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Freitag, der 13.

von Believer

Kapitel 1

Titel: Freitag, der 13.
Autor: Marion

Kontakt: bewerte-mich@web.de
Spoiler: Keiner

Rating: PG-13

Kategorie: Humor

Short-Cut: Mulder erlebt einen furchtbaren Tag ganz ohne Scully

Disclaimer: Fox Mulder, Dana Scully, Walter Skinner, Alvin Kersh sind Eigentum von Chris Carter, 1013 Productions und 20th Century FOX – und werden es bleiben..




DAS GANZE LEBEN IST EINE X-AKTE, DIE GRÖSSTE VON ALLEN







Es war wieder einer dieser Tage, die schon bescheiden anfangen.



Ich war irgendwann in der letzten Nacht auf der Couch eingeschlafen, wie so oft, bei irgendeinem der Filme, die ich schon zum tausendsten Male gesehen hatte.



Wach wurde ich, als meine Hand in irgend etwas Klebriges griff, und ich meine so richtig klebrig – wie Kaugummi unter den Schuhsohlen. Sie kennen das sicher.



Ich machte also die Augen auf und mein Blick fiel auf die besagte Hand.

Es waren die Reste der Chilisauce des chinesischen Essens von vorgestern.

Das, was noch übrig war und nicht an meinen Fingern hing, lief gerade auf den frischgereinigten Teppichboden.



Na wunderbar



Ich sah auf die Uhr und stellte entsetzt fest, dass ich verschlafen hatte – und das nicht zu knapp.



Ausgerechnet heute



Heute, wo dieses Meeting stattfand und ich Scully hoch und heilig versprochen hatte, trotz meiner besonders freundschaftlichen Beziehung zu unserem hochverehrten Deputy Director Alvin Kersh ausnahmsweise pünktlich zu erscheinen und sie nicht wieder allein Rede und Antwort stehen zu lassen.



Soviel zu der Einhaltung meines Versprechens.



Vielleicht war ja noch was zu retten, wenn ich mich etwas beeilte.



Ich stand schwungvoll auf, um mich beim ersten Schritt in Richtung des Badezimmers auf den Tacos von gestern Abend lang zu machen



Verdammt



Eine Verwünschung ausstoßend, deren Wortlaut ich hier nicht wiederholen möchte, da nicht jugendfrei, stand ich auf und sah in die vorwurfsvollen Gesichter meiner Goldfische.



Haben Sie schon mal vorwurfsvolle Fische gesehen?



Hungrige Goldfische haben große Ähnlichkeit mit südamerikanischen Piranhas.



Augenblicklich bekam ich ein schlechtes Gewissen.



Die Fischfütterung ging vor.



Mit dem guten Gefühl, meine Mitbewohner zufriedengestellt zu haben, eilte ich dann ins Bad.



Als ich eingeseift das Wasser an mir herunterprasseln ließ, fiel mir plötzlich ein, dass mein Hauswirt mir mitgeteilt hatte, dass er heute um halb acht in der Frühe das Wasser abzustellen gedachte – wegen einer Arbeit an den Leitungen.



Nun, es war halb acht, ich noch halb eingeseift und kein Wasser mehr da!



„Nein!!!“



Ich unter der Dusche hervor, Richtung Kleiderschrank und die nächstbesten Sachen angezogen.



Es war 7.45 Uhr, als ich in den Wagen stieg.

Strafzettel billigend in Kauf nehmend, benötigte ich für die Strecke nur zwanzig Minuten



... aber für das Meeting war das eindeutig zu spät!





Ich hätte mir schon etwas dabei denken können, als mich Kershs Sekretärin so seltsam ansah.

Konnte man mir am Gesicht ablesen, was mir an diesem noch jungen Morgen schon alles widerfahren war?





Kersh sah mich an wie immer.

O ja, er mochte mich genauso sehr wie ich ihn.

Skinner sah aus, als hätte er Essig statt Kaffee zum Frühstück getrunken und

Scully würdigte mich keines Blickes.



