal gründlich durchchecken, bevor er mit Scully zur Faber Farm aufbrach.
Elisa Faber war hocherfreut, dass die beiden FBI-Agenten so schnell auf ihren Anruf reagiert hatten.
Kurze Zeit später saßen alle drei sowie Joshua mit seinem Bernhardiner Barry im Wohnzimmer und genossen die Wärme des prasselnden Kaminfeuers.
"Wie geht es übrigens Ihrem Ehegatten? Ich hatte gehofft, er wäre längst aus dem Krankenhaus heraus." fragte Mulder.
"Das ist er auch. Wir haben ihn letzte Woche beerdigt." erwiderte Mrs Faber gefasst.
"Oh Entschuldigung. Unser herzliches Beileid, Mrs Faber." stammelte Mulder verlegen.
"Er ist also an den schweren Verletzungen des Angriffs verstorben." fragte Scully sachlich.
"Nein. Er hatte einen neuen Schlaganfall. Das hat sein Körper nicht verkraftet."
"Aber der Hirnschlag kann durch das Trauma des Angriffs ausgelöst worden sein." präzisierte Scully ihre Ansicht.
Mulder fügte hinzu: "Damit wäre Nikolaus für den Tod Ihres Mannes verantwortlich."
"Nein. Auf keinen Fall. Mein Mann war schon sehr alt und auch schwer krank. Nikolaus hat nichts mit seinem Tod zu tun." verteidigte Elisa ihren Freund.
"Schon gut, beruhigen Sie sich, Mrs Faber." redete Scully auf sie ein, die befürchtete, dass die alte Frau einen Herzinfarkt bekommen könnte.
"Also Mrs Faber, was haben Sie herausgefunden?" fragte Mulder neugierig.
Elisa nahm ein altes in Leder gebundenes Buch vom Couchtisch und schlug eine der schon fast zerfallenen Seiten auf.
"Ich habe einige Informationen in dieser alten Chronik gefunden. Benedict Faber, der direkte Vorfahre meines Mannes und auch ein entfernter Vorfahre von mir, war ursprünglich nicht sehr wohlhabend. Erst einige Jahre später ist er überraschend zu Wohlstand gelangt und hat großzügig Land dazu gekauft. Das Datum ist zwar recht ungenau angegeben, aber ich denke, dass es sich mit Jahr des Verschwindens von Nikolaus Kessler deckt."
Mulder überlegte: "Nikolaus Kessler war sicherlich mit viel Gold unterwegs. Seine Frau war schwer krank und medizinische Hilfe sehr teuer. Vor allem, wenn man einen Doktor überzeugen musste bei diesem Wetter auf eine weit entfernte Farm mitzukommen.
Benedict Faber könnte ihm durch Zufall begegnet sein und ihn wegen des Goldes ermordet haben. Das würde sich auch mit der Bemerkung Kesslers decken, dass ich auf dieser Farm keine Hilfe finden würde, sondern hier nur Diebe und Mörder leben. Es könnte natürlich auch ein Unfall gewesen sein. Wir werden die Wahrheit wohl nie richtig erfahren."
"Demnach hat er ihren Mann also für den Schuldigen gehalten und ihn deshalb angegriffen. Aber warum erst jetzt? Sie leben doch schon Jahrzehnte hier." fragte Scully.
"Ich habe nie unseren Nachnamen genannt, sondern immer nur von Benedict gesprochen. Und als ich Nikolaus das erste Mal getroffen habe, hieß ich noch vom Familiennamen her Kessler." erklärte Elisa Faber.
Scully holte nun einen Aktenordner hervor.
"Laut Aussage Ihres Mannes sprach er folgendes zu seinem Angreifer:
".............
Und ich habe gesagt, dass ich zurück nach Hause möchte, zur Faber-Farm. Dann hat er sich wütend auf mich gestürzt und auf mich eingeschlagen.
................."
Er hat sich also unbeabsichtigt als Faber zu erkennen gegeben." gab Scully sich selbst die Antwort auf ihre Frage.
Mulder seufzte: "Und das ist ihm dann zum Verhängnis geworden.
Jetzt wissen wir, wie er vermutlich ums Leben gekommen ist, aber das hilft uns nicht viel weiter. Ihr Ehemann ist tot. Nikolaus Kessler hat ihn für die Taten seines Vorfahren bestraft. Eigentlich müsste er nun Ruhe gefunden haben."
