World of X

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Gefangen

von Brekke

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"Was ist los, Scully? Eifersüchtig?"

Scully funkelte Mulder, über seinen Schreibtisch hinweg an.
Sogar als sich ihre Diskussion zu einem dauerhaften stichelnden Krieg
entwickelt hatte,
war keiner von beiden von seinem Schreibtisch aufgestanden um dem anderen
von Angesicht
zu Angesicht gegenüberzustehen.
Selbst in ihrer ganzen Wut, war Scully in der Lage, die ironische Symbolik
dieser gemeinsamen Geste zu erfassen.

Mulders wütende Blicke trafen ihre und sie starrten sich
eine Minute lang einfach nur an, bis schließlich Scully die
Arme in die Luft warf, sich umdrehte und auf der Suche nach ihrem Mantel
durch den Raum
marschierte.

"Das war's, Mulder," sagte sie erschöpft und sah ihn erst an als sie die
Tür erreichte.
"Das war's, es ist genug."Sie warf ihm ihr FBI-Abzeichen zu.
Er war zu geschockt um es zu fangen und es fiel mit einem
leichten Klimpern auf den Schreibtisch - das Objekt, welches sie vorher
getrennt hatte,
stellte Scullys Verstand ironisch fest. "Ich verschwinde,"
fügte sie schließlich hinzu, während sie seinen schockierten Blick traf und

sich dann umdrehte um zum letzten Mal über die Türschwelle des Kellerbüros
zu schreiten.

Mulder zögerte nicht lange. Mit einem Satz war um den Schreibtisch herum,
einen Arm
ausgestreckt um sie am Ellenbogen zu greifen und hielt sie fest. "Scully?"
er sprach ihren Namen und wusste jedoch nicht was er sagen, was er tun
konnte,
um sie zum Bleiben zu bewegen.

Scullys Augen wanderten zu ihrem Ellenbogen, wo er sie festhielt
und sahen ihn dann entschlossen an. "Las mich gehen, Mulder,"
sie sprach jedes Wort langsam und deutlich, um sicherzustellen, dass er
begriff
wie ernst es ihr war.

Mulder ignorierte ihre Forderung und festigte seinen Griff.
"Nein, Scully, wir müssen reden," versicherte er ihr leise aber bestimmt,
schloss
die Tür hinter ihnen und zerrte sie zu einem Stuhl. Er stieß sie grob
hinein
und setzte sich ihr gegenüber. Seine Hände pressten ihre gegen
die Armlehnen ihres Stuhls ohne auch nur eine einzige Sekunde der
Überlegung. Alles
woran Mulder denken konnte war, dass sie bleiben musste, dass er sie
irgendwie dazu bringen musste ihm zuzuhören.

Scully wehrte sich halbherzig, jedoch ohne Erfolg. Mulder war
viel stärker als sie. Unter anderen Umständen hätte sie Angst
gehabt, aber das war Mulder. Trotz allem was passiert war, all den
beschissenen Dingen, die er ihr angetan hatte, vertraute sie ihm noch
immer.
Sie kannte ihn zu gut, um es nicht zu tun. Mulder hatte wahrscheinlich
keinen blassen Schimmer, wie weh er ihr tat.
Das würde ihm ähnlich sehen.

Sobald Mulder sich sicher war, dass sie sich nicht rühren würde,
löste er seinen Griff und setzte sich auf seinem Stuhl zurück,
war jedoch noch immer nach vorne gebeugt und behielt sie im Auge.
"Okay Scully, erzähl's mir," befahl er.

Scully schüttelte ihren Kopf und rollte die Augen. "Mulder du sagst mir die

ganze Zeit, ich sollte dich verlassen, dass ich gehen und Ärztin werden
sollte,
dass ich mich so weit wie möglich von dir fernhalten soll. " erinnerte sie
ihn,
und verlor dabei ein bißchen ihrer Fassung während sie wild zu
gestikulieren begann.
"Und bisher hast du mir, jedesmal wenn ich versucht habe einen Schlußstrich
zu ziehen,
im Weg gestanden." Sie schaute ihn gespannt an."Ich möchte gehen, Mulder.
Es
war genug."