Sie war ohne Zweifel sauer – und zwar auf mich , wirklich und wahrhaftig sauer.

Ich hatte es in der letzten Zeit wohl etwas übertrieben mit der Unzuverlässigkeit, hatte alles schleifen lassen und die sonst so ruhige und geduldige Scully enttäuscht.

Damit musste ich jetzt klarkommen, auch wenn

Ich dieses Mal nichts dafür konnte, dass an diesem Tage alles schief gegangen war.



Ich stellte mir vor, wie sie reagieren würde, wenn ich ihr von der Chilisauce, den hungrigen Goldfischen und dem abgestellten Wasser erzählte.

Und ich kannte auch ihre Antwort:



„Das wäre alles nicht passiert, wenn Sie
Ihre Wohnung nicht als Mülleimer,
Ihre Couch nicht als Bett benutzen,
regelmäßig Ihre Goldfische füttern und sich einen vernünftigen Wecker zulegen würden.
Wären Sie rechtzeitig aufgestanden, hätte auch die Sache mit dem Wasser

geklappt!“


Natürlich hatte sie wie immer Recht.



Ich bekam so am Rande mit, um was es in dem Meeting ging.

Einbezogen wurde ich nicht – wer zu spät kam...


Als sie irgendwann fertig waren, drückte Skinner mir im Hinausgehen einen Stapel Akten in die Hand und Scully ging wortlos an mir vorbei.


„Scully, warten Sie doch mal!“

Die Akten in den Händen, bemühte ich mich, mit ihr Schritt zu halten.


„Ich bin in Eile, Mulder“, kam es unwillig von ihr, „ich habe auch noch ein Privatleben, wissen Sie und keine Lust mehr, auf Sie Rücksicht zu nehmen.“


Sie sah mich kurz an.


„Schlimm genug, dass Sie Ihr Versprechen wieder nicht gehalten haben, aber müssen Sie dann auch noch mit einem dreckigen Hemd erscheinen?“


„Dreckiges Hemd?“

Ich sah an mir herunter.

„Wo?“

„Da!“

Sie tippte mit der Fingerspitze auf einen etwa daumengroßen Fleck in Höhe der Knöpfe.


Unübersehbar


„Oh“, sagte ich.

„Oh?“

Sie zog die Augenbraue hoch.

„Wiedersehen, Mulder, bis in 14 Tagen!“

„Ja, okay.“


14 Tage???


Ich sah ihr verdutzt hinterher.


„Agent Scully hat Urlaub eingereicht“, erklärte mir Skinner, der neben mich getreten war.

„Urlaub?“

„Ja, Sie wissen schon, Mulder. Ausspannen.“

„Aha.“

„Sie haben einen Fleck auf dem Hemd“, stellte Skinner fest.

„Ich weiß“, knurrte ich.

„Und zwei verschiedenfarbige Socken an.“

„Was?“


Ohne Zweifel, der linke war blau, der rechte schwarz.



„Ist wohl heute nicht Ihr Tag, was?“

Über Skinners Gesicht huschte ein Lächeln


„Sieht wohl so aus“, sagte ich.


Er deutete auf die Akten.

„Die müssen durchgearbeitet werden und heute Nachmittag treffen Sie dann Ihren Kontaktmann.“

„Kontaktmann?“

„Genau – Kontaktmann. Also Mulder, ran ans Werk!“

„Und Scully?“

„Ist im Urlaub!“

Skinner wandte sich um und ließ mich stehen.



Mein Kellerbüro kam mir an diesem Morgen ganz besonders ungemütlich vor.

Am besten, ich machte mir erst einmal einen schönen starken Kaffee.

Dann sah die Welt wahrscheinlich schon viel besser aus.


Natürlich wurde es an diesem Tage selbstverständlich auch nichts mit dem Kaffee.

Mit einem lauten Knall und viel Qualm verabschiedete sich meine Kaffeemaschine.


Na toll, jetzt bekam ich auch noch eine Rauchvergiftung.


Ich entschied, mir einen Automatenkaffee zu besorgen.


