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Mai-Nacht

von Fee2

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Scully saß in ihrer Wohnung und ärgerte sich darüber, dass wieder einmal nur Blödsinn im Fernsehen lief. Was hatte sie von diesem Feiertag? Keine ihrer Freundinnen hatte Zeit gehabt - alle mussten unheimlich zweisam mit ihren Partnern und Männern kuscheln. Und sie? Sie hatte sich damit abgefunden mit ihrem alten abgenutzten Stoffteddy zu knuddeln, den sie zu ihrem 10. Geburtstag von ihrem Dad geschenkt bekommen hatte. Er hatte ihn für sie auf dem Jahrmarkt geschossen. Damals war sie unheimlich stolz gewesen, auf ihren Daddy, den guten Schützen. Sie mußte lächeln als sie daran dachte, und drückte den kleinen Bären mit den abgewetzten Stellen noch enger an sich.

„Da wollen wir zwei es uns mal so richtig gemütlich machen, und dann kommt noch nicht mal was gutes im Fernsehen, hmm?“ stellte sie ihrem Teddy die rhetorische Frage. Sie redete mit einem Stofftier - konnte sie noch tiefer sinken? Sie ließ ihren Blick durch die Wohnung schweifen. Würde ein Buch vielleicht die erwünschte Abwechslung bieten? Nein, zum Lesen war sie zu müde.

Von draußen her tönte Gegröle von irgendwelchen Jugendlichen die sich unten auf der Straße zu schaffen machten. Sie stand auf um das Fenster zu schließen. In dem Moment, als sie ihr Hinterteil vom Sofa erhoben hatte, klingelte das Telefon.

Sie hielt den Teddybären ein wenig von sich weg und sprach ihn an: „Na wer kann das bloß sein?“ lächelte sie verschmitzt und bewegte sich langsam auf das Telefon zu. Sie wusste er würde warten. Er kannte sie und ihr erbärmliches Leben nur zu gut, um zu wissen, dass sie jetzt hier alleine auf dem Sofa saß. Nur, dass sie mit ihrem Bären redete, das konnte wohl selbst er nicht ahnen...

„Hhhmmmja?“ entkam es Scully in jugendlichem Ton.

„Scully?“ kam es verdutzt vom anderen Ende.

„Jap, die bin ich“, lächelte sie in den Hörer.

„Haben Sie schon viel getrunken?“ war die fragende Antwort.

„Ach wissen Sie Mulder, ich hab mir die Flasche Rotwein mit wem geteilt“, sagte sie betont nüchtern, zwinkerte dabei aber unterbewusst dem kleinen Bären mit den Knopfaugen zu, der treu auf dem Sofa saß und dort wartete, auf dass sie zu ihm zurückkäme.

„Oh - dann...dann störe ich wohl?“ fragte Mulder enttäuscht, wie man unzweifelhaft an seiner Stimme erkennen konnte.

Scully wollte ihn eigentlich noch zappeln lassen, doch dafür war sie zu geplättet von dem Wein.

„Nein, Mulder, ich... ich rede von meinem - ach egal, ich bin alleine“, antwortete sie sanft.

„H-hmm, na gut... dann kann ich Ihnen ein wenig Ihrer kostbaren Zeit stehlen?“

„Ach Mulder, wenn meine Zeit doch nur so kostbar wäre wie Sie sagen... aber ich habe gerade massenhaft davon, das können Sie mir glauben“, lachte sie.

„Na dann unterhalte ich Sie ein wenig, denn - und jetzt sagen Sie nicht, das hätten Sie sich nicht gedacht - ich habe auch seeehr viel Zeit, gerade.“

„Mulder, das musste man sich nicht nur denken, ich glaube eher wenn es anders gewesen wäre, hätte mein Weltbild Risse bekommen.“

„Ihr Weltbild steht nach all den Jahren in denen wir schon zusammen arbeiten überhaupt noch?“ er machte eine kleine Pause, doch Scully wusste, dass er weiter reden würde.

„Meins ist schon nach einer kurzen Zeit so marode gewesen, dass es mit einem lauten Knall in sich zusammenstürzte“, witzelte Mulder.

„Hmm“, brachte Scully nur hervor.

