World of X

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Des eigenen Glückes Schmied

von Queequeg2

Kapitel 1

Es ging alles so schnell!

Lärm, Schreie... Schüsse fielen... Schmerzen.

Ein dumpfer Aufprall des eigenen Körpers war das Resultat einer unerwarteten Auseinandersetzung.

Quietschende Reifen als Hintergrundmusik und dann Stille. Elende und beunruhigende Stille, die durch das Verlassen der eigenen Kräfte alles in ihren Bann zog.

Bilder, ja Bilder schwirrten im Kopf umher. Nicht zuzuordnende Rudimente aus vergangenen Zeiten. Bruchstücke und Wortfetzen huschten durch den Kopf, bevor die Dunkelheit alles verschlang.



Das monotone Piepen war nervtötend, aber es wollte einfach nicht aufhören.

Piep, Piep, Piep...

Da fragt man sich wirklich was schlimmer ist, dass Ticken einer viel zu großen Wanduhr, oder diese Piep, Piep, Piep.

Aber dieses Geräusch, so schlimm man es auch empfinden kann, ist ein Zeichen, dass man noch lebt. Man fühlt zwar den eigenen Körper nicht, da die Schmerzmittel alles außer Kraft setzen, aber man lebt. Ein gutes Zeichen für jemanden der es wirklich will.



Langsam die Augen öffnend und schnell wieder schließend, da das grelle Neonlicht, die Zäpfchen und Stäbchen im Auge viel zu sehr reizt.

Und dann wieder... Piep, Piep, Piep.

Ein weiterer Versuch die Augen zu öffnen, erfolgt... langsam, ganz langsam und allmählich verschwindet dieser schummerige und graue Schleier vor den Augen. Andere Geräusche werden registriert und das Bild wird klar.



„Wo bin ich?“



„Oh, da ist ja wer wach geworden und ich dachte schon Sie wollten den Frühling durchschlafen. Keine Angst, Sie sind in einem Krankenhaus.“



„Das ist mir klar, aber was mache ich hier?“



„Sie hatten einen Unfall, erinnern Sie sich nicht?“ Eine Schwester stand am Krankenbett und überprüfte, mit peinlicher Genauigkeit die Einstellungen des Tropfes. Schläuche führten zu dem männlichen Körper, welcher auf dem Bett lag. Schläuche die zur Nase führten, zum Arm, vom Arm weg und noch welche die unter der Bettdecke hervorschauten und nicht zuzuordnen waren.



„Unfall?“



Kurz schlossen sich seine Augen. Wieder Bilder, Lärm, Schüsse und Stimmen. Eine Stimme...



„Scully? Wo ist sie?“ Panik war ein gutes Zeichen, denn das hieß er konnte sich erinnern.



„Keine Sorge, ihr geht es den Umständen entsprechend gut. Ruhen Sie sich erst einmal aus, Sie haben eine lange OP hinter sich. Ich werde jetzt erst mal Ihrem behandelnden Arzt Bescheid geben. Sie werden schon wieder.“



„Warten Sie! Wie spät ist es und wie lange bin ich schon hier?“



„Mr. Mulder, Sie sind letzte Nacht, so gegen zwei Uhr mit Ihrer Partnerin ins Krankenhaus eingeliefert worden. Sie wurden gleich darauf operiert und jetzt ist es bereits 21.30 Uhr. Ruhen Sie sich aus.“ Dies waren die letzten Worte, die die Schwester sagte, bevor sie aus dem Zimmer der Intensivstation ging, um dem Arzt Bescheid zu geben, dass der Patient wieder bei vollem Bewusstsein ist.



Zu wenig Auskünfte und wieder diese Stille, aber diesmal beunruhigender. Wann würde endlich der Arzt kommen und ihn aufklären? Ein vorsichtiger Blick nach unten, entlang der Schläuche. Die erste Betrachtung der verbundenen Hände. Die linke Hand in Gips, die rechte verklebt mit Hansaplast, zur Befestigung der Kanüle. Ein unangenehmer Schmerz beim bewegen der rechten Hand, da die Infusionsnadel sticht. Bloß nicht mehr bewegen!

