World of X

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Merry Christmas, Scully

von Stephanie Kaiser

Kapitel 2

Der Schnee fiel vom Himmel und schuf - gemischt mit dem strengen Nordwind -

eine Welt aus einer wirbelnden, verwirrenden, blendenden Weiße.



Fox Mulder bewegte sein Auto vorsichtig und ganz langsam dort entlang, wo

er hoffte, dass es immer noch die Straße war. Er war sich nicht länger

sicher, weil sie schon lange mit Schnee bedeckt worden war durch den Sturm,

der um ihn herum tobte. Sein einziger Anhaltspunkt war, das Auto zwischen

den beiden Reihen Telefonmasten zu halten, die rechts und links der Straße

entlangliefen.



‚Ist das ganze Universum gegen mich?' fragte er sardonisch, jedoch

niemanden im Speziellen, weil er allein im Wagen war. ‚Oder habt ihr euch

alle abgewechselt und heute ist Jack Frosts Glückstag?'



Er blickte grimmig drein und packte das Lenkrad des Autos fester, als die

Reifen für einen Moment die Bodenhaftung verloren. Der Motor jaulte kurz

auf bevor das Auto wieder begann, vorwärts zu kriechen. Den Gedanken, an

den Straßenrand zu fahren, wenigstens bis es aufhörte zu schneien, hatte er

fortgewischt. Er wollte zu Scully - er musste zu Scully.



Es waren die längsten zehn Tage seines Lebens gewesen. Mulder hatte sein

Leben allein verbracht, das war es, was er kannte, das war es, was er

akzeptiert hatte. Er hatte sein ganzes Dasein, bis vor fünf Jahren, mit der

Suche in einer selbstauferlegten Einsamkeit zugebracht. Mit der Suche nach

seiner Schwester, nach der Wahrheit und, obwohl er es nie erkannt hatte,

war er auf der Suche nach Scully gewesen.



Vor elf Tagen hatte er sie im Arm gehalten. Vor zehn Tagen hatte er sie zum

Flughafen gefahren, ihr geholfen, ihn zu verlassen, darauf vertrauend, dass

sie die Antworten, die sie in sich selbst suchte, finden und zu ihm

zurückkommen würde. Scully kehrte immer zu ihm zurück.



In den letzten zehn Tagen hatte er in ihrem Büro gesessen, die Leere

angestarrt und ihre Anwesenheit dort vermißt. In der Vergangenheit war die

Arbeit sein Zuspruch gewesen, jetzt fand er nur Trost, wenn er mit ihr

zusammen war. Ihre Stimme auf seinem Anrufbeantworter an diesem Nachmittag

hatte seine Seele erwärmt.



"Mulder, ich bin es. Ich... äh... ich bin früher zurückgekommen. Ich habe

gehofft, wir könnten uns treffen. Wir könnten... Schneeengel machen, wie

beim letzten Mal, als du mich hergebracht hast."



Er lächelte, als er sich an den Klang ihrer Stimme erinnerte, die zögernde

Scheu, die er aus ihren Worten gehört hatte. Die Erinnerung entflammte sein

Verlangen, sie an sich zu spüren, und frustriert schlug er auf das Lenkrad

ein. Die Reifen fuhren fort, den Schnee gegen den Gehweg zu schleudern,

während sich das Auto allmählich vorwärts bewegte. Ein Straßenschild zu

seiner Rechten ließ seine Laune ansteigen. Bis zur Hütte waren es noch

fünfzehn Minuten - fünfzehn Minuten bis zu Scully. Fünfzehn Minuten davon

entfernt, sie in den Armen zu halten.



Mit neuem Bewusstsein für das Ziel packte er das Lenkrad und erinnerte sich

daran, wie es sich anfühlte, sie in den Armen zu halten, ihren Körper an

seinem zu spüren.



Er erinnerte sich an das Gefühl ihrer Haut, glatt und warm an ihm, als sie

sicher in seinen Armen zusammengerollt schlief. Stundenlang hatte er

wachgelegen und sich der Einfachheit ihres warmen Atems an seinem Hals und

dem Gefühl ihres Herzschlags im Rhythmus mit seinem ergeben.



Am Weihnachtsabend hatte er ihr sein Herz gegeben. In Wirklichkeit hatte

sie sein Herz seit langer Zeit behutsam in ihren Händen gehalten, es

geführt und beschützt so grimmig wie sie ihn führte und beschützte.



Am Weihnachtsmorgen war er das erste Mal aufgewacht mit ihr in seinen

Armen. Diese Erinnerung hatte ihn warmgehalten während ihrer Abwesenheit.

Er war vom Schlaf in den Wachzustand gedriftet, bevor sie es getan hatte

und er hatte ein großes Vergnügen darin gefunden, das Gewicht ihres Körpers

an seinem zu spüren. Er hatte dem Schicksal gedankt, bevor er überhaupt die

Augen geöffnet hatte. Seine Arme hatten sich enger um sie gelegt und sie

hatte begonnen, sich zu rühren.



"Lass die Augen zu," flüsterte er sanft und dann lächelte er, als sie ihre

Augen zwar geschlossen hielt, aber eine Augenbraue hochzog.



"Warum?" Ihre Stimme war halb betäubt durch den Schlaf, aber ihr Körper

zeigte ihre Freude darüber, in seiner Umarmung zu erwachen, als sie ihn

dadurch neckte, dass sie ihr Knie gemächlich an seinem Schenkel auf und ab

wandern ließ.



"Scully..." brummte er in gespielter Warnung, nahm sie fester in die Arme

und küßte sie auf den Kopf. "Du kannst die Augen nicht öffnen, bevor du

eine Weihnachtswunsch gemacht hast."



"Einen Weihnachtswunsch?"



"Bevor man am Weihnachtsmorgen die Augen öffnet, hat man einen Wunsch

frei."



"Wer sagt das?" forderte sie ihn heraus, ihre Augen immer noch geschlossen.



"Der Weihnachtsmann. Scully, das ist doch nicht schwierig, lass deine Augen

zu und wünsch dir was."



"Mulder." Sie hob ihren Kopf, der auf seiner Brust geruht hatte, und

schätzte, entsprechend ihrer zeitweiligen Unfähigkeit zu sehen, wo sein

Gesicht war. "Du erkennst schon, dass es keine Person wie..."



Mulder brachte sie zum Schweigen, indem er ihre Lippen mit seinen

verschloss.