Mulder verlor alle Beherrschung und packte sie an den Schultern, überrascht
als sie aus seiner
"Umarmung" zurückschreckte.
"Scully, ich brauche dich," beteuerte er. "Ich weiß, dass es nicht immer so
scheint, wie zum
Beispiel als Diana damals auftauchte, aber es stimmt, ohne dich..." er
brach ab,
unfähig seinen Satz zu ende zu bringen.

Scullys Mund verzog sich zu einem bitteren Lächeln, als ob dies genau die
Antwort
gewesen war die sie erwartet hatte. Sie stand auf und begann durch den Raum

zu irren wie ein gefangenes Tier. "Mulder, ob du mich brauchst oder nicht,
steht hier nicht zur Debatte."

Sie drehte sich blitzschnell um und blickte ihn an, ihre ganze Wut und
Frustration auf ihn gerichtet.
"ICH WEISS, dass du mich brauchst, Mulder. Ohne mich gäbe es für dich keine
Möglichkeit,
deine lächerlichen Theorien wissenschaftlich zu bestätigen. Ich habe alles,
was dir fehlt -
einen wissenschaftlichen Hintergrund und Respekt vor Unseresgleichen. Was
die X-Akten angeht,
habe ich alles was du brauchst."

Sie hielt kurz inne und sagte dann in einem Atemzug:"Aber darum geht es
hier nicht."

Mulder sprang von seinem Stuhl auf und minderte die Distanz zwischen ihnen,

bis er deutlich in ihren persönlichen Freiraum eindrang, über sie gebeugt,
sein heißer Atem
stieß in ihr Ohr."Worum geht es dann?" forderte er.

Scully hob ihre Augen und schaute ihn herausfordernd an. "Es geht darum,
dass du mich benutzt."

Einen Moment lang war Mulder sprachlos. Er taumelte leicht zurück,
um sie klarer betrachten zu können. "Scully?" fragte er überrascht,
nicht ganz sicher, worauf sie hinaus wollte.

Scully fuhr unbeirrt fort. "Es geht darum, dass du meine Gefühle
gegen mich verwendest, Vorteile aus meinen Empfindungen ziehst, um mich
immer
wieder dazu zu bringen, bei dir zu bleiben." Sie blickte weg und schluckte
den Kloß in
ihrem Hals hinunter. "Ich habe es satt, Mulder."

"Scully?" Seine Stimme klang nun sanfter, dennoch unausweichlich, seine
Hände
ruhten auf ihren Schultern und hielten sie sanft fest. "Scully, falls ich
... ich würde
dich niemals absichtlich benutzen, Scully," beteuerte er, sie in Gedanken
anflehend ihn
anzusehen. "Scully, ich ... du bedeutest mir sehr viel. Du weißt das."

Das bittere Lächeln erschien schon wieder auf ihrem hübschen Gesicht. Sie
sah
ihn nicht an. "Und du tust es schon wieder," in ihrer Stimme war ein
sarkastischer Ton, wie er ihn noch nie zuvor von ihr gehört hatte.

Panik ergriff ihn. "Scully?"

Diesmal trafen sich ihre Augen. "Jedes Mal, wenn ich versuche dich zu
verlassen,
höre ich von dir dieselben Worte. JEDES Mal." Sie schüttelte ihren Kopf,
um zu zeigen, dass sie keinen Einfluss auf sie hatten, dass er keinen
Einfluss auf sie hatte.
"Du brauchst mich, ich mache einen ganzen Menschen aus dir, ich bin dein
Ein und Alles."

Ihre Augen flackerten böse auf. "Sogar an meinem verdammten Totenbett,
hast du es getan. Selbst dann hast du versucht mir auszureden, dich zu
verlassen."
Ihre Stimme ging ins Schreien über. "Als ob ich eine verdammte Wahl gehabt
hätte!!"

Sie zitterte nun vor Wut. "Du machst mir all diese Illusionen von etwas
Besserem,
etwas Größerem als wir es haben, nur um mich genau dort zu behalten, wo du
mich
wieder benutzen kannst." Ihre Stimme fiel für die letzte Anschuldigung
zurück
in ein leises angespanntes Zischen. "Aber du meinst es niemals wirklich und
ich habe es satt,
immer auf dieselben Worte hereinzufallen, ich habe es satt benutzt zu
werden."