Elisa schüttelte den Kopf. "Er ist immer noch da draußen. Erst gestern habe ich ihn gesehen."
"Vielleicht muss man ihm sagen, dass jetzt alles gut ist und er nun nach Hause gehen kann." meinte Joshua.
Mulder schaute erstaunt auf den 5jährigen. "Kluges Kerlchen, Ihr Enkel. Vielleicht hat er damit sogar recht."
Ein lautes Hupen ließ Mulder und Scully aufschrecken. "Das ist nur Daddy." sagte Joshua ruhig.
Einen Moment später polterte Edward Faber herein. Überrascht erkannte er die beiden Agenten.
"Sie hätten sich nicht extra hierher bemühen müssen, Mr. Mulder. Ich hätte Ihnen den Kaufvertrag schon rechtzeitig zugeschickt. Und ich würde es begrüßen, wenn sie uns zukünftig nicht mehr belästigen würden. Mein Vater wurde erst vor wenigen Tagen beerdigt und das hat uns alle sehr mitgenommen."
"Es ist gut Edward. Ich habe sie hierher gebeten. Sie sind gekommen, um mit mir einem alten Freund zu helfen." entgegnete Elisa Faber energisch.
Edward Faber schüttelte verärgert den Kopf. "Mutter, fängt das schon wieder an. Ich dachte, wir haben das Thema schon vor zehn Jahren abgehakt."
Scully winkte Mulder hinaus in den Flur. "Welchen Kaufvertrag, Mulder?"
Nervös schritt Mulder hin und her. "Na ja, wissen sie... Eigentlich wollte ich es Ihnen erst Heiligabend schenken, aber da wir uns dann wahrscheinlich sowieso nicht sehen... Ich weiß, Sie werden nicht gerne an die Ereignisse der vergangenen Woche erinnert, aber ich dachte... So dient es wenigstens einem guten Zweck." Mulder wusste nicht weiter. "Ich habe die Kessler-Farm gekauft… auf Ihren Namen."
Fassungslos starrte sie ihn an.
"Aber wie? Das Geld?" stotterte sie.
"Der Gewinn. Ihr Anteil. Ich wollte Ihnen eine Freude machen und als sie neulich sagten, dass sie einmal gerne von allem weg möchten, habe ich es kurz entschlossen gekauft. Ansonsten würde es doch nur weiter verkommen und das Haus ist einfach zu schade dafür."
"Das kann und werde ich nicht annehmen, Mulder. Sie werden den Kaufvertrag rückgängig machen müssen."
"Das geht nicht. der Kaufvertrag ist auf Ihren Namen ausgeschrieben. Wenn Sie den Vertrag auflösen wollen, dann müssen sie es selbst tun." sagte Mulder und kehrte ins Wohnzimmer zurück.
Elisa Faber sah entschlossen aus. Sie schien sich in den letzten Minuten zu einer Entscheidung durchgerungen zu haben.
"Ich denke, wir sollten alle einen kleinen Spaziergang unternehmen." sagte sie.
"Wohin gehen wir, Mulder?" fragte Scully als sie durch den Schnee hinter Elisa her stapften.
"Auf Geisterjagd!" flüsterte er ihr ins Ohr.
Nach einem kurzen Marsch durch den Wald, hielt Mrs Faber auf einer kleinen Lichtung an.
"Nikolaus! Nikolaus Kessler!" rief sie laut durch den Wald.
"Elisa!" sagte jemand hinter ihnen.
Dana Scully starrte erstaunt auf den Mann, der sie damals zur Kessler-Farm geführt hatte.
"Das ist nicht echt! Sie sind kein Geist!" sagte sie abwehrend.
"Natürlich nicht. " bestätigte der. "Ich bin der Nikolaus."
Mulder musste grinsen, als er Scullys und Edwards entgeistertes Gesicht sah.
Dann wandte er sich dem Gespenst zu.
"Ja, das ist Elisa. Du kennst sie, nicht wahr Nikolaus? Du hast ihr einmal das Leben gerettet, als sie sich verlaufen hatte und sie ist seither immer wieder gekommen, immer wenn sie deine Hilfe brauchte. Sie hat dir von ihren Problemen erzählt und du hast ihr zugehört." sagte Mulder.
Nikolaus lächelte. "Sie gehört zur Familie."
"Ja, sie ist eine Kessler, aber sie ist auch eine Faber. Es war ihr Mann, den du neulich angegriffen hast. Er trug zwar auch den Namen Benedict Faber, aber er war nicht der Schuldige. Vorige Woche ist er im Krankenhaus verstorben."