Der Blick schweift nach unten, zum Bauch. Nichts zu sehen, aber das Gefühl, als wenn etwas um seine Rippen geschlungen wäre. Die Luft wird tiefer als zuvor eingeatmet. Schmerz! Also auch die Rippen, was noch? Als letztes trifft der Blick auf etwas weißes am Fußende. Ein weiterer Gips, diesmal rechts. Keine Chance etwas zu bewegen. Oh man...





Nachdem der Arzt bei ihm gewesen war und ihm endlich ein paar Fragen beantwortet hatte, da kam die Müdigkeit und damit die benötigte Ruhe.

Sein linker Arm war gebrochen, vier Rippen geprellt und am rechten Fuß ein komplizierter Knöchelbruch. Wie lange wohl würde er brauchen, um wieder fit zu sein? Zwei Wochen, ein Monat, oder gar ein halbes Jahr? So ein Mist!

Aber wichtiger, was war mit Scully? Nicht viele Auskünfte, nur soviel - es geht ihr gut. Nicht sehr viel, aber die Schmerzmittel verlangten ihr Recht und Mulder fiel in einen langen und tiefen Schlaf.



Nachdem Mulder am frühen Morgen wach geworden war und eine Schwester Blutdruck und Fieber gemessen hatte, wurde er verlegt. Die Intensivstation war nicht mehr nötig, denn mal abgesehen von den Schmerzen, die langsam aufkamen, da die Schmerzmittel allmählich ihre Wirkung verloren, ging es ihm gut.



Ein Pfleger schob ihn auf Station drei. Den Gang bis ganz ans Ende, Zimmer 312. Mit dem Rücken drückte der Pfleger die Türe auf und schob das Bett mit Mulder in das kleine aber sehr hell wirkende Krankenzimmer. Keine Monitore, kein Piepen... zum Glück!



Ein weiteres Bett stand am Fenster, aber Mulder konnte nicht am Pfleger vorbei schauen, um seinen neuen Zimmernachbarn begrüßen zu können.

Dann mit einem MAL...



„Scully?!“ Mulder schaute am Pfleger vorbei und sah seine Partnerin Scully im Bett neben ihm liegen. Nur ein kleiner Nachtisch trennte ihre Betten.



„Mulder! Wie geht es dir? Die Ärzte haben mich nur sehr dürftig informiert.“ Scully schaute besorgt und gleichzeitig lächelnd, froh ihn einigermaßen gesund wiederzusehen.



„Mir geht es den Umständen entsprechend gut, aber was ist mit dir? Sie sagten mir, dass du zwei Kugeln abbekommen hast.“ Sein Blick glitt nach unten, um ihren Augen auszuweichen.

Abermals Bilder... Scully die vor ihn springt, mehrere Schüsse. Ein lauter Knall und ein Auto, das auf ihn zugefahren kommt.



„Es tut mir leid, es war meine Schuld.“



„Mulder, was redest du da? Es war nicht deine Schuld, keiner von uns hätte ahnen können, dass sie zu viert waren und noch dazu bewaffnet.“ Scully schaute ihn durchdringend an und er bemerkte es, seine Augen langsam ihren Blick aufnehmend.

„Es war eine Überwachung, genau wie jede andere und wir sind uns des Risikos bewusst. Du hättest nichts ändern können, geschweige denn verhindern können.“

Mulder nickte langsam, aber sehr zögerlich. Auch wenn er wusste, dass er nicht direkt Schuld hatte, so hatte er sie doch, denn Scully hatte für ihn Kugelfang gespielt. Für ihn! Also doch seine Schuld...

Scully wusste, dass er sich dennoch die Schuld geben würde, aber sie hatte das Richtige getan. Er war ihr Partner und sie würde sterben für ihn, wenn es sein müsste. Egal was er davon hält und was er denken würde, sie würde immer für ihn da sein.



„Ähm, wenn Sie noch etwas brauchen, dann drücken Sie bitte auf den roten Knopf hier oben.“ Der Pfleger zeigte auf einen Schalter am Nachtisch.