Den Hersteller des Kaffeeautomaten gedenke ich auf zwei Millionen Dollar Schmerzensgeld zu verklagen, weil mir der Kaffee statt in den Becker direkt über die Finger gelaufen ist.



Als es Zeit war, den Kontaktmann zu treffen, war ich fast froh, den Bunker, der mein Büro war, verlassen zu können.


Am Aufzug hing ein Schild mit der Aufschrift ‚AUSSER BETRIEB’.

Ich ging also zu Fuß – war ohnehin gesünder.


Draußen regnete es in Strömen.

Natürlich hatte ich keinen Regenschirm, wie immer bei Regen.


Als ich am vereinbarten Treffpunkt ankam, war ich nass bis auf die Knochen.

Einige Passanten mit Regenschirmen sahen mich fast mitleidig an.


Hätte ich einen Hut zum Sammeln dabei gehabt, hätte es bestimmt für ein paar Dollar gereicht, genug, um einen Schirm zu kaufen.

Ich sah es fast vor mir, das Pappschild:


SPENDEN SIE FÜR EINEN ARMEN DURCHNÄSSTEN FBI AGENTEN MIT DRECKIGEM HEMD UND VERSCHIEDENEN SOCKEN, DEN SEINE PARTNERIN VERLASSEN HAT


Ich ertrank fast in Selbstmitleid.

Am Morgen hatte ich kein Wasser gehabt, jetzt hatte ich mehr als genug davon.

Worüber beschwerte ich mich eigentlich ?


Darüber, dass ich meinen Kontaktmann nicht getroffen, mir aber dafür einen kräftigen Schnupfen geholt hatte.


Ich stöhnte.

Hoffentlich war dieser Tag bald vorbei.



Mein Arbeitstag endete an diesem Tage ausgesprochen pünktlich.

Die Brandblasen an den Fingern, die rotgeschwollene Nase und der blaue Fleck, den ich mir beim Aufziehen einer der Schubladen des Aktenschrankes mit den Buchstaben S-Z zugezogen hatte, waren wirklich ausreichend für einen Tag.


Ich fuhr auf der Rückfahrt genau nach Vorschrift – was mich eine Riesenüberwindung kostete, sah beim Einparken zweimal hin, bevor ich das Lenkrad einschlug, schloss sorgsam die Fahrertür ab und wartete nicht auf den Fahrstuhl.


In meiner Wohnung sah es noch immer so aus wie am Morgen.

Ich warf den Mantel und das Jackett auf den Stuhl am Fenster, ging nach Nebenan und holte einen Mülleimer.


Mit spitzen Fingern sammelte ich die Reste der Nahrungsmittel der gesamten Woche auf – Teile davon sahen so aus, als hätten sie spätestens in zwei Tagen begonnen, sich mit mir zu unterhalten.


Wie sollte ich bloß diese Flecken auf dem Teppich weg bekommen ?


Ich dachte daran, was mich die Vollreinigung dieses Bodens vor gar nicht so langer Zeit gekostet hatte !


Eine Weile stand ich nur so da und blickte tief in Gedanken versunken auf den Fleck.

Mit viel Fantasie konnte man die Umrisse von Kuba daraus lesen.


KUBA


Ob Scully weggefahren war ?

Und wenn ja, wohin mochte sie gefahren sein ?


Ich war ein bisschen verstimmt.

Sie hätte mir doch wenigstens sagen können, wenn sie vorhatte, ihren Jahresurlaub einzureichen.

Auch wenn ich mich manchmal wie der allerletzte Idiot verhielt.

Das war sie mir nach den vielen Jahren unserer Zusammenarbeit schuldig

-fand ich und tat mir selbst furchtbar leid.

Wenn kein anderer da war, musste ich es halt selbst tun.


Wieder sah ich auf den Boden und dann hatte ich plötzlich die Idee.

Ich hatte doch noch irgendwo diesen geknüpften Teppich, den meine Tante Agatha aus England mir vor einiger Zeit geschickt hatte.

Tante Agatha mochte ich sehr, sie war die Schwester meines Vaters; mit geknüpften Teppichen konnte ich allerdings nicht allzu viel anfangen.

