World of X

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The Wrong Man

von Deslea

1/1

Diese Story wurde empfohlen von ‚My XF Voice‘ und ‚Unique Possibilities‘ im Mai 2001 und bewertet vom ‚House of FanFic‘ im Juni 2001.



Maidenjedi von House of FanFic schrieb: „Deslea trifft total ins Schwarze mit seiner ‚Außenstehenden‘ FanFic erzählt von Jeffrey Spenders POV, über Krycek und Marita. Was diese FanFic wirklich außergewöhnlich macht, ist die Beschreibung von Marita aus Spenders Sichtweise ... er sieht sie als „eine Mona Lisa, eine Madonna“ außer ihren ringenden Händen. Das ist mächtiger Stoff, Deslea in Höchstform, als sie die Hintergrundgeschichte von Marita und Alex webt, die Jeff Spender berührt, aber nicht überrascht. Ich gebe dieser Fic eine 10 von 10 wegen der Macht hinter den Worten und der darunter liegenden Charakterisierung. Bravo!“



Danzi Jean schrieb: „Deleas Sicht auf die unterstützenden Charaktere der X-Akten ist etwas, das ich sehr selten sehe und wirklich erfrischend und mitreißend finde. „The Wrong Man“ nimmt uns mit in die Gedanken Jeffrey Spenders, ein eher flacher Charakter um damit zu beginnen, aber wir sehen auch die Motive hinter den Handlungen Kryceks und Maritas während der Ereignisse von „Zwei Väter“/“Ein Sohn“. Dies gibt uns einige, der dringend benötigten Antworten, aber rückt sie in ein Licht, das wir nicht erwartet hätten. Diese FanFic ist wundervoll in ihrer Bildlichkeit und die Angst, die es für die Charaktere erzeugt. Die ganze Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit, die diese FanFic verkörpert fängt wirklich ein, wie hoffnungslos die Charaktere sind, aber auch wie entschlossen. Dies ist eine wundervolle FanFic, wegen der Originalität und dem Konzept. Schön geschrieben und wunderbar konstruiert. Gute Arbeit!“



Unique Possibilities schrieb: „Diese Geschichte ist wirklich großartig ... sie ist von Jeffreys POV geschrieben .... aber es geht um Krycek/Marita.“

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„Dieser Hurensohn!“



Ich schreite ärgerlich umher, meine Hand in einem Anfall von Wut um mein Glas geklammert. Der Bourbone ist golden, schwenkt kreiselnd in dem flackernden Licht. In einem anderen Abschnitt meines Lebens hätten meine Sinne, das vielleicht wahrgenommen.. Jetzt scheint es surreal, so wie alles andere.



Die Frau sitzt am Kamin, wärmt sich, reibt ihre Hände zwanghaft gegeneinander. Ihre Haare sind jetzt sauber und sie umrahmen ihr Gesicht in einem Anflug gesponnenen Silbers. Es ist ein wenig widerspenstig, ein bisschen wild, der letzt jährige Designerschnitt wild gewachsen. Ihr Lippen sind jetzt glatt, aber ich weiß, das ist eine Illusion – sie haben den matten Glanz von Vaseline – aber es ist eine beruhigende. Sie hat Glas für Glas Wasser getrunken und die trockene Röte, die ihre Augen umgeben hat verschwindet. Sie sitzt da, versinkt in meinem Flanellpyjama wie eine Elfe, ihre Knie bis an die Brüste angezogen, ihre Arme schützend um diese geschlungen. Eingewickelt in einen Decke sieht sie nachdenklich in die Flammen. Sie könnte eine Mona Lisa sein, eine Madonna. Die einzige Sache, die ihre ruhige Fassade stören, sind diese gezwungen ringenden Hände.



Eine Stunde später wandere ich immer noch umher, immer noch in der gleichen Geschwindigkeit mit gelegentlichen Ausbrüchen, aber am Ende kann mein Geist mich davon überzeugen, dass sie vielleicht Ruhe braucht. Ich beruhige mich selbst und schließlich lasse ich mich neben ihr auf die Knie sinken.



Sie sieht weg von den Flammen, dreht ihren Kopf auf die Seite und legt ihn auf ihre Arme. Sie beobachtet mich, ihr Gesichtsausdruck freundlich. Ich fühle mich ein bisschen schuldig wegen meines vorherigen Wutanfalls. Nach allem, was sie durchgemacht hat, wie kommt es, dass sie freundlich ist und ich kindisch? Ist da nicht irgendetwas verkehrt in diesem Bild? Ist sie nicht diejenige, von der erwartet wird, dass sie hysterisch zusammenbricht, während ich einen Ruhepol für uns beide darstelle? Ich weiß nicht, was meine Rolle hier ist. Ich fühle mich wie ein Betrüger, ein Kind, das Held spielt und dann plötzlich herausfindet, dass das Spiel ernst ist.



