World of X

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Memories of Mom

von E Watson

Kapitel 2

Sie hatte recht. Wir hatten in der Tat Spaß und ich war sehr dankbar für diesen Ausflug. Das war das letzte Mal, dass meine Mutter und ich die gemeinsame Zeit wirklich genießen konnten.



Ich erhielt keine Informationen mehr darüber, was mit meinem Vater geschehen war oder wohin wir gehen würden, aber meine Mom tat ihr Bestes, um uns zu beschäftigen, damit ich nicht fragen würde. Wir hielten überall: an jeder Sehenswürdigkeit, jedem Markt, jedem Eisstand, überall.



Wenn wir einen Ort fanden, der uns gefiel, zelteten wir dort für einige Tage. Es gab keinen Druck und keine Eile, keinen Ort, an dem wir sein *mussten*... wir genossen es einfach, bis wir von uns aus wieder fahren wollten. Und auch meine Mutter war völlig anders. Sie hatte mehr Leben in sich. Sie lachte immerzu. Wir beide taten es. Ihre Energie kehrte zurück, sie kehrte zurück. Es waren nur meine Mom und ich und wir fuhren mit Volldampf über die Landstraßen. Es war großartig. Ich wünschte mir es würde nie enden.



Aber es endete.



Unsere letzte Nacht im Zelt verbrachten wir in Nevada. Ich wachte mitten in der Nacht auf und bemerkte, dass meine Mutter nicht im Zelt war. Ich geriet in Panik bei dem Gedanken, dass sie erneut verschwunden sei. Ich war mitten im Nirgendwo, ohne Geld, ohne jemanden in meiner Nähe. Alles, was ich hatte, war der volle Tank eines Wagens, den ich in meinem Alter noch nicht fahren durfte.



Ich schnappte mir die Taschenlampe und rannte aus dem Zelt hinaus, während ich ihren Namen immer und immer wieder rief. Ich konnte sie nirgends entdecken, aber ich schrie kontinuierlich.



Nach einigen Sekunden, die mir damals wie mehrere Stunden vorkamen, antwortete sie.



„Hier drüben, Jeffrey.“



Ich rannte ihrer Stimme entgegen und entdeckte sie hinter einem kleinen Hügel. Sie saß auf dem Boden, ihre Knie mit den Händen gegen die Brust gedrückt, und starrte hoch zu den Sterne. Sie sah nicht zu mir auf. Sie starrte noch immer die Sterne an, als ob sie in Trance wäre.



„Sie sind dort draußen, weißt du. Sie beobachten uns.“



Mein ganzer Körper zitterte. Ich konnte mein Herz laut in meinen Ohren pochen hören und mein Gesicht war sowohl von Schweiß, als auch von Tränen feucht.



„Ich hatte Angst du wärest wieder gegangen. Ich dachte ich würde hier draußen ganz alleine enden.“



Sie sah zu mir auf. „Oh“

Sie löste ihre Arme von ihren Knien und streckte sie mir entgegen. „Oh Jeffrey, es tut mir leid. Komm her!“



Ich setzte mich neben ihr nieder und sie legte ihre Arme um mich. Ich vermied es, ihr Fragen über meinen Vater zu stellen und darüber, *wie* sie immer fortging, da ich unsere perfekten Ferien nicht ruinieren wollte, aber da war es bereits geschehen.



„Mom?“



„Ja.“



„Was wird beim nächsten Mal geschehen, wenn du fortgehst? Werde ich ganz alleine sein?“



Sie drückte meine Schulter. „Weine nicht, Liebling. Morgen werden wir uns an einen Ort begeben, an dem es viele unheimlich nette Menschen gibt. Dann werde ich sichergehen, dass immer jemand da sein wird, um sich um dich zu kümmern, egal was auch passiert.“



Das war nicht das, was ich hören wollte. Ich wollte, dass sie mir sagte sie würde nie wieder fortgehen, selbst wenn es eine Lüge gewesen wäre... Aber sie sagte es nicht. Wir saßen einfach nur gemeinsam da und beobachteten den Sonnenaufgang.



***



Am nächsten Tag kamen wir auf einer großen Ranch an, mit vier Gebäuden auf dem Grundstück und, wie Mom bereits gesagt hatte, mit vielen Menschen.