Sein Kuss war berauschend und heftige Wellen von Verlangen fluteten ihre

Sinne, brachten sie dazu, ihr Argument zu vergessen, was natürlich sowohl

seine Absicht als auch sein Vergnügen war. Sie stöhnte protestierend, als

sich seine Lippen von ihren lösten. Sein Gesicht blieb nahe an ihrem, die

morgendlichen Stoppeln auf seiner Wange strichen rau über ihr Kinn, bevor

er eifrig ihr Ohrläppchen in seinen Mund saugte. Scully atmete tief ein und

kuschelte sich an ihn. Langsam erlaubte er dem zärtlichen Saugen das Feuer

zu schüren, das tief in ihrem Bauch brannte, aber er hoffte, dass das

dumpfe Grollen tief in seiner Kehle die brennende Hitze verursachte, die

durch ihre Adern jagte.



"Shhh... ich will glauben," hauchte er. "Wünsch dir was, Scully."



Dieser Mann, wenn er diese Stimme benutzte... sie konnte ihm nichts

abschlagen.



Mulder beobachtete, wie ihr Gesichtsausdruck einen Moment ernst wurde,

bevor ein zufriedenes Lächeln ihr Gesicht erhellte und sie ihre Augen fest

zusammenkniff, als sie ihren Wunsch formulierte. Sie öffnete ihre Augen und

nun, da sie ihr Ziel sehen konnte, presste sie ihre Lippen auf seine. Ihre

Zunge verspottete ihn, indem sie nur über seine Unterlippe strich. Als sich

sein Mund öffnete, um sie hereinzulassen, zog sie sich zurück und überließ

ihn seinem Verlangen.



"Das funktioniert nicht immer." Ihre Stimme war tadelnd, aber in ihren

Augen tanzte Frohsinn.



"Dich zu küssen? Für mich funktioniert es." Er beugte sich nach vorn, um

ihre Lippen wieder in Besitz zu nehmen, aber sie lehnte sich nach hinten

aus seiner Reichweite heraus.



"Nein, mich zu küssen, um mich daran zu hindern, dir nicht zuzustimmen."



"Du kannst es einem Jungen nicht übel nehmen, dass er es probiert, Scully."



"Ich freue mich auf deinen Versuch, Mulder. Ich warne dich nur, dass es

nicht immer funktioniert."



Er beugte sich zu ihr und diesmal trafen sich ihre Lippen und sie sonnte

sich in den Gefühlen, die er ihr bescherte.



"Ich muss einfach nur üben, bis es immer funktioniert," murmelte er an

ihren Lippen.



"Ich weiß nicht. Ich kann ganz schön stur sein, wenn ich will. Es wird eine

Menge Übung brauchen."



"Ich glaube, ich nehme die Herausforderung an." Er lächelte und zog sie

enger an sich. Die Decke, die sie eingehüllt hatte, verrutschte und

überließ ihre Beine der kühlen Morgenluft. Sie schauderte.



"Es ist kalt hier drin."



"Das Feuer ist ausgegangen," stellte er einfach fest.



"So? Vielleicht solltest du aufstehen und es wieder anzünden."



"Scully, ich will nicht aufstehen. Es ist kalt hier drin," protestierte er

mit einer Stimme, die an ein Winseln grenzte, während er sein Gesicht in

ihr Haar kuschelte.



"Ich fange an zu glauben, dass ich einen defekten Indianerführer zum

Partner habe," neckte sie ihn.



"Die Frau macht das Feuer," erwiderte er mit ernstem Gesichtsausdruck und

benutzte gestelzte Worte. "Indianerführer richten den Hochofen her."



"Mulder!"



"Wenn du ein Feuer willst, dann bekommst du natürlich ein Feuer. Ich bin

nur noch nicht soweit, dich loszulassen." Er schob sich unter sie und zog

sie an sich, so dass die Wärme seines Körpers sie sanft einhüllte.

"Besser?"



"Viel besser," erwiderte sie und bedeckte sein Kinn und seinen Hals mit

weichen Schmetterlingsküssen. "Denk bloß nicht, dass du aus der Sache mit

dem Feuer rausbist."



"Scully?" Sie unterbrach ihre Liebkosungen und sah ihm in die Augen. "Was

hast du dir gewünscht?"



"Das kann ich dir nicht sagen."



"Warum nicht?"



"Wenn man jemandem seinen Wunsch erzählt, dann wird er nicht wahr."



"Das gilt nur für Geburtstagswünsche." Mulder verdrehte die Augen in

gespielter Empörung über ihre Unkenntnis des Wunschprotokolls.



"Bist du sicher?" Scully blickte ihn skeptisch an.



"Ich bin sicher. Was hast du dir gewünscht?"



"Einen Tag." Sie hielt seinen Blick fest, aber ein wenig Scheu zeigte sich

in ihrem Gesichtsausdruck.



"Einen Tag?"



Scully wußte, dass es ihm wichtig war, dass er verstand, worum sie bat. Sie

griff herüber, nahm seine Hand in ihre, zog sie an ihre Lippen und küßte

seine Handfläche.



"Ich möchte einen Tag mit dir. Einen Tag, an dem es nur dich und mich gibt.

Ein Mann und eine Frau. Einen Tag, an dem wir nicht die Spezialagenten

Mulder und Scully sind, einen Tag, an dem der Rest der Welt nicht

existiert. Ich will nicht darüber nachdenken, was passiert, wenn wir an die

Arbeit zurückkehren. Ich will nicht darüber nachdenken, was morgen ist,

wenn wir hier wieder weggehen. Ich will nur einen Tag."



Er sah die Emotionen in ihren Augen und glaubte zu verstehen, wieviel ihre

Bitte ihr bedeutete, aber sie musste verstehen, dass das, was sie beide

hatten, nicht nach einem Tag zuende gehen würde. Sie hatten zu lange

gebraucht, um so weit zu kommen. Sie hatten zu hart gekämpft, zu viel

verloren. Er würde jetzt nicht sie verlieren.



"Aber Scully, das muss es nicht."



Scully hob ihre Finger an seinen Mund, legte sie ihm fest auf die Lippen

und brachte ihn damit zum Schweigen.



"Einen Tag. Kannst du mir den geben, Mulder?"



Wenn es in seiner Macht stünde, würde er ihr die ganze Welt geben. Er würde

ihr den heutigen Tag geben, dann den morgigen Tag und jeden weiteren Tag.

Mulder blickte ihr in die Augen und sah darin das Bedürfnis ihrer Seele.



"Der heutige Tag gehört dir, Scully," schaffte er zu flüstern, bevor er

sein Versprechen mit seinem Mund besiegelte.



