World of X

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Lebenslicht

von Nastally

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~*~~

You can’t plan the kind of deep love

that results in children.

~*~

Johnny Depp





Ich hätte nie gedacht, dass es ihn wirklich gibt. Diesen Moment in dem alles nichtig ist, was war und sein wird, weil du an einem Ort bist, an dem du weißt, dass dir nichts böses geschehen kann.

Wie viele Jahre lang haben wir gegen die Widrigkeiten des Lebens gekämpft, die es uns nicht gestatten wollten, hier her zu gelangen? Zu diesem Moment. Leid, Verlust und Schmerz. Hoffnungslosigkeit. Augenblicke an denen es schien als sei es das Ende. Dinge, die man nie vergisst, weil sie einen prägen. Zu tief sind die Abgründe, zu sichtbar die Narben. Noch vor Minuten hätte ich gesagt, dass es nie vergeht. Es war immer da, im Hintergrund, irgendwo jenseits des Bewusstseins. Doch das Gefühl war da. Eine stille Trauer, die alles in sich vereint was mir wiederfahren ist. Es ist wahrscheinlich, dass ich manche dieser Geschehnisse nie verarbeiten können werde. Im besonderen die der letzten Monate. Die grässlichen Alpträume, welche mich wiederholt heimsuchen, lassen mich das wissen.

Doch wie kommt es dann, dass das alles in diesem winzigen Moment von Unendlichkeit nicht mehr zählt? Wie ist es möglich, dass mich für Sekunden nichts als reines Glück zu erfüllen scheint, unberührt von Ängsten?



Während die Zeit sich auflöst und uns ein kleines Stück Ewigkeit schenkt, fange ich an zu begreifen. Die ganzen Grausamkeiten, die wir durchleiden mussten, alles, was geschehen ist, konnte uns nicht auseinanderbringen. So simpel es auch ist, so macht es dennoch die Vergangenheit unbedeutend. Wenn wir doch hier sind, trotz allem, um die Wahrheit ins Leben zu rufen. – Die Wahrheit, welche wir beide kennen.



Beinahe kann ich es nicht glauben, als sich ihre Lippen an die meinen schmiegen. – Beinah. – So lange ist es her.

Zu viele Stunden betete ich darum, sie möge es nicht vergessen haben. Die wenigen, zu schnell verflossenen Tage, in denen es nach und nach zur Gewohnheit wurde, unsere Gefühle dem anderen mit einem Kuss zu deuten, wann immer wir das Verlangen danach verspürten. Als wir ein Paar waren, zusammengehörig. Es gab diese Zeit, jetzt weiß ich es wieder mit Gewissheit. Nun, da ich das wunderschöne Gefühl von Vertrautheit wieder erleben und neu erwecken darf.



Wenige Wochen vor meiner Entführung konnten die Mauern nicht mehr standhalten, die wir uns so sorgfältig errichtet hatten.

Als wir einander unsere Liebe gestanden hatten – als wir es nach all den Jahren endlich fertig brachten – hatten wir noch Angst und Zweifel. Wir wussten nicht was kommen würde, wussten nicht ob es richtig war, oder falsch. Dana erzählte mir, dass sie nicht sicher war ob der Weg, den sie gewählt und zu ihrem Leben gemacht hatte, der richtige gewesen sei. Durch das Zusammentreffen mit Daniel wurde die Vergangenheit geweckt, und doch begann gleichzeitig die Zukunft als sie sich entschied mir die Wahrheit über ihre Gefühle zu offenbaren.

Vielleicht war es nötig gewesen mit der Vergangenheit ab zu schließen, ehe wir etwas anfingen, dass unser beider Leben verändern würde. Zum Positiven, wie sich herausstellte. Obwohl es nicht einfach war unsere Beziehung geheim zu halten, erlebten wir eine Art von Glück die wir wohl beide verloren geglaubt hatten.



Während ich fort war, blieb dies das Einzige an das ich mich klammern konnte. Es war dort so kalt... so furchtbar schwarz und kalt. Und diese unerträgliche Stille, die mir fast den Verstand raubte.

