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Warme Kälte

von Foxy

1/1

24. Dezember 2000
19:47 Uhr
Downtown Washington D.C.
Es war einer dieser eiskalten Wintertage, wie sie in Washington jedes Jahr zur Weihnachtszeit vorkommen. Doch in diesem Jahr sollte es schlimmer werden als in den Jahren zuvor.
Schon seit zwei Wochen zeigte das Thermometer konstant unter –10°C. Es schneite schon seit Tagen und alles war unter einer dicken Schneedecke begraben. An den Schaufenstern der Geschäfte bildeten sich bereits am frühen Nachmittag Eisblumen, die im fahlen Licht das durch die Wolken fiel sanft glitzerten.
Der Atem der Menschen kondensierte vor ihren Mündern und die vermummten Gestalten taten alles, um sich der kalten Luft so kurz wie möglich auszusetzen. Aus den Gullideckeln stieg hier und da dampfender Qualm von der Fernheizung auf und an den Regenrinnen bildeten sich Zentimeter lange Eiszapfen.
Es war der 24. Dezember und auf den Straßen der Hauptstadt wimmelte es von Menschen, die noch auf der Suche nach einem Geschenk für ihre Lieben waren. Die Stadt war wie ein großer Ameisenhaufen und hätte man es nicht besser gewußt, man hätte meinen können, die Menschen hätten Spaß daran.
So auch Dana Scully. Sie war schon seit einigen Wochen auf der Suche nach einem Geschenk für ihren Bruder Bill und an diesem Freitagnachmittag kurz vor Ladenschluß konnte sie sich nur ganz knapp davor zurückhalten, ihm Socken oder eine Krawatte zu kaufen.
Scully hatte vor einer Stunde das Büro verlassen und freute sich schon sehr auf ein Wiedersehen mit ihrer Familie und der Familie ihres Bruders. Als sie Mulder frohe Weihnachten und ein schönes neues Jahr gewünscht hatte, fragte sie sich zum wohl hundertsten Mal, wie ihr Partner die Feiertage verbringen würde. Er verbrachte sie nicht bei seiner Mutter, soviel wußte sie, aber er hatte auch nichts von einer Reise oder Ferien im Allgemeinen erwähnt.
Sie hatte ihm ein Geschenk besorgt, doch noch war sie sich nicht sicher wann und ob sie es ihm überhaupt geben würde. Sie würde den richtigen Moment abpassen. Wenn es den überhaupt gab.
In 1 1/2 Stunden sollte ihr Flug gehen und ihre Gedanken kehrten zu all den Dingen zurück, die sie vorher noch erledigen mußte, angefangen bei dem Geschenk für ihren Bruder. So vergaß sie Mulder so schnell wieder, wie sie an ihn gedacht hatte.
Eilig betrat sie einen Buchladen. Als ihr die trockene, warme Luft der Heizung entgegenschlug öffnete sie den obersten Knopf ihres Mantels und lockerte den Wollschal.

