World of X

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Already in love

von Mona

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“A story can have only one true ending. Even as the stranger felt compelled to commit his final words to paper he did it knowing they must never be read. To see the sum of his work was to see inside his own emptiness the heart of a destroyer not a creator. And yet, reflected back upon him at last he could see his own ending. And in this final act of destruction a chance to give what he could not receive.”
(Phillip Padgett; Milagro)










Scully wusste nicht wie lange sie sich schon weinend an Mulder festklammerte und wie lange er sie in seinen Armen hielt und versuchte sie zu beschützen und zu beruhigen. Sie hatte jegliches Zeitgefühl verloren und das einzige an das sie denken konnte war die Person mit der schwarzen Kapuze, die plötzlich vor der Tür stand, sie in den Raum zurück drängte und versuchte ihr das Herz aus dem Leib zu reißen. Bis zu diesem Augenblick hatte sie wohl nicht gewusst was Schmerzen waren und die folgende Ohnmacht konnte sie nur als Erlösung empfinden. Doch warum war sie überhaupt wieder aufgewacht? Warum war sie nicht gestorben, wie alle anderen Opfer vor ihr? Warum hatte Padgett sein Werk so enden lassen? Neben all der Verwirrung war ihr Kopf voll von Fragen, die nach einer Antwort schrieen – einer Antwort von der Scully nicht wusste, ob sie jemals gegeben werden konnte - war doch der ganze Fall voll von unbeantworteten Fragen. Und mehr als je ein Fall zuvor, stellte er Scully Fragen über sich selbst – über ihre Person, ihre Arbeit, ihr Leben . . . Padgett hatte ihr ein Bild von sich selbst gezeigt, das sie so nicht kannte, das sie mehr als verwirrte. Es war, als hätte er ihr die Maske abgenommen, die sie seit Jahren trug, die Maske, die sie nur absetzte, wenn sie alleine war und sie keine Angst haben musste, dass ihre Schwächen, die sie – wie jeder andere Mensch – hatte, offenbart werden könnten. Die Maske, hinter der sie ihre Emotionen und Gefühle immer gut verbergen konnte und die sie nach außen als eine starke Frau erschienen ließen, die keine Angst und keine Sorgen kannte. Und jetzt war alles, was sie bisher so gut hatte verbergen können in einem Roman über sie niedergeschrieben und sie lag in den Armen ihres Partners und weinte und war einfach nur unendlich froh, dass es ihn gab und dass er bei ihr war. Ja, sie weinte, sie ließ ihren Emotionen freien Lauf. Es störte sie nicht, dass sie so hilflos vor Mulder lag und ihn in diesem Moment einfach brauchte, dass sie „schwach“ war und Angst hatte. Nein, sie versuchte nicht ihre Gefühle zurückzudrängen und so zu tun als wäre alles in Ordnung. Ihre Maske war weg. Sie wusste nicht woran es lag, ob es Padgetts Roman war, oder schlicht die Vertrautheit zwischen Mulder und ihr, aber das spielte auch keine Rolle.



„Sind Sie okay?“, flüsterte Mulder, als Scullys Schluchzen langsam leiser wurde und drückte sie sanft etwas von sich weg, um ihr wieder in die Augen sehen zu können.



Sie waren immer noch voller Tränen der Angst und der Verwirrung, doch der Hauch von Panik der in ihnen zu lesen war, kurz nachdem Scully sie aufschlug war verschwunden.



Scully schluckte den dicken Klos hinunter der immer noch in ihrem Hals saß und nickte.



„Ja, denke schon“, sagte sie mit schwacher, zitternder Stimme.



Dann löste sie sich etwas aus Mulders Umarmung und blickte an sich hinunter. Ihr Hals, ihre Bluse und ihre Hände waren voller Blut und auch auf dem Boden um sie herum und auf Mulders Pulli zeichneten sich rote Flecken ab. Sie musste unheimlich viel Blut verloren haben. Dann tastete sie mit ihrer rechten Hand sanft über die Stelle an der ihr „der Fremde“ seine Hand in den Brustkorb gerammt haben musste, aber sie konnte keine Verletzung spüren – nicht einmal den kleinsten Kratzer.



„Soll ich Sie zu einem Arzt fahren?“, fragte Mulder sanft.



Scully schüttelte langsam den Kopf.



„Nein. Nicht nötig. Ich bin okay.“



Dann wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht, löste sich komplett aus Mulders Armen und setzte sich auf.



„Was ist eigentlich genau passiert?“, fragte sie dann.

„Ich weiß nur noch, dass Sie hinter Padgett hergelaufen sind und mir dieser Typ mit Kapuze entgegen kam, als ich Ihnen folgen wollte.“



Mulder nickte.



„Padgett hat das Buch verbrannt und wahrscheinlich hat er Ihnen damit das Leben gerettet“, antwortete Mulder nachdenklich.