Bis zu diesem Augenblick.

Das geknüpfte Etwas war perfekt für die Insel KUBA auf meinem Teppich.

Wo hatte ich ihn nur ?


Ich kramte in meinen Schränken, natürlich nicht, ohne von Bergen von Dingen begraben zu werden, die ich in der Vergangenheit mal gesucht hatte.

Jetzt schob ich sie einfach unwillig zur Seite und suchte weiter.


„Ha !“


Ich stieß einen Ruf der Begeisterung aus, als ich den Teppich aus dem Schrank zog.

Er war zwar etwas verknittert, aber ohne Flecken.


Ich trug ihn ins Wohnzimmer, schob den Tisch zur Seite und legte das Geschenk meiner Tante auf den Teppichboden.


Perfekt

Und außerdem ein phantasievoller Farbfleck

Der Raum sah gleich viel heller und freundlicher aus.


Ich wandte mich um und sah die Unordnung im Schlafzimmer.

Schnell zog ich die Tür zu.

War sowieso besser.

Damit würde ich mich später beschäftigen

Mehr als einen Raum aufzuräumen, war entschieden zu viel

und v.a. an einem Tag wie diesen.


Ich entschloss mich, eine Dusche zu nehmen und mich umzuziehen.

Sollte ich es wagen ?


Die Dusche ließ ich weg – ich weiß, ich weiß, aber irgendwie traute ich mir heute selbst nicht.

Umgezogen war ich aber gleich.

Der Pullover war sauber, ich hatte ihn mir von allen Seiten angesehen.

Auch die Jeans waren in Ordnung.


Ich blickte zum Fenster hin.

Draußen regnete es noch immer.

Was für ein trostloses Wetter an einem noch viel trostloseren Tag.

Ein Tag ohne Scully.


Ich griff zum Telefon und wählte ihre Nummer.

Es klingelte zweimal, dann meldete sich ihr Anrufbeantworter.


„Hier ist der automatische Anrufbeantworter von Dana Scully.

Ich bin gerade nicht zuhause. Wenn Sie mir nach dem Ton Ihre Nummer hinterlassen, rufe ich Sie schnellstmöglich zurück !“

Ich wollte etwas sagen, als es in der Leitung knackte und dann hörte ich Scullys Stimme :

„Ich bin im Urlaub, Mulder. U-R-L-A-U-B.

Sie packen das schon ohne mich, enttäuschen Sie mich nicht. Der Fall ist genau das richtige für Sie. Ich schicke Ihnen auch eine Ansichtskarte, versprochen !“


Ich starrte den Telefonhörer an.

Eine Ansichtskarte schicken !


Ich schnaubte.


Der Fall.

Der Kontaktmann.


Verdammt !


Ich hatte wirklich auf der ganzen Linie versagt.

Erst kam ich zu spät, dann verpasste ich das Treffen.


Ein Fall für Sie


Ich erinnerte mich daran, dass Scully sich in der letzten Zeit intensiv mit diesem Fall auseinander gesetzt hatte.

Den ganzen Tag hatte ich über den Akten gebrütet und jetzt bekam ich fast nichts mehr davon zusammen.

Was war nur mit mir los ?


Ich stellte mir vor, was passieren würde, sollte ich diesen Fall in Scullys Abwesenheit auch noch in den Sand setzen.

Den Gedanken wagte ich nicht zuende zu denken.


Irgendwie war mir schlecht.

Vielleicht sollte ich etwas essen.


Essen


Mein Blick fiel auf die Reste im Müll und augenblicklich fing mein Magen an zu rebellieren.


Ich würde diese Sachen jetzt nach unten in den Müllcontainer bringen, und dann würde ich bei Mario, meinen Lieblingsitaliener, eine Pizza essen gehen.

Es dachte sich schlecht mit einem leeren Magen.

Die alte Weisheit hatte doch ein Quäntchen Wahrheit in sich.




Die Pizza schmeckte, als würde ich auf einem nassen Schwamm herumkauen, der Rotwein tendierte zu Spülwasser.