„Seit wann teilen sich Männer und Frauen denn gemeinsam Krankenzimmer?“ Scully schaute irritiert auf den Pfleger, der eigentlich dabei war das Zimmer zu verlassen, ohne weitere Auskünfte zu geben.



„Oh, hat man Sie denn nicht unterrichtet?“



„Nein, hat man nicht“, schaltete sich Mulder ein, der bemerkt hatte, dass Scully etwas unwohl zu Mute war.



„Ähm, tja, also. Die Nacht hat es einen schweren Unfall auf dem Highway gegeben. Zwei Busse sind frontal zusammen gestoßen und wir worden mit Verletzten nur so überhäuft. Aus diesem Grund sind keine Zimmer mehr frei und wir müssen die Patienten zusammen legen. So viel ich gehört habe, hat Ihr Boss dem zugestimmt, mehr weiß ich auch nicht. Tut mir leid!“

Der junge Pfleger zuckte mit den Schultern und verließ das Zimmer.



„Tja Scully, ich glaub du musst mich für eine Zeit lang ertragen.“ Er lächelte und sie tat es ihm gleich.



Es würde schon nicht so schlimm sein, sich zusammen ein Zimmer zu teilen. Bestimmt nicht, denn schließlich haben sie die Zeit in „The Falls“ auch überstanden. Nur mussten sie dort nicht vierundzwanzig Stunden am Stück aufeinander hängen.



Kurz unterhielten sie sich noch, bis Scully die Augen zufielen und sie einschlief. Die Operation hatte sie viel Kraft gekostet und es würde noch eine ganze Weile dauern, um wieder die alte zu sein. Mulder schaute Scully noch einen Moment an. Er wollte ihre Hand nehmen, sie berühren, um sicher zu gehen, dass es ihr gut ginge und sie da war. Aber das ging nicht, der Abstand zwischen den Betten war zu groß. Mit diesem Verlangen schlief auch er ein.



Mulder erwachte drei Stunden später, es war kurz vor Mittag. Allerdings hingen er und auch Scully noch am Tropf, die Operation war noch nicht so lange her und sie dürften noch nichts zu sich nehmen. Er hustete und hätte sich gleichzeitig dafür ohrfeigen können, denn zehntausend feinster Nadeln stachen in seinen Brustkorb. Eine Qual, die er versuchen würde zu meiden. Sein Kissen war etwas verrutscht und weder mit der einen noch der anderen Hand hätte er es zurechtrücken können. Er versuchte mit seiner linken Hand an den Nachtisch zu kommen, damit er den Schalter betätigen könnte, aber es gelang ihm nicht. Es schmerzte zu sehr, als dass er es noch einmal versuchen wollte.



„Warte, ich werde die Schwester rufen.“ Scully war von seinen kleinen schmerzerfüllten Aufzischen wach geworden und hatte seine Aktion verfolgt. Innerlich lächelte sie. Ihr Partner ans Bett gefesselt und keine Chance auf Rettung.



„Scully, wenn ich dich nicht hätte. Danke!“



„Nicht dafür.“ Sie lächelte und drückte den roten Knopf am Nachttisch.



„Wie geht es dir?“ Mulder schaute sie abermals besorgt an.



„Mal abgesehen davon, dass ich meinen ganzen Oberkörper nicht spüre, ganz gut.“ Sie lächelte gequält und Mulder wollte gerade dazu ansetzen noch etwas zu sagen, als eine Schwester im Zimmer erschien.



„Oh, Sie sind beide wach. Leider dürfen Sie heute noch keine feste Nahrung zu sich nehmen, wenn Sie das fragen wollten.“ Sie lächelte und sah gleich, das Mulder nicht besonders gut zu liegen schien. Sie half ihm dabei sich aufzurichten und schüttelte das Kissen auf, um es dann best möglich unter seinem Kopf zu positionieren.



„Ähm, wie ist das hier eigentlich mit der Toilette. Ich müsste nämlich mal für kleine Jungs.“ Mulder verzog das Gesicht zu einem Grinsen, das aber sogleich gefror, als die Krankenschwester die Bettpfanne unter dem Bett hervorzog.