Die erste Zeit war es am schlimmsten. Losgelöst von Zeit und Raum, schon längst überdrüssig der grausamen physischen Schmerzen, glaubte ich zu sterben. So qualvoll wie man es sich nur vorstellen konnte, wurde mir Stück für Stück das Leben ausgesaugt. Bis sie dann plötzlich aufflackerte – wie ein fahles Glimmen in der dunkelsten Nacht – die Erinnerung an sie.

Zuerst waren es ihre Augen – reines, himmelblaues Licht, welches mich aus der Dunkelheit riss. Dann, in Zeitabständen die ich nicht einschätzen konnte, all die wundervollen Kleinigkeiten, welche wir im Alltag so gerne übersehen. Das kleine Muttermal über ihrer Lippe, die rebellische Strähne roten Haares, die ihr stets ins Gesicht fällt. Doch am meisten war es ihre Wärme, an die ich mich klammerte, wie ein Ertrinkender an ein Seil. Und ihr Duft, der mich atmen ließ.



Ich weiß nicht, ob sie es mir jemals glauben wird, wenn ich es ihr erzähle. Aber die Erinnerung an sie hat mir das Leben gerettet.



Unsere Lippen lösen sich zaghaft aus der innigen Vereinigung, und ich entferne mich ein wenig von ihr, gerade soweit, um ihr in die Augen sehen zu können. Es macht mich glücklich, ein Lächeln auf ihren Lippen zu erkennen. Eine stumme Bestätigung für meine Gebete. Sie hat es nicht vergessen.



Als ich zurückkehrte, und es mir nach so langer Zeit endlich wieder vergönnt war in ihre Augen zu blicken, hatte ich Angst. Mir fehlten Teile meiner Erinnerung, an Dinge, die ich erlebt hatte während ich fort war. Es war ein Gemisch von Gefühlen und Gedanken in meinem Kopf, ein unentwirrbares Gestrüpp. Und meine größte Furcht bestand darin, dass die Andenken an sie, welche mich am Leben gehalten hatten, lediglich Gebilde meiner Phantasie waren. Die Ungewissheit quälte mich jeden Augenblick den ich sie sah. Zu viel Geschah um uns herum, als das wir die Zeit hätten finden können, darüber zu reden.

Nun jedoch verraten ihre Augen, dass die unfasslichen Illusionen einst Realität gewesen waren.



„Dana...“ Ich habe nicht wirklich vor den Satz fort zu setzten. Es war nur das unbändige Bedürfnis ihren Namen zu sagen. Wie habe ich es vermisst sie beim Vornamen zu nennen.



Dana lacht auf, und ich bin mir ziemlich sicher, dass es an dem dämlichen Grinsen in meinem Gesicht liegen muss. Sie scheint froh über die Ungezwungenheit zu sein, die im Augenblick zwischen uns herrscht. Es ist ein ehrliches, befreites Lachen.



Ich kann nur raten, wie sie sich in den letzten Monaten gefühlt haben muss. Doch ich weiß, dass es alles andere als einfach für sie war. Wie sehr ich mir auch wünschte, dass sie ihre Schwangerschaft mehr hätte genießen können, so war es ihr leider nicht vergönnt. Zwar gibt sie mir nicht die Schuld, aber ich fühle mich dennoch verantwortlich.



Ich wünschte, ich könnte es wieder gut machen. Aber das einzige was ich tun kann, ist zu versprechen, dass ich sie nie wieder alleine lassen werde. Nicht nur ihretwegen. Sie zu verlieren, wäre das schlimmste, dass mir je passieren könnte. Ich würde mich selbst verlieren, oder einen bedeutenden Teil von mir, ohne den zu leben, es sich nicht lohnt.



Ihre Lippen bewegen sich stumm, während sich ihr Kopf leicht zur Seite neigt, ohne den Blickkontakt ab zu brechen. Ich weiß was sie sagen will. Ich möchte das gleiche sagen, aber ich bringe es nicht fertig. Es ist viel zu viel um es in Worte zu fassen. Wir müssen uns aussprechen, zweifellos. Doch augenblicklich scheint es uns beiden unmöglich zu sein, auch nur ein Wort zu sagen.

William gibt ein leises, quäkendes Geräusch von sich, das sofort unser beider Aufmerksamkeit erregt.



„Er ist müde.“, sagt Dana lächelnd.