„Hmm? Das ist also alles was Sie nach dem Wein noch sagen können Scully?“

„Nein - es... Mulder, gibt es denn einen Grund weshalb Sie anrufen? Auf irgendetwas gestoßen?“ hakte Scully nun nach.

„Nnnein, ich wollte mich nur mit Ihnen unterhalten, wenn das auch zur Abwechslung mal gestattet ist“, tat Mulder eingeschnappt.

Scully nickte, dann lehnte sie sich in den Sessel neben dem Telefontisch.

„Na dann mal los, Mister“, forderte sie mit einem breiten Grinsen.

„Wie wäre es mit einem top-aktuellen Thema?“ startete Mulder vorsichtig.

„Ich hab keine Lust über Politik zu reden“, maulte Scully.

„Ich hab das Wort Politik nie erwähnt Scully!“ Scully zog eine Augenbraue in die Höhe und überlegte was es für einen aktuellen Anlass geben könnte, über den Mulder nun gerne philosophieren, diskutieren oder ähnliches wollte, so wie es sonst immer sein Verlangen war.

Er fuhr fort: „Scully, was für ein Tag heute ist wissen Sie aber schon?“

„Der 31.April?“ fragte Scully vorsichtig an.

„Sie haben 100 Punkte Lady!“ lachte Mulder. „Nun, und warum haben Sie wohl morgen einen freien Tag?“, bohrte er weiter.

„Hmm, weil viele andere Verrückte gerade in dieser Nacht losziehen und irgendein Gebüsch in der Welt verteilen, dabei literweise Alkohol in sich schütten und somit am nächsten Morgen arbeitsunfähig sind?“ tarnte sie ihre Antwort als ironische Frage.

Mulder war ein wenig vor den Kopf gestoßen. „Öhm, ja, genau.“

„Und was ist nun daran so spektakulär, als dass wir darüber reden müssten?“ fragte Scully neugierig.
„Naja, ich ... wollte mich nur mal so allgemein über Ihre Meinung erkundigen - Sie finden diese Sitte also nicht sonderlich prickelnd?“

„Maibäume setzen? Mulder, ich bitte Sie! Erst mal ist das etwas für liebeskranke Jugendliche, und außerdem - wie kommen Sie darauf?“

„Na weil eben heute die Mainacht ist“, entkam es Mulder trotzig.

„Oh, ich hoffe mal nicht Ihren sensiblen Nerv getroffen zu haben“, lachte Scully.

Als eine Pause zwischen den beiden eintrat fragte sie noch einmal: „Mulder?“
„Jap, noch da. Hmmm, ich finde diese Tradition hat doch etwas Romantisches an sich oder nicht?“

Nun schnellten beide Augenbrauen von ihr in die Höhe – Mulder - romantisch? Das waren zwei Worte die sie in ihrem Kopf noch nie in einem Zusammenhang gesehen hatte, da sie für Scully das Paradoxon überhaupt ergaben.

„Hmmm, also ich weiß nicht Mulder, romantisch? Ich will Ihre traumhaften Phantasien ja nicht zerstören - WENN Sie das überhaupt ernst meinen...“ fing Scully an.

„Wieso sollte ich das nicht ernst meinen?“ fragte Mulder gespannt.

„Na ich bitte Sie, Mulder, das fragen Sie mich? Sie und romantisch? Sie und alte Traditionen?“ Sie machte wieder eine Pause „Sie und das andere Geschlecht?“ Scully ließ es als Witz klingen, dennoch traf es Mulder.

„Na vielen Dank, in einem Satz gleich so viele Beleidigungen - das nächste mal überlege ich es mir drei mal, ob ich Sie anrufe oder lieber meine gute Freundin Tina vom Telefondienst…“, schmollte er in den Hörer.

Scully musste lächeln.

„So war das nicht gemeint Mulder, und ich lasse Ihnen auch gerne die Freude an dieser Tradition, aber Sie haben mich nach meiner Meinung gefragt und ich habe Sie Ihnen mitgeteilt“, antwortete sie zuckersüß.

„Ja aber - ich meine, wie können Sie, Sie als Frau eine solche Geste denn überhaupt NICHT romantisch finden?“ Mulder schien nach Luft zu schnappen, richtig erregt zu sein.