Scully müsste lachen, aber der Schmerz an ihrer Schulter, wo sich die eine Kugel befunden hatte und ihr Unterleib, wo die Andere saß schmerzten und sie wurde stumm, behielt aber ein verzerrtes Grinsen auf dem Gesicht. Mulder Gesichtsausdruck war ein Bild für die Götter.



„Was? Das ist nicht Ihr Ernst?“ Mulder sah die Schwester fassungslos an. Er sollte aufs Töpfchen, und das obwohl Scully anwesend war. Nein! Niemals...



„Tut mir leid Mr. Mulder, aber Sie dürfen das Bett heute noch nicht verlassen. Sie tragen einen Liegegips und noch dazu ist der Tropf noch vorhanden, was ja das kleinere Übel wäre.“ Erst jetzt merkte die Schwester aus welchen Grund er so reagierte. Ihr wäre es wahrscheinlich auch unangenehm, wenn das andere Geschlecht bei einem solchen Geschäft dabei wäre.



„Entschuldigung.“ Scully schaute zu Mulder, der sie immer noch sprachlos und leicht geschockt ansah.

„Ich könnte doch solange aus dem Zimmer, oder? Ich meine... es ist ja nur für heute!“

Die Schwester verstand. Sie schob Scully samt Bett aus dem Zimmer und stellte sie in den Flur ab, wo bereits mehrere Betten mit wartenden Patienten standen.



Der Nachmittag rückte immer näher und so langsam gewöhnten sich die Beiden an ihre gegenseitige Anwesenheit.



Gegen vier wurde die Tür geöffnet und eine dunkelhaarige Frau trat herein.



„Dana!“ Es war Scullys Mum. Ohne auch nur das andere Bett zu beachten, ging sie zum Fenster, wo das Bett ihrer Tochter stand. „Mr. Skinner hat mich angerufen, allerdings bin ich heut erst zurückgekommen und habe die Nachricht eben erst erhalten. Wie geht es dir? Was ist passiert? Und wie geht es Fox?“

Sie umarmte ihre Tochter, rückte aber gleich ein Stück von ihr ab, als sie bemerkte, dass es Dana weh zu tun schien.



„Hallo Mum, schön dich zu sehen. Danke mir geht es schon besser.“ Scully lächelte so gut es ging, um ihre Mutter zu beruhigen.



„Man sagte mir, dass du angeschossen wurdest. Wie ist das passiert?“ Immer noch lag Angst in ihrer Stimme, aber sie versuchte sich zusammenzureißen, um ihrer Tochter eine Stütze zu sein, so wie sie es immer tat.



„Mum, mach dir keine Sorgen mir geht es bald besser und die Wunden werden verheilen.“

Scully hielt die Hand ihrer Mutter und drückte sie etwas fester, damit sie langsam wieder ruhiger werden würde.



Ein leichtes Räuspern und Margaret Scully drehte sich um. Ihre Augen wurden größer, als sie einen Mann erkannte und noch größer als sie erkannte um wen es sich dabei handelte.



„Fox? Was machen Sie denn hier?“ Mrs. Scully drehte sich nun ganz zu ihm um und trat auf sein Bett zu. Für sie war es zwar überraschend ihn hier im gleichen Zimmer, wie ihre Tochter anzutreffen, aber Fox war wie ein Sohn für sie. Sie berührte seinen Arm und drückte ihn leicht, als Geste der Vertrautheit.



„Hallo Mrs. Scully. Ja, ich bin auch hier! Das Krankenhaus hat keine Zimmer mehr und von daher wird geteilt.“ Er gab ihr ein zuversichtliches Lächeln und sie entspannte sich. Zum einen weil sie ihre Tochter, zwar verletzt, aber lebend wieder hatte und zum anderen war Dana nicht allein. Das war gut! Sie wusste, dass die Beiden eine sehr tiefe Freundschaft besaßen.



Nach einer Stunde ging Mrs. Scully mit der Absicht am Abend noch einmal wieder zu kommen, um Dana ein paar Kleider mitzubringen und sie hatte sich verpflichtet gefühlt, für Mulder ebenfalls Sachen zu holen. Er wollte es zwar nicht, aber sie ließ nicht davon ab, also konnte er nicht anders, als ihr seinen Schlüssel auszuhändigen, der im Schrank mit seinen getragenen Anzug hing.