Nikolaus sah von Mulder zu Elisa. "Es ist in Ordnung, Nikolaus." sagte Elisa sanft. "Benedict war alt, sehr alt. Da sterben Menschen nun einmal. Er hatte ein schönes Leben.
Aber Agent Mulder hat Recht. Ich bin eine Faber, und zwar nicht erst durch Heirat. Schon meine Ururururgroßmutter war eine geborene Faber. Ein Verwandte des alten Benedict, jenes Mannes, der dir so übel mitgespielt hat, wurde von einem deiner Söhne zur Frau genommen. Es tut mir leid, was damals geschehen ist, aber das war vor mehr als 200 Jahren. Dein Mörder ist längst tot. Genauso wie all die anderen, die du kanntest. Nur du bist noch hier. Wenn du endlich deinen Frieden finden willst, musst du lernen zu verzeihen. Oder du kannst weiter die Faber-Familie hassen, aber dann musst du auch mich hassen. Mich, meinen Sohn Edward und auch Joshua, mein Enkelkind." beendete Elisa ihre Rede.
Nikolaus Kessler sah zu Boden.
"Bitte nicht böse auf mich sein. Ich habe doch gar nichts getan." bat der kleine Joshua.
Edward erholte sich von seinem Schock langsam und meldete sich nun zu Wort. "Ich weiß, dass ich das Unrecht, dass Ihnen geschehen ist, nicht ungeschehen machen kann." brachte er krächzend hervor.
"Einer meiner Vorfahren hat Ihnen den kostbarsten Besitz genommen, Ihr Leben. Ich kann mich nur im Namen meiner Familie bei Ihnen entschuldigen und Sie bitten meinem Vorfahren zu vergeben. Ich bin sicher, er hat für seine Taten vor Gott gesühnt." Dann streckte er Nikolaus unsicher seine Hand entgegen, die der Geist nach kurzem Zögern fest ergriff.
Mulder, der die ganze Szene gespannt beobachtet hatte, lächelte erleichtert.
"So Joshua, nun geh mit deinem Vater und Agent Mulder und Scully zurück ins Haus, bevor du dir noch eine Erkältung holst." sagte Elisa Faber und lächelte ihren Enkelsohn an.
"Kommst du denn nicht mit, Oma?" fragte Joshua erstaunt.
Elisa streichelte ihrem Enkelsohn liebevoll über den Kopf. "Nein, mein Junge. Ich möchte noch ein bisschen mit Nikolaus spazieren gehen. Wir haben uns so viel zu erzählen. Und nun sei ein artiger Junge und tu', was deine alte Großmutter dir sagt."
Joshua nickte. "Bis nachher, Oma." Er ergriff die Hand seines Vaters und schritt mit ihm zur Farm zurück. "
Nikolaus drehte sich zu Mulder und Scully. "Danke." sagte er, bevor er mit Elisa zwischen den Bäumen verschwand. Lächelnd sah Mulder dem merkwürdigem Paar hinterher. Ein kräftiger Mann in den 30igern, der eine alte Frau bei der Hand hielt und sie immer wieder stützte, wenn die Schwäche sie übermannen wollte.
Erst als die beiden nicht mehr zu sehen waren, kehrten auch Scully und Mulder zu der schützenden Wärme des Hauses zurück.
"Ich hätte nie gedacht, dass er tatsächlich ein Gespenst ist. Er wirkt so lebendig." gab Scully zu.
Als Elisa nach zwei Stunden immer noch nicht zurückgekommen war, wurde Joshua unruhig. Keiner der drei Erwachsenen wollte hinaus gehen und nach ihr suchen. Sie hatten ein unbestimmtes Gefühl, was sie finden würden. Doch Joshua gab keine Ruhe bis sie schließlich mit ihm nach draußen gingen. Sie folgten dem einzelnen Spurenpaar Elisas im Schnee fast eine Meile bis sie sie fanden. Sie lag ausgestreckt im Schnee, ihre linke Hand zur Seite gestreckt, als würde sie noch immer jemanden festhalten. Auf ihren Lippen lag ein friedvolles Lächeln und ihre Augen waren geschlossen.
"Was ist mit Oma Elisa?" fragte Joshua erschrocken.
"Ich glaube, sie ist von uns gegangen." sagte Edward mit belegter Stimme.
"So wie Opa?" Edward biss sich auf die Lippen und nickte nur.