Als ich das Restaurant verließ, hatte ich immer noch Hunger und inzwischen eine Mordswut im Bauch.


Gut, der Tag war furchtbar gewesen, also würde ich ihn auch passend beenden.

Ich tat das wirklich selten und auch niemals ohne Grund.


Heute war der Tag.


Meine Schritte fanden ihren Weg ganz ohne mein Zutun zu Miles Bar.

Miles Bar war eine Pinte, als etwas anderes konnte man sie gar nicht bezeichnen.


Ich ließ mich auf einem der durchgesessen Barhocker an der Theke nieder.

Unbequeme Stühle, genau das richtige an diesem Tag.


Mein Blick fiel in die Spiegelwand, mir genau gegenüber.


Himmel, war ich das ?

Wie sah ich aus ?


Ich bestellte mir bei dem Mädchen, deren Namensschild sie als Brendaauswies, einen doppelten Wodka.


Brenda war so ziemlich das reizloseste Geschöpf, das mir jemals begegnet war. Sie war fast so weiß wie die Bluse, die sie trug. Ihr Haar war lockig, blond und zu einem dicken Zopf gebunden.


Brenda stellte den Wodka vor mich hin.

„Danke“, sagte ich.

„Bitte.“


Sie ließ mich allein mit dem Wodka und dem Spiegelbild eines zerknitterten Enddreißigers.

Ich nahm einen Schluck

Der Wodka brannte in meiner Kehle, aber er tat mir gut.

Ich winkte Brenda.

Auf einem Bein wollte ich nicht stehen.


Ich sah aus den Augenwinkeln, dass sich die Tür öffnete und jemand hereinkam.

Es war etwa halb neun und außer mir vielleicht noch fünf, sechs Leute in dem Lokal.

Trostlos, wie der ganze Tag.


Brenda stellte den Wodka ab und ging zum anderen Ende des Tresens, um dort die Bestellung aufzunehmen.


Als sie mit einer Tasse Kaffee an mir vorbeiging, bestellte ich einen dritten Wodka.


Kaffee, um diese Uhrzeit ?

Wer trank denn hier Kaffee ?


Ich warf einen Blick an das andere Ende des Tresens.




Der neue Gast war ein Mann in den Dreißigern, wahrscheinlich war er nur geringfügig jünger als ich. Er hatte kurzes schwarzes Haar und trug dunkle Kleidung.

So, als habe er bemerkt, dass ich ihn ansah, hob er den Kopf und erwiderte meinen Blick.


Ich war nie ein Mensch gewesen, der dem Blick eines anderen auswich, im Gegenteil. Wahrscheinlich hätte ich das auch jetzt nicht getan, wenn mich der andere nicht angelächelt hätte.


Das war genau das, was ich heute gar nicht gebrauchen konnte, ein Lächeln.

Ein Lächeln passte nicht zu diesem furchtbaren, trostlosen Tag.

Ich hatte mir geschworen, ihn passend zu beenden.


„Brenda, bitte noch einen Wodka“, sagte ich.


„Meinen Sie nicht, dass Sie vielleicht schon genug haben“, sagte der unbekannte Typ am anderen Ende des Tresens.


„Meinen Sie nicht, dass Sie das überhaupt nichts angeht“, konterte ich.


Ich war volljährig und konnte so viel trinken, wie ich wollte.

Und wenn ich den Wodka intravenös zu mir nahm.


Warum hatte ich nur das Gefühl, dass meine pampige Bemerkung überhaupt keine Wirkung auf ihn hatte ?

Und warum machte mich dieses Gefühl wütend ?


Ich entschied mich für einen neuen Wodka und betrachtete die Flaschen im Regal

Pernod, Chivas Regal, Eierlikör, Bacardi, Johnnie Walker, Gordons Dry Gin...


Und der Kerl sah mich immer noch an.

Etwas an ihm irritierte mich, was war das nur ?

Konnte er nicht woanders hinsehen ?
So interessant war ich ja nun auch wieder nicht.