Als sich das nächste Mal die Türe öffnete, war es kurz vor sechs.



„Ach nee, Cinderella, Goofy und Micky Mouse! Schön euch zu sehen.” Mulder schaute seine Freunde, die Lone Gunmen an und grinste. Scully hatte ein bisschen gedöst, aber durch die Stimmen wurde auch sie wach und drehte sich mit dem Kopf zur Tür.



„Hallo Mulder, wir waren gestern schon mal hier, aber da warst du noch im Halbschlaf“, erzählte Langly und merkte gar nicht, dass die anderen beide ihren Blick auf das Nachbarbett geworfen hatten.



„Scully?“ Frohike, ging um Mulders Bett herum und stellte sich direkt neben Scullys Bett. „Schön euch beide wiederzusehen, aber seit wann gibt es denn gemischte Krankenzimmer?“ Frohike grinste und schaute dabei zu Mulder. Was Scully nicht sehen konnte, war Frohikes Zwinkern.

„Oh, aber Mulder ich glaube mein Geschenk für dich ist da jetzt sehr unpassend. Na ja, ich hatte gedacht du würdest ein Einzelzimmer haben.“



„Frohike, ich warne dich!“ Scully wusste sofort um was es ging. Langly und Byers mussten grinsen. Die Drei blieben noch eine halbe Stunde und stellten ein paar Sachen für die Beiden im Zimmer um. Der Fernseher hing zum Glück unter der Decke und man hatte eine gute Sicht von beiden Betten aus. Wer weiß was die Drei sonst noch angestellt hätten.



Abends kam dann noch einmal Mrs. Scully und brachte die Sachen. Jetzt ging es ums umziehen. Margaret legte alles sorgfältig in die Schränke, zog Waschlappen und Handtücher hervor, sowie zwei Pyjamas, wobei die eine Hose nur mit einem T-Shirt versehen war.



„Fox, ich habe keine Pyjamaoberteile bei Ihnen gefunden, da dachte ich... tut es auch ein T-Shirt?“ Sie zeigte das Shirt hoch und er nickte mit Wohlgefallen. Es erstaunte ihn immer wieder, wie ähnlich Scully ihrer Mum doch war. Die gleiche Sorgfalt und die gleiche Hilfsbereitschaft.



Sie legte alles auf die beiden Betten und rief eine Schwester zu sich. Eine ältere, kräftige Frau kam ins Zimmer und fing an, erst den einen dann den anderen zu waschen. Margaret unterhielt sich derweilen zuerst mit dem einen und dann mit dem anderen. Zum Schluss folgte das Zähneputzen und beide Agenten fühlten sich um einiges besser, als noch kurze Zeit zuvor.

Mit den eigenen Klamotten, auch wenn das Umziehen eher Schmerzhaft von satten ging, war es doch wesentlich bequemer.



Der Abend ging schnell vorbei und dank der Schmerzmittel, die sie abends bekamen, schliefen sie schnell ein.



„Scullyyyyyy!!“ Mulder schreckte hoch, seine Stirn war nass und sein Atem ging schnell. Ein Alptraum, nur ein Alptraum, nichts weiter. Er versuchte sich zu beruhigen, doch die Dunkelheit war eher erschreckend, als beruhigend.



„Mulder! Ich bin hier.“ Scully sprach sanft in die Dunkelheit, in der Hoffnung er würde sie hören. Wieder einer seiner Alpträume, sie wusste er besaß viele davon, aber sie wusste nicht, dass auch sie darin vorkam. Er hatte ihren Namen gerufen, es klang schmerzhaft und in ihrem Bauch verkrampfte sich etwas. Sie wollte nicht, dass er ihretwegen Alpträume hatte. Sie wollte aufstehen, seine Hand in die ihre nehmen, ihn halten und beruhigen, aber das ging nicht.

Es tat ihr in der Seele weh, nicht nah genug bei ihm zu sein.