"Und Nikolaus?"
Als Mulder erkannte, dass Edward momentan nicht in der Lage war seinem Sohn zu antworten, sagte er ruhig. "Ich bin ganz sicher, Nikolaus ist jetzt mit deinen Großeltern zusammen."
"Im Himmel?"
Mulder musste schlucken. Er sah kurz zu Scully und dann wieder zu dem Kind zurück. "Ja, sie sind jetzt alle im Himmel, Joshua."
"Dann ist es gut. Dann bin ich auch gar nicht so traurig." sagte Joshua tapfer und wischte sich mit beiden Fäusten die Tränen aus dem Gesicht, die jetzt heftig aus seinen Augen kullerten.
Dann ging er langsam zu der leblosen alten Frau hinüber und kniete sich neben ihr in den Schnee. Ganz zart küsste er sie auf ihre jetzt kalte, bleiche Wange und flüsterte: "Ich habe dich lieb, Omi. Auf Wiedersehen, Elisa." Schließlich erhob er sich wieder und ging zu seinem Vater zurück.
Auch Mulder und Scully hatten jetzt Tränen in den Augen. "Leb wohl, Elisa." flüsterte Mulder und tastete nach Scullys Hand, die er fest mit seiner umschloss.
Edward wischte sich immer wieder mit einer Hand verstohlen eine Träne vom Gesicht, während er seinen anderen Arm tröstend um seinen Sohn gelegt hatte.
So standen die vier Menschen inmitten der weißen Unendlichkeit des Winters und gedachten einer Frau, die hier zu Hause gewesen war und die nun hier ihre letzte Ruhe gefunden hatte.

Zwei Tage war es her, seit Elisa Faber beerdigt wurde. Mulder und Scully waren nach Washington zurückgeflogen. Sie hatten nicht mehr über die Ereignisse der vergangenen Tage gesprochen. Wie gewöhnlich hatten sie alles tot geschwiegen, was zwischen ihnen passiert war. Mulder wusste noch nicht einmal, ob Scully den Kaufvertrag mit Edward Faber rückgängig gemacht hatte.
Trübsinnig saß er nun in seinem Büro und starrte auf einige Blatt Papier als Scully eintrat.
Statt eines Guten Morgen-Grußes sagte er nur: "Die sind gestern gekommen. Wir brauchen sie nur zu unterschreiben und Sie sind wieder eine freie Frau. "
"Die Scheidungspapiere!" stellte Scully fest.
Mulder nickte nur.
Scully ließ sich sanft in ihren Sessel gleiten und lehnte sich zurück. Minutenlang starrte sie auf das Poster an der Wand und dann auf Mulder. "Weißt du, was ich am meisten bereue, Mulder?"
Erstaunt horchte er auf, als Scully ihn mit einem persönlichen "Du" anredete und schüttelte den Kopf.
Scully lächelte melancholisch. "Da ist es nun endlich passiert, nach 6 Jahren. Und dann kann ich mich noch nicht einmal daran erinnern, wie es war. Ist das nicht verrückt?"
Mulder grinste. "Was ist bei uns schon normal, Scully." Dann sagte er ernst: "Ich kann mich zwar auch nicht mehr richtig erinnern, aber ich weiß, dass es einer der schönsten Momente in meinem Leben war, dass ich mich noch nie so glücklich gefühlt habe und dass ich das gern wieder erleben möchte."
Ganz langsam stand Scully auf und schlenderte zu ihm herüber. Mit einer schnellen Bewegung zog sie die Papiere unter seinen Armen hervor und begann sie in kleine Stücke zu zerreißen.
"Aber...." begann Mulder fassungslos.
"Ich glaube, die brauchen wir nicht. Jedenfalls vorerst nicht. Aber ich warne dich, Fox. Ich werde nicht mehr alle deine Macken so hin nehmen wie bisher. Wir beide müssen versuchen uns zu ändern, wenn diese Beziehung Bestand haben soll. Und nur wenn wir beide dazu bereit sind, hat diese Ehe eine Chance. Ich möchte es mit uns versuchen, wenn du das ebenfalls willst."
Freudestrahlend stand Mulder auf und sah ihr tief in die Augen. "Ja, ich will, Dana." sagte er, bevor er sie fest in die Arme nahm und ihren Mund mit seinem verschloss.