„Naja, wissen Sie, ich denke einfach nur - wenn ein Mann einer Frau ein Geschenk an einem bestimmten Tag macht, der von irgendwem festgelegt wurde, dann ist es doch nicht wirklich freiwillig, oder? Es ist von der Konsumgesellschaft aufgezwungen, genau wie beim Muttertag! Und ich fände es viel romantischer, wenn ein Mann mich eben NICHT an diesem speziellen Tag beschenkt, wo so viele andere Frauen genau das gleiche Geschenk erhalten, wissen Sie?“ beendete sie ihre Ausführungen.

„Ja aber...“, fing Mulder matt an.

„Außerdem... als Teenager musste man einen dieser Maibäume haben, sonst war man unten durch, für die nächsten drei Jahre nicht mehr angesagt. Und solche Sitten, die sich in der Gesellschaft als so ein Druck auswirken, die kann ich weder gut finden, noch unterstützen. Ich meine, wenn man keinen hatte, dann war man unten durch, und wenn man einen hatte, aber vom falschen Kerl, dann auch.“

Mulder schluckte.

„Na Sie scheinen ja nicht grade die besten Erfahrungen mit diesem Gestrüpp gemacht zu haben, hmm Scully?“ witzelte er.
„Naja, es ist einfach eine dieser Sitten... aber... Mulder, wieso reden wir da eigentlich gerade drüber?“ fragte sie.

„Oh, ähm, Scully?“

„Ja?“

„Ich... ich hab da grad eine Nachricht erhalten, ich muss schnell weg - wir sehen uns Dienstag“, antwortete Mulder hastig und legte auf.

„Na super, wenn du dich mal nicht zum Idioten gemacht hast“, schimpfte Mulder, nahm sich seine Jacke und verließ seine Wohnung.

Scully schaute den Hörer in ihrer Hand fragend an. Manchmal war Mulder einfach ein Rätsel. Was hieß hier manchmal? Eigentlich immer. Immer schon, seit sie ihn kannte. Und auch wenn das Rätsel immer mehr und mehr gelüftet wurde, ein Mysterium blieb es dennoch stets. Und dieses Spannende, das Ungewisse, das machte Mulder aus...

Sie legte den Hörer wieder auf und machte sich auf den Weg in die Küche. Ein heißer Tee und sie würde schlafen wie ein Baby. Während der Tee so vor sich hinzog, ging Scully ins Bad und zog sich ihren Pyjama an, putzte sich die Zähne und versuchte sich die kleinen Fältchen aus dem Gesicht zu streichen, die ihr Badspiegel ihr so unverfroren zeigte.

„Man, und ich dachte immer, wenn ich mal Falten werfe bin ich schon lange unter der Haube“, sprach sie seufzend zu sich selber.
Ein wenig frustriert ging sie aus dem Bad in ihr Schlafzimmer und legte schon mal die Sachen für den nächsten Morgen zurecht.

Dann machte sie sich wieder auf den Weg in die Küche, den Tee schon freudig erwartend. Sie kam an dem offenen Fenster vorbei, und wollte es gerade schließen. Da hörte sie von unten ein Geraune, das sich nach zunehmendem Ärger anhörte. Zwei Männer die sich nicht ganz einig waren... Sie rollte ihre Augen - wahrscheinlich ging es um ein Mädchen, dem die beiden jeweils ihre Liebe beweisen wollten... Hallo! Sie war auch noch da! Man brauchte sich nicht um eine zu streiten, während so viele andere leer ausgingen!

Sie ging zum Fenster und schaute hinaus, ob sich die Lage wohl noch zuspitzen würde. Sie traute ihren Augen nicht - da stand Mulder, unten vor ihrer Tür! Und er schien sich mit diesem jungen Kerl aus der Nachbarschaft mächtig angelegt zu haben. Was hatte er denn nun schon wieder angestellt? Sie stellte ihre Tasse ab, schwang sich den Bademantel über, schnappte ihren Schlüssel und rauschte aus der Tür.

Geschwind lief sie das Treppenhaus hinunter. Was wollte er nur hier? Hatte er vielleicht getrunken und sich deshalb mit einem dieser Kerle angelegt? Der Alkohol würde zumindest das komische Gespräch von vorhin erklären, dachte Scully sich.

Sie öffnete die Tür.