Das Brennen ihrer Lippen, ihrer forschenden Zunge sandte ein Feuer durch

all seine Adern. Seine Reaktion veranlasste sie, in einem tiefen,

primitiven Ton zu stöhnen, der jeden Nerv in seinem Körper reizte.



"Bist du dir sicher, Mulder? Kannst du alles andere für einen Tag

vergessen?" bat Scully eindringlich, als er schließlich seine Lippen von

ihren löste, um die sinnliche Erschütterung des Kusses zu beenden.



"Wenn das dein Weihnachtswunsch ist, dann will ich den Tag damit

verbringen, alles zu machen, was du magst," versprach er ihr mit seinem

Herzen und mit seinen Worten.



"Danke," flüsterte sie leise.



"Wie möchtest du deinen Tag beginnen?" Er zog suggestiv seine Augenbraue

hoch, während seine Hand ihren Körper unter der Decke neckte.



"Warum machst du nicht das Feuer an und ich mache das Frühstück." Scully

lächelte, als sie sah, wie sein Gesicht sich zu einer jungenhaften Schnute

verzog, was sie insgeheim unglaublich verlockend fand. Sie küßte ihn, für

seine Begriffe viel zu schnell, und griff nach dem heruntergefallenen Hemd,

das er letzte Nacht fortgeworfen hatte. "Das klappt auch nicht immer."



Mulder seufzte, aber er setzte sich hin, als sie sein nun zerknittertes

Arbeitshemd anzog und begann, die Knöpfe zu schließen. Das Hemd hatte

niemals so gut ausgesehen. Scully stand auf und sah auf ihn herab.



"Fein. Mann macht Feuer, Frau geht in Küche," ordnete er an, seine Version

eines Indianerführers imitierend. Der Blick, den sie ihm zuwarf, war

Scullypatent. Sogar als sie so dastand, ihr Haar nur durch seine Finger

gekämmt, ihre Lippen leicht geschwollen durch den Druck seiner eigenen, ihr

sinnlicher Körper, der sich unter seinem gewunden hatte während der Nacht

und der sich unter seinem Hemd abzeichnete; sie war eine Kraft, mit der man

rechnen musste, wenn sie ihm diesen Blick schenkte. Eine wunderschöne

Kraft. Seine wunderschöne Kraft. Seine Scully. "Das Feuer kommt."



Scully drehte sich um, um zur Küche zu gehen, aber nicht ohne ihn zuerst

mit einem Lächeln zu beschenken. Beinahe als Nachgedanke drehte sie sich

noch einmal um, während er sich die Decke um seine Taille schlang.



"Mulder? Was ist dein Weihnachtswunsch?"



"Streichhölzer," scherzte er, als er zum Kamin eilte. Er drehte sich um,

als er immer noch ihre Augen spürte, die ihn beobachteten. "Mein

Weihnachtswunsch ist ein bisschen komplizierter, aber ich verspreche dir,

ich erzähle ihn dir später." Mulder hoffte, dass sie es dabei belassen

würde, drehte sich um und kniete sich vor dem Kamin nieder. Einen Moment

später hörte er sie in die Küche gehen und mit dem Frühstück beginnen.





* * * *





Mulder erinnerte sich an diesen Morgen, während der Wagen immer noch seine

Reise durch den Schneefall, der wild um ihn herum wirbelte, fortsetzte. Sie

hatte ihn um einen Tag gebeten und seiner Meinung nach, und ihrer, war er

perfekt gewesen. Sie hatten Frühstück gegessen und zusammen auf dem Sofa

gekuschelt und sich alte Weihnachtsfilme angesehen. Hatten den

Weihnachtsbaum genossen, die Wärme der Feiertagsklassiker und die Wärme

dessen, einfach nur zusammen zu sein. Schließlich hatte sie seinem Flehen

nachgegeben und sie hatten sich zusammen ‚Wie der Miesepeter Weihnachten

gestohlen hat' angesehen, zwischen den Filmen ‚Das Leben ist schön' und

"Weiße Weihnacht'. Während sie sich die Filme ansahen, waren sie

eingeschlafen und als sie aufwachten, trauerten sie um jede noch so kurze

Zeit ihres gemeinsamen Tages, die sie versäumt hatten, trösteten sich aber

damit, dass sie ihre Kraft für später brauchen würden. Es war da, als sie

von ihrem Nickerchen aufgestanden waren, dass Scully beschlossen hatte, sie

sollten einen kleinen Spaziergang machen.



Es war ein klarer, frischer Tag. Der Schneefall der vergangenen Nacht hatte

ein Winterwunderland geschaffen nur für sie zur Freude. Die bewaldete

Umgebung war herrlich, die Bäume waren alle in eine strahlende Schneedecke

gehüllt und die Szenerie konkurrierte mit allem, was sie bisher im

Fernsehen gesehen hatten. Hand in Hand waren sie von der Hütte zur Straße

gewandert, als wenn sie schon seit Jahren Liebende waren und nicht erst

seit ein paar Stunden.



Mulder lächelte, als er sich an den Katalysator erinnerte, der den Rest des

Tages vorangetrieben hatte. Ein einzelner ausgewählter Moment in der Zeit,

in dem er entschieden hatte, dass sie anziehend aussehen würde mit einem

Hauch von Schnee in ihren Haaren.



Es hatte ganz unschuldig begonnen. Sie hatten ihre Wanderung unterbrochen,

als Scully zwei Hasen auf der Lichtung vor ihnen entdeckt hatte. Eine Weile

hatten sie dagestanden und sie beobachtet, befürchtend, dass die Tiere

verschreckt würden, wenn sie sich bewegten. Scully hatte beobachtet, wie

die Hasen umherliefen und mit den Hinterläufen den Schnee aufwühlten.

Mulder hatte Scully beobachtet. Der Winterwind hatte eine leichte Röte auf

ihre Wangen und ihre Nasenspitze gezaubert. Ihre Augen strahlten, als sie

den Geschöpfen bei ihrem Spiel zusah.



Wenn er angehalten und über seine folgende Handlung nachgedacht hätte,

hätte er es sich vielleicht überlegt; aber er bezweifelte es. Der kindhafte

Streich brachte immer noch ein Lächeln auf sein Gesicht. Während sie die

Hasen beobachtete, bemerkte er den schneebedeckten Zweig direkt über ihrem

Kopf. Seine Hand, ihrem eigenen Willen gehorchend, dessen war er sicher,

langte nach oben und schüttelte heftig an dem Zweig. Ein Haufen Schnee von

diesem Zweig und den beiden darüber fiel auf sie herab



Überrascht und geschockt durch die Kälte des Schnees, der nun ihr Haar

bedeckte, auf ihren Augenlidern lag und an ihrem Nacken herablief,

schnappte sie nach Luft. Langsam drehte sie sich zu ihm um. Als ihr Blick

seinen traf und er darin das Versprechen auf Rache sah, tat er das, was

jeder sich selbst achtende FBI-Agent in derselben Situation tun würde - er

rannte davon.