Schließlich bricht sie das Schweigen. Ihre Worte sind unerwartet.



„Es ist nicht seine Schuld.“



Ich starre sie an. „Alex?“ frage ich zuletzt. „Du kennst ihn?“



„Er ist mein Ehemann“, sagt sie, als wenn das alles erklärt. Sie dreht ihren Kopf, um einmal mehr das Feuer zu betrachten.



„Ich verstehe nicht.“



Ihr Mund verzieht sich zu einer grimmigen Linie. „Er ist auch dein Bruder, Jeffrey. Dein Vater, der Mann, der das getan hat – er ist mein Schwiegervater. Seit zwanzig Jahren.“



Das erschüttert mich, aber nicht zu sehr. Alex wäre nicht der erste illegitime Spender, dem ich je begegnet bin. Meine Mutter hat sogar eine davon für eine Weile großgezogen. Also nicke ich, verinnerliche diese Information und integriere sie in das Puzzle.



„Also warum hat er uns verlassen, um seinen eigenen Weg heraus zu finden?“



„Hat er nicht“, sagt sie einfach. Auf meinen verständnislosen Blick sieht sie mich an und antwortetet kryptisch „Er hat uns nicht verlassen. Er ist nur nicht geblieben.“



„Ich verstehe immer noch nicht.“



Für eine Weile antwortet sie nicht und einen langen Moment lang glaube ich, sie wird es auch nicht. Aber schließlich sagt sie warm: „Ich weiß über dich Bescheid, Jeffrey. Ich weiß, wie du und Samantha 1979 zusammengelebt habt. Deine Mutter hat sie umsorgt wie ihr eigenes Kind – erinnerst du dich daran?“



„Ja, ich erinnere mich.“ Ich lächle ein bisschen. Die Erinnerung daran ist eine Gute. „Es ist erst vor kurzem gewesen, dass ich erfahren habe, dass es Samantha Mulder war.“ Meine Stimme ist halb-zweifelnd, aber ich erwarte nicht wirklich, dass sie meiner Schlussfolgerung widerspricht., und das macht sie nicht.



Sie nickt, ein bittersüßes Lächeln umspielt ihre Lippen. „Hast du dich jemals gefragt, warum die Kolonisten sie das erstemal zurückbrachten?“



Das unterbricht meinen Gedankengang, weil ich das nie getan habe. Aber es ist ein guter Punkt. Meine Mutter und Samantha sind die einzigen Entführten des ersten Handels, die jemals zurückkamen. War ich so dankbar dafür, dass ich alles andere vergaß? Wo war mein Kopf seit das alles begann? Wenn ich jemals einen Beweis gebraucht habe dafür, dass Fox Mulder zu den X-Akten gehört und nicht ich, dann war es dieser.



Ich rang um eine Antwort, aber am Ende fragte ich schlicht: „Warum wurde sie zurückgebracht?“



Sie sieht wieder ins Feuer. Ich frage mich, was sie dort sieht. „Weil ich und Alex in diesem Jahr ein Kind hatten.“



Alles kommt zusammen in einem einzigen, grausamen Moment. „Mein Vater hat dein Baby für Samantha getauscht?“ Auf einmal scheint die Luft um mich sehr heiß und stickig zu sein.



Sie nickt und die Umrisse ihrer Kehle spannen und entspannen sich. „Er sagte, er hätte Adoptiveltern bereitstehen. Er hat nicht erwähnt, dass sie nicht menschlich sind.“ Ihr Kopf senkt sich etwas im verblassenden Licht. „Alex war dagegen. Wir waren es beide. Aber dein Vater sagte mir, wenn ich es tat, dann könne Alex wieder zur Schule gehen und wir würden später noch viele Babies haben können. Wir hatten sie gerade lang genug, dass ich sehen konnte, wie schwer es sein würde und ich denke, ich glaubte vielleicht habe er recht.



„Wie alt warst du?“, frage ich.



Ihre Stimme ist langsam ... schleppend. „Ich war fünfzehn.“



„Wie hieß sie?“



Ihr Gesichtsausdruck wird sanfter. „Ich war fünfzehn und verliebt in meinen Sandkastenfreund.“ Sie sieht mich an und ihre Augen strahlen. „Was denkst du?“



„Alexandra? Alexis? Alexa?“, vermute ich und werde belohnt mit einem schwachen, kleinen Lächeln. Es ist gewinnend. Zu einem anderen Zeitpunkt hätte es Liebe sein können.