Ich hob den Kopf und sah ihn an.

Irgendwie war mir schwindlig.

War es vielleicht doch zu viel Wodka gewesen ?

Hatte der Kerl etwa auch noch recht ?

Verdammt.


„Meinen Sie nicht, Sie sollten es mal mit einem schönen starken Kaffee probieren“, schlug der andere Mann mir freundlich lächelnd vor.

Ich spürte, wie es in mir kochte.

Wie kam er dazu...






„Bevor Sie gleich in die Luft gehen“, sagte er, „Brenda, bitte bringen Sie dem Herrn einen schönen starken Kaffee ohne Milch und Zucker.“

„Mit Zucker“, bellte ich.

„Mit Zucker.“


Das Lächeln des Mannes wurde noch intensiver.

„Ich denke, unser Gespräch wird nur dann etwas bringen, wenn Sie wieder in der Lage sind, einen klaren Gedanken zu fassen, Fox Mulder“, sagte er freundlich.


„Einen klaren Gedanken fassen, ich bin völlig klar“, antwortete ich und starrte auf die Tasse schwarzen dampfenden Kaffees, den Brenda gerade vor mich hingestellt hatte.

„Woher kennen Sie meinen Namen“, fragte ich dann.


„Von Dana Scully“, antwortete er leise und lächelte wieder.

„Dana Scully ?“

Ich sah ihn an wie einen Geist.

„Ja, von Dana.““

„Dana“, sagte ich spitz.

„Ja, ich hörte, sie sei im Urlaub.“

„O ja, das ist sie, im URLAUB“, fauchte ich.


Woher kannte er Scully ?


„Trinken Sie den Kaffee, bevor er kalt ist“, schlug er mir vor.

Ich tat es.

Er war heiß und gut.

Und außerdem landete er da , wo er hingehörte, nicht auf meinen Fingern und auch nicht auf meiner Kleidung.

Sollte es doch noch ein versöhnliches Ende für diesen grauenvollen Tag geben.


„Woher kennen Sie Scully“; wollte ich von ihm wissen.

„Warum waren Sie heute nicht am Treffpunkt“, fragte er zurück.

„Treffpunkt ?“

„Ja.“

Er lachte leise.

„Treffpunkt. Sie haben mich einfach im Regen stehen lassen. Ich kam mir ziemlich verschaukelt vor. Dana hat mich zwar vor Ihnen gewarnt, aber sie sagte nichts davon, dass Sie unzuverlässig sind.“

„Das bin ich auch nicht !“

Ich starrte ihm ins Gesicht.


Natürlich

Jetzt fiel es mir ein.

Jetzt wusste ich, was mich an dem Kerl irritiert hatte.

Es war ein Foto in einer der Akten gewesen und eine der Personen war

mein Gegenüber



„Sie sind der Kontaktmann“, sagte ich und kam mir plötzlich entsetzlich dumm vor.

„Richtig.“


Er nahm einen Schluck von dem Kaffee, dann streckte er mir seine Hand entgegen.


„Jarod.“

„Mulder“, sagte ich.

„Ich weiß“, er grinste mich an.


„Woher wussten Sie, wo Sie mich finden“, wollte ich dann wissen.

„Nachdem wir uns heute Nachmittag verpasst hatten ? Sie werden es nicht glauben, aber das war reiner Zufall. Ich ging ein bisschen spazieren und sah Sie hineingehen.“

„Zufall ?“

Ich sah ihn argwöhnisch an.

So ganz glaubte ich ihm diese Geschichte nicht. Wahrscheinlich hatte er mich den ganzen Abend über beschattet

und ich war so mit mir selbst beschäftigt gewesen, dass ich es nicht bemerkt hatte.


„Zufall, ja !“

Jarod sah mich an.

„Es gibt solche Zufälle, Agent Mulder. Oder aber heute ist einfach mein Glückstag.“

„Ihr Glückstag ?“


Ich dachte daran, was mir an diesem Tage alles widerfahren war und dieser Kerl, der sich Jarod nannte, sprach von seinem Glückstag.