Scully schüttelte nachdenklich den Kopf.



„Ich verstehe das ganze immer noch nicht. Ich meine, warum? Warum hat er das alles getan?“



„Ich weiß es nicht. Vielleicht wollte er sich damit irgendetwas beweisen.“



Scully zuckte mit den Schultern und stand langsam auf.



„Vielleicht“, sagte sie dann.

„Wo ist Padgett eigentlich?“



In diesem Moment schlug die Tür mit einem lauten Knall auf und ein Polizist mit gezogener Waffe stürmte herein. Verwirrte blickte er zunächst auf Mulder, dann auf Scully in ihrer blutverschmierten Kleidung und dann auf die Flecken am Boden. Doch schließlich ließ er seine Waffe langsam nach unten sinken und sah sie verwirrt an.

„Eine Nachbarin hat Schüsse aus ihrer Wohnung gehört und uns sofort alarmiert und dann haben wir auch noch diese Leiche im Keller gefunden. Sind Sie okay?“, fragte er dann.



Mulder nickte.



„Ja, alles in Ordnung“, antwortete er dann, doch ihre seltsame Erscheinung und die Blutflecken schienen den Officer immer noch zweifeln zu lassen.



„Wirklich?“, fragte er skeptisch.



„Ja, alles in Ordnung“, sagte Mulder erneut.

„Sie haben eine Leiche im Keller gefunden?“, fragte er dann.



„Ja, ein gewisser . . . Phillip Padgett“, antwortete der Officer mit einem Blick auf den Führerschein, den er aus seiner Taschen zog, doch Mulder und Scully waren schon an ihm vorbei und auf den Weg in den Keller.



„Kennen Sie den Mann?“, rief ihnen der Polizist noch, doch die Aufzugtür hatte sich schon geschlossen.



Im Heizraum bot sich den beiden Agenten ein fast bekanntes Bild. Padgett lag am Boden, umgeben von Blut, in seiner rechten Hand sein Herz. Es hatte das Schlagen aufgehört, doch es schien es noch warm und voller Leben zu sein. Mulder ließ den Blick durch den Raum schweifen. Das Feuer knisterte und von Padgetts Roman war nichts mehr übrig. Er war von der Hitze zu Asche verbrannt worden und würde daher nie mehr von einem Menschen gelesen werden können. Eine halbe Seite aber, hatte das Feuer wieder ausgespuckt. Sie lag neben dem Kamin und ihr weißes Papier bot einen fast unwirklichen Kontrast zum dunklen, grauen Beton im Keller. Mulder ergriff es und steckte es ungelesen in die Tasche. Warum er das tat, wusste er selbst nicht. Es war einfach eine unbewusste Handlung, wie das Wegkicken einer leeren Coladose auf der Straße. Man machte es einfach, ohne dass man einen speziellen Grund dafür nennen könnte.



„Lassen Sie uns gehen, Scully“, sagte Mulder, drehte sich um und schob seine Partnerin aus dem Raum.

„Das ist jetzt die Sache der Polizei.“



Damit ging er an dem immer noch völlig verwirrt drein blickenden Officer vorbei und wieder zurück in seine Wohnung. Er wusste, dass Ihnen garantiert noch ein paar Fragen gestellt werden würden, doch er wollte jetzt einfach seine Ruhe. Er fühlte sich kraftlos, leer und ausgelaugt und Scully konnte es nicht anders gehen. Er gab Scully ein Hemd und sie ging ins Bad um sich das Blut abzuwaschen. Er selbst kochte einen Tee. Scully hatte ihn gebeten diese Nacht bei ihm bleiben zu dürfen und er hatte gehofft, dass sie diese Frage stellen würde. Ihm war einfach nicht wohl bei dem Gedanken, sie in ihre große, einsame Wohnung zurückgehen zu lassen. Dafür hatte er heute viel zu viel Angst um sie gehabt. Und es machte ihm überhaupt nichts aus, einmal auf der Couch zu schlafen.

Er stellte zwei Teetassen und die Kanne auf seinen Wohnzimmertisch und ließ sich erschöpft auf das Sofa fallen. *Was für ein Tag!*, dachte er.



„Setzen Sie sich! Ich habe uns Tee gekocht“, sagte er, als Scully das Zimmer betrat.

„Mein Hemd steht Ihnen ja richtig gut“, fügte er dann witzelnd hinzu.