„Alexandra“, stimmt sie zu, aber dann verschwindet ihr Lächeln und ihre Gesichtszüge werden hart. Es schmerzt dabei zuzusehen.



Zögernd frage ich, „Wo ist sie jetzt.“



„Tot, sollte ich denken“, sagt sie mit einer herzzerreißenden Schlichtheit. Sie dreht ihren Kopf mit der nun vertraut wirkenden Präzision und starrt ins Feuer. „Verbrannt, so wie alle anderen. Weißt du, sie sagen, sobald die Körpertemperatur steigt schaltet der Körper ab. Sie sagen, du fühlst nicht viel. Natürlich wette ich, ‚sie‘ haben das nie selber durchgemacht.“ Ihre Augen verfolgen die tanzenden Flammen hingerissen. Es ist verstörend, das zu beobachten. Ich wünschte, ich könnte sie davon abhalten, aber ich weiß nicht wie.



„Wieso glaubst du das?“, frage ich letztendlich. Ich will es nicht fragen, es scheint so trivial, angesichts ihres untertriebenen Leidens – aber ich fühle mich, als würde ich ein wichtiges Teil des Puzzles übersehen.



Das erregt ihre Aufmerksamkeit. Als sie aufsieht habe ich das unbehagliche Gefühl, dass sie mehr Aufmerksamkeit zugesteht, als ich offensichtlich verdiene. „Verstehst du nicht, Jeffrey? Die Rebellen haben den Alienfötus. Sie werden die Kolonisten und unsere Familien hinterhältig am Übergabeort überfallen. Sie werden sie töten – alle – wie sie es in Kasachstan und Skyland Mountain und überall sonst getan haben.“ Ihre Augen sind so klar, es schmerzt schon sie anzusehen.. „Und Alexandra ist dort.“



Die Teile passen endlich zusammen, „Darum ist Alex gerannt. Er ging, um sie dort herauszuholen.“



Sie neigt ihren Kopf. „Er wird nicht rechtzeitig ankommen. Das weiß ich.“ Ihre Augenwinkel werden feucht und glänzend, aber die Tränen fallen nicht. „Und auf irgendeine Weise bin ich froh.“ Sie braucht es nicht wirklich zu erklären, weil ich die gleiche furchtbare Erleichterung über meine Mutter spüre. Aber sie tut es, in einem leisen, stockenden Tonfall, der so roh ist, als ob sie das Innere ihres Körpers offen legt. „Sie wird frei sein. Genau wie er.“ Die Tränen fallen jetzt. „Was auch immer Alex und ich einmal hatten, es wurde vor langer Zeit aus uns beiden herausgebrannt, Jeffrey. Ich will, dass er frei ist. Das tue ich wirklich.“



„Ich kann mir nicht vorstellen, wie es sein muss so zu leben.“ Und ich kann es nicht. Die Qualen der letzten Tage waren schrecklich ... und trotzdem kann ich den Schmerz dieser Frau und ihres Mannes, meines Bruders erblicken und sehe, dass ich verschont wurde. Das lässt mich, mich schuldig, dankbar und erschrocken fühlen, alles im selben Augenblick.



Sie zuckt leicht mit den Schultern. „Man macht Kompromisse und wir waren glücklich genug, jemanden zu haben, der immer verstand und vergab - gegenseitig.“ Ein bitterer Unterton schwingt in ihrer Stimme mit. „Weil sogar, wenn wir gegeneinander arbeiteten, wenn Dinge nicht in unserer Macht lagen und unsere Chancen zusammenbrachen, wir immer für unsere Tochter arbeiteten.“ Sie lächelte ein trauriges, reuevolles Lächeln. „Man kann keine Heirat auf dieser Art von Kompromiss aufbauen. Aber man kann immer noch lieben.“



Ich versuche zurückzulächeln, aber es fühlt sich gezwungen an. Ich nehme an, es ist mehr eine Art Grimasse. Sie sieht wieder in die Flammen und nach einer Weile sage ich zögernd, “Alex wird bald hier sein, oder?“



Sie nickt. „So oder so.“



Wir bringen unsere Nachtwache hinter uns. Sie redet, manchmal traurig, manchmal mit einem trockenen, selbsttäuschenden Humor. Da ist mehr, viel mehr. Sie erzählt von den Abtreibungen, Kinder, die sie zu sehr liebten, um sie in diese Welt zu setzen. Sie erzählt von einer Zeit, etwa vier Jahr zuvor, als sie sie wirklich zurück hatten und von ihrem Versuch nach Argentinien zu fliehen. Sie erzählt davon, ihn in einem Raketensilo verseucht mit radioaktiver Strahlung gefunden zu haben, seine Haare ausgefallen, seine Augen glasig und von den Tumoren und der Unfruchtbarkeit, die dort seinen Anfang nahmen. Sie erzählt nichts von ihren eigenen, gerade durchlebten Qualen, diese Wunde ist zu frisch. Aber als ich ihre Kleidung anordne, ist dies offensichtlich. Ich brauche nicht zu fragen, ob sie zustimmte. Ich brauche es nicht.