Er war noch nicht sehr weit gekommen, als er über die Schulter

zurückblickte, um zu sehen, ob sie ihn verfolgte. Seine Welt explodierte in

eine schmerzhafte Weiße, als ihn der erste Schneeball im Gesicht traf und

der zweite zwischen den Schulterblättern. Der dritte traf ihn mitten auf

die Brust, als er sich umdrehte, die Offensive ergriff und begann, sie zu

jagen. Er hörte ihr Lachen, als sie davon rannte und er empfand Vergnügen

bei dem Geräusch, bis sie sich unter einen niedrigen Ast duckte und ihn

heranzog, so dass er diesmal von Schnee bedeckt wurde, als sie ihn

zurückschnappen ließ und der Zweig ihn an der Schulter traf. Schneebedeckt

stand er da, unfähig den Gedanken abzuwehren, dass er der Verlierer war,

obwohl er diesen kleinen Kampf im Schnee angezettelt hatte.



Ein weiterer Schneeball flog an seinem Ohr vorbei und er setzte ihr mit

einem bestimmten Ziel nach. Scully verlor den Halt und rutschte auf einem

Stück Eis aus. Sie drehte ihren Körper, so dass sie hart auf ihrem

Hinterteil im Schnee landete. Immer noch lachend, legte sie sich in den

Schnee zurück, die Arme am Körper. Mulder kam heran und sah zu, wie sie

ihre Arme und Beine hin und her bewegte.



"Was tust du da?"



"Ich mache einen Schneeengel." Sie deutete auf einen Flecken unberührten

Schnees neben sich. "Versuch es auch mal."



"Ich glaub nicht."



"Du willst keinen Schneeengel machen?" Ihre Stimme spiegelte ihre

Enttäuschung wider.



"Nein." Er lächelte, als er antwortete, dann ging er neben ihr in die Knie.

"Ich mache lieber Liebe mit einem Engel im Schnee," flüsterte er sanft,

bevor er sie zärtlich küßte.



Scully wand sich unter ihm und ohne seinen Mund von ihrem zu lösen,

erfasste er ihre Hände und hielt sie über ihrem Kopf fest. Er vertiefte den

Kuss und sie reagierte ebenso, aber sie hob auch ein Bein an, um so etwas

wie eine Hebel unter ihm zu gewinnen. Mulder bewegte sich ein wenig zur

Seite und machte es so unmöglich für sie, sich zu bewegen. Ein leises

Grollen in ihrer Kehle und in ihrer Brust, durch ein Lachen verursacht,

brachte ihn dazu, sich zurückzuziehen und sie fragend anzusehen.



"Scully, ich versuche, dich zu verführen. Du könntest ein bisschen

kooperativer sein. Was ist so lustig?"



"Also *willst* du jetzt mit mir ringen?"



Ihre Erwähnung der kalten Nacht in den Wäldern, die er zusammengerollt in

ihren Armen verbracht hatte, verursachte auch in seiner Kehle ein

grollendes Lachen.



"Du kannst so ein Witzbold sein," meinte sie anklagend, ihre Stimme warm

mit Zärtlichkeit.



"*Ich* ein Witzbold?" fragte er. "Wenn mich meine Erinnerung nicht trügt,

dann hast du in dieser Nacht die Goldmedaille im Witzemachen gewonnen."



"Ich weiß nicht, wovon du sprichst." Ihre Stimme klang unschuldig, aber

ihre Augen wussten alles.



"Vielleicht, wenn es Schlafsäcke regnet, hast du Glück? Keine üppige

sexuelle Anspielung."



"Ich war nicht fünf Jahre lang dein Partner, ohne etwas über üppige

sexuelle Anspielungen zu lernen," stellte sie sachlich fest.



"Und dann, als wenn das nicht genug gewesen wäre," fuhr er fort und

ignorierte ihren Kommentar. "Dann war da noch das Singen."



"Du hast mich zum Singen gebracht," meinte sie, sich selbst verteidigend.



"Es war nicht die Tatsache, dass du gesungen hast, sondern wie und was du

gesungen hast."



Ein kleines schuldbewusstes Grinsen begann sich auf Scullys Lippen zu

formen, bevor sie es zurückhalten konnte.



"Und sag mir nicht, dass du nicht weißt, wovon ich rede, denn ich kann es

an deinem Gesicht sehen, dass du es tust. Es war schon schlimm genug, zu

versuchen einzuschlafen mit der Vorstellung von Schlafsäcken, die in meinem

Kopf herumschwirrte, aber dann musstest du es noch einen Schritt weiter

treiben. Die erste Strophe, sogar der Refrain, war noch in Ordnung, aber

die zweite Strophe..." Er senkte seinen Kopf, so dass seine Lippen ihre

lediglich reizten, bevor sie zu ihrem Kinn herabsanken. Seine Lippen und

seine Zunge brannten eine Spur bis unter ihr Ohr. Die federleichten

Bewegungen kitzelten und erregten sie über alle Maßen. Sie versuchte, ihre

Hände freizubekommen, aber er hielt sie fest über ihrem Kopf. "Die zweite

Strophe war süße Qual vom Feinsten." Er knabberte sanft mit den Zähnen an

ihrem Ohrläppchen und liebkoste mit der Zunge die Stelle an ihrem Hals, von

der er kürzlich herausgefunden hatte, dass sie sie verrückt machte. "Deine

Stimme wurde zu einem Flüstern und du hast sie auf genau die richtige

Oktave gesenkt, so dass die Worte, die in deiner Kehle steckenblieben, wie

ein verführerisches Grollen klangen."



Mulder hob den Kopf und sah in ihre tiefblauen Augen. Er sah darin die

Wirkung, die seine Bewegungen auf sie hatte; sie waren weit vor Verlangen.

Noch war er nicht bereit, es zu erfüllen. Er wollte, dass sie ihn genauso

sehr begehrte, wie er sie in jener Nacht begehrt hatte. Seine Lippen

begannen ihre sinnliche Attacke auf die andere Seite ihres Halses.