Mulder hatte seine aufgekommenen Tränen nicht bemerkt.
Die Nässe seiner Wangen jedoch und sein verschwommener Blick, ganz zu
schweigen von dem dumpfen Schmerz in seiner Brust, gaben ein stummes
Zeugnis davon, dass er weinte.
"Scully?" flehte er mit heiserer Stimme.

All die Jahre, all die Dinge die er gesagt hatte - Dinge die nicht leicht
über die Lippen eines Mannes gekommen waren, dem schon sehr früh
beigebracht
worden war, dass das Offenbaren von Gefühlen ihm nur Ärger einbringen
würde.

All die Geständnisse ihr gegenüber, sie kamen von Herzen.
Und sie glaubte ihm nicht. Sie dachte er würde versuchen, sie zu benutzen.
Was zum Teufel hatte er falsch gemacht, dass sie glauben konnte,
er wäre zu einer solchen Sache imstande.

Dann war wiederum alles was sie sagte wahr.Er HATTE Versprechungen
von mehr gemacht, doch niemals erfüllt. Aber das war wegen seinen Ängsten,
seiner Unsicherheit, nicht weil er jemals versucht hatte, sie zu benutzen.

"Wie konntest du so etwas nur denken, Scully?" flehte er gebrochen.

Scullys frustrierter Schritt stockte einen Moment lang, während sie Mulder
ansah,
um danach seinen ursprünglichen Verlauf wiederaufzunehmen. "Beweise,
Mulder."
erklärte sie ihm kühl. "Ich habe sechs Jahre als Beweis."

Seine Hand fuhr aus und ergriff ihre, bremste ihren Schritt
und hielt sie fest. "Du irrst dich, Scully."

Ihre Lippen verzogen sich wieder zu diesem bitteren selbst -missbilligenden
Lächeln,
das ihnen nach Mulders Geschmack viel zu gebräuchlich war.
"Tue ich das nicht immer? Oder wie war das? In neun von zehn Fällen doch
sowieso."

Mulder starrte sie hilflos an. "Scully du weißt, dass ich es nicht so
gemeint habe."

Ihre Braune hob sich skeptisch. "Ach nein?" fragte sie kalt.

Mulder zog sie an ihrer Hand, im Versuch sie näher an sich zu drücken aber
sie gab nicht nach. "Jesus Scully, wie konntest du nur glauben, dass
ich so etwas im Schilde führen würde? Wenn du mich doch nur reinlassen
würdest..."

Diesmal war das bittere Lächeln mit einem kurzen bitter-prustenden
Lachen verbunden. "Dich reinlassen?" spottete sie. "Ich bin verwundbar
genug,"
erklärte sie.

"Jedes Mal wenn ich dich reingelassen habe, Mulder, jedes Mal
wenn ich meinen Gefühlen für dich auch nur ein wenig nachgab,
jedesmal wenn ich auch nur in Erwägung gezogen habe, was ich für dich
empfinden könnte, war es wie ein Schlag mitten ins Gesicht."
Sie schüttelte verblüfft den Kopf. " Als wir damals Tooms überwacht haben,
hast du mich sogar
AUSGELACHT. Aber das war nicht genug, oder?"

Sie ging auf ihn zu, ihre Augen voller Wut. "Ich kann ein Dutzend Beispiele
von letzter
Woche nennen in denen du körperliche Nähe benutzt hast um mich von einem
Argument
abzubringen und mehr als ein Dutzend in den sechs Jahren in denen ich dich
kenne, als
du emotionale Erpressung benutzt hast damit ich tue was du willst."

Ihr Körper zitterte mittlerweile vor Wut, das Gesicht vor Zorn errötet.
Scully näherte sich
ihrem Partner bis sie ihm praktisch ins Gesicht spuckte. "Ich Habe Es
Satt!", fauchte sie ihn an.

