World of X

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Lost

von Lhutien

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Leere. Ich fühle mich gefangen in einer dunklen Leere, die aus meinem Inneren heraus kommt und mich mit unbarmherzigen Fingern umfasst, allein in meinem Schmerz. Ich kann immer noch nicht fassen, was ich getan habe... Wie konnte ich William nur weggeben? Er ist das Kostbarste, das mir je geschenkt wurde – und nun ist er fort. Ich hasse mich selbst für das, was ich getan habe, doch ich weiß auch, dass dies die einzige Möglichkeit war, wenn ich ihm ein normales Leben ermöglichen will.
Aber dennoch... Er war alles, was mir geblieben war, was mir von Mulder geblieben ist. Er ist doch unser Sohn! Ich weiß nicht ob, wie oder wann ich Fox wiedersehen werde – ich weiß ja nicht einmal mit Sicherheit, dass er noch am Leben ist!
Ich fühle, wie wieder Tränen der Verzweiflung in mir hochsteigen. Warum? Warum nur musste alles so enden? Unter anderen Bedingungen hätten wir eine Familie sein können... Doch Mulder wird verfolgt und William war seit seiner Geburt bei mir nicht sicher. Wie sonst hätten ihn die Anhänger der UFO-Sekte entführen können? Wie sonst wäre es Mulders Halbbruder gelungen, William anzugreifen? ... Habe ich denn als Mutter versagt?
Ich habe so eine Angst, dass ich eines Tages erkennen muss, dass es noch einen anderen Weg gegeben hätte. Einen Weg, William zu beschützen und ihn bei mir zu behalten... Ich bete zu Gott, dass dieser Tag niemals kommen wird, denn dann hätte mein Leben keinen Sinn mehr. Ich ertrage es kaum, dass William fort ist – ich habe kaum die Kraft, in sein Zimmer zu gehen und dort das Bettchen stehen zu sehen, in dem er nie mehr schlafen wird, und wo noch der Duft seines Babypuders in der Luft liegt. Ich kann mich nur mit aller Macht an die Hoffnung klammern, dass William zu liebenden und fürsorglichen Eltern gekommen ist, die ihm das Leben ermöglichen können, zu dem ich nicht fähig bin. Wenn ich jemals erfahren sollte, dass ich die falsche Entscheidung getroffen habe... Ich wage nicht, daran zu denken.
Mit Bitterkeit denke ich an die Wahrheit, die Mulder und ich so viele Jahre verbissen gesucht haben. Dieselbe Wahrheit, die mir alle Menschen genommen hat, die ich je geliebt habe – Mulder, William... Jetzt weiß ich, dass Unwissenheit eine Tugend ist.
Wo William wohl gerade ist? Ich blicke auf die Uhr, es ist kurz nach 8 Uhr.
Wahrscheinlich schläft er schon, um diese Uhrzeit wird er immer so müde...
Was ist denn mein Leben ohne ihn? Ich fühle mich, als sei ein Teil von mir gestorben. Ich habe ihn in mir wachsen gefühlt, mich hat er nachts durch sein Strampeln wach gehalten und mir Trost gespendet, ich habe ihn zur Welt gebracht, mich um ihn gekümmert und ihn geliebt. Sein Lachen... Seine großen, treu blickenden Augen... Seine Freude über die Lieder, die ich ihm vorgesungen habe... Sollen das alles nur noch Erinnerungen sein, die mit den Jahren verblassen? Ich fühle mich so verlassen ohne ihn, einsamer als je zuvor. Ich liebe ihn so sehr, und genau deshalb hatte ich keine andere Wahl. Ich will doch nur, dass er glücklich ist und ein normales Leben führen kann.
Doch ich werde nie sehen, wie er seine ersten Schritte macht, nicht erleben wie er aufwächst, nicht erfahren was er für Hobbys oder Interessen hat... Ich werde nicht bei seiner Hochzeit dabei sein und nie erfahren, ob ich Oma geworden bin.
War es wirklich die richtige Entscheidung?
Ich bin so froh, dass Monica und Mom mir beistehen, aber so sehr sie betonen, dass sie mich verstehen – sie waren doch nie in dieser Situation. Letztendlich liegt es an mir, einen Weg zu finden, mit der Situation umzugehen und zurück zu finden in mein Leben. Im Moment kann ich mir noch nicht vorstellen, wie ich das schaffen soll, aber ich glaube – ich hoffe – mit der Zeit heilen die Wunden, wenn sie auch Narben hinterlassen werden. Ich werde nie wieder der Mensch sein, der ich war, doch alles kann sich zum Guten wenden.
Aber ich brauche Zeit...




*~Ende~*
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