World of X

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Eine schlaflose Nacht

von DrDanaScully

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Der Regen prasselte laut auf das Fenster. Mulder wälzte sich unruhig in seinem Bett hin und her. Was er auch versuchte, er konnte nicht einschlafen. Wäre es Vollmond gewesen, hätte er wenigstens einen Grund für seine Unruhe gehabt, aber Vollmond war erst vor drei Tagen gewesen

Die schweren, dicken Tropfen klatschten unaufhörlich auf die Fensterscheibe und der Wind wehte mit solch einem unheimlichen Pfeifen um seine vier Wände, dass Mulder beinahe eine Gänsehaut bekam. Es wunderte ihn, warum William bei diesem Krach noch nicht aufgewacht war.

"Jetzt fehlen nur noch Blitz und Donner", murmelte er leise vor sich hin. Kaum hatte er diese Worte ausgesprochen, als auch schon ein grelles Licht aufleuchtete und kurz darauf ein dumpfer Donnerschlag ertönte. Mulder verdrehte genervt die Augen und verfluchte sich innerlich, dass er grundsätzlich zu allem seinen Senf geben musste

Vorsichtig lauschte er, ob William aus dem Nebenzimmer, in dem er schlief, schrie, aber nichts tat sich. Dem Kleinen schien all das kein bisschen auszumachen.

Mulder drehte sich auf den Rücken und atmete tief durch. Wie spät war es? Er wusste es nicht. Womöglich waren Stunden vergangen, in denen er dem ungleichmäßigen Aufprall der Regentropfen auf die Fensterscheiben zuhörte. Hin und wieder war er aufgestanden, durch die Wohnung gelaufen, hatte sich wieder hingelegt, war mal aufs Klo, hatte Schäfchen bis ins Unendliche gezählt und sogar eine Tablette gegen die Schlaflosigkeit eingenommen. Aber er konnte verflixt noch mal nicht einschlafen! Er suchte nach Scully, die eingewickelt in ihrer Bettdecke neben ihm lag und friedlich schlief. Gerade war er im Begriff, sie zu wecken, als augenblicklich ein Blitz die Wohnung durchzog und Scully in diesem Schein unheimlich wirkte. Mulder musste unwillkürlich lächeln. Sanft nahm er ihre Hand und streichelte zärtlich darüber. Seit nunmehr einem Jahr waren die beiden offiziell zusammen. Nach neun Jahren. Es war verrückt. Mulder schüttelte den Kopf und versank in Erinnerungen. Seine Zeit beim FBI, oft war sie gefährlich gewesen, nicht nur für ihn. Viel zu oft war Scully wegen ihm in Lebensgefahr gewesen, aber dennoch hatte sie immer zu ihm gestanden, auch jetzt noch. Eigentlich hatte er sie gar nicht verdient. Mulder ließ die Gedanken schweifen. Seine Augenlider wurden immer schwerer...und schwerer…

BUMM!!!

Der Donner knallte mit einer solchen Wucht, dass Mulder vor Schreck fast aus dem Bett gesprungen wäre. Zittrig und mit schweißnassen Händen klammerte er sich wie ein kleines Kind an seine Bettdecke. Sein Herz raste wild. In diesem Moment fing William an zu schreien. Scully schlug die Augen auf und murmelte verschlafen: "Ich komm schon, mein Kleiner."

"Nichts da, du schläfst weiter." Mulder hielt sie zurück, als Scully sich aufrichten wollte. "Ich mach das schon. Kann jetzt sowieso nicht mehr schlafen Außerdem brauchst du den Schlaf mehr als ich."

Sie lächelte ihn dankbar an. "Danke." Dann küsste sie ihn und kuschelte sich zurück unter die warme Bettdecke. Mulder erhob sich. Ihm war regelrecht schlecht vor Erschöpfung. Taumelnd wankte er in das Zimmer von William. Dieser lag, nein, besser gesagt, er kniete in seinem Bettchen, wobei er die Holzstäbe krampfhaft umfasste und in den höchsten Tönen brüllte. Mulder machte das Licht an. Er hielt sich die Hand vor die Augen, bis er sich an die Helligkeit gewöhnt hatte

Dann ging er zu William und nahm ihn behutsam auf den Arm. "Sch...ganz ruhig." Doch das hätte er sich genauso gut sparen können. William stemmte sich gegen Mulder, hämmerte mit seinen kleinen Ärmchen auf seinen Vater ein, und schrie ununterbrochen. Mulder hob ihn ein wenig hoch, um ihn besser sehen zu können. Er sah ein knallrotes, verzerrtes, verweintes Gesicht

"Hey, du willst doch nicht, dass Mami aufwacht, oder? Dann musst du ganz leise sein." Für einen Augenblick war William tatsächlich mucksmäuschenstill.