Einen Moment lang herrschte absolute Stille, man konnte die Spannung
zwischen den beiden in der Luft spüren. Tränen liefen ungehindert Mulders
Wangen
hinunter. Ihre Worte schienen ihn seiner letzten Kraft zu berauben. Es
brachte ihn aus der
Fassung und verletzte ihn zutiefst, dass sie glauben konnte, er würde ihr
jemals so etwas antun.
Gleichzeitig war er wie gelähmt, denn obwohl er genau wusste, wie falsch
sie lag, schien
alles, was sie gesagt hatte, die Sache in einem anderen Licht zu
präsentieren. Er konnte sich ausmalen wie ihr
wissenschaftlicher Verstand die einzelnen Stücke über die Jahre hinweg
zusammengesetzt haben könnte.
Scully war nie ein Mensch gewesen, der einfach nur glaubte. Sie war
skeptisch bis zum bitteren Ende.

Mulder handelte möglicherweise dem einzigen Beispiel nach, das er
kannte und zog sie mit einer Kraft und rauhen Wildheit in seine Arme,
von der er nicht gedacht hatte, dass er sie jemals anwenden würde, ihr
Zappeln
vollkommen ignorierend, und presste sie fest an sich.

"Ich liebe dich, Scully," murmelte er ihr immer und immer wieder ins Ohr.
"Ich sage das nicht um dich zum Bleiben zu bewegen, ich sage es weil es
wahr ist,
und die letzen fünf Jahre lang wahr gewesen ist. Hörst du mich, Scully? Ich
liebe dich"

Scully zappelte und windete sich in seinen Armen, versuchte verzweifelt zu
entkommen,
Tränen liefen ihre Wangen hinunter, während Mulder
immer und immer wieder Worte seiner Liebe zu ihr murmelte, bis Scully sich
schließlich mit einem herzzerreißenden Schluchzen an seiner Brust
entspannte.

Mulder streichte ihr tröstend durchs Haar während sie weinte, ignorierte
dabei
die eigenen Tränen, seine Aufmerksamkeit ganz auf sie gerichtet.
"Ich liebe dich, ich liebe dich, ich liebe dich", flüsterte er.
"Dringt das schon zu dir durch?"

Schließlich hob Scully erschöpft ihren Kopf von der Wärme seines
Oberkörpers und wischte sich mit dem Handrücken die Tränen aus den Augen
- eine ihrer liebenswerten Gesten. "Und du hast es schon wieder getan,"
bemerkte sie traurig.
Bedauern lag in ihrer Stimme, doch war nichts mehr von der Wut und Bosheit,

die sie vorher geprägt hatten zu spüren. "Typisch Mulder. Schlägt mich mit
meinen eigenen Gefühlen damit ich mich ergebe."

Mulder gab einen Schluchzer der Erleichterung von sich. "Aber ich meine es,
Scully,"
erinnerte er sie "Das ist entscheidend. Ich habe es immer ernst gemeint."

Scully rieb seufzend ihre Nase an Mulders Hemd und erntete einen amüsierten

Blick und ein zärtliches Drücken seinerseits. "Ich ... ich
glaube ich habe es schon lange gewusst, ich hatte nur..."

"Angst?", schlug Mulder vor und Scully nickte an seiner Brust.
Mulder presste seine Lippen an ihre Stirn "Ich verrate dir ein
Geheimnis, Scully," flüsterte er verschwörerisch. "Ich auch."

Sie lächelte kurz, einen Arm um seinen Hals schlingend und den
anderen um seine Hüfte um sich näher an ihn zu schmiegen. "Ich sollte keine
haben.
Ich weiß das. Die Angst ist absolut irrational."

"Einige der schönsten Empfindungen sind das," bemerkte Mulder, seine Nase
zart an ihren Hals schmiegend, bevor er sie noch fester umarmte.

"Aber es ist eine Angst, der ich mich stellen kann," versicherte sie ihm.

Mulder schüttelte seinen Kopf leicht gegen ihren. "Eine Angst, der WIR uns
stellen können,"
korrigierte er sie, und schließlich trafen sich ihre Blicke.

"Ja," sie lächelte als sie den Klang dieses Wortes und aller Implikationen,
Verwicklungen
und sogar Komplikationen, die es mit sich bringen würde, auf ihren Lippen
schmeckte.
"Wir."

***
ENDE
***

Oh Mann! Verdammte Angst-Stories. Komme einfach nicht davon los. Hoffe, es
hat
euch gefallen. Und ich würde mich über ein bischen Feedback freuen. Ta!
Brekke ( elseheavens@hotmail.com )
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