Ich nicke bestätigend und streiche über Williams Wange. Unwillkürlich erscheint ein breites Lächeln auf meinem Gesicht, als winzige Fingerchen meinen scheinbar riesigen Zeigefinger umfassen. Es ist unglaublich. Das Gefühl, für ein kleines Menschenleben verantwortlich zu sein.

Noch scheint mir das alles so surreal. Danas Sohn – unser Sohn – liegt in meinen Armen. Ich fühle mich wie betäubt vor Glück, wie in einem Traum, aus dem ich nie wieder erwachen möchte. Dana nimmt ihn vorsichtig aus meinen Armen wieder an sich und wiegt ihn sacht hin und her.



Wie furchtbar muss die Ungewissheit über die Herkunft ihres Kindes für sie gewesen sein. Zwar kann ich ihre Befürchtungen nur erahnen, aber auch ich hatte Angst. Fürchtete, dass dieses Kind nicht das sein könnte, was ich mir erhoffte. Nicht das, was ich Anfangs nur zu Träumen wagte, als ich von ihrer Schwangerschaft erfuhr. – Nicht mein Sohn.



Um so wundervoller ist es, nun die Antwort auf unsere Fragen und Hoffnungen zu kennen.



Sie hätten ihn uns nehmen können. Ja, sie hätten uns William nehmen können, unmittelbar nach seiner Geburt. Doch sie haben es nicht getan. Aus dem einfachen Grund, weil er nicht das war, was sie erwartet hatten. Kein besonderes Kind, wie es Dana prophezeit worden war. Zumindest nicht in der Art besonders, wie man erwartet hatte. Schlicht das Ergebnis einer tiefen, wahrhaftigen Liebe. Ein Wunder, zweifellos. Doch war es unser Wunder, nicht das der Wissenschaft und Menschenversuche.





Bemüht, kein Geräusch zu machen, stehe ich im Türrahmen und beobachte Dana wie sie William ins Bett bringt. Trotz des Dämmerlichtes kann ich erkennen wie ihre Augen strahlen, kann das sanfte Lächeln in ihrem Gesicht sehen. Sie wirkt so verändert, die Gesichtszüge so weich, fast verletzlich. Und dennoch habe ich das Gefühl, sie niemals glücklicher gesehen zu haben.

Für einige Kollegen mag es ein unvorstellbares Bild sein, Scully mit einem Baby zu sehen. Wenn ich sie nicht besser kennen würde, dann ginge es mir wohl nun ebenfalls so. Aber spätestens seit ich sie mit Emily sah, weiß ich, dass sie eine wunderbare Mutter ist. Ich kann nicht genau sagen, ob sie es gewusst hat, doch ich war damals ebenso verzweifelt wie sie darüber, dass sie scheinbar niemals eigene Kinder bekommen könnte. Weil sie bereits zu der Zeit mehr war als nur meine Freundin und Partnerin.



Ich liebe sie nun schon so lange.



Diese seltene, reine Art von Liebe habe ich niemals vorher für eine Frau empfunden. Es war, als hätte mein Geist einen verloren geglaubten Teil seiner selbst gefunden. Zwillingsseelen, untrennbar vereint. Wie hätte ich jemals den Wunsch hegen können, mit einer anderen Frau Kinder zu haben, als mit ihr? Und so schienen meine Chancen auf Kinder, mit dem was ihr angetan worden war, ebenfalls ausgelöscht worden zu sein.



Mein Blick verweilt nun bei ihren Augen, unfähig davon los zu kommen. Ich glaube, Faszination darin zu erkennen, als sie William zudeckt und leise, zärtliche Worte flüstert. Noch etwas anderes liegt in dem klaren Blau. Ein Leuchten, warm wie das Licht der Sonne. Das gleiche Licht, welches mich vor dem Tod bewahrte.

– Mein Lebenslicht.



Und ich habe keine Angst. Weil es kein Ende mehr gibt, wenn durch die Verbindung zweier Körper eine neue Seele geschaffen wird.




The End

(Obwohl man in diesem Fall eher von einem Neuanfang sprechen müsste. ;) )
Danke für’s lesen! :) Ich hoffe ich konnte in dieser Story wenigstens ein bisschen MSR-Stimmung rüberbringen ohne allzu kitschig zu werden. FB ist immer erwünscht... Bewertungen auch! *g* ;)
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