Scully brachte ein leichtes Lächeln zu Stande und setzte sich neben Mulder. Dann umfasste sie mit beiden Händen die warme Teetasse, zog ihre Füße zu sich heran und lehnte sich zurück. Eine Weile blickte sie nur starr vor sich hin und war völlig in Gedanken. Die Wärme in ihren Händen fühlte sich gut an. Ihr war die ganze Zeit so kalt gewesen. Nicht die Art von Kälte, die man empfindet, wenn die Temperatur zu niedrig ist, nein, es war ein Kälte, die vielmehr aus ihrem Inneren zu kommen schien. Sie wusste nicht, was es war. Sie wusste so vieles nicht an diesem Tag. Aber die Wärme, die von dieser einfachen Tasse Tee ausging schien in alle Winkel ihre Körpers zu gelangen und das fühlte sich unglaublich gut an.



„Alles in Ordnung?“, fragte Mulder.



Scully drehte ihren Kopf zu ihm. Er hatte seinen Arm auf die Rücklehne gestützt und seinen Kopf in seine Hand.



„Ja“, sagte sie und nickte.

„Was steht auf dem Zettel, den Sie mitgenommen haben?“, fügte sie dann hinzu.



Mulder hatte ihn schon fast wieder vergessen und hatte auch gehofft, dass Scully nicht mehr daran – und überhaupt an das was heute passiert war - denken würde, doch das würde sie wohl noch lange. Er griff in seinem Tasche und zog die halbe Seite, die von Phillip Padgetts Roman übriggeblieben war heraus. Dann begann er zu lesen. Der Text schien ein Vorwort oder Nachwort gewesen zu sein.



„Eine Geschichte kann nur EIN wahres Ende haben. Sogar, als der Fremde sich gezwungen fühlte seine letzten Worte auf Papier zu bringen, wusste er, dass sie nie gelesen werden dürften. Die Gesamtheit seines Werkes zu sehen bedeutete in seine eigene Leere zu sehen – in das Herz eines Zerstörers nicht in das eines Schöpfers. Und, jedoch, wenn er sich selbst betrachtet, konnte er sein eigenes Ende sehen. Und in diesem letzen Akt der Zerstörung eine Chance das zu geben, was er nicht empfangen konnte.“



Mulder blickte noch ein paar Sekunden auf die Zeilen in seiner Hand und auch Scully schwieg.



„Das zu geben, was er nicht empfangen konnte . . .“, murmelte Mulder.



„Liebe“, sagte Scully.

„Er wollte geliebt werden“, fügte sie bestätigend hinzu, als sie Mulder nur fragend ansah.

„Und indem er starb, rettete er mir das Leben.“



Mulder blickte seine Partnerin immer noch verwirrt an.



„Und gab damit Liebe?“, fragte er verständnislos.



Doch Scully blickte nur vor sich hin.



„Ja“, sagte sie dann.

„Mulder, er sagte doch, dass es unmöglich ist, dass ich mich verliebe“, fügte sie dann an ihren Partner gewandt hinzu, „weil ich schon verliebt bin.“



Mulder nickte. Hinter seiner Stirn begann es langsam zu arbeiten. Er wusste nicht, ob ihm das, was er hören würde gefallen würde, oder nicht.



„Er hatte Recht“, sagte Scully.

„Ich wusste es bisher einfach nicht.“



„Sie wussten es nicht?“



Scully nickte.



„Warum wussten Sie es nicht?“, fragte Mulder weiter, als sie nicht weitersprach.



„Weil dieselbe Person, die ich glaubte zu lieben, auch jemand ist, der mich manchmal bis aufs Letzte nervt, der mich verrückt macht, der mich immer wieder in die ein oder anderen kleinen Schwierigkeiten bringt und der mich vor Sorge manchmal fast wahnsinnig werden lässt.“



Mulder sah in Scullys Augen und erkannte das geheimnisvolle Blitzen, das wohl nur in den Augen einer Frau zu erkennen ist, die einem gerade ihr Liebe gesteht. Die Person, die sie beschrieb war ihm nur zu bekannt.



„Und jetzt wissen Sie es?“, fragte er sanft.



„Ja, jetzt weiß ich es.“



Dann lächelte sie Mulder an, ruckte nah zu ihm und legte ihren Kopf auf seine Schulter. Sie hatte sie abgelegt – ihre Maske, zumindest Mulder gegenüber. Padgett hatte ihr deutlich klar gemacht, wer sie war. Und sie war jemand, der sich nicht verstecken brauchte. Kein Mensch musste das. Niemand muss sich schämen Gefühle zu zeigen, Schwächen zu zeigen, Angst zu zeigen. Denn erst das lässt erkennen, dass man überhaupt Gefühle hat. Das hatte Scully jetzt verstanden. Und die Liebe war ein Gefühl, dass man schon gleich nicht verstecken durfte. Im Gegenteil - man konnte stolz sein, wenn man verliebt war, denn Liebe ist nicht selbstverständlich. Sie ist ein Geschenk. Verliebtsein ist das größte Geschenk, das uns gemacht werden kann. Und Scully war verliebt. Ja, sie war schon verliebt!





The End
Hoffe, meine story hat euch gefallen!

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