"Wenn ich der König der Welt wäre. Ich sag dir, was ich tun würde." Die

Worte des Liedes, das sie in jener Nacht gewählt hatte, überspülten sie mit

einer Hitzewelle. Sein heißer Atem, als er ihr sanft ins Ohr sprach,

verursachte, dass sich ihre Augen schlossen und ihr Atem in einem Seufzer

herauskam. Ihr Herz raste und sie hatte beinahe keine Kontrolle darüber,

während er mit seiner heißen Serenade fortfuhr.



"Ich würde die Autos und die Bars und die Kriege beiseite schieben und süße

Liebe mit dir machen."



Mulder unterstrich jedes der letzten paar Worte mit der Berührung seiner

Lippen auf ihrer Haut. Als er fertig war, fanden seine Lippen ihre. Scullys

Mund öffnete sich sofort für ihn und ihre Zungen berührten und vermischten

sich, als Beben über Beben sie durchflutete.



Nach ein paar Momenten drehte sie ihren Kopf leicht zur Seite und

unterbrach den Kontakt.



"Mulder." Ihre Stimme war tief und rau von Leidenschaft. "Bring mich

hinein. Du kannst in einem Himmelbett Liebe mit einem Engel machen. Wenn

wir hier noch länger draußen bleiben, wird die Erklärung, warum mein

Hinterteil durchgefroren ist, peinlich." Schüchtern lächelte sie ihn an.



Augenblicklich realisierend, wie kalt ihr sein musste, sprang er auf und

zog sie mit sich in seine Arme.



Mulder trug Scully das kurze Stück bis zur Hütte, ihr Kopf ruhte an seiner

Brust. Einmal drinnen setzte er sie ab und half ihr, den feuchten Mantel

und ihre Stiefel auszuziehen.



"Wir müssen dich aufwärmen." Seine Hände rieben Wärme erzeugend über ihre

Arme. Scully unterbrach ihn und hielt ihm ihre Hand hin.



"Alles was ich brauche, bist du, Mulder."



Ohne Zögern ergriff er ihre Hand und folgte ihr, als sie ihn die Treppe

hinauf ins Schlafzimmer führte. Es war schon später Nachmittag und Mulder

wich nur einen Moment von ihrer Seite, um ein paar Kerzen im Raum

anzuzünden.



Scully kam auf ihn zu, ihre Augen sanft und leuchtend wie das Kerzenlicht.

Er hielt seine Arme auf und nahm sie darin auf. Sie schloss ihre Augen,

legte ihre Arme um ihn und hielt ihn fest, als fürchtete sie jeden Moment,

was sie fühlte, könnte ihr entrissen werden.



Er küßte sie. Flüsterte. Berührte sie, bis ihr ganzer Körper vor

Leidenschaft brannte. Wenn er sich zurückzog, holte sie ihn zurück für

einen weiteren Kuss. Flüsterte. Liebkoste ihn, bis sie spüren konnte, wie

sein Herz in seiner Brust unter ihrer Hand hämmerte.



Die Lippen immer noch miteinander verbunden, die Finger beschäftigt mit der

Aufgabe, ihre Sachen auszuziehen, begannen sie einen langsamen Tanz in

Richtung Bett. Kerzenlicht legte Schatten auf ihr Gesicht, als er auf sie

herabsah. Scully erzitterte unter der Intensität in seinen Augen. Wissend,

was passieren würde, sich seit Jahren danach sehnend und dennoch irgendwie

wünschend, dass dieser Moment für die Ewigkeit bewahrt werden könnte.



"Danke, Mulder, dass du meinen Weihnachtswunsch wahr gemacht hast."



Sein Blick wurde weich und er lächelte sie so zärtlich an, dass sich ihre

Augen mit Tränen füllten. Er setzte sich auf das Bett und hielt ihr seine

Hand hin. Sie nahm sie und erlaubte sich, wieder in die erregende Wärme

seiner Arme zu versinken.



Mulder zog sie mit sich, um voll ausgestreckt auf dem Bett zu liegen.

Scullys Hände begannen ihn hungrig zu erforschen, ihre Fingerspitzen waren

entschlossen, jeden Zentimeter seines Körpers kennenzulernen. Seine eigenen

Hände fanden ihren Weg zu ihren Brüsten und seine Lippen und seine Zunge

erkundeten ihre Brustwarzen und wollten das reinste Vergnügen in ihr

Innerstes schicken.



Irgendwo in ihm tobte ein Feuer, ein Feuer, das forderte, dass er sie

sofort besitzen musste. Aber die Sehnsucht wurde durch das größere

Verlangen überlagert, die Dinge langsam anzugehen, um diese Nacht für die

Ewigkeit währen zu lassen.



Mulder küßte ihre Schläfen, ihre Augenlider und ihre Wangen, seine Hände

wanderten über ihren Rücken, genossen das Gefühl ihrer Haut, die so warm

und so glatt war wie Seide. Seine Zunge probierte und drängte und fuhr

langsam in ihren Mund, während sich seine Oberschenkel an sie pressten.

Harte Oberschenkel. Fordernde.



"Berühr mich," flüsterte er ihr zu, beinahe ängstlich davor, was passierte,

wenn sie es tat. Ängstlich, dass er in tausend Scherben des Vergnügens

zerbersten würde durch ihre Berührung.



Der zitternde Klang seiner Stimme ließ Danas Hände beben, als sie sich

herabbeugte und seine Brustwarze mit ihren Lippen bedeckte und sie mit

ihrer Zunge neckte. Mulder sog zischend den Atem ein und ließ seine Hände

ermutigend durch ihr Haar gleiten. Sie setzte ihre Erkundigungen mit ihrer

Zunge fort, bewegte sich qualvoll langsam abwärts, hielt über seinem

Bauchnabel inne und wanderte dann wieder zurück. Mulder stöhnte auf und

Scully lächelte bei dem Gedanken, in der Lage zu sein, solche Kontrolle

über den Mann auszuüben, der immer forderte, die Kontrolle zu haben. Er

hoffte, die Tatsache, dass er diese Kontrolle aufgab, sagte ihr mehr, als

Worte von ihm ihr jemals sagen konnten.



Zusammen waren sie zärtliche Hände und begierige Münder und Gliedmaßen,

jeder versuchte dem anderen Lust zu bereiten. Sein Stöhnen war ihre Musik

und ihr Seufzen war sein Gebet. Sie schmiegten sich aneinander, während ihr

Körper seine langsam drängende Hitze begrüßte. Was als sanftes Schütteln

begonnen hatte, wurde zu einem heftigen, fordernden Stoßen. Sie drängte

sich ihm in zitterndem Verlangen entgegen und er tauchte wieder und wieder

in sie in dem verzweifelten Verlangen, sie mit sich zu nehmen, als er in

den Himmel hinaufstieg. Sie schrie auf und hielt ihn fest, als sie kam und

er folgte ihr.