„Mulder, ich bin bei dir, ich bin hier. Ich geh nicht weg, ich bin da.“ Ruhig und zärtlich hörte ihre Stimme sich an. Sie drang in seine Ohren und eine kleine Brise von Wärme durchfuhr ihn, er wurde ruhig. Seine Atmung verlangsamte sich und seine Augen gewöhnten sich an die Dunkelheit.



„Hab ich dich geweckt? Entschuldige, dass wollte ich nicht.“ Mulder sprach ebenfalls leise, so als wenn er es zu sich selber sagen würde.



„Wie lange schon?“



„Was?“



„Seit wann hast du diese Alpträume, diese wo du meinen Namen am Ende schreist?“



„Scully, bitte...“



„Wie lange, Mulder?“ Ihre Stimme war leise, ruhig aber doch fest. Sie wollte es wissen, das wusste er.



„Eine lange Zeit schon, aber es kommt meist nur dann vor, wenn etwas passiert ist oder ich mir Sorgen mache.“ Seine Stimme brach beim letzten Wort.



Ruhe, keiner sagte etwas. In Scullys Augen stiegen Tränen, die sie versuchte zurück zu halten, aber sie rollten langsam über ihre Wangen. Keiner würde sie sehen.



„Was kann ich tun? Ich meine damit das aufhört?“ Mulder schüttelte sachte seinen Kopf. Obwohl sie ihn in der Dunkelheit nicht erkennen konnte.



„Nichts! Du kannst gar nichts tun und das weißt du.“ Mulder schluckte und sie nickte, obwohl auch er sie nicht sehen konnte.



„Bitte versuche wieder zu schlafen Scully, du brauchst deinen Schlaf.“ Führsorglich wie immer versuchte er vom Thema abzulenken.



„Und was ist mit dir und deinem Schlaf, Mulder?! Du brauchst ihn auch...“



„Ich werde ihn schon bekommen. Keine Sorge, mir geht es gut.“



Sie musste ein wenig lächeln, denn gewöhnlich war das doch ihr Satz und nicht seiner. Mit diesem Lächeln und der Hoffnung irgendwann mal seine Alpträume besiegen zu können schlief sie wieder ein. Mulder allerdings bleib noch weitere Minuten wach, etwas Angst wieder an den Platz seiner Träume zurückkehren zu müssen.

Scully war da und sie würde heute nicht von ihm gehen, mit diesem Gedanken driftete auch er in den Schlaf.



Am nächsten Morgen war Scully als erste wach geworden. Eine Schwester kam bereits in ihr Zimmer, um von beiden Blutproben zu entnehmen, Blutdruck und Fieber zu messen.

Nach dem Frühstück wurden sie von ihren Tröpfen befreit und würden Mittags das erste Mal wieder feste Nahrung zu sich nehmen können. Nach der Visite kam Mrs. Scully erneut vorbei und brachte den Beiden ein paar Zeitschriften mit. Sie wusch Dana die Haare, etwas mühsam, aber es klappte. Mulder schaute dabei zu und amüsierte sich. Besser als Kino!

Vom Mittagessen aßen sie nicht wirklich viel, ihr Magen war zusammen geschrumpft und vertrug zur Zeit noch nicht so viel.

Die Erschöpfung trat ein und Beide schliefen zwei Stunden durch. Erst beim öffnen der Tür wurde Scully wach.



„Dana!“



„Bill? Was machst du denn in Washington?“ Bill kam auf seine Schwester zu und umarmte sie zögerlich. Er war kein Fan von Krankenhäusern, aber wer war das schon? Die Schläuche und der Geruch, erschreckten ihn immer wieder.



„Ich habe gerade beruflich hier zu tun und dachte ich muss doch unbedingt mal meine kleine Schwester besuchen und als ich dich nicht zu Hause antraf, da rief ich beim FBI an und die sagten mir, dass du während des Dienstes angeschossen wurdest. Mum hat mir nichts erzählt, sie wollte mich nicht stören.“ Bei den letzten Worten schwang Ärger in seiner Stimme mit und die Blumen die er mitbrachte legte er auf den Nachttisch.