„Ich habe Ihnen aber doch schon gesagt, ICH habe...“, sagte Mulder in erregtem Ton zu diesem Mann und fuchtelte wild gestikulierend in Richtung Tür.

Scully trat aus der Tür hinaus und schritt auf die beiden zu.

„Ah, Miss Scully, gut, dass Sie kommen“, sagte der Mann aus der Nachbarschaft freundlich.

Mulder drehte sich um und erschrak als er sie sah. Dann gab er ein lachartiges Geräusch von sich und ließ den Kopf sinken.

„Was ist denn hier bloß los?“ rief Scully.

„Wissen Sie, wir, meine Freunde und ich, haben die Nacht in ein paar Schichten zur Wache aufgeteilt, weil im letzten Jahr einige Bäume verschwunden sind..., und jetzt habe ich diesen Kerl hier erwischt, wie er Ihren Maibaum klauen wollte!“

In diesem Moment drehte Scully sich ungläubig um - und schaute tatsächlich auf einen der schönsten Maibäume den sie je gesehen hatte. Groß und in wunderschönen Farben prachtvoll geschmückt, mit einer Riesenkarte, die ihren Namen trug.

„Und dann hat er auch noch behauptet ihn selber gesetzt zu haben und ihn dann...“, fuhr der Mann fort.

„Urghrz“, entkam es Mulder und er fasste sich an den Kopf.

„Mulder?“

Er drehte sich langsam um.

„Sie kennen diesen Mann?“ entkam es dem Nachbarn erstaunt.
Scully nickte lächelnd.
„Na dann... dann werde ich mal gehen und mich weiter umsehen“, sagte er und machte kehrt.

„Ich wusste ja nicht, dass Sie diese Dinger so abscheulich finden Scully...“, fing Mulder gleich an nachdem der Nachbar sich weg begeben hatte.

Scully stand immer noch schweigend da, aber mit einem bezaubernden Lächeln, das ihr Gesicht zierte.

Sie ging mit zwei Schritten auf Mulder zu, schaute ihm in die Augen, schlang ihre Arme um seinen Hals, stellte sich auf die Zehenspitzen, und gab ihm sanft einen Kuss auf den Mund.

„Danke“, hauchte sie.

Mulder wusste nicht wie ihm geschah, erstaunt weiteten sich seine Augen.

„Ich dachte Sie mögen keine...“, begann er.

„Bis jetzt“, strahlte Scully ihn an.

Mulder verstand. Er beugte sich zu ihr herab, näherte sich ihr immer mehr, und überwand letztendlich die letzte kleine Unendlichkeit zwischen ihnen, bis ihre Lippen erneut, und diesmal erheblich intensiver aufeinander trafen, und beide in einem zärtlichen Kuss versanken.

Scully lehnte sich gegen seinen Körper, wollte gar nicht mehr von ihm ablassen, doch Mulder löste sich nach einer langen Zeit dennoch von ihr. Mit einem spitzbübischen Grinsen dann nahm er sie auf seine Arme. Scully ließ sich eines ihres seltenen Lachens entlocken, woraufhin Mulder sie noch einmal küsste. Scully schaute ihm tief in die Augen, er blickte sie an - mit seinem treuesten Hundeblick, den er auf Lager hatte. Und so schauten sich die vier wohl verliebtesten Augen an, die auf Mutter Erde wandeln, sprühend voller Sehnsucht und Verlangen.

„Ich liebe dich Mulder“, hauchte Scully zärtlich in sein Ohr.

„Und ich dich erst, Maikönigin“, vernahm der Maiwächter nur noch, bevor er die beiden im Treppenhaus verschwinden sah.
Okay, als kleine Anmerkung: Jaaa, es mag sein, dass es in Amiland keine Maibaumtradition gibt, aber GÄBE es diese Tradition, so wäre das ganz bestimmt genau so abgelaufen! *g*

Ich sitze hier selber gerade in einer solchen Nacht, und habe keinen Mulder an meiner Seite, was man wohl daran merkt, dass ich an meinem Laptop sitze.

Nun, ganz allgemein noch kurz angemerkt: Diese Geschichte entstand also mitten in der Nacht, nach einem 10 Stunden Lerntag, der im Alkoholkonsum des nachts endete....also bitte keine Drohbriefe...

-Es bittet um feedback die kleine Fee-
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