"Fox, wir müssen es meiner Mutter sagen und Skinner muss es auch erfahren. Er ist schließlich unser Boss und hat zu entscheiden, ob wir nun weiterhin zusammenarbeiten dürfen." sagte Scully rationell, nachdem sich ihre Lippen wieder getrennt hatten.
Mulder verzog angewidert das Gesicht. "Ich glaube nicht, dass ich jetzt Skinners Standpauke vertragen kann, aber deiner Mutter würde ich es gerne mitteilen. Ich glaube, sie mag mich."
"Dann wird es aber nicht lange dauern bis Skinner es auch erfährt." bemerkte Scully.
"Wie kommst du denn darauf?" fragte Mulder irritiert.
"Ach nur so ein Gefühl." erwiderte Scully.
"Ich rufe schnell an, dass wir uns heute frei nehmen. Bei unseren Überstunden dürfte wohl kaum jemand was dagegen haben. Und dann fahren wir schnell noch bei meiner Wohnung vorbei. Ich muss mich schließlich hübsch machen, wenn ich meiner Schwiegermutter gegenübertreten will."

1,5 Stunden später in Mulders Wohnung:
Mulder hatte nun schon den dritten Anzug probiert und war endlich mit seinem Aussehen zufrieden. Scully hatte ihn die ganze Zeit amüsiert beobachtet. Erst war es ihr etwas peinlich gewesen, ihn halbnackt herum springen zu sehen. Sie musste sich immer daran erinnern, dass dies jetzt ihr Ehemann war. Außerdem hatte sie ihn schon bei mehr als einer Gelegenheit so gesehen oder sogar noch mit weniger an. Aber diese Situation war neu. Sie sah Mulder jetzt als ganz anderen Menschen. Nicht mehr als den Partner und Freund, der tabu war, sondern als attraktives männliches Wesen, das jetzt vollkommen zu ihr gehörte.
Scully schluckte. Sie musste an den Morgen in Las Vegas denken. An die Flecken in ihrem Bett, an die zerknüllten Laken und den nackten Mulder, der sich darin geräkelt hatte.
"Ich sollte vielleicht besser meine Mutter vorwarnen. Sie wird ganz schön schockiert sein, dass wir so Knall auf Fall in Las Vegas geheiratet haben. Ich denke, sie hat sich immer eine große Hochzeit mit allem drum herum für mich gewünscht, so wie bei Bill und Charlie."
"Wenn du meinst." war Mulders Kommentar dazu, der gerade in einer seiner Schubladen wühlte, um einen dezenten Schlips zu finden. Bisher ohne Erfolg.
"Ich werde sie dann mal anrufen." Scully schlenderte ins Wohnzimmer und griff nach dem Telefonhörer.
Bereits nach dem ersten Klingeln wurde abgenommen.
"Hier bei Scully." antwortete eine männliche Stimme.
"Hi Charlie. Hier ist Dana. Könntest du mir mal bitte Mom geben." bat sie.
"Klar doch. Einen Moment bitte."
"Ja? Dana?" hörte sie eine Minute später ihre Mutter fragen.
"Hi Mom. Ich... na ja...ich ...habe wichtige Neuigkeiten. Über Mulder und mich . Es ist besser du setzt dich erst einmal hin. Sitzt du jetzt?" Das bestätigende Gemurmel ihrer Mutter tönte aus dem Hörer.
"Gut. Tja, ich weiß gar nicht, wie ich anfangen soll. Ich wollte dir das eigentlich persönlich sagen. Aber Mulder und ich werden nachher gleich vorbeikommen und da dachte ich, es wäre besser dich schon vorher zu informieren. Nicht, dass du nachher einen Schock bekommst, wenn Mulder plötzlich so vor dir steht."
"Warum sollte ich einen Schock bekommen, wenn Fox vorbeikommt? Er ist doch nicht zum ersten Mal in meinem Haus."
Scully holte tief Luft. "Nun, weil er jetzt nicht einfach mehr Mulder ist. Doch, er ist natürlich noch Mulder. Aber er ist jetzt auch..."
'Meine Güte, das ist ja schwerer als angenommen. Wie hätte ich meiner Mutter das dann von Angesicht zu Angesicht sagen sollen, wenn ich jetzt schon wie verrückt stottere.' dachte Scully. 'Die beste Lösung ist es, die Neuigkeiten schnell und einfach herüberzubringen. Also Augen zu und durch.'
"...mein Ehemann. Wir haben geheiratet, Mom".
Ganz verblüfft schaute Dana auf den Telefonhörer. Eben hatte sie noch mit ihrer Mutter gesprochen und nun hörte sie seltsame Geräusche.