Offenbar hatte sie sich schon eine ganze Weile mit diesen Leuten geschrieben. Jeder von ihnen glaubte genau wie meine Mutter, dass er von Aliens entführt worden sei. Sie begrüßten uns so, als ob wir lange Zeit verschollene Verwandte seien. Dort mussten mindestens 30 von ihnen leben. Jeder kam, um uns zu begrüßen, und manche versuchten sogar mich auf die Wange zu küssen. Es war fürchterlich.



Ich stand vollkommen steif da, als jeder seine Arme einmal um mich legte und sagte:

„Willkommen Zuhause!“.



Zuhause? Das war nicht mein Zuhause und diese Leute waren nicht meine Familie. Schon bevor die Begrüßungs- und Umarmungszeremonie beendet war, wünschte ich mir wir wären wieder auf der Straße unterwegs.



Meine Mutter jedoch genoss es vollkommen. Sie verbrachte einige Minuten mit jedem von ihnen, fragte nach ihren Namen und von wo sie kämen. Man kann von meiner Mutter sagen, was man will, aber sie hat eine Gabe im Umgang mit Menschen, von der ich mir oft wünsche, dass ich sie von ihr geerbt hätte. Einige Sekunden nach dem ersten “Hallo” sprach jede Person, die meine Mutter begrüßt hatte, mit ihr wie mit einem alten Freund.



Nach der Begrüßung wurden wir zu unserem Zimmer geführt. Mom und ich mussten uns aufgrund des begrenzten Raumes eins teilen, aber angesichts meines Alters wurden wir im Hauptgebäude untergebracht. Es war sehr eng. Dort war lediglich genug Platz für zwei Einzelbetten und einen Kleiderschrank.



Als man uns allein ließ, damit wir auspacken konnten, lächelte meine Mutter mich an und fragte mich: „Nun, was denkst du?“



Ich setzte mich auf dem Bett nieder und sagte nichts. Meine Mutter schien so glücklich zu sein, dass ich nicht wusste, wie ich ihr sagen sollte, dass dieser Ort mir Angst machte.



Mein Schweigen beantwortete ihre Frage. Sie setzte sich neben mich.



„Ich weiß, dass es eine Umstellung ist, Jeffrey, aber das sind allesamt gute Menschen. Ich bin mir sicher, dass dieser Ort sich in ein paar Tagen wie Zuhause anfühlen wird, wenn du ihm eine Chance gibst.“



Einige Tage gingen vorbei, dann einige Wochen, und obwohl die Leute ungewöhnlich freundlich mir gegenüber waren, fühlte es sich noch immer nicht wie Zuhause an. Jeden Tag ging ich mit meiner Mutter zu diesen Gruppentreffen, wo die Leute über Aliens redeten. Jeder hatte eine Geschichte zu erzählen über seine oder ihre Entführung und jeder fühlte sich geehrt, auserwählt worden zu sein. Jeder, außer mir.



Ich war nicht nur das einzige Kind unter ihnen, sondern auch der einzige, der nie entführt worden war. Ich muss zugeben, dass ich Probleme damit habe mich in große Gruppen einzufügen. Ich besitze dieses Talent einfach nicht, aber bis heute habe ich mich noch nie dermaßen fehl am Platz gefühlt, wie während der ersten Wochen auf der Ranch.



Dann geschah etwas, das all das änderte. Ich freundete mich mit einem Mann namens Wayne Power an. Wayne hatte sich der Gruppe bereits zwei Jahre zuvor angeschlossen, nachdem seine Frau seinen Sohn mitgenommen und ihn verlassen hatte. Da ich etwa im gleichen Alter wie sein Sohn war und erst kürzlich meinen Vater verloren hatte, füllten wir die Leere des jeweils anderen, und genau wie bei meinem Vater schob ich die Schuld für das, was später geschehen würde, ihm zu.



Am Hauptgebäude gab es eine Treppe außerhalb der Hintertür, die zu einem flachen Dach führte. Die Gruppentreffen wurden manchmal dort oben abgehalten, aber der vornehmliche Zweck war es, den Mitglieder zu ermöglichen nachts unter dem Sternenhimmel zu meditieren. Irgendwie sollte es sie den Aliens näher bringen. Wayne und ich stiegen oft dort hinauf und eines Nachts fragte ich ihn, wie die Aliens entschieden, wenn sie nehmen würden.