Als die Dämmerung hereinbricht klopft es an der Tür. Sie wirft mir einen qualvollen Blick zu und erhebt sich von ihrer Wachposition am Feuer. Ihr Gesicht war gerötet von der Wärme, aber jetzt weicht alle Farbe sofort daraus. Ich weiß, was zu erwartet ist, genau wie sie, aber trotzdem fühle ich meinen Magen und mein Herz sich schmerzhaft vor Besorgnis zusammenziehen.



Ich öffne die Tür und gehe zur Seite um ihn hereinzulassen.



Er kommt wortlos durch die Tür, aber als ich sie hinter ihm schließe, scheint er unschlüssig in der Diele zu schweben. Und das ist der Moment, in dem ich es sicher weiß, denn wann war Krycek jemals unschlüssig? Er ist dreckig, mit Ruß bedeckt, und als ich um ihn herum gehe und zurück zum Feuer laufe, sehe ich, dass nur die Kreise unter seinen Augen sauber sind. Eine Vorstellung beschleicht mich, von ihm, wie er zwischen regungslosen Körpern kniet, sie überprüft und zum nächsten weitergeht mit einer methodischen Gründlichkeit, die ich fühle ihn am Leben gehalten hat, nur anhaltend, um Tränen für eine junge Frau wegzuwischen, ein Kind, das ihm nie vergönnt war zu kennen. Die Vorstellung ist unbehaglich, denn ob wahr oder nicht, dies ist keine Szene, die ich jemals sehen sollte.



Sie geht zu ihm, nur etwa einen Meter von ihm entfernt anhaltend. Sie beginnt zu sprechen, versagt aber, und ich wünsche, ich könnte mich selbst dazu bringen, sie allein zu lassen, aber ich kann es nicht. Denn wenn ihre Tochter tot ist, dann auch meine Mutter und das ist etwas, was ich wissen muss.



Seine Schultern sinken und sie stößt einen einzelnen, mitleidigen Seufzer aus, ihre Hand fliegt sofort vor Qual an ihre Kehle. Er hält ihr einen Behälter entgegen. Ein Stück Metall ist darin. Und dann hält er sie und ihre Schluchzer sind leise, mehr eine Schwingung der Luft, als ein Laut und er weint nicht oder zittert, aber seine Finger fahren durch ihr Haar, als ob er sich an sie klammert für sein Leben. Sie markieren sie mit der Asche der Toten, prägen sie mit allem, was übrig ist von dem Leben, das sie gemacht haben. Blut von meinem Blut, jetzt den Sünden unseres Vaters geopfert. So viele sind gestorben, von denen diese mir unbekannte Nichte von mir, nur eine ist, aber sie jetzt beobachtend, verstehe ich mit Entsetzen auf eine Art, auf die ich es nie zuvor verstanden habe. In ihrer Tragödie liegt das Leben in klein. Ich fühle große Trauer.



Er sieht zu mir über ihre weinende Figur und sein Blick begegnet meinem. Er wartet darauf, dass ich frage, obwohl ich es kaum brauche. Ich sehe ihn trotzdem fragend an und er schüttelt bedauernd seinen Kopf. Ich fühle dumpfe, schmerzende Resignation, weil wie ihre Tochter meine Mutter jetzt frei ist.



Ich drehe mich weg von ihnen und lasse sie trauern, da ich selbst zu trauern habe. Mehr als zu trauern, ich habe Sachen zu erledigen. Weil ich jetzt meine eigene Machtlosigkeit verstehe, angesichts dieser Bedrohung, mit der die Welt jetzt konfrontiert ist. In meiner pathetischen Entschuldigung für meine Position, ich bin - vielleicht - die einzige Person, die übrig ist, um die Zukunft zu ändern. Und ich bin der falsche Mann. Von meinen Brüdern bin ich derjenige, der es am wenigsten verdient hat, der am wenigsten fähig dazu ist und das ist eine bittere Erkenntnis, aber auch eine Erlösung. Denn das heißt, das jemand der Richtige ist.



Ich schließe die Tür.





END
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