Es klang fast so, als würde jemand auf und ab springen und Jubelschreie ausstoßen. Dann hört sie ganz deutlich ein lautes "Doch gewonnen!"
'Offensichtlich eine Telefonstörung.' Scully schüttelte den Kopf und legte den Hörer zurück auf die Gabel, nachdem sich nach drei Minuten niemand wieder gemeldet hatte.
"Fox, ich glaube wir wurden vorher getrennt. Nun müssen wir ihr es doch persönlich mitteilen. Ich hoffe, du hast nichts dagegen, dass ich erst einmal alleine mit ihr rede."
"Nein, schon gut, Sweetheart. Ich mache alles was du willst. Nur noch einen Moment, ich bin gleich fertig." antwortete Mulder aus dem Schlafzimmer und rückte seinen dunkelroten Schlips zurecht.
"Ist das ein Versprechen?" fragte Dana, als sie ins Schlafzimmer trat.
"Was?"
"Dass du alles tust, was ich will?" fragte Scully interessiert.
"Ahammm.." nickte Mulder. Langsam trat Scully auf ihn zu und begann seinen Schlips zu lösen.
"Ich glaube, es genügt, wenn wir in einer Stunde aufbrechen. In der Zwischenzeit habe ich so einige Ideen, was du für mich tun könntest." säuselte Scully
"Ach tatsächlich? Komme ich jetzt doch noch dazu unser Honeymoon-Video zu machen?"
Weiter kam er nicht, denn Scully drückte ihn aufs Bett und war über ihm bevor er noch etwas sagen konnte.
Erst drei Stunden später brachen beide auf, um der Scully-Familie die frohe Botschaft zu überbringen.


Epilog

Heiligabend schaute Margaret Scully stolz auf die, um den großen Esstisch versammelten Familienmitglieder. Da waren Bill und Tara mit ihrem kleinem Sohn, Charlie mit seiner Frau und den zwei Kindern und natürlich Dana mit ihrem frisch angetrauten Ehemann Fox Mulder. Und zu ihrer linken saß als Ehrengast Walter Skinner.
Zufrieden erhob sie ihr Glas und prostete ihrer Familie zu. "Merry Christmas, euch allen."
"Merry Christmas, Mom." kam die Antwort zurück.
"Ach übrigens werde ich die nächsten Tage nicht da sein." sagte sie dann.
"Wieso denn das?" fragten Bill und Charlie verdutzt.
"Ich werde einige Tage verreisen."
Charles ging ein Licht auf und er grinste.
"A...aber wir wollten Weihnachten und Silvester doch zusammen verbringen." stotterte Bill.
"Das haben wir bisher schon all die Jahre getan. Ich möchte einfach mal etwas Abwechslung in mein Leben bringen. Ich bin sicher, ihr seid alt genug, um euch selbst zu beschäftigen. Sucht euch einfach ein lauschiges, einsames Plätzchen und genießt euer Leben." antwortete Maggie.
Scully sah Mulder augenzwinkernd an. Sie wusste da schon so einen Platz, weitab von aller Hektik, in der Nähe von Silverstone...
"Und wohin soll die Reise denn gehen?" wollte Bill jetzt wissen.
"Ich werde das neue Jahrtausend auf der Bellevue-Insel in der Karibik begrüßen. Das ist ein wirklich entzückendes kleines Eiland mit einem Hotel der Spitzenklasse." strahlte Maggie.
"Ist bei dir jetzt der Wohlstand ausgebrochen oder hast du im Lotto gewonnen?" fragte Bill ahnungslos.
"Keines von beiden. Aber unser Gast hier, Mr. Skinner war so nett, mich einzuladen und hat mir völlig freie Hand in der Auswahl des Hotels gelassen. Ist das nicht nett von ihm?"
Scully zog die Augenbraue hoch und Bill murmelte etwas Unverständliches in seinen nicht vorhandenen Bart. Nur Charles und seine Frau grienten schadenfroh, als sie das etwas säuerliche Gesicht von Walter Skinner sahen.
"Also dann..." prostete Charles den anderen zu: "Auf uns, auf die Karibik und auf ein schönes Weihnachtsfest 1999."

ENDE
Ach übrigens, wenn euch die Idee einer Heirat unseres Agentenpaares nicht gefallen hat, vergesst nicht: Es gibt immer noch den Scheidungsrichter. :o)
Rezensionen