„Ich kann mich nicht erinnern, jemals einen schlimmeren Tag erlebt zu haben als den heutigen“, sagte ich.


„Sind Sie ein abergläubiger Mensch, Agent Mulder“, wollte Jarod wissen.

„Warum fragen Sie ?“

„Nun, weil heute Freitag, der 13. ist und ein solcher Tag für abergläubische Menschen oftmals einen wahren Unglückstag darstellt.“


Freitag, der 13.!

Das war die Erklärung für alles.

Wieso war ich nicht selbst darauf gekommen ?


„Das erklärt alles“, sagte ich.

Ich blickte auf die Uhr.

Wenn das mit dem Unglück stimmte, dann hatte ich das alles in weniger als 2 Stunden endlich hinter mir – denn dann war Samstag, der 14.


Gut, das war also geklärt, wahrscheinlich würde ich auch die ganze Sache mit dem Fall in den Griff kriegen, aber was ich immer noch nicht wusste, war,

wie gut kannte dieser Jarod Scully?



„Sie nennen sie Dana, wie lange kennen Sie Scully schon“, wollte ich eher beiläufig wissen.


„Seit dem Beginn des Falles.“


Jarod sah mich prüfend an, dann lächelte er.


„Trinken Sie Ihren Kaffee, Agent Mulder und machen Sie sich nicht so viele unnötige Gedanken. Ich bin nichts als ein Kontaktmann und wenn ich meine Aufgabe erfüllt habe, werde ich wieder verschwinden.“


Mir war es, als habe dieser seltsame Mann meine Gedanken gelesen.


„Gut“, sagte ich.


Gut ?


Ich hatte kein Recht, mich in Scullys Privatleben einzumischen.

Das durfte ich nicht vergessen.

Sie selbst hatte mich darauf hingewiesen.


Ein Kontaktmann, nicht mehr.

Jemand, der wieder verschwand, wenn er seine Aufgabe erledigt hatte.


Wir begannen, uns über den Fall zu unterhalten und Jarod gab seine Informationen an mich weiter.


Die Zeit verrann.


Als wir uns voneinander verabschiedeten, war es 5 Minuten vor 12.


Wir gaben uns die Hand, Jarod stand auf und ging zur Tür.


Ich bezahlte meine Getränke bei der farblosen Brenda und wollte ebenfalls aufstehen, als es plötzlich unter mir knackte.

Ich blickte noch nach unten, fand aber nichts, an dem ich mich hätte festhalten können, als der durchgesessene Barhocker unter mir zusammenbrach und mich mit in die Tiefe riss.

Sekunden später fand ich mich auf dem Boden wieder, auf dem Rücken liegend wie ein Käfer, inmitten von Resten eines defekten Barhockers.


Jarod war sofort neben mir und blickte besorgt auf mich herunter.


„Himmel, Mulder, ist alles in Ordnung mit Ihnen“, wollte er wissen.

„Ja.“

Mir taten alle Knochen weh, aber ich musste lachen, ich konnte gar nicht anders.


Das passte.


Ich sah auf meine Uhr, auf der die Zeiger beide soeben die 12 erreicht hatten.

„Es ist Samstag“, sagte ich und ließ mir von Jarod aufhelfen.



Brenda war noch blasser geworden.

Sie streckte mir das Geld entgegen, das ich ihr eben gegeben hatte.


„Hier, nehmen Sie es wieder zurück, Sir, Sie hätten sich ernsthaft verletzen können !“


„Ist schon gut“, sagte ich und versuchte, mir das Schmerzen meiner Knochen nicht zu sehr anmerken zu lassen.

„Schönen Abend noch, Brenda.“


Und ich verließ zusammen mit Jarod Miles Bar, mit ein paar blauen Flecken mehr und wichtigen neuen Informationen zu einem Fall, den Scully als einen Fall, ganz nach meinem Geschmack bezeichnet hatte.


Jarod sah ich niemals wieder, aber ich erlebte auch niemals wieder einen weiteren unglücklichen Freitag, den 13.



_ THE END_

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