Für lange Momente waren sie sich nichts weiter bewusst als aneinander

geschmiegt zu liegen und zu spüren, wie das Schlagen ihrer Herzen sich in

einen entspannteren Rhythmus verlangsamte. Während sein eigener rasselnder

Atem ruhiger wurde, blieb er weiter in ihr. Er kostete die Wärme, die

Intimität ihrer Vereinigung aus und wollte, dass es niemals endete.



Aber als die Zeit gekommen war, schob er sich von ihr herunter. Er zog sie

in seine Arme und bettete ihren Kopf an seine Schulter. Ein befriedigtes

Seufzen der Genugtuung von sich gebend, wusste er, dass er ihr die Worte

sagen musste, bevor sein Körper vom Schlaf überwältigt wurde.



"Ich liebe dich, Scully," flüsterte er, seine Stimme ein schwaches Knistern

an ihrem Ohr. Sensibel küßte er ihre Wange, bevor er dem Schlaf erlaubte,

ihn davonzutragen.



Der Schlaf umging nur Scully, während sie in Mulders Armen lag und ihr die

Tränen herabliefen. Sie wusste, dass dieses Märchen morgen wie ein Traum

zuende gehen würde.



Stunden später erwachte Mulder aus tiefem Schlaf und bevor er auch nur die

Augen geöffnet hatte, hatte er das Gefühl, dass ein Teil von ihm selbst

fehlte. Er streckte seine Hand nach Scully aus, griff aber nur eine

Handvoll leerer Laken und Decken. Im selben Augenblick war er hellwach,

öffnete seine Augen und setzte sich im Bett auf. Er sah sie in dem kleinen

Dachausbau, der als Schlafzimmer diente, stehen. Sie stand da, eingehüllt

in eine Wolldecke vom Bett, vor dem großen Panoramafenster, das die ganze

Wand einnahm. Die Sonne begann, aufzugehen und rote, orange und feurig

gelben Farben tanzten über ihre Haut und ihr Haar und ließen sie noch

erregender erscheinen als gewöhnlich. Der Sonnenaufgang war wunderschön, so

wie er sich im Schnee widerspiegelte, aber er verblasste neben Scully.



"Hey du, komm zurück ins Bett." Seine Stimme klang verschlafen.



"Ich bin gleich da."



Ihre Stimme klang ebenfalls kratzig, aber er vermutete, dass es nicht vom

Schlafen sondern vom Weinen kam. Er wickelte sich die übriggebliebene Decke

um die Hüften und ging zu ihr hinüber, legte seine Arme um sie und zog sie

an seine Brust. Einen Moment widerstand sie, ihr Körper versteinert in

seinen Armen, aber dann nahm sie langsam die Zuflucht an, die er ihr bot.



"Sag mir, was los ist."



"Die Sonne geht auf."



"Es ist wunderschön. Es ist der Beginn eines neuen Tages." Er küßte sie auf

ihr Haar und atmete ihren Duft ein.



"Es ist nicht der Beginn, es ist das Ende," antwortete sie und ihre Stimme

kämpfte einen Moment mit ihren Worten.



"Das Ende wovon?"



"Unser Tag. Heute sind wir wieder die FBI-Agenten Mulder und Scully. Die

haben keine wunderschönen Anfänge. Sie schlafen nicht in den Armen des

anderen, um die Einsamkeit und die Monster, die sie in ihren Träumen

heimsuchen, zu vertreiben. Sie lieben sich nicht zärtlich. Sie machen keine

Schneeengel. Sie debattieren miteinander und streiten. Er hängt sie bei

Gelegenheit ab und die meiste Zeit, wenn er sie fragt, ob es ihr gut geht,

lügt sie und sagt, dass sie in Ordnung ist. Es ist ihnen nicht erlaubt,

irgendetwas zu fühlen, und wenn sie ihre Zuneigung füreinander ausdrücken,

dann kurz und flüchtig, damit es niemand sieht und gegen sie verwenden

kann. Sie haben beide Angst davor, eine Gelegenheit zu ergreifen, weil die

anderen mit ihrem Leben bezahlen könnten. Das sind wir heute." Ihre Stimme

war kalt und ohne Gefühl. Er war besorgt und als er sie zu sich umdrehte,

war er ein wenig beruhigt durch das Feuer, das immer noch in ihren Augen

brannte, auch wenn es schwächer war als am Tag zuvor.



"So muss es nicht sein. Wir müssen nicht so sein," wandte er ein.



"Was hat sich geändert?" forderte sie ihn heraus.



"Wir haben uns verändert."



"Nein, das haben wir nicht. Wir haben nur nachgegeben. Ich wollte das so

lange Zeit und ich vermute, dass der Gedanke für dich auch nicht neu war.

Wir haben es bis jetzt nur besser verstanden, dagegen anzukämpfen."



"Ich bin es leid, zu kämpfen. Letzte Nacht habe ich dir gesagt, dass ich

dich liebe." Er legte seine Hände auf ihre Schultern und zwang sie, ihm in

die Augen zu sehen. "Ich meinte es."



"Du kannst mich nicht lieben, Mach es nicht schwerer als es ist."



"Es ist zu spät." Er sah ihr tief in die Augen und versuchte, darin zu

lesen, was sie dachte. "Du hast Angst," stellte er einen Moment später

fest. "Wovor hast du Angst?"



"Dass sie es benutzen werden. Dass sie uns gegeneinander benutzen werden."



"Lass sie es versuchen. Zusammen sind wir stärker. Das weißt du."



"Mulder, das letzte Mal, als sie mich gegen dich benutzten, gaben sie mir

den Krebs." Sie schwiegen beide und Scully ging von ihm fort und setzte

sich auf die Bettkante. "Was ist, wenn sie diesmal dich nehmen? Wenn sie

dich mir fortnehmen, dich irgendwo hinbringen, wo ich nicht zu dir kommen

kann?"



Mulder ging zu ihr hinüber und kniete vor ihr nieder. Sein Gesicht war auf

gleicher Höhe mit ihrem. Er nahm ihre Hände in seine und blickte sie an.



"Scully, wenn du das hier beenden möchtest, wenn du es aufgeben möchtest,

weil du dich nicht um mich sorgst, weil du nichts von dem empfindest, was

ich tue, das ist eine Sache; aber gib nicht auf, nur weil du Angst hast.