Er hatte Schluckauf und schniefte. Mit großen, geröteten Augen blickte er Mulder verdutzt an, unsicher, was er hier überhaupt mache. Dieser nutzte die Gelegenheit und schnitt, obwohl er fix und fertig war, die besten Grimassen, die er nur konnte. Aber davon wollte William nichts wissen. Böse starrte er ihn an. Gleich darauf kreischte er wieder aus Leibeskräften. Mulder wiegte ihn hin und her, flüsterte ihm beruhigende Worte zu, doch William ließ sich nicht einschüchtern. Sein Gesicht war kurz davor, zu platzen, so rot war er.

Hilflos schaute Mulder zum Schlafzimmer. Nein, er weckte Scully nicht. Er wollte ihr beweisen, was er als Vater drauf hatte, er wollte sie nicht enttäuschen, wie schon so oft, als er vergeblich versuchte, William zu wickeln oder ihn zu baden. Das Ganze endete jedes Mal in einem Desaster, ein Chaos aus Windeln und einer halben Wasserüberflutung. Aber das hier; das war doch ein Klacks! Scully sollte sehen, was in ihm steckte! Mulder ging mit William ins Wohnzimmer und schaltete kurz entschlossen die CD-Anlage ein. Ein paar Handgriffe und - schwups - hatte er das richtige Einschlaflied: "Kinder, liebe Kinder, es ist nun bald so weit..." Die Stimmen rasselten den Text hinunter. Mulder summte leise mit. Er hatte die Melodie aus der deutschen "Sandmännchen" - Sendung schon tausendmal gehört und es war bis jetzt die einzige Methode gewesen, William zum Schweigen zu bringen. Und wenn das nichts half...

Nach einigen Minuten beruhigte sich William. Sein kleines Nachthemd war total nass geschwitzt und er hatte Mulders T-Shirt mit seinen Tränen durchtränkt. Trotzdem war dieser froh, dass es überhaupt so still geworden war. Er summte das Lied immer noch, mit Sicherheit grottenfalsch, aber ganz offensichtlich schien sein Sohn davon beeindruckt zu sein. Mulder ging im Wohnzimmer auf und ab, während er William sanft in seinem Arm schaukelte. Dann blieb er stehen und sah aus dem Fenster. Inzwischen hatte es aufgehört zu regnen, die Wolken hatten sich verzogen und man konnte nun in den sternklaren Himmel erkennen

Williams gleichmäßiges Atmen deutete darauf hin, dass er endlich wieder eingeschlafen war. Sein kleiner Körper hatte sich eng an Mulders Schulter geschmiegt. Von Kopfweh und Müdigkeit übermannt, schaltete Mulder gähnend die Musik ab und wollte William zurück in sein Zimmer bringen, als er plötzlich eine kleine Gestalt sah, die am Türrahmen vom Kinderzimmer lehnte. Es war Scully.

"Dana...was machst du denn hier?", fragte Mulder völlig verdattert.

Sie lächelte und kam langsam auf ihn zugeschritten. "Na ja", antwortete sie, "ich konnte nicht mehr einschlafen. Es war zu kalt im Bett... ohne dich."

Mulder grinste breit.

"Außerdem wollte ich mal sehen...", sie strich über Williams Haar, "...wie Daddy seinen Sohn ins Bett bringt. Und wie es scheint, hast du das hervorragend gemeistert! Danke." Sie gab ihm einen Kuss.

"Lass uns ins Bett gehen, sonst schläfst du mir hier noch im Stehen ein", sagte sie.



Und zusammen schliefen sie wieder ein bis zum nächsten Morgen…





ENDE
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