Er gab mir eine ausführliche Antwort, die hauptsächlich aussagte, dass er keine Ahnung hatte. Doch zum Schluss sagte er mir, dass es sehr schwierig war die Gemeinsamkeit der Entführten zu ergründen, da einige ihre Erinnerung wiedererlangten, während andere nicht mehr wussten, was mit ihnen geschehen war.



Und da war sie, die Antwort auf mein Problem. Vielleicht war ich wie jeder andere.



Später befragte ich meine Mutter. Wir lagen beide in unseren Betten und es war zu einer Gewohnheit für uns geworden uns gegenseitig von unserem Tag zu erzählen, bevor wir schlafen gingen.

Zunächst schien sie verärgert darüber zu sein, dass ich so etwas zur Sprache brachte, aber als sie bemerkte, wie bestürzt ich war, ließ sie sich erweichen und sagte mir, dass sie sich darum kümmern würde jemanden herbeizuholen, der mich „auswerten“ würde.



Zwei Wochen später traf ich den Doktor. Es war mitten im September, aber meine Mutter zeigte kein großes Interesse daran mich zur Schule zu schicken. Zu dieser Zeit waren wir seit einem Monat dort und jeden Tag war ich den Entführungsmärchen von über 30 Leuten unterworfen. Ich weiß nicht, ob es an meinem Alter gelegen hat oder an der Verletzlichkeit, die ich durch die Veränderung der letzten Monate entwickelt hatte, aber als der Doktor auftauchte, glaubte ich tatsächlich daran entführt zu werden. Daran, dass ich einfach wie jeder andere dort war.



Ich glaubte so intensiv daran, dass, als man mich hypnotisierte, ich erneut eine Entführung zu erleben schien, die ich niemals tatsächlich erlebt hatte. Ich war verschreckt, als die Auswertung vorüber war.



Meine Mutter war anwesend, sie hielt meine Hand und sagte: „Weine nicht, Liebling, es ist zunächst erschreckend, aber die Aliens tun dies, um der Menschheit zu helfen. Und du solltest dich geehrt fühlen, dass sie auch dich auserwählt haben.“



***



Ich war noch immer nicht vollkommen glücklich dort, doch zumindest fühlte ich mich nicht mehr fehl am Platz. Den nächsten Monat verbrachten wir ebenfalls dort, zumindest glaube ich, dass es etwa ein Monat gewesen sein muss. Es gab weder Uhren noch Kalender an diesem Ort und nach einer Weile verlor man jegliches Zeitgefühl. Mein Geburtstag kam und ging ohne irgendeine Feier. Ich bemerkte noch nicht einmal, dass er stattgefunden hatte.



Tag für Tag dieselbe Routine, nichts neues ereignete sich, bis zu diesem einen Tag Anfang Oktober, als sich alles änderte.



Meine Mutter war seit einigen Tagen sehr distanziert. Ich dachte es läge am Wetter. Es regnete seit Tagen und jeder verspürte die Auswirkungen, aber daran lag es nicht. Während einer der Nachmittagstreffen teilte sie der Gruppe mit, dass sie das Gefühl hatte gerufen zu werden. Alle sammelten sich um sie herum, boten ihr ihre Ermutigungen und Beruhigung an, sie würden alles für sie übernehmen. Ich verließ das Treffen unbemerkt und begab mich in unser Zimmer. Sie würde mich wieder verlassen. Ich würde allein zurückbleiben mit all diesen Leuten. Das war nicht fair. Ich wollte zurückgehen und sie alle anschreien. Wenn sie wirklich so sehr helfen wollten, dann sollten sie ihr dabei helfen zu bleiben. Sie hatte einen Sohn, die nicht. Warum konnte statt dessen nicht einer von ihnen gehen?



Der Regen hatte sich in einen Sturm gewandelt und ein Blitz grollte neben meinem Fenster auf. Im ersten Moment dachte ich es sei ein Raumschiff. Ich geriet in Panik, da ich vermutete, dass sie sie in dieser Nacht holen würden.