Wirf nicht alles fort, weil du Angst hast. Wenn du Angst hast, dann

solltest du dich an jemanden halten. Halt dich an mich, Scully."



Einen Moment saß sie schweigend da und Hoffnung flackerte in ihm auf, als

er den Schatten von etwas in ihren Augen sah. Sie starb genauso plötzlich,

als sie aufstand und den Raum durchquerte, ihn auf den Knien vor dem Bett

zurücklassend. Sie ließ die Decke, in die sie gehüllt war, fallen und

begann, ihre Reisetasche nach ihren Sachen zu durchwühlen. Dann begann sie

sich anzuziehen und Mulder setzte sich wartend aufs Bett.



"Wir sollten uns besser auf den Weg machen, wenn du mich rechtzeitig zum

Flughafen bringen willst. Es ist ein zeitiger Flug," sagte sie, ohne sich

umzudrehen, aber sich weiter anziehend.



"Scully..." begann er, hielt aber inne, als sie sich zu ihm umdrehte,

sichere Hoffnungslosigkeit im Gesicht.



"Ich brauche Zeit zum Nachdenken," flüsterte sie. "Du hast mir versprochen,

dass du mich rechtzeitig zum Flughafen bringst, damit ich meinen Flieger

bekomme. Wirst du dein Versprechen halten?"



Einen Moment beobachtete er sie, bevor er nickte. Der Anblick ihrer

Schultern, die sich erleichtert senkten, nahm ihm den Atem. Er stand auf,

unfähig sie anzusehen, sammelte seine Sachen zusammen und ging die Treppe

hinunter.



Schweigend fuhr Agent Mulder sie zum Flughafen. Ihr Abschied war knapp und

ohne Gefühl. Er fragte sie, ob sie ihr Handy dabei hatte und sie bat ihn,

nicht anzurufen. Ohne auch nur zu ihm zurückzublicken, ging sie an Bord.

Sein Herz fühlte mit ihr und er wollte ihr nachrufen, dass sie das nicht

allein durchstehen musste, dass er sie vermissen würde, dass er sie liebte.

Er schrie nicht auf. Er drehte sich um und verließ schweigend den

Flughafen, nachdem er zugesehen hatte, wie das Flugzeug sicher gestartet

war und vertraute darauf, dass die Zeit sie wieder zu ihm zurückbringen

würde.





* * *





Das Schrillen von Mulders Handy holte ihn aus seinen Erinnerungen. Ohne den

Blick von der schneebedeckten Straße zu nehmen, suchte er auf dem Sitz

neben sich, bis seine Hand das Telefon fand und er es ans Ohr nahm.



"Mulder."



"Ich bin es. Wo bist du? Hast du meine Nachricht bekommen?" Ihre Stimme

klang zögerlich, nicht so wie er es gewöhnt war.



"Ich bin fast da," beruhigte er sie.



"Ich dachte, du würdest nicht kommen und dann hab ich aus dem Fenster

gesehen und bemerkt, wie schlecht das Wetter geworden ist und ich hab mir

Sorgen gemacht, dass dir was passiert ist."



"Ich bin nur noch ein paar Minuten von der Zufahrt entfernt. Gib mir noch

ungefähr zehn Minuten und dann ruf die Hundeschlitten. Scully, ich glaube,

wir werden ein paar Tage lang eingeschneit sein."



"Gut." Ihre Stimme wurde fester. "Mulder, ich hab keine Angst mehr. Ich

werde nach dem Auto Ausschau halten. Sei vorsichtig."



"Nichts wird mich von dir fernhalten, Scully. Ich bin gleich da."



Scully hängte auf und stand im Türrahmen der Hütte. Die Tür war offen und

sie starrte in das blendende Weiß hinaus. Sie zog ihren Sweater enger um

sich, ihr Körper lehnte den mageren Ersatz ab und verlangte nach Mulders

Armen. Sie war ein Narr gewesen.



Auf dem Flughafen war sie von ihm fortgegangen, ohne auch nur

zurückzusehen. Sie hatte sich davor gefürchtet, zurückzusehen, weil sie

wusste, wenn sie noch einmal zurückgeblickt hätte, hätte sie nicht mehr die

Kraft gehabt, ihn zu verlassen. Der Flug war eine Tortur gewesen, die

meiste Zeit der Reise hatte sie still geweint und ihre Mutter hatte sie

unaufhörlich ausgefragt, als sie sie am Flughafen abholte. Sie hatte eine

Magenverstimmung vorgetäuscht.



Scully hatte geglaubt, wenn sie einmal in San Diego war, würde sie in der

Lage sein, sich in Familienangelegenheiten zu versenken und Mulder zu

vergessen. Sie hatte herausgefunden, je mehr sie versuchte, ihn zu

vergessen, desto mehr wollte sie bei ihm sein. Sie wusste, dass es

unmöglich war und dadurch vermisste sie ihn nur noch mehr. Mit jedem Tag,

der verging, sehnte sie sich mehr nach ihm. Viele Male hatte sie das

Telefon in die Hand genommen und tatsächlich begonnen, seine Nummer

einzutippen, bevor sie sich dazu zwang, den Hörer aufzulegen. Mehr als

einmal hatte sie überlegt, seine Nummer zu wählen, um seine Stimme auf dem

Anrufbeantworter zu hören. Nur der Gedanke, dass sie ihn zufällig zu Hause

erwischen könnte, hatte sie davon abgehalten. Wäre sie in der Lage gewesen

aufzulegen, wenn er dran gewesen wäre? Seine Stimme zu hören, wurde zur

fixen Idee. Sie wusste, dass es das einzige war, das sie beruhigen würde,

egal wie vorübergehend das war. Neun Tage hatte sie es ohne ihn ausgehalten

und nur der Klang seiner Stimme würde ihr durch die nächsten fünf Tage

helfen, bis sie wieder nach DC zurückkehrte.



