World of X

Das älteste Archiv für deutsche Akte-X Fanfiction

Something

von Christine Leigh

1/1

April 2000



Mulders Appartement

Früh am Abend



„Nun, ich bin ziemlich glücklich. Das ist doch etwas.“



Sie hat ein breites Lächeln im Gesicht. Nein, vielmehr ein Grinsen. Ein vollkommenes, blendendes Scully-Grinsen. Er weiß genau, wenn er sich jetzt rüber lehnte, um sie zu küssen, würden sie dieses Video nicht zu Ende sehen. Er ist ja so in Versuchung! Wenn er daran dachte, wie sie die letzten Tage gemeinsam verbracht hatten, stellte ihn das nicht mal annähernd zufrieden. In den letzten Tagen fühlten sie sich nach Feierabend viel zu erschlagen, um noch etwas anderes zu tun als gute Nacht zu sagen bevor man sich trennte. Mulder ist an diesem Abend sehr emotional. Der Schrecken, den er wegen seines Wunsches nach Weltfrieden hatte, sitzt noch tief. Er hoffte nur, dass Jinn ihr neues Leben genießt. Er weiß, dass er fürs erste eine weise Entscheidung getroffen hatte.



Jedoch zurück zu der Frau, die hier mit ihm Seite an Seite sitzt. Küssen oder nicht küssen. Gott, wie er es liebt, wenn sie ihn auf diese Weise ansieht. Das kann sie gar nicht oft genug tun. Es ist nahezu surreal: Sie beide hier zusammen, ein Bier in der Hand und Videos schauend. Er entschied sich gegen den Kuss. Das hier ist ein wertvoller Moment. Dies ist etwas – und er will es genießen. Später werden sie sich küssen. Später werden sie sich lieben. Weltfrieden wäre eine gute Sache gewesen, aber das hier ist besser.





September 2001



Scullys Appartement

Gegen Mitternacht



Wenn jemand ihre Umrisse sehen könnte, wenn dies trotz der Decken möglich wäre, würde man nur eine einzige Form im Bett ausmachen können, so nahe lagen sie bei einander.



So lief es ab. Die letzten zwei Nächte und auch mitten am Tag, ob sie es nun planten sich zu lieben oder nicht, es endete immer damit, dass sie in dem kühlen, verdunkelten Schlafzimmer des Appartements beisammen lagen. Das Verlangen danach, die Haut des anderen zu spüren, wurde geradezu zur Besessenheit. Und es einfach auszuleben hielt sie davon ab, zu wimmern oder zu schreien wie es nur Verrückte taten. Im Moment jedoch kam das einzige Wimmern aus der Wiege. Scully löste sich von Mulder, der ziemlich fest schlief, und stand auf. Sie warf sich ihren Bademantel über und ging hinüber, um William hochzuheben. Nass war er nicht.



„Hast du etwa schlecht geträumt?“ Sie hielt ihn nah an ihren Körper gedrückt und begann ihn sanft zu wiegen. „Ist ja schon gut, mein Liebling. Es wird ja alles gut.“ Sie ging mit ihm zum Bett zurück. Scully setzte sich und lehnte gegen das Kopfbrett, während sie weiter auf ihren hübschen kleinen Jungen einredete und dabei ihren großen Hübschen beim Schlafen beobachtete. Sie sprach ein kleines Gebet der Dankbarkeit.



Die letzten zwei Tage waren anstrengend gewesen, ganz davon abgesehen, dass sie unwirklich waren. Unwirklich beschrieb ja irgendwie Scullys Leben, aber noch nie zuvor hatte sie sich so gefühlt. Mulder und sie hatten zuvor an diesem Abend beschlossen, den Fernseher auszuschalten. Es war alles viel zu traurig gewesen, als dass man es noch länger hätte mit ansehen können. Sie hatten eine Pause gebraucht. Gesternnachmittag waren sie ein wenig mit William im Kinderwagen spazieren gewesen, aber ansonsten saßen sie in der Wohnung und hatten die Berichterstattung über die Attacken verfolgt. Sie wollte gar nicht daran denken, was dieses Land als nächstes heimsuchen würde. Sie wollte einfach nur hier bleiben und an dem kleinen Stück Besonnenheit festhalten, das Mulder und Scully für sich und ihren Sohn beanspruchen konnten; an etwas anderes wollte sie gar nicht denken. Dies war natürlich unmöglich. Sie küsste Williams süße, weiche Wange. Er war schon fast wieder eingeschlafen. Schließlich war Mulder dran:



„Scully“, sagte er – zu laut. William fing wieder an zu schreien. Mulder setzte sich auf, er war erschrocken und schaute sich um. Was ging hier vor sich? Scully war hier und hatte ein Baby bei sich! Wo befanden sie sich nur?



„Mulder, geht es dir gut? Hast du geträumt?“ Scully sah ihn beunruhigt an. William weinte immer noch. „Ist doch alles okay, mein Liebling. Alles ist gut. Anscheinend hatte dein Daddy auch einen schlechten Traum.“



Daddy. Oh. Dies brachte ihn zurück. Mulder stand auf und ging ins Badezimmer. Nachdem er fertig war, spritzte er sich etwas kaltes Wasser ins Gesicht und kehrte dann ins Bett zurück. William hatte inzwischen aufgehört zu schreien. „Das hat mich total fertig gemacht.“



„Was? Dein Traum?“



„Ja, für eine Sekunde wusste ich nicht, wo ich war oder was du hier im Bett mit mir machst und warum du ein Baby hältst.“



„Aber jetzt weißt du es doch, oder?“



„Ja. Na komm her.“ Scully bewegte sich vom Kopfbrett weg und kuschelte sich von hinten in seine Arme, die er um sie und William schlang. Er fühlte sich wie Superman – saß hier mit den zwei Menschen, die ihm in diesem kleinen Universum, das sich in seinen Armen auftat, das Wichtigste waren. Keinen von ihnen konnte etwas passieren, solange sie nur so verharrten. Es war ein schöner, kleiner Gedanke. Er drehte sein Gesicht, um Scully ansehen zu können. Sie lächelte ihn an. Solange er dieses Lächeln nur sehen konnte, würde es Hoffnung für diese Welt geben. Er versuchte, sich vorzustellen, wie er den Horror der letzten zwei Tage ohne sie und William erlebt hätte, aber er konnte es nicht.



„Danke, Mulder.“



„Wofür? Dass ich mich nicht an dich erinnern konnte?“



„Nein, aber lass das nicht zur Gewohnheit werden.“



„Niemals.“



„Danke für alles. Du hast mich glücklicher gemacht als ich es jemals gedacht hätte.“



„Na das ist doch etwas, oder?“



Sie lächelte, dachte dabei an ihr erstes Date, insofern es eins gewesen war. „Das ist es.“



Er drückte sie ein wenig fester an sich, aber nicht so fest, dass William, der jetzt eingeschlafen war, aufwachen würde. „Vielleicht sollten wir noch mal einen Videoabend veranstalten. Diesmal darfst du wählen.“



„Abgemacht.“



Ein paar Minuten waren sie ruhig und genossen schweigend die sichere Zuflucht, die sie sich gegenseitig gewährten. Sie würden die unbeschreiblichen Aktivitäten der letzten Tage mit dem Wissen betrachten, dass sie sich unter denen befanden, die sich glücklich schätzen konnten. Scully begann schläfrig zu werden, also nahm Mulder William aus ihren Armen und legte ihn zwischen sie beide. Sie taten dies nicht oft, aber heute war eine Ausnahme. Es konnte nur gut sein heute Abend beisammen zu sein. Er küsste William auf die Stirn und Scully auf die Wange. Sie war beinahe weggedriftet.



„Ich liebe dich, Scully“, flüsterte er.



„Ich liebe dich, Mulder“, antwortete sie murmelnd. „Es ist etwas. Es ist wirklich etwas.“





Ende
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