Was ich als nächstes tat war töricht. Selbst nach all diesen Jahren habe ich mir selbst das noch nicht vollkommen verziehen. Überzeugt davon, dass ich einen Weg finden würde um zu verhindern, dass sie mich verlassen würde, verließ ich das Zimmer und begab mich an diesen Ort, von dem mir gesagt worden war, dass er uns den Aliens näher bringen würde.



Ich setzte mich auf das Dach. Es war dunkel und nass und obwohl ich die Gefahr, in der man sich während eines Gewitters auf dem Dach sitzend befindet, nicht kannte, hätte es mich wahrscheinlich nicht gekümmert, wenn ich sie gekannt hätte. Ich war fest entschlossen dort zu bleiben. Ich meditierte nie, so wie die anderen, aber ich hatte sie dabei beobachtet und versuchte nun ihnen nachzueifern. In Schneidersitzposition schloss ich meine Augen und konzentrierte mich auf die Kommunikation mit den Aliens.



Ich weiß nicht, wie lange ich dort oben gesessen hatte, aber meine Kleidung war durchnässt, als ich meine Mutter hörte.



„Jeffrey!“



Ich öffnete meine Augen und sah ihre Umrisse auf dem Gipfel der Treppe.



„Komm her, Jeffrey!“, schrie sie. „Es ist nicht sicher dort oben!“



Ich ging zu ihr.



„Ich muss hier oben bleiben, Mom, damit ich sie überzeugen kann dich nicht mitzunehmen, wenn sie kommen.“



Ein Blitz leuchtete auf und sie sah besorgt zu mir hinauf. „Es tut mir leid, Jeffrey. Ich hätte es nicht innerhalb der Gruppe erwähnen sollen, ohne es dir vorher zu sagen. Aber du kannst nicht da oben bleiben. Es ist nicht sicher bei all den Blitzen.“



„Nein, ich kann nicht gehen. Was, wenn sie kommen, während ich drinnen bin?“



„Ich weiß, dass es schwer für dich ist, Liebling, aber wir können drinnen darüber reden. Ich mache uns heiße Schokolade“, sagte sie, als würde das alles besser machen.



Aber sie wusste nicht, wie schwer das für mich war. Wie könnte es ihr immer noch gut gehen, wenn sie mich verlassen würde, obwohl sie es wusste?



„Nein“, antwortete ich und drückte sie von mir weg. „Ich will keine heiße Schokolade. Das wird nicht helfen. Was ich möchte ist, dass du bleibst. Ich möchte eine Mutter, die mich nicht bei einem Haufen Fremder zurücklässt.“



„Jeffrey, ich habe keine Wahl.“



„Aber du scheinst ziemlich glücklich damit zu sein. Du bist auserwählt, nicht wahr? Wie ist es denn, wenn man auserwählt ist?“



„Ich werde dort oben gebraucht, Jef...“



„Du wirst hier gebraucht!!!“, schrie ich. „Du bist meine Mom und ich brauche dich hier, aber du bleibst nie! Warum? Warum, Mom? Ich habe immer geglaubt Kinder sollten die wichtigste Sache für Eltern sein, aber ich bin es nicht für dich! Wenn ich es wäre, würdest du mich nicht andauernd verlassen!“



Ich bereute meine Worte im gleichen Moment wieder, in dem sie aus meinem Mund gekommen waren. Meine Mutter sagte nichts. Ihre Hand bedeckte ihren Mund und sie konnte mich nicht ansehen. Ich glaube, dass sie weinte, aber es war nicht hell genug, um es genau zu erkennen.



„Es tut mir leid, Mom. Bitte, lass mich einfach hier oben, ja?“



Sie trocknete ihre Augen. „Jeffrey, du kannst nicht hier bleiben in diesem Sturm. Du könntest verletzt oder sogar getötet werden. Ich weiß, dass ich nicht die beste Mutter gewesen bin, aber das war bestimmt nie der Fall, weil du nicht wichtig warst. Ich habe es mir nie selbst ausgesucht dich zu verlassen. Ich hatte nie Kontrolle darüber, was mit mir geschah. Falls ich keine gute Mutter war, dann nicht, weil es mich nicht kümmerte, sondern weil ich nicht weiß, wie man eine ist. Ich habe so viel gemeinsamer Zeit verpasst, als du klein warst, und so viele Erinnerungen wurden mir weggenommen, dass ich mich jedes Mal fühle, als müsste ich versuchen alle Erinnerungen zusammenzukratzen, wenn ich zurückkehre. Ich weiß, dass es nicht fair ist. Jedes Mal, wenn ich dich ansehe, denke ich daran, wie unfair es war und das ist der Anlass, warum es so wichtig für mich ist..., weil ich wissen muss warum. Ich muss wissen, dass es einen Grund für den Verlust all dieser Zeit gibt.“