Als ihre Familie zum Einkaufen gefahren war, hatte sie sich die Treppe

hochgeschlichen in den Raum, den sie nutzte, während sie da war und hatte

ihre Aktentasche aus dem Schrank hervorgeholt, wo sie sie bei ihrer Ankunft

hineingestopft hatte. Sie legte sie aufs Bett und setzte sich, sie kurz

anstarrend, hin. Scully gab nach, schloss sie auf und öffnete sie auf dem

Bett. Sie griff tief in die Tasche und holte ein kleines Diktiergerät

hervor. Diesen Genuss gönnte sie sich nicht sehr oft, nur bei seltenen

Gelegenheiten, wenn sie seine Beruhigung brauchte, in Zeiten, wenn er sie

nach einem ungewöhnlich heftigen Streit sitzengelassen hatte und sie seine

Bestätigung brauchte. Wenn sie hören musste, wieviel sie ihm bedeutete und

er nicht in der Lage war, es ihr direkt zu sagen. Mitunter fühlte sie sich

schuldig, weil sie wusste, dass er sich dessen nicht bewusst war, dass sie

dieses Band besaß, dass sie es überhaupt gehört hatte. Sie rechtfertigte

den Besitz damit, dass er es zuerst für sie aufgenommen hatte. Zufällig war

sie daran gekommen, als sie ihm nachgereist war zu der

Satellitenbeobachtungsstation in Puerto Rico. Sie hatte es auf dem Boden

liegen gesehen und aufgehoben und hastig in ihre Tasche geschoben, als sie

ihn auf da liegen sah und glaubte, er wäre tot. Bei der Erinnerung

schauderte sie. Sie hatte es ihm zurückgeben wollen, aber als sie es sich

angehört hatte, hatten die Worte sie gerührt und sie hatte erkannt, dass

der einzige Mensch, der etwas von dessen Existenz hatte, sie war.

Sich in die Kissen zurücklehnend, drückte sie die Abspieltaste und ließ

seine Stimme, wenn auch ein bisschen verzerrt, über sich hinwegspülen.



"Ich bin von einem dieser Menschen hergeschickt worden. Der Mann mit der

tiefen Stimme hat gesagt, trauen Sie niemandem. Es ist hart, Scully, jedem

und allem zu misstrauen. Es zieht dich herab. Du beginnst sogar zu

bezweifeln, ob das, was du weißt, die Wahrheit ist. Vorher konnte ich nur

mir selbst vertrauen, jetzt kann ich nur dir vertrauen und sie haben dich

mir weggenommen."



Scully hielt das Band an. Die Wirkung seiner Worte hatte diesmal eine neue

Bedeutung. "Sie haben dich mir weggenommen." Sie hatten es wieder getan.

Sie hatten sie gezwungen, sich zu trennen. Der Ärger in ihr wurde groß ob

der Ungerechtigkeit, ihr Leben in Selbstverleugnung zubringen zu müssen.

Wegen einer Verschwörung, die sie nicht einmal verstand, wegen Männern ohne

Namen, die über ihre Zukunft entschieden. Kalte Realität ersetzte den

brennenden Ärger, als sie die Erkenntnis überwältigte. Es waren keine

Kräfte von außerhalb, die sie von Mulder fernhielten, sie war es selbst.

Sie hatte ihn verlassen. Willentlich. Der Gedanke traf sie brutal und sie

zwang sich, tief einzuatmen. Sie hatte ihn verlassen. Er hatte ihr gesagt,

dass er sie liebte und sie war fortgegangen. Sie hatte keine Angst vor

einer geheimen Schattenorganisation, sie fürchtete sich vor den Gefühlen,

die sie für ihn hatte. So lange Zeit hatte sie sich keine Gefühle

gestattet.



Scully sprang vom Bett, zerrte ihre Reisetasche darunter hervor und warf

ihre Sachen so schnell sie konnte hinein. Sie würde zu ihm zurückgehen,

heute. Sie würden einen wunderschönen Anfang haben. Sie betete nur darum,

dass es nicht zu spät war.





* * *





Sich mit ihm in der Hütte zu treffen, schien eine gute Idee zu sein, aber

es hatte noch nicht geschneit, als sie ihm die Nachricht auf dem

Anrufbeantworter hinterlassen hatte. Sie beobachtete es mit Besorgnis und

ihr Blut rauschte und sie fühlte Schmetterlinge in ihrem Bauch, als sie

sein Auto die Auffahrt heraufkommen sah. Sie konnte keine Minute länger

warten und rannte vom Haus aus dem Auto entgegen.



Mulder sah sie aus der Tür laufen und drückte das Gaspedal herunter, in dem

Versuch, schneller zum Haus zu kommen. Das Auto kam ins Schleudern und

rutschte mit den Vorderreifen in den flachen Graben neben ihm. Den Gang

einlegend und das Auto abwürgend, sprang Mulder hinaus und lief los, um

Scully zu treffen. Die Kraft ihres Aufeinanderprallens, als sie sich

trafen, warf sie beide lachend in den Schnee. Seine Lippen fanden ihre und

sie hielt ihn fest und schwor, ihn nie mehr loszulassen.



"Das wird aber auch Zeit," neckte sie ihn, als er von ihr abließ, um nach

Luft zu schnappen.



"Das gleiche könnte ich von dir sagen," konterte er.



"Alles lohnende ist es wert, darauf zu warten. Wir haben fünf Jahre

gewartet. Ich denke, das reicht. Was immer uns die Zukunft bringt, wir

werden es gemeinsam angehen. Nicht getrennt, nie wieder getrennt."



"Bist du sicher?"



"Willst du den Tag mit reden verbringen oder willst du Liebe machen mit

einem Engel im Schnee?" Ihr Lächeln erleuchtete ihre Augen und er liebte

sie dafür.



"Was ist mit Erfrierungen?"



Sie konnte erkennen, das er besorgt war, aber sie konnte auch an dem

Ausdruck auf seinem Gesicht und dem Gefühl seines Körpers erkennen, dass er

erregt war und begierig darauf, sie hier draußen im fallenden Schnee zu

lieben.



"Wir werden schnell sein müssen," erwiderte sie lachend und zog schon an

seinem Gürtel.



"Ich kann schnell sein," versicherte er ihr lachend, als sein Mund und

seine Hände Besitz von ihr ergriffen.



"Solange du versprichst, langsam zu sein, wenn wir drinnen sind."



"Auch das kann ich. Ich bin ein Mann mit vielen Talenten, Agent Scully."



"Beweise es, Agent Mulder."



Das Feuer seines Kusses wärmte sowohl ihre Seele als auch ihren Körper.



"Ich liebe dich auch," flüsterte sie in sein Ohr, während er ihren Hals mit

unglaublich talentierten Lippen heimsuchte.



Er hielt in seinen sinnlichen Erkundungen inne und seine Augen fanden ihre.



"Ich liebe dich auch," wiederholte sie.



Die Emotionen in seinen Augen trugen sie zu neuen Höhen ihrer Verehrung für

ihn, ängstigten sie aber auch.



"Habe ich irgendetwas falsches gesagt?"



"Nein," antwortete er schnell, ohne zu zögern. "Danke, Scully, dass du

meinen Weihnachtswunsch wahr gemacht hast."





ENDE
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