„Warum Dana? Warum sehe ich dich immer nur wenn du im Krankenhaus liegst? Willst du das?“



„Bill! Was soll das? Du weißt, es ist mein Beruf und außerdem hatten wir diese Unterhaltung schon einmal.“ Scully schaute ihren Bruder an, der gar nicht bemerkt hatte, dass Mulder im anderen Bett lag, bis oben hin zugedeckt und bestimmt nicht mehr schlafend.



„Ist er es? Du hast mir das letzte Mal meine Frage nicht beantwort. Machst du es seinetwegen? Wo ist er denn dieses Mal?“



„Bill! Ich warne dich. Ich dachte du seiest gekommen, weil du mich sehen wolltest und nicht um mit mir über meine Arbeit zu streiten. Ich mache dir auch keine Vorschriften und du hast ebenfalls kein Recht dazu, mir welche zu machen.“ Ihre Stimme war streng, aber immer noch versucht möglichst leise zu sein.



„Und du hast kein Recht, Mum schon wieder Sorgen zu machen. Wie oft soll sie noch wach werden, immer mit der Angst, dass dir etwas im Dienst passiert. Sie hat schon eine Tochter verloren und ich eine Schwester.“ Bill jr. war gereizt, immer wenn er seine Schwester in einem Krankenbett liegen sah, dann wurde er an ihren Krebs erinnert und an seine Hilflosigkeit.



„Ja, du hast recht. Mum musste schon genug leiden, aber es würde ihr noch mehr wehtun, wenn sie uns streiten sehen würde.“ In Scullys Augen bildeten sich Tränen und ihre Stimme zitterte leicht und kaum merkbar. „Es ist mein Job und ich mache ihn gerne. Ich weiß dir passt es nicht, dass ich immer noch mit Mulder zusammenarbeite. Du magst ihn nicht und das weiß ich, genauso gut wie Mulder.“ In diesem Moment war ihr egal, dass Mulder das selbe Zimmer teilte, denn es ging hier lediglich darum, ihren Bruder zu überzeugen. Am Nachbarbett raschelte es und die Decke wurde noch höher gezogen.

„Ich weiß nicht was zwischen euch vorgefallen ist und ich will es auch nicht wissen. Er ist mein Partner und daran wird sich auch in nächster Zeit nichts ändern. Entweder du akzeptierst das, oder ich kann auf deine Anwesenheit verzichten.“ Scully war in Rage geraten und sagte Dinge, die sie eigentlich niemals sagen wollte. Aber zum ersten Mal nach langer Zeit ließ sie ihren Gefühlen freien Lauf. Es tat gut!

Bill Scully schluckte und auch Mulder musste kräftig schlucken, denn damit hätte er niemals gerechnet. Scully liebte ihre Familie und nun stand er dazwischen, aber tat er das nicht schon lange?



„Okay, ich werde es mir überlegen.“ Bill sah seine Schwester an und er sah Entschlossenheit in ihren Augen. Natürlich wollte er es nicht riskieren sie zu verlieren, er wollte ihr die Augen öffnen und jetzt hatte er das genaue Gegenteil erreicht.



„Aber bitte denk drüber nach, ich meine es nur gut. Du bist alt genug selbst deine Entscheidungen zu treffen, das weiß ich. Allerdings wirst du, wenn du jetzt nicht bald aufhörst, später allein sein.“ Bills Blick glitt über ihre Decke zu ihrem Gesicht, direkt in ihre Augen.

„Ich weiß, du wolltest immer unabhängig sein. Du hast immer alles durchgesetzt, was du dir vorgenommen hast. Aber denk mal an die Dinge, die dir in deinem Leben fehlen. Ein Mann, eine Familie, ein Leben.“



Das war eindeutig zuviel, egal wie gut er es mit ihr meinte, aber in dieser Situation wollte sie nichts mehr von ihm hören.



„Raus!“ Scully schrie fast. „Bitte geh, Bill!“



„Dana!“



„Nein, ich will nichts mehr hören. Was weißt du denn von meinen Leben oder Dinge die in meinem Leben im Gegensatz zu deinem, ach so guten Leben, fehlen? Okay vielleicht habe ich keinen Mann, der morgens mit mir aufwacht und vielleicht habe ich auch nicht das Leben was ich mir als Kind immer gewünscht habe... Aber Bill, ich bin glücklich! Ich will es nicht anders, denn sonst hätte ich es bereits geändert, glaub mir!“ Ihre Worte klangen wie eine Beschwörung und ihre Tonlange war rau aber ruhig.