„Es ist gleichgütig warum, Mom. Aber es ist nicht gleichgültig, dass du mich verlässt. Geh dieses Mal nicht.“



„Wenn es so einfach wäre, würde ich nicht gehen, aber ich habe keine Wahl, wenn sie kommen, um mich zu holen.“



„Dann können wir flüchten. Lass uns einfach gehen. Es wird wieder genau wie im Sommer sein. Die können dich nicht mitnehmen, wenn sie nicht wissen, wo du bist, richtig?“



„Ich kann nicht, Jeffrey. Die werden mich finden. Zumindest weiß ich, dass du hier nicht allein zurückbleiben wirst. Bitte glaube mir, Jeffrey, wenn es einen Weg gebe, würde ich ihn wählen, aber es gibt ihn nicht. Ich weiß, dass es nicht fair ist und ich weiß, dass du wütend bist, aber wir können wenigstens die Zeit genießen, die uns bleibt, okay? Komm hinein.“



Sie ergriff meinen Arm und begann mich die Treppe hinunter zu ziehen, aber ich war nicht bereit aufzugeben. Ich wich zurück. „Wenn ich sie also nicht davon überzeugen kann dich hier zu lassen, dann muss ich sie davon überzeugen mich auch mitzunehmen.“



Das Blitzlicht leuchtete erneut auf. Sie zog stärker. „Jeffrey, nein! Wir müssen jetzt hinein gehen!“



Ich hatte nicht beabsichtigt mich dermaßen fest zu wehren. Ich wollte einfach nur, dass sie mich losließ, aber es war rutschig und als ich sie wegdrückte, um mich zu befreien, fiel sie die Treppe hinunter. Ich hörte ihre Schreie, bis sie bewusstlos auf der Erde lag.



***



Meine Mutter konnte nie wieder laufen nach dieser Nacht. Der Schaden an ihrem Rückgrat hatte sie von der Taille an gelähmt.



Die „Familie“, der wir angehört hatten, hatte wenigstens genug Anstand uns ins Krankenhaus zu bringen, aber sie verschwanden, sobald sie uns abgesetzt hatten. Ich weiß nicht, ob meine Mutter jemals einen von ihnen wiedergesehen hat. Ich habe es jedenfalls nicht.



Meine Mutter war zwei Tage lang bewusstlos. Ich durfte sie jedoch erst eine Woche später sehen. Ein Angestellter der Jungendfürsorge fragte mich in der Nacht aus, in der sie eingeliefert worden war. Nachdem er einige Minuten mit mir gesprochen hatte, wurden aus dem einen Mitarbeiter plötzlich fünf.



Als ich ihr schließlich einen beaufsichtigten Besuch abstatten konnte, war sie in die psychiatrische Abteilung verlegt worden. Ich redete mir ein, dass ich nicht weinen würde, aber ihr Anblick, in dem Rollstuhl sitzend und aus dem Fenster hinausstarrend, brachte die Tränen augenblicklich.



Sie versuchte zu lächeln, als sie mich sah, aber die Gegenwart der Anstandsdame erstickte ihr Lächeln.



Alles, was ich sagen konnte war „es tut mir furchtbar leid, Mom“. Immer und immer wieder sagte ich ihr, wie sehr es mir leid tat, bis sie schließlich auch weinte.



„Weine nicht, Liebling. Es ist nicht deine Schuld.“



„Doch, das ist es. Es tut mir leid.“



Sie erfasste meine Hände und zog mich zu sich, während sie mir in die Augen sah. „Hör zu, Jeffrey, es ist nicht deine Schuld! Egal was auch geschieht, es ist nicht deine Schuld. Versteh das bitte.“



„Ich wollte doch nur nicht, dass sie dich ohne mich mitnehmen. Es tut mir leid.“



Die Aufseherin räusperte sich.