***

Mulders Appartment
2630 Hegal Place, Ap No. 42
Alexandria, VA 23242
22:30 Uhr
Fox Mulder hatte es sich auf seinem Ledersofa bequem gemacht.
Auf dem kleinen Couchtischchen vor ihm standen ein Glas Bier, daneben eine Schüssel Popcorn und eine noch geschlossene Tüte Chips..
Auf einem Holzhocker in der Ecke des Zimmers stand ein kleiner Weihnachtsbaum. Rote und blaue Kugeln schimmerten im Licht der einzigen Zimmerlampe, die ein gemütliches, warmes Licht spendete.
Er schaltete den Videorecorder ein.
Draußen heulte der Wind um die Hausecken und Mulder zog sich die Decke heran, die neben ihm gelegen hatte.
Als der Titel seiner neuesten Videoerrungenschaft über den Bildschirm flimmerte, griff er nach der Popkornschale und schob sich eine Handvoll in den Mund.
"Heiße Träume unter Palmen“ verkündete eine weibliche Stimme und Mulder seufzte leise. Das war genau das Richtige für solch eisige Wintertage, von denen man im Sommer nicht glauben mag, daß sie jemals wiederkehren könnten.
Gerade als er wieder in die Schüssel griff, klopfte es an der Wohnungstür.
Er warf einen flüchtigen Blick auf die Digitalanzeige am Videorecorder. 22:30 Uhr zeigten die grünen Leuchtziffern.
Verwundert griff er nach seiner Waffe, die auf dem kleinen Schränkchen an der Tür lag. Er war von Natur aus mißtrauisch und so entsicherte er die Pistole auf dem Weg zur Tür.
Es klopfte wieder.
"Komme schon!“ rief er ein wenig ungehalten und spähte durch den Spion im oberen Drittel der Tür.
Doch als er die Person auf der anderen Seite der Tür erblickte, hätte er beinahe die Waffe fallen gelassen. Hastig legte er sie beiseite und schob das Schloß beiseite.
"Was ist denn mit ihnen passiert ?“ fragte er und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, als seine vermummte Partnerin in das Appartement trat.. Sie schüttelte sich den Schnee aus den Haaren und von dem schweren Wollmantel, dann ließ sie den Koffer, den sie getragen hatte schwer auf den Boden fallen.
Erst als sie den Kopf hob, um etwas zu sagen, bemerkte er ihre blaugefrorenen Lippen und die purpurroten Hände, die sie durch Reiben warm zu bekommen versuchte.
"Sie sind ja so kalt wie Frosti der Schneemann.“ sagte er und half ihr aus dem Mantel und der Jacke. Auf seinem Gesicht stand ehrliche Sorge, als er die Kleidungsstücke über die Heizung legte, um sie zu trocknen.
Scully spürte die Wärme der Wohnung, aber sie war zu lange in der Kälte gewesen. Sie zitterte noch immer am ganzen Körper und stand unschlüssig in der Mitte des Wohnzimmers.
"Sie zittern ja noch immer!“ er trat auf sie zu.
"Ich bin eine Stunde durch diese verdammte Kälte gerannt bis ich....“
"Sch....!“ Mulder lächelte sie freundlich an, "Nicht jetzt! Sie nehmen erst mal eine heiße Dusche, dann können sie mir erzählen was passiert ist.“ er nahm sie bei der Hand und zog sie sanft in Richtung des Badezimmers.
Als sie auf den Vliesen im Badezimmer stand hatte sie sich soweit aufgewärmt, daß sie wieder einen klaren Gedanken fassen konnte. Mulder war einen Moment lang verschwunden, um ein Handtuch zu holen.
Was tue ich hier eigentlich? Fragte sie sich plötzlich. Wie bin ich nur auf diese wahnwitzige Idee gekommen zu Mulder zu fahren. Ich hätte mir ein Hotelzimmer nehmen sollen.
Doch aus irgendeinem unerfindlichen Grund, hatte sie nicht eine Minute an den Gedanken eines Hotels verschwendet, sondern war auf direktem Weg hierher gegangen. Und Mulder schien auch nicht besonders verärgert über die Störung gewesen zu sein. Obwohl sie Sachen auf dem Wohnzimmertisch, und der laufende Fernseher auf einen gemütlichen Abend hingedeutet hatten.
Aber sie fand es rührend, wie sich Mulder um sie sorgte. Er legte Handtücher und mehrere Kleidungsstücke auf den Boden neben der Toilette. Das er ihr nicht beim ausziehen half, war das einzige.
"Wenn sie noch etwas brauchen sollte, rufen sie einfach nach mir. Ich bin – bin im Wohnzimmer.“
Er deutete mit dem Daumen hinter sich und ging rückwärts aus dem Raum. Scully wandte sich um und begann, sich auszuziehen. Einige Sekunden später hörte sie, wie die Badezimmertür mit einem leisen Klicken geschlossen wurde.
Nun war sie alleine. Dana zog die kalten feuchten Sachen aus und ließ sie auf einem Haufen liegen. Als sie unter die Dusche stieg kehrten ihre Gedanken zu Mulder zurück. Sein Verhalten war ein wenig unsicher, was Scully eigentlich nicht weiter verwundert hätte, wenn es nicht Mulder gewesen wäre. Sie hatte seinen Blick im Rücken gespürt, als sie langsam begann , ihre Bluse aufzuknöpfen. Kurz bevor er gegangen war.
Als sie unter die Dusche stieg und das warme Wasser auf ihren Rücken prasselte spürte sie, wie das Leben wieder in sie zurückkehrte.

Mulder ging langsam zurück ins Wohnzimmer. Er blickte sich um, und begann dann ein wenig aufzuräumen. Schließlich hatte er nicht mit Besuch gerechnet.
Er nahm die „Heißen Träume unter Palmen“ aus dem Rekorder und stellte sie zu den anderen Videokassetten. Dann schloß er die Schranktür zu.
In der Küche sah Fox sich unschlüssig um. Das Geschirr vom Frühstück und Mittagessen stand noch in der Spüle und auf dem Eßtisch. Gedankenverloren räumte er verschiedene Sachen von der einen Seite zur anderen Seite der Küche und wieder zurück.
Die ganze Zeit über lauschte er auf das Rauschen des Wassers, das leise aus dem Badezimmer herüber drang.
Wieso hat sie sich nicht einfach ein Hotelzimmer genommen? Fragte er sich plötzlich. Es muß schon einiges passiert sein, damit sie zu mir kommt. Aber warum eigentlich, so eine schlechter Gastgeber bin ich nun auch wieder nicht....
Er lächelte und aus dem Lächeln wurde ein kleines Grinsen. Er war so in Gedanken versunken, daß er gar nicht mitbekam, daß das Rauschen aufgehört hatte. Kurz darauf trat Scully unter den Türrahmen und blieb unschlüssig stehen.
"Danke für die Sachen!“ sagte sie schließlich. Mulder fuhr herum und mußte sich am Tisch festhalten, um sein Gleichgewicht zu behalten.
"Ich wollte sie nicht erschrecken,“ sagte sie und lächelte entschuldigend, "aber sie waren so damit beschäftigt Waschpulver in die Spülmaschine zu kippen, daß sie mich gar nicht gehört haben.“
Sie verlagerte ihr Gesicht auf das andere Bein und spielte mit der Hand an den Bändeln ihrer Sweathose.
Mulder sah erst auf die halb leere Packung in seiner Hand und dann auf den beachtlichen Berg aus Spülmittel.
"Oh !“ sagte er. Dann zuckte er mit den Schultern, und schloß die Tür, ohne darauf zu achten, wieviel Spülmittel in die Maschine geriet.

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