„Es ist mein Leben und niemand, auch nicht du, wirst daran etwas ändern. Du weißt es heißt, Jeder ist seines Glückes Schmied.“



Mit diesem letzten Satz nickte Bill seiner Schwester zu, drückte ihren Arm und verließ das Zimmer. Bevor er ging, drehte er sich nochmals um und meinte.

„Du weißt, dass ich nur dein Bestes will!“ Er wartete keine Antwort mehr ab, sondern ging. Scully nickte leicht, als sich die Tür bereits geschlossen hatte.



Mulder der alles mitbekommen hatte, aber sich aus Feigheit oder eher Notwendigkeit nicht gezeigt hatte, ließ nun die Decke von seinem Kopf runter und schaute zu Scully. Sie blickte in die andere Richtung, hinaus aus dem Fenster in einen kühlen Nachmittag. Kleine Tränen rannen ihr die Wangen hinunter, doch sie ließ sie laufen.



„Scully?“, fragte er sie, leise und darauf bedacht sie nicht zu erschrecken. Scully wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und wandte sich zu ihm. Ihre Augen, feucht und dunkler denn je.



Mulder drehte sich mit Mühen von seinem Bett runter. So als würde kein Gips existieren, richtete er sich auf. Ganz gegen alle Vorschriften und hüpfte auf einem Bein zu ihr, setzte sich auf ihre Bettkante und sie fiel ihm in die Arme. Die Schmerzen kamen jetzt mehr vom Herzen, als von den äußeren Wunden.



„Schh, ist ja gut! Ist ja gut. Ich bin ja hier.“ Seine Stimme und die beruhigenden Arme von ihm, ließen sie aufhören zu zittern.



„Mulder, es tut mir leid.“



„Ist doch okay, mir tut es leid.“ Mit seiner rechten Hand berührte er ihre Wange und wischte eine Träne weg.

„Vielleicht hat er ja recht. Er weiß zwar nicht sehr viel von dir, aber...“ Mulder machte eine kurze Pause und hob ihren Kopf, damit sie ihn anschauen konnte und sollte. Ihre Augen trafen sich und er fuhr fort. „Schau mal, ich weiß, wie sehr du dir ein Kind wünschst. Du wärst eine wunderbare Mutter und das FBI ist nicht alles, für was es sich zu leben lohnt. Das weiß ich und das weißt du...“ Sie schauten sich immer noch tief in die Augen, ganz tief so als wären Worte eigentlich überflüssig.

„Die Befruchtung hat beim ersten Mal nicht funktioniert, aber du... wir dürfen nicht aufgeben. Gib uns eine Chance, gib dir eine Chance. Ich liebe dich und auch das weißt du.“ Mulder lächelte und auch Scullys Gesicht erhellte sich.



„Ja, das weiß ich. Das habe ich immer gewusst.“



Mulder nickte und ihre Münder kamen sich näher und berührten sich sanft und mit sehr viel Zärtlichkeit.



Nachdem sie sich voneinander gelöst hatten, strahlten sie beide wie die aufgehende Sonne persönlich und sie wussten: Die Welt ist immer noch nicht untergegangen und das bedeutete, sie würden eine Chance bekommen.



Die Tür ging auf und eine Ärztin und zwei Schwestern kamen ins Zimmer.



„Was ist das? Mr. Mulder Sie haben strengste Bettruhe, was haben Sie sich dabei gedacht?“ Beide Schwestern liefen zu ihm, um ihn wieder von ihrem in sein Bett zu schaffen. Ein Pfleger kam ebenfalls und half. Nachdem die Ärztin gegangen war, steckte Mulder dem jungen Pfleger, ne fünfzig Dollar Bote in die Tasche, damit er die beiden Betten zusammen schob. Nun konnten sie sich gegenseitig berühren. Die Hand des jeweils anderen zu halten, schliefen sie ruhig und ohne Alpträume ein.



Sie würden ihre Chance nutzen....



-Ende-



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