Meine Mutter sah zu ihm auf und dann wieder zurück zu mir. „Wir dürfen nicht mehr darüber reden. Okay? Hör mir jetzt zu, Jeffrey. Ich werde hier eine Weile bleiben müssen. Du wirst bei einer anderen Familie leben, aber die meinten, dass du mich besuchen darfst.“ Sie blickte zur Aufseherin hinüber. „Nicht wahr?“



„So lange Sie zeigen können, dass Sie auf dem Weg der Besserung sind, Mrs. Spender, können Sie Ihren Sohn sehen.“



Ich begann erneut zu weinen.



„Es wird in Ordnung sein, Jeffrey, und merk dir, dass es nicht deine Schuld ist. Nichts von alledem ist deine Schuld, okay?“



Meine Mutter erlangte nie wieder das Sorgerecht für mich zurück. Ich lebte bis zum Ende meiner Jugend bei einigen Pflegefamilien. Jede Familie empfand mich als zu schwierig. Es dauerte viele Monate mich zu überzeugen, dass es keine Aliens und UFOs gab. Schließlich akzeptierte ich, dass nichts davon real war. Meine Mutter war krank gewesen und hatte sich das alles zusammengesponnen. Es war nicht ihre Schuld. Geisteskrankheit ist eine Krankheit wie jede andere. Mir wurde erzählt, ich solle dankbar dafür sein, dass sie jedes Mal ihren Weg zu mir zurück gefunden hat.



Obwohl es weniger als ein Jahr dauerte, bis ich akzeptieren konnte, dass es so etwas wie UFOs nicht gab, brauchte ich viel länger, um zu akzeptieren, dass ich nicht Schuld war an dem, was geschehen war. Ich war der Auslöser dafür, dass sie diese Treppe hinuntergefallen war. Ich lebe bis heute damit, aber ich habe nach und nach akzeptiert, dass es noch andere Menschen gibt, die Anteil an der Schuld hatten.



Ich war nur ein Kind, machtlos in einer Situation, der ich ausgeliefert war. Es waren die Erwachsenen, die am meisten dafür bestraft werden müssten. Erwachsene, wie mein Vater, der uns verließ anstatt meiner Mutter die Hilfe zu beschaffen, die sie brauchte. Erwachsene wie Dr. Weber, der die Dinge verschlechterte, indem er uns mit Verblendungen fütterte, statt uns in die Realität zurückzuführen.



Und Erwachsene wie Fox Mulder.



Meine Mutter hatte sich im Laufe der Zeit gebessert. Es gab keine Gespräche über UFOs mehr über viele Jahre hinweg, bis sie irgendwann über Fox Mulder las.



Von FBI-Agenten wird erwartet, dass sie mit Tatsachen arbeiten. Das war es, was mich an diesem Beruf fasziniert hat. Agent Mulder aber nimmt keine Rücksicht auf diese Dinge. Statt dessen jagt er noch immer seinen Träumen hinterher, ohne auch nur einen Gedanken an die Leben, die dabei zerstört werden, aber ich weiß es besser. Ich weiß, dass ich meine Mutter nie in einem Raumschiff durch die Gegend vorfinden werde, sondern eher in einem Leichenschauhaus als irgendwo anders, auch wenn das nicht leicht wäre.



Die können denken, was sie wollen. Sie können mir ihre dreckigen Blicke zuwerfen und hinter meinem Rücken reden. Irgendwo könnte es ein Kind geben, genau wie mich damals, das mit Müll gefüttert wird von diesen Freaks, die denken sie würden helfen, indem sie ihre kranken Fantasien verbreiten und wenn ich dazu verhelfen kann es aufzuhalten, werde ich tun, was immer nötig ist.



Ende
Ich mochte es nie, wie Jeffrey am Anfang behandelt wurde. Wenn ich meinen Blickwinkel verändere und mir seine Reaktionen als jemand, der nicht glaubt, ansehe, dann scheint sein Verhalten Mulder gegenüber normal, und ich wollte eine Hintergrundgeschichte schreiben, die das veranschaulicht. Einige der Dinge, die am Ende der Serie enthüllt werden widersprechen dem, was ich geschrieben habe, aber ich konnte die Zeitlinie nicht korrigieren und die Story weiterschreiben, also habe ich es gelassen.
Rezensionen